
Like oder Dislike: In Sozialen Netzwerken können Menschen begeistern, aber auch mal anecken. © Getty Images
Wer andere im Netz kritisiert, muss sich an Regeln halten. Unser Knigge für Onlinekritik klärt, wo das Recht auf freie Meinungsäußerung endet.
Anonym die eigene Wut loswerden – das ist verlockend
Haben Sie sich auch schon mal über Ihre Chefin aufgeregt und hätten ihr gerne die Meinung gesagt? Bewertungsportale und Social-Media-Plattformen im Internet scheinen dafür gerade recht zu kommen. Nicht nur die fiese Vorgesetzte, auch ein unsensibler Arzt oder einfach ein schlechtes Restaurant können dort kritisiert werden – das geht auf Bewertungsportalen oft sogar anonym.
Das Internet ist kein rechtsfreier Raum
Hinter negativen Kommentaren und Bewertungen stecken häufig Emotionen wie Wut, Enttäuschung oder das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein. Einfach rauslassen sollten Kunden, Patienten und Beschäftigte ihren Ärger im Netz dennoch nicht. Das Internet ist kein rechtsfreier Raum. Es gelten dieselben Regeln wie im echten Leben – etwa beim Ärger im Straßenverkehr. Wer beim Kritisieren über die Stränge schlägt, Lügen verbreitet oder andere beleidigt, macht sich rechtlich angreifbar.

Soziale Netze. Auch wenn die Emotionen hochkochen: Am besten immer sachlich und konstruktiv bleiben. © Getty Images
Unser Rat
Meinung sagen. Wenn Sie Ihre Ärztin, Ihren Arbeitgeber oder einfach einen Gewerbetreibenden im Internet kritisieren wollen, sind Sie durch die Meinungsfreiheit geschützt. Vorausgesetzt, Sie halten sich an die Regeln und kritisieren fair (siehe Kasten „So gelingt Kritik“, unten).
Konstruktiv bleiben. Machen Sie sich nicht juristisch angreifbar. Auch wenn Sie wütend sind, seien Sie vorsichtig mit Tatsachenbehauptungen. Bleiben Sie sachlich und lassen Sie sich nie zu Straftatbeständen wie übler Nachrede hinreißen.
Öffentlichkeit. Wenn Sie bei Facebook angemeldet sind, überlegen Sie gut, wer was mitlesen soll und sehen kann. Überprüfen Sie Ihre Privatsphäre-Einstellungen daraufhin, wer Ihre Einträge, Profilinformationen und Aktivitäten sehen kann.
Frust. Sind Sie verärgert und äußern sich im Affekt tatsächlich einmal beleidigend auf einer Plattform im Internet, sollten Sie Ihren Beitrag möglichst schnell wieder löschen. Verbreiten Sie keine unbestätigten, üblen Gerüchte über Ihren Arbeitgeber oder Kollegen. Werden sie weitergegeben, kann Sie das den Job kosten.
Die Meinungsfreiheit hat Grenzen
Das Recht auf freie Meinungsäußerung ist im Artikel 5 des Grundgesetzes verankert. Jeder darf seine Meinung vertreten – auch im Internet. Prinzipiell erlaubt sind deshalb auch überspitzte Äußerungen wie „Die Produkte sind meiner Ansicht nach Billigschrott“ oder „Der Kundenservice ist anscheinend da, um Kunden zu verprellen“. Beleidigungen, Verleumdungen und falsche Tatsachenbehauptungen sind aber nicht geschützt.
Vorsicht bei Tatsachenbehauptungen
Doch es sind nicht nur Extremfälle wie Beleidigungen oder Verleumdungen, die juristische Folgen nach sich ziehen können. Auch bei scheinbar harmloser Kritik gibt es Fallen. Insbesondere dann, wenn Kritisierende leichtfüßig Tatsachen behaupten. Angreifbar sind diese, wenn die Person sie nicht beweisen kann oder der Inhalt schlichtweg falsch ist.
Nur schreiben, was belegbar ist
Die Grenze zwischen Meinung und Behauptung verläuft oft in Grauzonen. Was zulässig ist, hängt deshalb stark vom Einzelfall ab. Kritisierende sollten daher unbedingt auf Nummer sicher gehen und nichts schreiben, was sie nicht beweisen können. Wer Lügen verbreitet, riskiert schnell seine Anonymität. Bewertungsportale müssen unter Umständen auch Nutzerdaten herausgeben.
Unfaire Behauptungen werden teuer
Hat der Urheber einer unwahren Tatsachenbehauptung Glück, löscht das Portal diese einfach. Nicht so glimpflich geht die Verbreitung einer Lüge aus, wenn der Betroffene anwaltlich gegen den Verfasser vorgeht. Der Adressat kann Löschung und Unterlassung verlangen. Sind dem Bewerteten durch eine unwahre Tatsachenbehauptung nachweislich finanzielle Schäden entstanden, könnte er dafür sogar Schadenersatz fordern. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ihm durch eine unwahre Behauptung nachweislich Kunden ausbleiben und damit der Umsatz sinkt.
Inhalte können sogar strafbar werden
Schlimmer noch als die Behauptung falscher Tatsachen ist die Verbreitung strafbarer Inhalte. Strafbar macht sich beispielsweise, wer andere beleidigt oder verleumdet. Wer solche Straftaten begeht, verletzt die Ehre eines anderen. Dabei handelt es sich um sogenannte Antragsdelikte: Nur wenn das Opfer einen Strafantrag stellt, wird gegen den Beschuldigten strafrechtlich vorgegangen.
Wie insbesondere soziale Netzwerke mit solchen Inhalten umgehen müssen, lesen in Sie unserem Beitrag zu Hasskommentaren auf Facebook und Co.
Berechtigte Kritik ja, Beleidigung nein
Die grobe Beleidigung des Arbeitgebers stellt außerdem einen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten dar und rechtfertigt eine außerordentliche fristlose Kündigung. Arbeitnehmer sind zwar berechtigt, Kritik am Arbeitgeber zu äußern, unter Umständen auch überspitzt. Aber Schmähkritik, Beleidigungen oder Lügen muss ein Chef nicht hinnehmen. Von Schmähkritik ist die Rede, wenn es nicht mehr um einen Streit in einer Sache geht, sondern nur noch darum, jemanden lächerlich zu machen oder zu beleidigen.
Ärgern im kleinen Kreis geht
Wichtig ist auch, wie viele Leute eine Äußerung hören oder lesen können. Generell gilt, dass die Freiheit der Meinungsäußerung in einem „geschützten Raum“ – etwa in einem Chat oder einer geschlossenen Facebook-Gruppe – höher bewertet wird als die auf einer Internetpinnwand oder in öffentlich gestalteten Profilangaben.
Wie lange war die Kritik zu lesen?
Ausschlaggebend kann auch sein, über welchen Zeitraum eine beleidigende Äußerung zu lesen ist. Bei einem Kommentar, der mehrere Monate öffentlich einsehbar war, kann möglicherweise nicht mehr von einer „augenblicklichen, wenn auch heftig überzogenen Unmutsäußerung“ die Rede sein, wie es einmal ein Zivilgericht formulierte.
Aufpassen bei Arbeitgeberbewertung
Spezialisierte Bewertungsportale bieten Beschäftigten die Möglichkeit, anonym ihren Arbeitgeber zu bewerten, etwa Kununu.de. Verbieten dürfen Chefs das nicht. Arbeitnehmer sollten beim Bewerten aber sehr vorsichtig sein, denn es gelten besondere Regeln. Sie dürfen beispielsweise keine Betriebsgeheimnisse verraten oder Loyalitätspflichten verletzen. Wer gegen diese Regeln verstößt, kann abgemahnt werden. Bei besonders drastischen Pflichtverletzungen droht sogar die fristlose Kündigung.
Die Devise: Konstruktiv und sachlich
Grundsätzlich gilt: Niemand muss sich bei gerechtfertigter Kritik Sorgen machen. Wichtig ist, dass sie fair, sachlich und konstruktiv bleibt. Fair ist beispielsweise ein Verbesserungsvorschlag wie „Ich finde, die Deko könnte etwas moderner sein“, aber nicht ein fieser Kommentar wie „Miefiges Restaurant mit altbackener Deko“.
Kritik darf grundsätzlich nicht darauf ausgerichtet sein, dem anderen zu schaden oder sich zu rächen.
So gelingt Kritik
Verbesserungen vorschlagen. Schreiben Sie, was verbessert werden kann, anstatt lediglich zu sagen, was schlecht ist.
Nur eigene Erfahrungen. Kritisieren Sie nur das, was Sie wirklich selbst erlebt haben.
Eigene Meinung betonen. Machen Sie klar, dass es sich um Ihre subjektive Meinung handelt. Bilden Sie Sätze wie „Ich fand den Kaffee etwas zu stark“.
Keine Geheimnisse verraten. Seien Sie gerade bei Arbeitgeberbewertungen vorsichtig und geben Sie keinerlei interne Informationen weiter.
Unwahrheiten vermeiden. Behaupten Sie keine Tatsachen, die Sie nicht eindeutig beweisen können.
Keine Namen nennen. Nennen Sie Personen nicht namentlich. Nur wenige Ausnahmen sind hier erlaubt.
Bewertungsportal muss neutral sein
Rechtliche Auseinandersetzungen gibt es immer wieder um die Rolle der Bewertungsportale. Das Arztbewertungsportal Jameda konnte vor dem Bundesgerichtshof (BGH) durchsetzen, dass Ärzte gegen ihren Willen aufgeführt und bewertet werden dürfen (Az. VI ZR 358/13). Der Bundesgerichtshof weist Bewertungsportalen die Rolle neutraler Informationsmittler zu. Erst wenn ein Portal diese neutrale Rolle verlässt, kann sich ein Arzt gegen sein Profil wehren.
Ärzte bewerten und fair bleiben
Fair bleiben sollten auch Patienten, die ihre Ärzte bewerten. Allerdings dürfen sie einen Arzt namentlich nennen. Das gilt aber nur, wenn es konkret um diese Person geht – und nicht um seine Mitarbeiter.
Erfahrungen dürfen nicht verallgemeinert werden. Wenn eine Ärztin für eine bestimmte Untersuchung nur wenig Zeit hatte, darf es noch lange nicht heißen: „Doktor Meier nimmt sich keine Zeit für ihre Patienten.“ Das wäre eine Behauptung falscher Tatsachen – und keine faire Kritik.
So gehen Sie gekonnt mit unfairer Kritik um
Wer beruflich mit anderen Menschen zu tun hat, wird schnell selbst zum Objekt einer Bewertung. Grundsätzlich müssen Gewerbetreibende Kritik an ihren Leistungen hinnehmen. Doch gerade wenn die Kritik fies und unfair erscheint, ist der Umgang mit ihr nicht immer leicht. Unsere Tipps:
Hinter fieser Kritik verstecken sich manchmal Verbesserungsvorschläge. Es kann sich lohnen zu überlegen, wie sie umgesetzt werden können.
Reagieren statt ignorieren. Manche Portale wie Kununu bieten die Möglichkeit, auf Bewertungen zu reagieren. Gut gekontert ist ein unfairer Kommentar schnell entkräftet.
Keine unwahre Tatsachenbehauptungen tolerieren. Werden im Internet Lügen verbreitet, wenden Sie sich zunächst an das Portal und weisen Sie darauf hin, dass der Inhalt nicht der Wahrheit entspricht. Bringt das nichts, kann Ihnen ein Rechtsanwalt helfen.
Sie müssen sich strafbare Inhalte nicht gefallen lassen. Beleidigungen beispielsweise muss niemand akzeptieren. Strafbare Inhalte können Sie bei der Polizei anzeigen.
Nicht zu sehr zu Herzen nehmen. Meinungen im Internet gehen oft auseinander. Will sich jemand schlichtweg über Sie aufregen, tut er dies auch grundlos.
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Der Artikel klärt wenig auf und sollte unbedingt verbessert werden. Haß und Hetze sind keine Straftatbestände. Dagegen sind Beleidigung, falsche Tatsachenbehauptung und Beschimpfung von Bekenntnissen, Religionsgesellschaften und Weltanschauungsvereinigungen Straftaten. Das NetzDG gilt bei vielen Verfassungsrechtlern als verfassungswidrig, weil es zu unbestimmt ist. Der Intention des NetzDG war anscheinend, Zensur zu ermöglichen. Gleiche Maßstäbe gelten bei allem leider nicht. Jesus und die christliche Religion zu verunglimpfen wird praktisch nicht verfolgt, bei einer anderen Religion sieht das ganz anders aus. Da bekommt man sogar Probleme, wenn man aus ihrer Quelle zitiert. Zur Causa Künast empfehle ich den Blog von Hadmut Danisch.
@j-m-s: Wie im Artikel beschrieben, darf Facebook Nutzerinnen und Nutzer in seinen Nutzungsbedingungen verpflichten, ihren echten Namen nicht nur bei der Anmeldung anzugeben, sondern ihn auch bei Aktivitäten auf der Plattform zu verwenden. Nach Ansicht des BGH dürfen alle, die sich vor Mai 2018 – also vor Anwendung der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) – bei Facebook registriert haben, unter einem Pseudonym nutzen dürfen.
Nutzerinnen und Nutzer, die ihre Konten nach Mai 2018 eröffnet haben, darf Facebook zum Verwenden ihres echten Namens verpflichten.
Es stimmt nicht, dass man bei Facebook mit dem Klarnamen posten muss. Bestes Beispiel ist https://www.facebook.com/stiftungwarentest
Ich schließe für mich daraus: Die Worte Meinungsfreiheit/Meinungsäußerung sind zwar schöne Worte nur werden sie in ihrem eigentlichen Sinn missbraucht. Dieses war mit Sicherheit 1880 nicht die Absicht von Konrad Duden als er das wundervolle Werk "den Duden " erfand. Er sollte eigentlich zur einer einheitlichen Rechtschreibung sowie Grammatik dienen. Ganz ehrlich zu DDR-Zeiten waren Meinungsfreiheit/Äußerung nicht beliebt. Aber man machte es dem Menschen von vorn herein klar und zeigte es auch deutlich. Nicht wie heute, man benutzt bestimmte Worte, Sätze, Begriffe zum Schein, werden sie jedoch angewendet, lernt man verdammt schnell, nicht viel hat sich zum Wohle der Bürger im Gegensatz zu früher geändert. Manche Gebiete sogar noch schlimmer. z.B. Schulbildung, etc. Warum? dieses z.B. darf ich so zu sagen nicht ausführlich schreiben. Schade und peinlich für Regierung. Leider!!!! Bekanntlich sollte man aber die "Hoffnung" nie aufgeben!!! In diesem Sinne, Liebe Grüße an euch da draußen!!!
Wenn man so über eine Firma o.ä. geladen ist, dass man das Gefühl hat, dass einem der Kragen platzt, hier ein Tipp:
Die Kritik erst einmal am PC in einer Textverarbeitung vorschreiben und abspeichern. So ist erst einmal der größte Dampf abgelassen. Einige Tage später die Datei erneut öffnen. Wenn man dann immer noch meint, dass die Kritik nötig ist, dann den Text in das Bewertungsportal kopieren. Oftmals dürfte die Kritik dann auch umformuliert werden, so dass sie sachlicher ist. Bei der Gelegenheit können im Übrigen auch Rechtschreib-, Grammatik- und Logikfehler ausgemerzt werden.