Hunde-Nass­futter im Test

Interview zum Thema Barfen: Von Leberschäden bis Skelett­deformation

Hunde-Nass­futter im Test - Wow! So viel Gutes im Napf

Petra Kölle ist Privatdozentin und Ober­ärztin der Abteilung für Ernährungs­beratung an der Medizi­nischen Kleintierklinik in München. © privat

Ist die Rohfütterung nicht gut abge­stimmt, kann sie Tiere krank machen, sagt Dr. Petra Kölle von der Kleintierklinik München.

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Welche Rolle spielt die Rohfütterung in Ihrer Sprech­stunde?

Unserer Erfahrung nach barfen zirka 25 Prozent der Hundehalter ihr Tier ganz oder teil­weise, bei Katzen­besitzern 6 Prozent. Der Trend begann vor über zehn Jahren und hält weiter an.

Was moti­viert die Tier­besitze­rinnen und -besitzer zum Barfen?

Sie miss­trauen Industriefutter, wollen ihrem Tier etwas Besseres geben. Oder es ist krank, und als Ursache wird das Futter vermutet.

Warum kommen Barfer in Ihre Beratung?

Die meisten vermuten Fehler bei der selbst erstellten Ration. Viele haben ein krankes Tier. Andere bringen ein „Barf-Profil“ ihres Tieres mit, also ein Blut­bild, wo die Werte nicht in Ordnung sind. Wir führen dann eine individuelle computer­gestützte Über­prüfung durch und optimieren die Ration.

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Welche Erkrankungen sind bei gebarften Hunden typisch?

Ältere Tiere entwickeln öfter Leber- und Nierenschäden, da sie wegen des hohen Fleisch­anteils in den Rationen doppelt so viel Eiweiß bekommen wie notwendig. Blasen­steine gehen meist auf über­mäßige Fütterung von Knochen und Innereien zurück. Wir sehen auch Erkrankungen der Knochen, Schild­drüse, Fell- und Haut­probleme. Junge Hunde kommen mit Skelett­deformationen. Das passiert, wenn die Kalzium- und Phosphor-Zufuhr nicht gut aufeinander abge­stimmt ist.

Knochen sind beim Barfen ein Muss, oder?

Nein. Oft führen Knochen zu Verstopfung, dem Knochenkot, den die Tiere nur unter großen Schmerzen ausscheiden können oder sie brauchen Hilfe vom Tier­arzt. Ergän­zungs­mittel sind dann besser als Knochen zu füttern.

Welche Probleme beob­achten Sie noch?

Hunde, die getreidefreies Futter bekommen, entwickeln häufiger und früher Herz­muskel­erkrankungen als andere. Daneben sind im rohen Fleisch regel­mäßig Erreger wie Salmonellen oder Listerien nach­zuweisen. Für Tiere stellen sie meist keine Gefahr dar, beim Menschen aber können sie Erkrankungen hervorrufen.

Warum kann Barfen so schief­laufen?

Die meisten Barfer verwenden Rezepte aus dem Internet oder aus Büchern, die nicht bedarfs­deckend sind oder für die Anforderungen bereits erkrankter Tiere nicht passen. Besser wäre, sie würden sich von Beginn an von spezialisierten Tier­ärzten beraten lassen. Zu uns kommen sie häufig zu spät. Das Tier hat dann bereits Beschwerden.

Das Interview haben wir ursprüng­lich für den Test von Nass­futter – inklusive Barf-Menüs – in test 6/2019 geführt. Im April 2022 haben wir es nochmals von Dr. Petra Kölle auto­risieren lassen.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 29.08.2024 um 12:03 Uhr
    Lockstoffe & tierische Nebenerzeugnisse

    @runz: Die Prüfung auf Lockstoffe war lange Jahre Bestandteil unserer Untersuchung. Da wir nie fündig geworden sind, verzichten wir inzwischen auf diese Untersuchung.
    Antworten auf Ihre Fragen rund um die Zusammensetzung des Hundefutters finden Sie in unserem FAQ zur richtigen Ernährung von Hunden auf dieser Seite oder unter:
    www.test.de/FAQ-Hundefutter-Antworten-auf-die-wichtigsten-Fragen-4839563-0/

  • runz am 29.08.2024 um 09:21 Uhr
    Lockstoffe & tierische Nebenerzeugnisse

    Viele auf dem Markt befindliche enthalten Lockstoffe, um (teils minderwertiges) Futter für den Hund schmackhaft zu machen. Wurde neben Schafstoffen auch auf solche Lockstoffe getestet?
    Weiterhin bestehen die tierischen Nebenerzeugnisse oft aus minderwertigen Schlachtabfällen ohne entsprechenden Nährwert. Deklarationspflichtig ist dies leider nicht, sodass nicht ersichtlich ist, ob der Fleischanteil aus hochwertigen Quellen stammt. Wie wurde dieser Aspekt im Test aufgegriffen?
    Vielen Dank.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 10.04.2024 um 09:19 Uhr
    Welche Futter werden getestet

    @mggslrnz: Wir haben für diesen Test 22 viel verkaufte Nassfutter für ausgewachsene Hunde, darunter 2 Bio-Produkte ausgewählt.
    Die Stiftung Warentest wählt die Produkte für ihre Tests deutschlandweit aus, sie sollen möglichst überregional erhältlich sein. Dabei legen wir großen Wert darauf, dass möglichst viele Leser einen Nutzen für ihre Kaufentscheidung aus unseren Testergebnissen ziehen können. Die Marktbedeutung der Produkte ist ein wichtiges, aber nicht immer das allein ausschlaggebende Auswahlkriterium. Gibt es Produkte von besonderem Interesse für unsere Leser (bei Tierfutter etwa Bio-, vegane oder getreidefreie Produkte), so werden diese ebenfalls berücksichtigt. Werden in regelmäßigen Abständen bestimmte Produkte getestet, achten wir auch auf eine abwechslungsreiche Mischung, um die Interessen möglichst vieler Leser abzudecken.

    Die von der Stiftung Warentest vergebenen Qualitätsurteile gelten nur für das konkret untersuchte Produkt eines Herstellers. Eine Übertragung des Testurteils auf nicht getestete Produkte ist nicht möglich und die Laufzeit unserer Log-Lizenz ist auf zwei Jahre begrenzt. In Ausnahmefällen, über die in der Stiftung entschieden wird, ist eine dreijährige Laufzeit möglich. Ausführliche Informationen zur Werbung mit Testergebnissen finden Sie hier:
    www.test.de/unternehmen/werbung-5016972-0/

    Für das von Ihnen erwähnte Futter ist daher die Lizenz vermutlich einfach abgelaufen. Manchmal entscheiden sich die Hersteller aber auch, die Lizenz nicht weiter zu nutzen oder das Produkt so zu verändern, dass die Lizenz nicht mehr anwendbar ist.
    Leider lassen sich die Ergebnisse gerade bei Tierfutter nicht auf die anderen Produkte eines Herstellers übertragen – wir hatten schon öfter den Fall, dass ein Hersteller mit mehreren Marken oder Produkten im Test vertreten war, die unterschiedlich gut abgeschnitten haben. Allerdings gibt es auch Hersteller, die immer wieder gut in unseren Tests abschneiden.

    Die Auswahl an Tierfutter ist so groß, dass wir sie mit unseren Testplätzen nicht abdecken können. Wir bemühen uns daher, ein möglichst breites Spektrum an Futter aus allen Vertriebskanälen auszuwählen (Supermarkt, Discounter, Fachhandel, Drogeriemärkte, online).

  • mggslrnz am 08.04.2024 um 12:25 Uhr
    Welche Futter werden getestet?

    Hallo und danke für den sehr aufschlussreichen Test. Könnten Sie mir dazu allerdings sagen, wie Sie entscheiden, welche Futter getestet werden? Die Frage ergibt sich für mich aus zwei Überlegungen:
    1. Das Lidl Dosenfutter mit Geflügel hat beispielsweise sehr gut abgeschnitten. Kann ich davon ausgehen, dass die Variante mit Rind ähnlich ist oder Können Sie dazu gar nichts sagen, weil nicht getestet? Falls das der Fall ist: gibt es dafür einen Grund?
    2. In einem vergangen Test (ich gaube 2019) haben Sie das Netto Futter (Sancho) getestet und es hat sehr gut abgeschnitten. Das Siegel ist allerdings im Supermarkt nicht mehr auf dem Produkt zu finden. Hat sich daran was geändert oder wird das einfach obsolet mit dem nächsten Test? Testen Sie das dann nur deswegen nicht noch mal, weil es schon getestet wurde? Bzw. anders gesagt: Kann ich davon ausgehen, dass das nach wie vor ein gutes Produkt ist oder haben sich da neue Erkenntnisse ergeben?
    Vielen Dank!

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 26.09.2023 um 08:03 Uhr
    Edeka Hundefutter

    @Observer_2: Unseren Nassfuttertest haben wir bereits Anfang 2022 durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt gab es keinerlei Verunreinigungen bei der Edeka Marke "Feine Mahlzeit Junior".