
Nicht jeder verdient genug, damit am Ende des Arbeitslebens eine ordentliche Rente herauskommt. Und nicht jeder erbt später genug, um eine niedrige Rente ausgleichen zu können. Ist das der Fall, hilft im Alter die staatliche Grundsicherung, dass Betroffene finanziell über die Runden kommen. Große Sprünge lassen sich damit aber nicht machen. Die Altersvorsorge-Experten der Stiftung Warentest erklären, wie der Staat später hilft und beantworten die häufigsten Fragen zum Thema Grundsicherung.
Das Wichtigste in Kürze
Grundsicherung im Alter - die wichtigsten Infos
Voraussetzungen. Die Grundsicherung im Alter ist keine Rente, sondern eine Sozialhilfe. Sie wird aus Steuern finanziert und auch dann gezahlt, wenn Sie nie in die Rentenkasse eingezahlt haben. Die Voraussetzungen sind:
- Sie haben die reguläre Altersgrenze erreicht und
- Sie haben ein so geringes Einkommen und Vermögen, dass Sie damit ihren Lebensunterhalt nicht decken können.
Anträge. Grundsicherung beantragen können Sie bei den zuständigen kommunalen Behörden. Das sind in der Regel die örtlichen Träger der Sozialhilfe. Diese prüfen auch, ob Sie überhaupt einen Anspruch auf Grundsicherung haben.
Ausnahmen. Sozialhilfeträger können die Zahlung von Grundsicherung ablehnen, wenn Sie ihre Bedürftigkeit in den letzten zehn Jahren vor Antragstellung vorsätzlich oder grob fahrlässig selbst verursacht haben. Das ist etwa dann der Fall, wenn Sie ihr Vermögen verschenken, ohne eine eigene Altersversorgung zu haben.
Beratung. Auch wenn die Grundsicherung keine Rente ist: Die Deutsche Rentenversicherung berät Sie kostenlos zu diesem Thema und hilft Ihnen frühzeitig einzuschätzen, ob Sie im Alter auf Grundsicherung angewiesen sein werden. Termine können Sie telefonisch oder online vereinbaren (0 800/10 00 48 00 und www.eservice-drv.de).
Grundsicherung nur nach Bedürftigkeitsprüfung
Reicht das Geld dann später nicht, um den Lebensunterhalt zu decken, übernimmt der Staat in gewissem Umfang Kosten für Lebensunterhalt, Miete, Heizung. Diese spezielle Sozialhilfe im Alter nennt sich Grundsicherung. Ende 2019 waren nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Alter rund 562 000 Menschen auf sie angewiesen. Häufige Fragen beantworten wir in unserem FAQ Grundsicherung. Grundsicherung gibt es nur auf Antrag. Der durchschnittliche Bruttobedarf bei der Grundsicherung im Alter lag 2019 nach Angaben des statistischen Bundesamts bei 813 Euro. Bevor die Ämter zahlen, müssen Antragsteller ihre Vermögensverhältnisse offen legen. Nur Bedürftige sollen die Leistung erhalten.
Sozialämter sind zuständig
Neben der Voraussetzung, auf Dauer den Lebensunterhalt nicht aus eigenen Mitteln bestreiten können, müssen Antragsteller ihr Rentenalter erreicht haben, bevor sie Grundsicherung bekommen können. Gesetzlich geregelt ist das im vierten Kapitel des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch. Zuständig für die Auszahlung sind kommunale Behörden – meist die örtlichen Träger der Sozialhilfe. Aber auch die Rentenversicherungsträger sind verpflichtet, über Leistungsvoraussetzungen zu informieren und bei der Antragstellung zu helfen (deutsche-rentenversicherung.de).
Wenig Beitrag, wenig Rente
Auf Grundsicherung angewiesen sind oft Menschen, die während des Berufslebens keine ausreichenden Rentenansprüche erwerben konnten etwa aufgrund eines niedrigen Einkommens oder großen Lücken im Erwerbsleben. In Deutschland spiegelt das gesetzliche Rentensystem stark das eigene Erwerbsleben wider. Wer lange gut verdient hat, bekommt eine hohe Rente, wer wenig verdient oder aufgrund von Krankheit, Arbeitslosigkeit, Familienarbeit oder Selbstständigkeit immer wieder große Lücken im Rentenversicherungsverlauf hat, bekommt eine niedrigere Rente. Zwar erhöht auch unentgeltliche Arbeit wie Kindererziehung und die Pflege von Angehörigen die eigenen Rentenansprüche. Aber mit langfristig hohen Beiträgen aus einem sozialversicherungspflichtigen Job kann unentgeltliche Fürsorgearbeit nicht mithalten.
Mehr Informationen zur Rente auf test.de
Gesetzliche Rente Das sollten Sie wissen
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Verbesserung durch Grundrente
Ab Januar 2021 bringt die neuen Grundrente Verbesserung für Menschen mit niedrigen Löhnen und langen Beitragszeiten. Wer auf mindestens 33 Jahre mit Beitragszeiten kommt, erhält einen Rentenzuschlag. Aber nicht bei allen wird er hoch genug sein, um unabhängig von der staatlichen Hilfe zu werden. Andere werden die Voraussetzung für die Grundrente erst gar nicht erfüllen.
Staat springt ein
Ein Beispiel: Eine westdeutsche Arbeitnehmerin, die insgesamt 30 Jahre in die Rentenkasse eingezahlt und immer die Hälfte des durchschnittlichen rentenversicherungspflichtigen Einkommens verdient hat (für 2020 heißt das rund 1 690 Euro im Monat), bekommt nach heutigen Werten eine gesetzliche Monatsrente von 513 Euro. Grundrente bekäme sie nicht. Dafür müsste sie auf mindestens 33 Jahre an Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung kommen. Im Osten käme sie bei gleichem Verdienst nach 30 Jahren auf mehr – 533 Euro. Aber auch das reicht lange nicht, wenn sie Miete zahlen muss und nicht auf andere Einkünfte oder Vermögen zurückgreifen kann. Gibt es dann auch keinen Partner, der sie unterstützen kann, springt der Staat ein.
Häufige Fragen zur Grundsicherung
Altersarmut ist auch im reichen Deutschland ein Thema – weniger für heutige Rentner als für Jüngere mit wenig Einkommen. Was kommt diese Personengruppe zu? Hier beantworten wir elf wichtige Fragen und erklären, wie der Staat später hilft.
1. Wer zahlt, wenn im Alter mein Geld nicht reicht?
Wenn Sie im Alter Ihren Lebensbedarf nicht selbst decken können, beantragen Sie „Grundsicherung im Alter“. Das ist eine steuerfinanzierte Sozialleistung.
2. Wo beantrage ich Grundsicherung im Alter?
Grundsicherung beantragen Sie beim Sozialhilfeträger. Das sind meist die Kommunalbehörden, also Städte, Kreise, Landschaftsverbände, Bezirke oder Landessozialämter. Sie können den Antrag aber auch bei der Deutschen Rentenversicherung stellen. Die leitet ihn dann an die zuständige Stelle weiter. Zum Renteneintritt informiert die Rentenversicherung Sie mit dem Rentenbescheid auch über die Leistungen der Grundsicherung.
3. Wie hoch ist die Grundsicherung im Alter?
Es gibt nicht einen für alle gleichen Grundsicherungsbetrag. Das Sozialamt legt vielmehr fest, wie hoch Ihr Bedarf im Einzelfall ist. Im Dezember 2019 lag er nach Angaben des Bundesamts für Statistik im Durchschnitt bei 813 Euro brutto im Monat. Einen Teil des Lebensunterhalts wie Nahrung, Kleidung, Hausrat, Körperpflege, Strom zahlt das Sozialamt Ihnen als Pauschale – den Regelsatz. Er liegt 2020 für Alleinstehende bei 432 Euro und für Paare bei 389 Euro im Monat. Über den Regelsatz hinaus bekommen Sie Leistungen für Unterkunft und Heizung. Hier zahlt das Sozialamt die tatsächlichen Kosten, wenn sie angemessen sind. In bestimmten Fällen haben Sie zudem Anspruch auf einen sogenannten Mehrbedarf, etwa wenn Sie schwerbehindert sind.
4. Welche Voraussetzungen muss ich erfüllen?
Voraussetzungen für einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter sind:
- Sie haben die Regelaltersgrenze erreicht. Die steigt für jeden Jahrgang bis zum Jahr 2031 stetig auf 67 Jahre an Tabelle Regelaltersgrenze (nach dem Klick auf den Link bitte etwas herunterscrollen zur Tabelle).
- Ihr Einkommen und Vermögen reichen nicht aus, um Ihren notwendigen Bedarf etwa für Lebensmittel, Kleidung, Heizung und Miete selbst zu decken.
- Das Einkommen und Vermögen Ihres Partners ist nicht so hoch, dass er damit auch noch Ihren Lebensunterhalt bestreiten könnte. Wenn Sie mit einem Partner zusammenleben, bilden Sie eine Bedarfsgemeinschaft – auch wenn Sie nicht verheiratet oder verpartnert sind.
5. Welches Einkommen wird auf die Grundsicherung angerechnet?
Das Sozialamt rechnet fast alle Einkommensarten auf die Grundsicherung an: Miet- und Pachteinnahmen, Einkünfte aus Kapitalvermögen wie Zinsen, Unterhaltszahlungen eines getrennt lebenden oder geschiedenen Ehepartners. Nur bei Renten bleibt seit 2018 mindestens ein Betrag von 100 Euro monatlich anrechnungsfrei. Die Regelung gilt für alle Formen der zusätzlichen Altersvorsorge: private Renten, Riester- und Rürup-Renten oder freiwillige Beitragszahlungen an die gesetzliche Rentenkasse.
Übersteigt Ihre Riester-Rente diese 100 Euro, werden zusätzlich 30 Prozent des darüberliegenden Betrages nicht zum Einkommen gezählt. Bei einer Riester-Rente von 200 Euro im Monat blieben also 130 Euro anrechnungsfrei. Wichtig: Der Gesamtfreibetrag darf höchstens 50 Prozent des Eckregelsatzes von derzeit 432 Euro im Jahr betragen. Das sind 216 Euro im Jahr 2020.
Auch berücksichtigt das Sozialamt nicht Ihr volles Bruttoeinkommen. Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung zieht es ab. Auch private Haftpflicht−, Hausrat− und bestimmte Sterbegeldversicherungen können angerechnet werden.
6. Wird die neue Grundrente auf die Grundsicherung angerechnet?
Die Grundrente wird nicht voll angerechnet. Auch hier gibt es einen Freibetrag zwischen 100 Euro und 216 Euro, der je nach Einkommen individuell berechnet wird (siehe Frage 5).
7. Muss ich mein gesamtes Vermögen erst aufbrauchen, bevor der Staat Grundsicherung zahlt?
Fast alles. Behalten können Sie ein angemessenes Haus mit Grundstück (siehe Frage 11), wenn Sie selbst dort alleine oder mit Angehörigen wohnen. Auch das sogenannte Schonvermögen lässt Ihnen der Staat. Seit April 2017 beträgt es 5 000 Euro.
8. Was zählt alles zu meinem Vermögen?
Im Sozialrecht gehört neben Bargeld fast alles andere zum Vermögen, was Sie theoretisch irgendwie zu Geld machen könnten: Bankguthaben, Wertpapiere, Bausparverträge, Ansprüche aus Kapitallebensversicherungen, Schenkungen, Erbansprüche, Haus− und Immobilienbesitz, aber auch Erbbau− und Nießbrauchsrechte sowie Gemälde, Schmuck und Ihr Auto. Das Sozialamt prüft, ob und welche Ihrer Vermögensgegenstände überhaupt verwertbar sind und dann, ob es nicht zum Schonvermögen (siehe Frage 7) gehört. Geprüft wird auch, ob der der Verkauf eine besondere Härte für Sie darstellen würde. Das kann etwa bei einem Familien- und Erbstück der Fall sein. Auch Gegenstände zur Befriedigung geistiger, wissenschaftlicher oder künstlerischer Bedürfnisse, etwa Musikinstrumente, können Sie unter Umständen behalten. Ein Auto kann zum Schonvermögen gehören, wenn der Verkaufswert unter dem Freibetrag liegt.
9. Holt sich das Sozialamt später das Geld, das es für mich zahlt, von meinen Kindern zurück?
Nein. Bei der Grundsicherung im Alter verzichten die Behörden auf den sogenannten Unterhaltsrückgriff auf die Kinder. Auch Erben müssen keine Kosten erstatten. Ist das Einkommen eines Ihrer Kinder allerdings sehr hoch (mindestens 100 000 Euro jährlich), entfällt der Grundsicherungsanspruch für Sie. In diesem Fall haben Sie aber Anspruch auf eine andere Sozialleistung: Hilfe zum Lebensunterhalt. Diese können sich die Sozialämter allerdings von Ihren Kindern wieder zurückerstatten lassen. Aber auch hier gibt es recht hohe Freigrenzen.
10. Kann ich in meiner Mietwohnung bleiben?
Ja, solange Kosten für Unterkunft und Heizung dem Sozialamt angemessen erscheinen. Die können in München natürlich völlig anders ausfallen als in Bremerhaven. Als Richtschnur für eine angemessene Größe der Wohnung gilt:
- 45 bis 50 Quadratmeter für eine Person
- 60 Quadratmeter oder zwei Zimmer für zwei Personen
- 75 Quadratmeter oder drei Zimmer für drei Personen
- 85 bis 90 Quadratmeter oder vier Zimmer für vier Personen.
Erachtet das Sozialamt Ihre Wohnung als unangemessen, könnten Sie aufgefordert werden, sich eine andere Bleibe zu suchen oder Ihre Zahlungen könnten gekürzt werden. Allerdings muss der Umzug für Sie zumutbar sein. Hier müssen Aspekte wie soziale Bindungen oder Infrastruktur berücksichtigt werden.
11. Muss ich mein Wohneigentum verkaufen?
Nein, solange es in den Augen der Behörden angemessen ist und Sie es selbst bewohnen. Häuser dürfen in der Regel bis 130 Quadratmeter groß sein, Wohnungen bis 120 Quadratmeter.
12. Wie wehre ich mich gegen Entscheidungen des Sozialamts?
Sie können bis zu einem Monat nach Erhalt Ihres Bescheids Widerspruch bei der Behörde einlegen. Diese entscheidet dann erneut und schickt Ihnen einen Widerspruchsbescheid. Hier haben Sie dann wieder einen Monat Zeit, um vor dem Sozialgericht dagegen zu klagen. Verfahrensgebühren fallen dafür nicht an.
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Dieses Special ist erstmals am 21. März 2017 auf test.de erschienen. Es wurde zuletzt am 3. Juli 2020 aktualisiert.
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