Sozial­hilfe So funk­tioniert die Hilfe vom Sozial­amt

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Sozial­hilfe - So funk­tioniert die Hilfe vom Sozial­amt

Sozial­hilfe. Um sie zu erhalten, muss ein Antrag beim Sozial­amt am Wohn­ort gestellt werden. © picture alliance / Zoonar

Wer zeit­weise nicht arbeiten kann und ohne Anspruch auf andere staatliche Hilfen ist, kann Sozial­hilfe bekommen. Wie man sie beantragt, welche Voraus­setzungen es gibt.

Menschen können Anspruch auf Sozial­hilfe haben, wenn ihnen weder Arbeitslosengeld 1 noch Bürgergeld zusteht. Der Umfang der Sozial­hilfe orientiert sich bei der Hilfe zum Lebens­unterhalt genauso wie das Bürgergeld an sogenannten Regelbedarfen. Dabei handelt es sich um einen pauschalierten Geld­betrag, der der Sicherung des Lebens­unter­halts dienen und die Kosten für Ernährung, Kleidung, Körper­pflege, Hausrat, Bedürf­nisse des täglichen Lebens und für eine Teil­nahme am kulturellen Leben abdecken soll. Dieser Geld­betrag wird Regel­satz genannt.

So hoch ist der Regel­satz

Stand Anfang 2023 beträgt der Regel­satz für eine allein­stehende Person 502 Euro im Monat. Im Falle einer Bedarfs­gemeinschaft von zwei Personen erhalten beide aktuell jeweils 451 Euro. Für Kinder bis sechs Jahre beträgt der Regel­satz 318 Euro. Für Kinder und Jugend­liche bis 18 Jahre beträgt er je nach Alter maximal 420 Euro. Hilfs­bedürftige Erwachsene, die im Haushalt anderer Personen leben, erhalten 402 Euro. Unabhängig von den pauschalierten Beträgen können Sozial­ämter im Einzel­fall individuell für Leistungs­berechtigte Regelsätze erhöhen oder auch kürzen.

Das Wichtigste in Kürze

Was ist Sozial­hilfe?

Finanzielle Hilfe des Staates. Laut Bundes­arbeits­ministerium ist Sozial­hilfe das letzte „Auffang­netz“ für Menschen, die ihren Lebens­unterhalt vorüber­gehend oder dauer­haft nicht allein bestreiten können und zum Beispiel keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld 1 oder Bürgergeld haben. Es soll die „Führung eines Lebens ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht“ (Paragraf 1, Zwölftes Sozialgesetzbuch SGB XII).

Nach­rangig. Im Sozial­hilferecht gilt der Grund­satz des Nach­rangs der Sozial­hilfe. Das bedeutet, dass Leistungen der Sozial­hilfe erst dann bezogen werden können, wenn der notwendige Bedarf nicht durch eigene Anstrengungen oder durch Leistungen anderer, etwa andere Sozial­leistungs­träger, gedeckt werden kann. Dazu zählen beispiels­weise die Träger der Sozial­versicherung, also die Unfall-, Renten-, Kranken- und Pflege­versicherungs­träger.

Hilfe zum Lebens­unterhalt. Im allgemeinen Sprach­gebrauch wird Sozial­hilfe mit Hilfe zum Lebens­unterhalt gleichgesetzt.

Weitere Leistungen. Leistungen der Sozial­hilfe können außerdem umfassen

  • Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung,
  • Hilfen zur Gesundheit,
  • Einglie­derungs­hilfe für behinderte Menschen,
  • Hilfe zur Pflege,
  • Hilfe zur Über­windung besonderer sozialer Schwierig­keiten,
  • Hilfe in anderen Lebens­lagen.

So viel gibt es für Wohn­kosten

In der Regel werden Miete, Heiz­kosten und Neben­kosten bezahlt. Hier zahlt das Sozial­amt die tatsäch­lichen Kosten. Das gilt aber nur, sofern Wohnungs­größe und Miet- und Heiz­kosten angemessen sind. Angemessen groß ist der Wohn­raum in der Regel, wenn die Wohnung nicht größer als 45 bis 50 Quadrat­meter für eine allein lebende Person ist. Für zwei Personen gelten 60 Quadrat­meter als angemessen. Für jede weitere Person sind 15 Quadrat­meter zusätzlich anzu­setzen. Hierbei handelt es sich um grobe Richt­werte.

So teuer darf die Wohnung sein

Wie hoch die Miete sein darf, hängt von den in der jeweiligen Gemeinde üblichen Kosten für Wohn­raum ab. Eine Orientierung darüber, welche Mieten am Wohn­ort üblich sind, gibt der örtliche Mietspiegel. Kommt das Sozial­amt zu dem Ergebnis, dass die Wohnung zu groß oder zu teuer ist, kann sie verlangen, dass der Antrag­steller umzieht. Die zu hohen Miet­kosten muss das Amt aber so lange zahlen, wie ein Wechsel in eine güns­tigere Wohnung nicht möglich oder zumut­bar ist, maximal aber für sechs Monate. Im Einzel­fall kann es Gründe geben, die einen Umzug unzu­mutbar erscheinen lassen, etwa wenn der Empfänger von Sozial­hilfe schwer körperlich einge­schränkt und nicht in der Lage ist, einen Umzug zu bewältigen.

Was es sonst noch gibt

Darüber hinaus zahlen Sozial­ämter bei Bedarf Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflege­versicherung und zur Alters­vorsorge, Mehr­leistungen in besonderen Lebens­situationen, etwa in der Schwangerschaft, und einmalige Beträge, beispiels­weise Anschaffungs­kosten bei einem Wohnungs­umzug (Erst­ausstattung).

Wo stelle ich den Antrag auf Sozial­hilfe?

Sozial­hilfe beantragen Sie persönlich beim Sozial­amt an Ihrem Wohn­ort. Manchmal verweist es Antrag­steller an einen über­örtlichen Träger. Neben dem schriftlichen Antrag benötigt das Amt für seine Entscheidung weitere Unterlagen und Nach­weise, etwa über Ihr Einkommen, Vermögen und Miet- oder Versicherungs­verträge.

Wird mein Einkommen ange­rechnet?

Ob jemand Sozial­hilfe bekommt, ist abhängig davon, ob er oder sie über finanzielle Mittel verfügt, die er oder sie zur Über­windung einer Notlage einsetzen kann. Erst wenn diese bis zu einem bestimmten Frei­betrag aufgebraucht sind, kann Sozial­hilfe bezogen werden. Das Sozial­amt wird den Antrag also auch dahin­gehend prüfen, ob der Antrag­steller zunächst eigene Mittel aufbringen muss oder er Unterstüt­zung von Angehörigen erhalten kann. Als unter­halts­pflichtige Angehörige gelten – nicht getrennt lebende – Ehe- oder Lebens­partner, Eltern (bei minderjäh­rigen und unver­heirateten Antrag­stel­lern) sowie die eigenen Kinder.

Achtung: Am 1. Januar 2020 ist das „Angehörigen-Entlastungs­gesetz“ in Kraft getreten. Seither gilt: Behörden können nur noch Elternunterhalt bei Kindern einfordern, deren Jahres­einkommen 100 000 Euro über­steigt.

Was gilt als Einkommen?

Als Einkommen gelten etwa Einkünfte aus selbst­ständiger oder nicht selbst­ständiger Arbeit, aus Kapital­vermögen und aus Vermietung oder Verpachtung. Außerdem zählen die meisten Sozial­leistungen dazu, zum Beispiel Kindergeld, Krankengeld, Rente, Arbeitslosengeld 1 und Bürgergeld. Kein anrechen­bares Einkommen sind etwa Elterngeld und Pflegegeld.

Wie viel wird ange­rechnet?

Einkommen wird grund­sätzlich voll auf die Sozial­hilfe ange­rechnet, es sei denn, es stammt aus einer stunden­weisen Beschäftigung: In diesem Fall bleiben 30 Prozent des Netto­einkommens, höchs­tens aber 50 Prozent der Regelbe­darfs­stufe 1 (502 Euro), anrechnungs­frei.

Was gilt als Vermögen?

Neben Bargeld gehört fast alles zum Vermögen, was Sie theoretisch irgendwie zu Geld machen könnten: Bank­guthaben, Wert­papiere, Bauspar­verträge, Ansprüche aus Kapital­lebens­versicherungen, Schenkungen, Erbansprüche, Haus− und Immobilien­besitz, aber auch Erbbau− und Nieß­brauchs­rechte sowie Gemälde, Schmuck und Ihr Auto. Das Sozial­amt prüft, ob und welche Ihrer Vermögens­gegen­stände über­haupt verwert­bar sind und dann, ob es nicht zum Schon­vermögen gehört. Seit Januar 2023 beträgt es 10 000 Euro. Ein Auto kann zum Schon­vermögen gehören, wenn der Verkaufs­wert unter dem Frei­betrag liegt.

Was ist mit Immobilien?

Auch eine angemessene, selbst genutzte Immobilie gehört zum Schon­vermögen. Was eine angemessene Größe für ein Haus ist, darüber hat das Bundes­sozialge­richt bereits entschieden. Ein angemessenes Familien­haus dürfe im Regelfall eine Wohn­fläche von 130 Quadrat­metern nicht über­schreiten. Dies gelte für einen Vier­personen­haushalt (Az. B 11b AS 37/06 R). Für jede Person mehr oder weniger werden 20 Quadrat­meter addiert beziehungs­weise abge­zogen. Die zugestandene Größe für angemessenes Wohn­eigentum liegt jedoch mindestens bei 80 Quadrat­metern – selbst bei einem Ein-Personen-Haushalt. Bei Eigentums­wohnungen sind jeweils 10 Quadrat­meter weniger erlaubt als bei Häusern.

Werden Renten ange­rechnet?

Bei Renten bleibt mindestens ein Betrag von 100 Euro monatlich anrechnungs­frei. Die Regelung gilt für alle Formen der zusätzlichen Alters­vorsorge: private Renten, Riester- und Rürup-Renten oder freiwillige Beitragszahlungen an die gesetzliche Rentenkasse. Über­steigt Ihre Riester-Rente diese 100 Euro, werden zusätzlich 30 Prozent des darüber­liegenden Betrages nicht zum Einkommen gezählt. Bei einer Riester-Rente von 200 Euro im Monat blieben also 130 Euro anrechnungs­frei.

Wichtig: Der Gesamt­frei­betrag darf höchs­tens 50 Prozent des Eckregel­satzes von derzeit 502 Euro betragen. Das sind 251 Euro.

Was muss ich noch beachten?

Wer Sozial­hilfe bekommt, hat bestimmte Mitwirkungs­pflichten. Kommt er ihnen nicht nach, drohen ihm Kürzungen der finanziellen Hilfen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Bezieher von Sozial­hilfe ihre Einkommens- und Vermögens­verhält­nisse nicht ordnungs­gemäß offen legen und dies auch nach schriftlichem Hinweis durch das Sozial­amt nicht nach­holen.

Wie lange wird Sozial­hilfe gezahlt?

Anders als beim Bürgergeld gibt es keinen Bewil­ligungs­zeitraum. Sozial­hilfe wird so lange gewährt, wie der Empfänger hilfs­bedürftig und nicht erwerbs­fähig ist.

Kann ich gegen eine Entscheidung des Sozial­amts vorgehen?

Ja, gegen einen Sozial­hilfe­bescheid kann der Antrag­steller inner­halb eines Monats nach Bekannt­gabe durch einen Bescheid des Sozial­amts Wider­spruch einlegen – am besten posta­lisch per Einschreiben. Bleibt es trotz Wider­spruch bei der Entscheidung, besteht die Möglich­keit, Klage beim Sozialge­richt zu erheben.

Weitere finanzielle Hilfen

Finanzielle Hilfen für Arbeits­suchende

Arbeits­losengeld 1. Wer keine Arbeit hat, braucht finanzielle Unterstüt­zung, um seinen Lebens­unterhalt zu bestreiten. In vielen Fällen besteht nach dem Verlust eines Arbeits­platzes ein Anspruch auf Arbeitslosengeld 1.

Bürgergeld. Sind die Voraus­setzungen dafür nicht erfüllt, bekommen Erwerbs­lose in der Regel Bürgergeld. Während Arbeits­lose Arbeits­losengeld 1 bei der Agentur für Arbeit beantragen müssen, sind für das Bürgergeld die Jobcenter zuständig. Jobcenter sind gemein­same Einrichtungen der Bundes­agentur für Arbeit und kommunaler Träger.

Weitere Hilfen. Betroffene können weitere Hilfen bekommen, beispiels­weise Wohngeld. Eltern, die nur über ein geringes Einkommen verfügen, können neben dem Kindergeld einen Kinderzuschlag von bis zu 250 Euro pro Kind und Monat erhalten. Den Kinder­zuschlag kann man von Zuhause aus bei der zuständigen Familienkasse beantragen. Ob ihr Antrag Erfolg hat, können sie ebenfalls bei der Bundesarbeitsagentur prüfen.

Über­schuldung. Häufen sich durch den Einkommens­verlust aufgrund der Arbeits­losig­keit unbe­zahlte Rechnungen, können Menschen in eine finanzielle Schieflage geraten, aus der sie scheinbar nur schwer wieder heraus­finden. Welche Möglich­keiten es gibt, steht in unserem Special Überschuldung.

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Rasputin6 am 05.08.2023 um 13:32 Uhr
Oft Ärger mit Sozialaemtern

Leider hat die Praxis mit der Theorie wenig gemein !!! Ich schied altersbedingt aus dem Bürgergeld aus und beantragte einen Monat vor dem Ausscheiden Grundsicherung um einen laufenden Übergang zu bekommen.
Den bekam ich nicht denn das Sozialamt Stendal bearbeitete meinen Eilantrag erst nach vier Wochen , was bedeutet, das es statt der ersten Zahlung Grundsicherung nur einen Fragebogen gab. Obwohl umgehend beantwortet gab es nur neue Fragen. Ich stellte einen Antrag auf einstweilige Anordnung bei Sozialgericht( wichtig !!!).
Beim Sozialamt Stendal braucht man nicht auf Hilfe hoffen.
Mittlerweile stehen zwei Monatsgehälter aus und ich warte auf die Justiz. Viele klagen über diese Verzögerungstaktik die sich bei einigen über Monate hinzieht.
Ein echter Skandal auf Kosten der Ärmsten........