Zu Jahresbeginn hatten Krankenkassen für ihre Mitglieder, auch für Kinder, eine Patientenakte angelegt, wenn nicht widersprochen wurde. Die Nutzung ist bis zum bundesweiten Roll-Out und – eventuell auch für die erste Zeit danach – noch eingeschränkt. Sie ist eine „versichertengeführte Akte“ – jeder hat es selbst in der Hand, welche Inhalte medizinisches Personal sehen darf und welche nicht. Es ist jederzeit möglich, bei bestimmten Inhalten Widerspruch einzulegen. Wer seine bereits angelegte Akte nicht mehr möchte, kann auch im Ganzen widersprechen.
Das Prinzip ePA
Die elektronische Patientenakte (ePA) ist das zentrale Element der Digitalisierung im Gesundheitswesen. Durch das seit März geltende Digital-Gesetz haben alle gesetzlich Krankenversicherten von ihrer Krankenkasse eine ePA erhalten – sofern sie nicht widersprochen haben.
Die Akte soll alle wichtigen Informationen zur Gesundheit des Versicherten enthalten. Dazu zählen etwa Befund- und Arztberichte, Labordaten und verordnete Medikamente. Wichtig: Die ePA ist eine versichertengeführte Akte. Das heißt, dass jede Person selbst bestimmen kann, ob sie ihre Akte nutzt und welche Daten in ihr abgelegt werden. Versicherte können auch entscheiden, welche Behandler Zugriff auf die Daten erhalten sollen und für wie lange.
Wichtig: Die ePA ersetzt nicht die Behandlungsdokumentation in der Praxis. Ärzte und Psychotherapeuten müssen weiterhin diese Dokumentation vornehmen.
Jede Krankenkasse hat eine Ombudsstelle für die ePA. Damit sollen vor allem Versicherte ohne Smartphone oder Tablet bei der Verwaltung unterstützt werden. Zudem können Versicherte bestimmte Widersprüche im Zusammenhang mit der ePA an die Ombudsstelle richten,
Widerspruch – mehrere Möglichkeiten
Versicherte müssen die ePA nicht nutzen. Wer keine Akte möchte, kann jederzeit widersprechen. Das geht entweder für die gesamte Akte oder Teilbereiche:
- Komplette Akte. Auch nach Einrichten der ePA kann diese auf Wunsch wieder gelöscht werden – inklusive aller enthaltenen Daten. Ansprechpartner: die Krankenkasse.
- Arzt/Krankenhaus/Apotheke. Bei Widerspruch gegen bestimmte Ärzte, medizinische Einrichtungen oder Apotheken können diese nicht mehr auf Daten der ePA zugreifen oder sie lesen. Ansprechparter: ePA-App oder Ombudsstelle der Krankenkasse.
- Medikationsliste. Widersprechen Versicherte hier, fließen keine Daten über mittels e-Rezept verordnete Medikamente in die ePA. Ansprechparter: ePA-App oder Ombudsstelle der Krankenkasse.
- Dokumente einer Behandlung. Versicherte können per Widerspruch verhindern, dass bestimmte Daten von Ärzten im Rahmen einer Behandlungssituation in die ePA übertragen werden. Ansprechpartner: Arztpraxis.
- Abrechnungsdaten. Bei Widerspruch stellt die Krankenkasse keine Daten zu Arztbesuchen, den erbrachten Leistungen und Diagnosen in die ePA ein. Ansprechpartner: Krankenkasse.
- Nutzung zu Forschungszwecken. Die Daten aus der ePA können nach Widerspruch nicht mehr für Forschungszwecke (geplant ab Sommer 2025, siehe weiter unten) genutzt werden. Ansprechpartner: ePA-App oder Ombudsstelle der Krankenkasse.
Daten in der ePA kontrollieren
Zugriffsdauer beschränken:
Mit dem Stecken der Versichertenkarte haben Ärzte und Krankenhäuser automatisch 90 Tage lang Zugriff auf die Daten der elektronischen Patientenakte. Dies kann in der ePA auf eine dreitägige oder unbegrenzte Zugriffsdauer geändert werden. Umgekehrt können Apotheken, die normalerweise nur drei Tage Zugriff auf die ePA-Daten haben, 90 Tage oder auch unbegrenzt Zugriff erhalten. Versicherte selbst können im Nachhinein immer sehen, wer auf welche Daten zugegriffen hat.
Hinweis: Die Krankenkassen haben generell keinen Zugriff auf die Akten ihrer Versicherten. Ausnahme ist die Ombudsstelle der Krankenkasse – wenn Versicherte dort Hilfe holen. Und: Betriebsärzte und Amtsärztinnen haben nur Zugriff, wenn die Versicherten dem aktiv zugestimmt haben. Der Einblick in die ePA darf nicht verlangt werden.
Dokumente verbergen:
Mittels ePA lassen sich Dokumente verbergen, wenn Versicherte nicht möchten, dass Behandler diese einsehen. Die Dokumente sind dann nur noch für den Versicherten selbst einsehbar. Wichtig: Die Dokumente sind dann für alle medizinischen Einrichtungen nicht sichtbar. Diese können auch nicht erkennen, dass bestimmte Daten verborgen sind.
Löschen von Dokumenten:
Versicherte sind berechtigt, eingestellte Dokumente in der ePA dauerhaft zu löschen. Hinweis: Praxen sind nicht verpflichtet, einmal gelöschte Daten wieder in die ePA einzustellen.
Einstellen von weiteren Dokumenten:
Versicherte können selbst zusätzliche Dokumente wie abfotografierte Befunde, Daten aus Fitness-Apps und mehr in die ePA einstellen. Sie haben darüber hinauf noch folgende Möglichkeiten, die ePA zusätzlich zu befüllen:
- Arztpraxen: Ärzte sind verpflichtet, auf Wunsch des Patienten, zusätzliche Daten, etwa aus DMP (strukturierte Behandlungsprogramme), elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, Patientenverfügungen oder Vorsorgevollmachten einzustellen.
- Krankenkassen: Praxen müssen keine alten Papierbefunde einpflegen. Vielmehr haben Versicherte die Möglichkeit, bei ihrer Krankenkasse medizinische Daten auf Papier digitalisieren zu lassen. Das geht zweimal innerhalb von 24 Monaten für jeweils zehn Dokumente.
Besonderheit: Hochsensible Daten
Eine Besonderheit sind hochsensible Daten, vor allem zu sexuell übertragbaren Erkrankungen, psychischen Leiden und Schwangerschaftsabbrüchen: Hier müssen Ärzte explizit auf das Widerspruchsrecht hinweisen. Patienten können dann unmittelbar im Behandlungsverlauf widersprechen, so dass diese Daten nicht in die ePA gelangen.
Noch schärfer sind die Vorgaben bei genetischen Untersuchungen nach dem Gendiagnostikgesetz. Diese medizinischen Dokumente dürfen nur in der ePA abgelegt werden, wenn Patienten ausdrücklich in schriftlicher oder elektronischer Formzugestimmt haben.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
In meiner ePa wurde eine Krebsdiagnose eingestellt, die nicht diagnostiziert wurde und auch nicht vorhanden ist. Löschung formal und schriftlich beantragt, findet nicht statt. Arztpraxis genervt, weil sie die Meldung für die ePa angeblich so nicht gemacht hat, Krankenkassen weist auch die Verantwortung von sich, Diagnose seit letztem Jahr in der ePa. Ich bin bestimmt kein Ausnahmefall. Kein Wunder, dass zahlreichen Patienten widersprechen. Deutschland kann digital einfach nicht, es ist zum Verzweifeln. Soviel Zeit und Aufwand und zunächst vor allem einen riesengroßen Schreck über die Diagnose und der Nutzer wird komplett im Stich gelassen. Übrigens die TK in diesem Fall.
Kommentar vom Autor gelöscht.
Für die Patientenakte ist bei der TK ein smartphone mit NearFieldCommunication notwendig.
Allerdings sind längst nicht alle smartphones und nur die wenigsten tablet mit NFC ausgestattet. Für Menschen mit Seheinschränkungen oder mit kräftigen Händen wären aber ein tabelt besser geeignet. Von daher wäre es gut, wenn die Übersichten der getesteten tablet mit einem Hinweis auf die NFC-Fähigkeiten versehen würden...
Auf Grund des Artikels habe ich versucht die Elektronische Patientenakte der Barmer einzurichten. Egal welche Geräte ich nutze, Apple Tablet, Ipone oder Desktop, die App´s stürzen ab.
Grundsätzlich finde ich die Patientenakte gut weil ich damit im Notfall meine Befunde und Vorgeschichte mit den Behandlern teilen kann. Es muss aber zuverlässig funktionieren.
Vorerst speichere ich meine Befunde elektonisch in meine "Privaten Patientenakte".
Wenn ich eine zweite Meinung hören möchte will ich gerade nicht, dass der zweite Arzt die Diagnose seines Vorgängers lesen kann.
Es ist bemerkenswert, wie unkritisch die Stiftung Warentest die Elektronische Patientenakte ansieht, während bei anderen Produkten, die nicht von einer Regierung gemacht werden, viel deutlicher Kritik geübt wird.