Fett­verteilungs­störung Lipödem Fett­absaugen wird Kassen­leistung

Fett­verteilungs­störung Lipödem - Fett­absaugen wird Kassen­leistung

Lipödem. Fast nur Frauen leiden an der Krankheit, bei der sich Fett­gewebe unkontrolliert vor allem an den Beinen häuft. © Getty Images

Bei der Fett­verteilungs­störung Lipödem kann Fett­absaugen Schmerzen lindern. Bald über­nehmen die Krankenkasse die OP-Kosten – unabhängig vom Krank­heits­stadium.

Um die mit der Krankheit verbundenen Schmerzen zu lindern und eventuelle Bewegungs­einschränkungen zu verringern, kann eine Operation helfen. Bei dem auch Liposuktion genannten Eingriff wird das krankhaft veränderte Fett­gewebe durch Absaugen entfernt. Betroffene fordern schon lange eine bessere medizi­nische Versorgung. Bislang über­nehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für so eine OP aber nur als befristete Ausnahme­regelung, wenn die Krankheit schon weit fort­geschritten ist (Stadium III).

Liposuktion wird wohl ab 2026 von der Kasse bezahlt

Künftig sollen das Fett­absaugen unabhängig vom Krank­heits­stadium eine reguläre Kassen­leistung für gesetzlich Versicherte werden. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss, das oberste Gremium der gemein­samen Selbst­verwaltung im deutschen Gesund­heits­wesen, im Juli 2025 entschieden. Es gelten allerdings bestimmte Bedingungen, und es wird noch einige Monate dauern, bis Ärzte den Eingriff zulasten der Krankenkasse verordnen können – voraus­sicht­lich wird das Anfang 2026 der Fall sein.

Studie belegt Nutzen des Fett­absaugens

Dass künftig mehr Betroffene von der OP profitieren, hängt mit ersten Ergeb­nissen einer vom Gemein­samen Bundes­ausschuss veranlassten Studie zusammen. Diese belegen, dass die operative Fett­gewebs­reduzierung deutliche Vorteile gegen­über einer alleinigen alternativen Behand­lung hat, etwa dem Ents­tauen der Beine mithilfe von Kompressions­strümpfen, manueller Lymph­drainage oder Bewegungs­therapie.

Laut der Studie lindert die OP nicht nur die Beschwerden, sondern verbessert auch die Lebens­qualität. Weitere wichtige Erkennt­nisse, beispiels­weise inwiefern der Eingriff wieder­holt werden muss, werden noch erwartet.

Symptome: Geschwollene Beine bei schlankem Rumpf

Fast nur Frauen leiden an einem Lipödem – einer chro­nischen Krankheit, bei der sich Unterhaut­fett­gewebe unkontrolliert vor allem an den Ober- und Unterschenkeln häuft. Manchmal sind auch die Arme betroffen. Der Rumpf aber bleibt schlank. Experten gehen unter anderem davon aus, dass genetischen Faktoren und hormonelle Ursachen eine Rolle spielen. Oft passiert es nach der Pubertät, einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren: Hüften und Beine schwellen an, das Gewebe schmerzt, schon kleinste Stöße verursachen blaue Flecken.

Frühe Diagnose ist wichtig

Häufig ist Frauen nicht bewusst, dass sie an einem Lipödem leiden. Viele glauben, zu wenig Bewegung und zu viel Essen seien die Ursache und suchen die „Schuld“ bei sich. Auch manche Haus­ärzte vermuten zunächst eine Adipositas und em­pfehlen abzu­nehmen. Oft braucht es zig Arzt­besuche, bis die richtige Diagnose gestellt und die Kranken an Phlebologen über­wiesen werden − Fach­ärztinnen oder -ärzte für Venen­erkrankungen. Dabei ist ein frühes Erkennen des Leidens wichtig. Ein Lipödem ist zwar bislang nicht heil­bar, sein Verlauf lässt sich aber aufhalten.

Tipp: Gehen Sie bei Verdacht auf ein Lipödem zum Arzt. Versuchen Sie, das Gewicht zu halten – mit Bewegung und einem passenden Ernährungskonzept. Das kann Verschlimmerungen vorbeugen. Weitere Informationen finden Betroffene etwa auf der Seite phlebology.de.

Unter diesen Voraus­setzungen wird die OP bezahlt

Damit die Kosten für eine Liposuktion von der Kasse über­nommen werden, müssen nach dem Beschluss des Gemein­samen Bundes­ausschusses unter anderem folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Fach­arzt­diagnose. Eine Fach­ärztin oder ein Fach­arzt für Innere Medizin und Angiologie, für Physika­lische und Rehabilitative Medizin, für Haut- und Geschlechts­krankheiten oder ein Fach­arzt mit Zusatz-Weiterbildung Phlebologie müssen die Diagnose Lipödem gestellt haben.
  • Voran­gegangene Therapie­versuche. Eine kontinuierlich durch­geführte, ärzt­lich verordnete konservative Therapie konnte die Krank­heits­beschwerden inner­halb der letzten sechs Monate nicht hinreichend lindern.
  • Stabiles Gewicht. Betroffene haben inner­halb der letzten sechs Monate nicht zugenommen.
  • BMI bis 35. Es gibt bestimmte Bedingungen zum Body-Mass-Index (BMI) der Betroffenen sowie deren Verhältnis von Taillen­umfang zur Körpergröße. Bei Adipositas mit einem BMI-Wert von mehr als 35 kg/m² wird zunächst diese behandelt.

Das Gesund­heits­ministerium muss noch zustimmen

Betroffene, die in einem frühen Stadium der Erkrankung Interesse an einer OP haben, müssen sich noch etwas gedulden. Erst prüft das Bundes­gesund­heits­ministerium den Beschluss, was maximal zwei Monate dauert. Bean­standet das Ministerium den Beschluss nicht, tritt er einen Tag nach Veröffent­lichung im Bundes­anzeiger in Kraft.

Damit Ärzte das Fett­absaugen verordnen und bei der Krankenkasse abrechnen können, müssen zudem noch die Abrechnungs­ziffern fest­gelegt werden. Laut Gemein­samen Bundes­ausschuss wird das voraus­sicht­lich bis zum 1. Januar 2026 der Fall sein.

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  • HamsterD am 03.11.2020 um 15:31 Uhr
    Wasser

    Ich kann nur empfehlen, die Möglichkeiten der Lymphdrainage und der Kompressionsstrümpfe auszunutzen. Zusätzlich kann ich aus eigener Erfahrung noch regelmäßigen Wassersport wie Schwimmen oder Wassergymnastik, vor allem aber Aqua Jumping, ans Herz legen, da der Wasserdruck hier auch sanfte Entstauung bewirken kann. Das hat immer zu meinem Wohlbefinden beigetragen.

  • LiaLindmann am 31.10.2020 um 03:43 Uhr
    Betroffene brauchen verlässliche Hilfe

    Ich bin selbst betroffen. Und wurde - aufgrund der mangelnden Verfügbarkeit verlässlicher Informationen - zur Gesundheitsjournalistin & Buchautorin.
    "Leichter leben mit Lipödem" ist 2020 erschienen und wurde von der Stiftung Gesundheit zertifiziert. Es stellt eine Mischung aus persönlichem Ratgeber und Wissensvermittlung dar.
    Die Autorin (ich 🙈) hat zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen analysiert, ausgewiesene Expertinnen interviewt und zu Wort kommen lassen, sowie die Beiträge von tausenden Betroffenen ausgewertet.
    Mit ihrem Selbsthilfekonzept haben ihre Leserinnen Umfänge verringert und Schmerzen massiv gelindert.
    Lipödem ist beschwerlich und sehr komplex. Eine Standarddiät und ein Fitnessprogramm reichen bei Weitem nicht aus, um Lebensqualität und Gesundheit zu stützen. Dazu benötigt es umfassende Kenntnisse, gute Versorgung, Verständnis für den eigenen Körper & die Psyche sowie ein fundiertes Programm: "Leichter leben mit Lipödem" (im lokalen und digitalen Buchhande

  • LiaLindmann am 31.10.2020 um 03:35 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • LiaLindmann am 31.10.2020 um 03:31 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • LiaLindmann am 31.10.2020 um 03:28 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.