
Foto: Santander Consumer Bank.
Auch bei Konsumentenkrediten kann der Widerruf des Darlehensvertrags satt vierstellige Beträge bringen – vor allem, wenn die Bank dem Kreditnehmer eine teure Restschuldversicherung angedreht hat. Das zeigen zwei aktuell vor Gericht entschiedene Fälle. Die Santander Consumer Bank muss jeweils einen erheblichen Teil der Zinsen und Versicherungsbeiträge erstatten. test.de erklärt die Rechtslage.
Zahlreiche Fehler
Für Immobilienkredite ist klar: Zu etwa 80 Prozent der Kreditverträge erteilten die Banken und Sparkassen fehlerhafte Widerrufsbelehrungen. Kreditnehmer können dann den Vertrag auch heute noch widerrufen und so von den aktuell rekordverdächtig niedrigen Zinssätzen profitieren. Mehr dazu in unserem Special Widerruf von Immobilienkrediten. Auch bei Ratenkrediten haben die Banken oft nicht richtig über das Widerrufsrecht belehrt. Kreditnehmer können den Vertrag dann ebenfalls jederzeit widerrufen. Das geht sogar nach vollständiger Abwicklung des Darlehens noch.
Widerruf lohnt
Auch bei Ratenkrediten kann sich der Widerruf auszahlen. Das zeigt das Beispiel von zwei Verbrauchern, die bei der Santander Consumer Bank AG Kredite zur Autofinanzierung aufgenommen haben. Sie waren jeweils auch einer Ratenschutzversicherung beigetreten. Besonderheit bei der Santander Consumer Bank AG: Den Versicherungsvertrag schließt nicht der Kreditnehmer, sondern die Bank ab. Die Beiträge stellt sie dem Kreditnehmer in Rechnung. Problem dabei: Ein Widerrufsrecht für den Versicherungsvertrag steht nur dem Versicherungsnehmer zu. Das ist bei Santander-Verträgen die Bank und nicht der Kreditnehmer.
Erfolg vor dem OLG Düsseldorf
Ein Widerrufsrecht steht dennoch auch seinem Mandanten als Kreditnehmer zu, meint Fachanwalt für Bankrecht Arnd Tenfelde von der Kanzlei Gottschalk Martinsons Stempel aus Viersen. Kredit- und Restschuldversicherungsvertrag hatte sein Mandant am 12.03.2010 gemeinsam abgeschlossen. Es handele sich um verbundene Geschäfte und gelte der Widerruf des einen auch für den jeweils anderen Vertrag, argumentierte der Jurist. Das hatte die Bank anders gesehen und falsch über das Widerrufsrecht belehrt. Das Landgericht Mönchengladbach wies seine Klage noch ab, doch das Oberlandesgericht Düsseldorf hielt die Argumentation in der mündlichen Verhandlung für überzeugend. Die Santander Consumer Bank AG erkannte die Forderung daraufhin an und verhinderte so ein Grundsatzurteil.
Pflicht zur Rückabwicklung
Einen anderen Fehler fand Rechtsanwalt Markus aus Esterwegen im Emsland in zwei Santander-Kreditverträgen vom 26.09.2008 und vom 03.07.2009: Kreditnehmer konnten nicht erkennen, wann die Frist für den Widerruf begann. Auf seine Klage hin stellte das Landgericht Osnabrück fest: Beide Verträge sind rückabzuwickeln.
Erstattung von Versicherungsbeiträgen
Rückabwicklung heißt: Für die Zeit bis zum Widerruf des Kreditvertrags galt die Restschuldversicherung und darf der Versicherer die Beiträge behalten. Beiträge für die Zukunft fallen aber weg. In der Regel werden alle Beiträge gleich bei Auszahlung des Kredits gezahlt. Kreditkunden, die einen 72-Monate-Kredit nach 36 Monaten widerrufen, bekommen dann die Hälfte der Beiträge zurück. Streng genommen steht ihnen noch mehr zu. Der Versicherungsbeitrag muss eigentlich parallel zur Tilgung des Kredits sinken. Aber das ist kompliziert auszurechnen und vor Gericht entsprechend schwierig durchzusetzen.
Marktüblicher Zinssatz
Viel Geld ist auch für Kreditnehmer drin, die mehr Zins als üblich zahlen mussten. Wird ein Kredit widerrufen, steht der Bank nur noch der marktübliche Zinssatz zu. Wenn Kunden bis dahin einen höheren Kreditsatz gezahlt haben, muss die Bank das erstatten. Welcher Zinssatz marktüblich ist, ergibt aus der Zinsstatistik der Bundesbank für Konsumentenkredite. Maßgeblich ist entweder der bei Vertragsschluss gültige Zinssatz aus der Zeitreihe SUD114 (bis 60 Monatsraten) oder der aus SUD115 (über 60 Monatsraten): Deutsche Bundesbank Zinsstatistik.
Ersatz für Nutzungen
Nach einem Widerruf muss die Bank an den Kunden auch das herausgeben, was sie mit seinen Zahlungen erwirtschaftet hat. Laut Bundesgerichtshof sind fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz fällig.
Oberlandesgericht Düsseldorf, Anerkenntnisurteil vom 23.05.2014
Aktenzeichen: I-7 U 252/12
Klägervertreter:Rechtsanwalt Arnd S. Tenfelde, Viersen
Landgericht Osnabrück, Urteil vom 23.04.2014
Aktenzeichen: 7 O 1919/13 (356)
Klägervertreter:Rechtsanwälte Lindemann-Többen & Markus, Esterwegen
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Wäre es Ihnen möglich, Einträge zu Nicht-Immobilienkrediten dort entsprechend zu kennzeichnen und am Anfang der Liste darauf hinzuweisen? Es gibt ja doch einige relevante Unterschiede, was die Gesetzgebungen betrifft, so dass ein Suchender auf den ersten Blick sehen könnte, wo er weiterlesen sollte. Ich weiß, es ist wieder ein Stückchen Mehraufwand, aber evtl. reicht ja eine einfache Fußnote (*, # oder ähnliches) aus? Wie auch immer Sie entscheiden: Auch meinerseits herzlichen Dank für all Ihr Engagement, das schon so vielen Verbrauchern weitergeholfen hat. :-)
Es freut mich, dass Sie unsere Berichterstattung für hilfreich halten. Diesen Artikel werden wir nicht aktualisieren; dafür war das Interesse bisher einfach zu gering. Ich werde aber Urteile zum Widerruf von Konsumentenkrediten wie bisher unter test.de/kreditwiderruf berücksichtigen, auch wenn es dort in erster Linie um Immobilienkredite geht.
Hallo Herrmann,
Zu den og Urteilen fehlt mE noch das von Ra waldhoff gegen die Santander. Es ist bei ihnen bei den Urteilen zum Immo -widerruf aufgelistet.
Wäre schön, wenn sie dieses urteil hier in den Artikel einarbeiten könnten.
Ihre Seite ist so ziemlich die Einzige, wo einiges zu diesem Thema zusammengefasst wurde. Leider viel zu unbekannt. Ihren Kollegen vor Ort war dieser Weg zB unbekannt und man riet zur Insolvenz !
Herzlichen Dank und machen Sie weiter so!
Die Mustertexte aus der BGB-InfoV gelten selbstverständlich nicht nur für Immobilienkredite, sondern für alle Verbraucherkreditverträge.
Hallo Herr Herrmann, gelten für die Widerrufsbelehrungen bzw. Widerrufsinformationen in Nicht-Immobilienkrediten auch Mustertexte des Gesetzgebers? Sind es gar dieselben? Nochmals vielen Dank - auch für Ihre damalige Antwort (ich vergaß, mich zu bedanken)!