Fakten zu Vogelgrippe-Virus H5N1 Ist die Vogelgrippe gefähr­lich für den Menschen?

Fakten zu Vogelgrippe-Virus H5N1 - Ist die Vogelgrippe gefähr­lich für den Menschen?

Vogelgrippe. Nutz­geflügel und Wildvögel sind massenhaft gestorben, auch Kühe und Menschen haben sich bereits angesteckt. © Shutterstock

Erkrankte Milchkühe in den USA, einige Dutzend infizierte Menschen – die aktuelle Vogelgrippe-Welle beunruhigt die Fach­welt. Wie gefähr­lich ist sie? Ein Über­blick.

Vogelgrippeviren wie H5N1 gelten als Kandidaten, die die nächste Pandemie auslösen könnten. Denn sie sind enorm wandlungs­fähig: Sie lösten bereits Massen­sterben unter Vögeln aus und infizierten fleisch­fressende Säugetiere wie Nerze oder Robben.

Im März 2024 ist das Virus erst­mals bei Milchkühen in den USA nachgewiesen worden, der Ausbruch ist bis heute nicht unter Kontrolle. Das beunruhigt Fachleute und Behörden. Wir haben wichtige Fragen und Antworten zum Thema zusammen­gestellt.

Fragen und Antworten zur Vogelgrippe

Wo wütet die Vogelgrippe derzeit am stärksten?

Beunruhigend sind Entwick­lungen in den USA, wo derzeit fast täglich Ausbrüche gemeldet werden. Insgesamt mussten dort seit Februar 2022 etwa 170 Millionen Tiere getötet werden, zum Teil Einzel­bestände mit mehr als fünf Millionen Legehennen. Das hat mitt­lerweile auch Auswirkungen auf die Versorgung mit Eiern und Geflügel­fleisch.

Seit März 2024 haben sich auch immer mehr Milchkühe angesteckt, die Infektion verbreitet sich seither rapide. Inzwischen sind rund 1 000 Herden in mehreren US-Bundes­staaten betroffen. Die für die Über­wachung von Infektions­krankheiten zuständige US-Behörde Centers for Disease Control and Prevention (CDC) pflegt einen aktuellen Ticker zu den Entwick­lungen.

Virologen befürchten, dass das Virus mitt­lerweile unter Tieren und Menschen viel weiter verbreitet sein könnte, als offiziell bekannt ist. Und es gibt Kritik am Vorgehen der USA. Es sei leider nicht zu erkennen, dass Maßnahmen ergriffen würden, die das Geschehen schnell stoppen würden – so äußerte sich im März 2025 der Vize­präsident des Friedrich-Loeffler-Instituts gegen­über der Nach­richten­agentur dpa.

Wie stark ist die Vogelgrippe bei uns und im übrigen Europa verbreitet?

Momentan sind die Zahlen gering. In Deutsch­land wurden laut Friedrich-Loeffler-Institut im Dezember 2024 acht Vogelgrippe-Ausbrüche in Geflügelhaltungen und vier in Zoos oder Tier­parks gemeldet. Die Gefahr, dass sich die Vogelgrippe unter wild lebenden Wasser­vögeln ausbreitet, schätzt das Institut nach wie vor als hoch ein – ebenso die Gefahr, dass das Virus von Wildvögeln auf Geflügelhaltungen über­tragen wird.

In den letzten drei Monaten des Jahres 2024 wurden in Europa insgesamt rund 700 Vogelgrippe-Fälle registriert, je etwa zur Hälfte bei Wildvögeln und gehaltenen Tieren. Das ist ein deutlicher Anstieg gegen­über dem Sommer 2024.

In Mittel­europa gab es in den letzten Jahr­zehnten mehrere Ausbruchs­wellen, vor allem im Winter­halb­jahr. Die letzte schwere Welle verlief von Herbst 2021 bis Früh­jahr 2024 und kostete eben Nutz­geflügel auch viele Seevögel das Leben – vor allem Koloniebrüter wie Seeschwalben, Kormorane, Möwen und Bass­tölpel.

Wie gefähr­lich ist die Vogelgrippe für den Menschen?

Menschen können sich mit Vogelgrippe infizieren – insbesondere bei engem oder langem Kontakt zu infizierten Tieren und wenn sie keine Schutz­ausrüstung wie Hand­schuhe, Atemmaske und Schutz­brille tragen. In den USA haben sich bis Mitte März 2025 etwa 70 Personen angesteckt, die meisten davon in Milchvieh­betrieben. Nach Angaben der CDC sind die Verläufe meist mild, mit Symptomen wie Bindehaut­entzündung. Ein Mensch mit Vorerkrankungen starb in den USA an der Vogelgrippe-Infektion.

Schon vor dem aktuellen Ausbruch haben sich Menschen mit Vogelgrippe infiziert, vor allem in Asien. Derzeit gibt es dort vermehrt Fälle, berichtet die Welternährungsorganisation der UNO. Häufig erfolgt die Über­tragung direkt von Vögeln auf Menschen, etwa in Geflügel­betrieben oder auf Tiermärkten. Symptome sind grippe­artig – teils mit schweren Folgen wie Lungen­entzündung.

Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sind welt­weit in den letzten zwei Jahr­zehnten ungefähr 1 000 Menschen an Vogelgrippe des Typs H5N1 erkrankt. Dabei handelt es sich um bestätigte und gemeldete Fälle, vor allem aus Indonesien und Ägypten. Die Dunkelziffer könnte deutlich höher sein. Etwa die Hälfte der gemeldeten Infizierten starb.

Wie wahr­scheinlich ist eine Pandemie?

H5N1 kann von Tieren auf Menschen über­tragen werden, doch eine Über­tragung von Mensch zu Mensch ist bisher nicht nachgewiesen worden. Daher schätzen die Welt­gesund­heits­organisation WHO und regionale Behörden wie das in der EU für Infektions­erkrankungen zuständige European Centre for Disease Prevention and Control (ECDC) das Pandemierisiko derzeit als gering ein. Dennoch: Wach­samkeit sei geboten. Denn diese Viren entwickeln sich ständig weiter, mahnt Aisling Vaughan, Epidemiologin beim WHO-Regionalbüro für Europa. Daher sei eine kontinuierliche Echt­zeit­über­wachung unerläss­lich.

Sollte die WHO die Vogelgrippe-Erkrankungen bei Menschen zur Pandemie erklären, stehen laut Verband Forschender Arzneimittelhersteller mehrere Muster­impf­stoffe bereit, die dann an den pandemie­ver­ursachenden Virus­stamm angepasst werden können.

Tipp: Das Bundes­institut für Risiko­bewertung (BfR) rät in seinen Empfehlungen vom Verzehr roher tierischer Produkte wie Rohmilch oder rohen Eiern ab. Fleisch gut durch­garen, rohes Gemüse vor Verzehr gut waschen! Kranke oder tote Wasser- und sons­tige Vögel nicht anfassen, sondern gegebenenfalls örtliche Behörden wie die Veterinär­aufsicht informieren.

Wie kommt es zu Infektionen unter Milchkühen?

Dass die Vogelgrippe von Vögeln auf Säugetiere übergehen kann, ist schon länger bekannt. Bislang waren vor allem fleisch­fressende Tiere betroffen wie Katzen, Füchse, Otter, Nerze und Robben, die sich vermutlich beim Verzehr von toten infizierten Vögeln angesteckt haben. Im März 2025 wurden in England Vogelgrippeviren erst­mals bei einem europäischen Wieder­käuer, einem Schaf, nachgewiesen. Im Fall der Rinder ist der Erreger vermutlich über Ausscheidungen infizierter Vögel auf Kühe über­tragen worden.

Dreh- und Angel­punkt bei der Über­tragung von Kuh zu Kuh scheinen Melk­geschirre zu sein. Nach­weislich sammeln sich die Influenzaviren vor allem im Euter der Kühe und werden beim Melken auf weitere Kühe über­tragen. Auch erste Über­tragungen von Kühen auf andere Tiere wie Katzen haben offen­bar statt­gefunden, zeigt eine Studie im Fachjournal Nature. Vorsorglich gelten in den USA nun Schutzbestimmungen, etwa dass kranke Kühe isoliert werden müssen.

Wie hoch wird das Anste­ckungs­risiko für deutsche Rinder einge­schätzt?

Das deutsche Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) untersucht die Lage und schätzt die Gefahr derzeit als sehr gering ein, dass sich Rinder­bestände in Deutsch­land mit dem Erreger aus den USA sowie mit in Europa vorkommenden Vogelgrippeviren infizieren. Dennoch sei eine erhöhte Aufmerk­samkeit wichtig.

Experimente des FLI haben gezeigt, dass sich auch europäische H5N1-Viren im Euter von Kühen vermehren können. Vor allem bei unklaren und gehäuften Erkrankungs­fällen in Milchkuh­beständen müssten die Zuständigen, etwa die hinzugerufene Tier­ärztin, die Möglich­keit einer Vogelgrippe-Infektion bedenken.

Ist es derzeit riskant, Kuhmilch zu trinken?

Nein. Von Milch, in der Virusbestand­teile gefunden wurden, geht laut der US-Infektions­schutz­behörde CDC keine Gefahr aus, weil die Viren durch die Pasteurisierung zerstört werden. Wer sich in den USA aufhält, sollte aber derzeit auf den Konsum von Rohmilch­produkten verzichten. Das Auswärtige Amt rät in seinen aktuellen Reise- und Sicherheitshinweisen für die USAaußerdem, den Kontakt zu Vögeln und Rindern und deren Ausscheidungen zu meiden, sowie Fleisch und Eier vor dem Verzehr ausreichend zu erhitzen.

Wie lässt sich die Vogelgrippe behandeln?

Teil­weise kommen antivirale Medikamente zum Einsatz, darunter sogenannte Neuraminidasehemmer wie Oseltamivir und Zanamivir, die auch zur Behand­lung der herkömmlichen Grippe (Influenza) bei Menschen dienen. Ansonsten wird die Vogelgrippe symptomatisch behandelt, also mit dem Ziel, die Beschwerden zu lindern. Möglich sind dann je nach Ausprägung und Schwere der Erkrankung etwa fiebersenkende Medikamente, Infusionen oder eine Versorgung mit Sauer­stoff.

Tipp: Viele Erkältungs­beschwerden – und damit auch milde Grippe- und Covid-19-Symptome – lassen sich mit rezept­freien Medikamenten lindern. Welche Wirk­stoffe und Präparate laut Bewertung der Stiftung Warentest geeignet sind, lesen Sie in unserem Test von Erkältungsmitteln. Alle unsere Tests von Arznei­mitteln in vielen Einsatz­gebieten von Akne über Blut­hoch­druck und Depressionen bis Reizdarm finden Sie auf unserer Themenseite Medikamente.

Gibt es eine Impfung gegen Vogelgrippe?

Ja. In der EU sind bereits Impf­stoffe zugelassen, die Menschen vor Vogelgrippe schützen können. Kürzlich hat die EU-Kommis­sion im Namen mehrerer Mitglied­staaten einen Rahmenvertrag für die gemeinsame Beschaffung eines Impfstoffs der Firma Seqirus unterzeichnet. Deutsch­land ist nicht beteiligt. Die Beschaffung erfolge nur „im Falle einer bestehenden oder drohenden bedrohlichen über­trag­baren Krankheit“, erklärte das Bundes­gesund­heits­ministerium gegen­über dem Deutschen Ärzteblatt.

Als erster EU-Staat hat Finn­land angekündigt, besonders gefähr­dete Personen auf freiwil­liger Basis zu impfen. Dazu zählen Tier­ärztinnen und Tier­ärzte sowie Beschäftigte in Geflügel­betrieben und Nerzfarmen.

In Deutsch­land gab die Ständige Impf­kommis­sion noch keine entsprechende Empfehlung.

Lassen sich auch Vögel impfen?

Ja. Laut der Europäischen Behörde für Lebens­mittel­sicherheit gibt es mehrere https://www.efsa.europa.eu/en/news/vaccination-poultry-against-highly-pathogenic-avian-influenza-available-vaccines-andImpfstoffe für Vögel. Die EU hat die Zulassung den Mitglied­staaten über­lassen. Bislang werden Impfungen in Frank­reich in der Entenmast einge­setzt sowie in den Nieder­landen und in Spanien in Zoos. Auch in der Schweiz wurden schon Zoo-Vögel geimpft.

Vogelgrippe, Geflügelpest, aviäre Influenza – ist das alles dasselbe?

Ja. Aviäre Influenza ist das Fach­wort für Vogelgrippe – eine Seuche, die im Freien häufig Wasser­vögel wie Enten, Gänse, Möwen erfasst. Auch Nutz­geflügel kann erkranken. Ist die Verlaufs­form schwer und sind die Sterberaten hoch, spricht man von Geflügelpest. Die Erreger der Vogelgrippe sind Influenzaviren, also enge Verwandte der menschlichen Grippe­erreger.

Vogelgrippeviren treten in diversen Varianten auf. Manche wie H5N1 sind hoch­pathogen, also sehr stark krankmachend. Immer wieder verbreiten sie sich unter Wild- und Nutzvögeln, teils über Kontinente hinweg. Dabei scheinen wandernde Zugvögel eine wichtige Rolle zu spielen.

Mehr zum Thema

3 Kommentare Diskutieren Sie mit

Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.

Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • vogelH5-N1 am 08.04.2025 um 15:55 Uhr
    Massentierhaltungen: Brutstätten für Geflügelpest!

    Bei der Geflügelpest muss zwischen "(Wild-)Vogel" und "Geflügel" unterschieden werden!
    Denn die großen, industriellen, intensiven Geflügelbestände sind weltweit vernetzt! Brütereien und Elterntierhaltungen sind der Ausgangspunkt für den globalen Handel mit Küken und Geflügel. Wassergeflügel (Enten und Gänse) kann zunächst unerkannter Träger sei, so dass die Virenverbreitung zunächst unauffällig erfolgen kann. Enge, nicht artgerechte Haltung von mehreren Tausend Tieren in dunklen Ställen bedeuten Stress und mangelndes Immunsystem. Hier liegen die Brut- und Mutationsstätten von Infektionserregern, Viren und Bakterien! Bakterien werden mit großem Antibiotikaeinsatz bekämpft, gegen Viren ist man machtlos (wenn es keine gute Impfung gibt). Massentierhaltungen bedrohen Wildtiere, die sich an Schlachthofabwässern und Stallmist infizieren können, wenn dieser durchsetzt mit Federn und Kadavern ins Freiland ausgebracht wird und mit Oberflächenwasser in Bäche, Flüsse und Seen gelangt!

  • Trentino2017 am 15.08.2024 um 15:00 Uhr
    Die WHO und die Wissenschaft

    Man sollte darauf hinweisen, dass die WHO aka "Weltgesundheitsorganisation" keine demokratisch legimierte, objektive und neutrale Einrichtung ist.

  • ElisabethPetras am 15.08.2024 um 14:29 Uhr
    Wildvögel eher ungefährlich

    Nachweislich können, wenn überhaupt, nur Wasservögel und größere Vögel die Vogelgrippe übertragen, Singvögel sind ungefährlich. Zudem kommt sind auch Wasservögel nur selten infiziert, wie die großen Wildvogelmonitorings bestätigen. Sehr oft werden die Viren durch Arbeiter in der Geflügelindustrie, durch Fahrzeuge, Behälter oder zugekaufte Tiere von einem in den anderen Bestand geschleppt.
    In den USA können daher Mitarbeiter das Virus auf Rinder übertragen haben (Milchgeschirre). Vielleicht warrn sie zuvor bei Geflügelbetrieben tätig, das ist dort nicht ungewöhnlich.
    Am Kot auf Feldern oder Abfälle können sich Wildvögel anstecken. Die Gefahr lauert in Geflügelbetrieben, in welchen Viren durch die enge Haltung schnell überspringen und leichter zu gefährlicheren Formen mutieren können.