
Lästiges Putzen. Zu zweit geht die Arbeit leichter von der Hand. Mit dem Entlastungsbetrag können Plegebedürftige zum Beispiel eine Haushaltshilfe bezahlen. © Getty Images / Catherine Falls Commercial
131 Euro monatlich für Haushaltshilfe, Einkaufsservice, Begleitung zum Arzt – ab Pflegegrad 1 können Pflegebedürftige den Entlastungsbetrag bekommen. Einfach beantragen!
Lange wollte Susanne Hoernig nichts von Pflegegrad und Haushaltshilfe wissen. „Noch komme ich alleine klar!“, sagte die Rentnerin, die in einem großen Haus im Bergischen Land lebt. „Und so lange möchte ich keine Fremden im Haus.“ Doch als immer mehr Freundinnen zufrieden über Hilfe von außen sprachen, entschied sich auch Hoernig mit 84 Jahren dafür.
Die alte Dame wusste, dass sie die Arbeit einer Haushaltshilfe mit Geld von der Pflegekasse bezahlen kann, sobald sie einen Pflegegrad hat. Sie stellte mithilfe ihrer Söhne einen Antrag bei der Pflegekasse und ein Gutachter kam vorbei, um ihre Verfassung zu prüfen. Das Verfahren ist für alle gleich, egal, ob gesetzlich oder privat versichert.
Was ist der Entlastungsbetrag und wem steht er zu? Wie hoch ist er?
Menschen, die zu Hause leben und einen Pflegegrad haben, haben zusätzlich zu möglichen Pflegeleistungen Anspruch auf den Entlastungsbetrag. Seit 2025 sind das 131 Euro im Monat, zuvor waren es 125 Euro. Susanne Hoernig bekam ein paar Wochen nach der Begutachtung einen Bescheid über Pflegegrad 1. Seither nutzt sie den Entlastungsbetrag.
Gibt es Unterschiede je nach Pflegegrad?
Es gibt den Entlastungsbetrag schon ab dem Pflegegrad 1, aber er bleibt immer gleich hoch. So stünden auch einer pflegebedürftigen Person in Pflegegrad 5 nur die üblichen 131 Euro im Monat dafür zu, obwohl ihr Pflegebedarf ansonsten viel höher ist. Der Entlastungsbetrag ist nicht für die Pflege vorgesehen, sondern für sonstige Alltagshilfen.
Unser Rat
Beratung nutzen. Lassen Sie sich beraten – zur Einstufung in einen Pflegegrad ebenso wie zu passenden Dienstleistern für Hilfe im Haushalt und Begleitservice. Das geht zum Beispiel kostenfrei und individuell im Pflegestützpunkt. Eine Beratung in der Nähe finden Sie in der Datenbank des Zentrums für Qualität in der Pflege (zqp.de/beratung-pflege).
Chancen einschätzen. Schauen Sie sich die Fragen an, die Ihnen beim Einstufen in einen Pflegegrad gestellt werden. Das geht zum Beispiel beim Sozialverband Deutschland unter sovd.de/pflegegradrechner.
Nichts verschenken. Nutzen Sie den Entlastungsbetrag ab Pflegegrad 1. Ungenutztes Geld können Sie bis zum 30. Juni des Folgejahres abrufen.
Unterstützung möglich. Informieren Sie sich bei uns über alle Leistungen der Pflegeversicherung im Überblick. Geld gibt es zum Beispiel auch für barrierefreien Umbau.
Entlastungsbudget. Der Entlastungsbetrag sollte nicht mit dem neuen Entlastungsbudget verwechselt werden. Aus diesem werden Alternativen zur Pflege zu Hause finanziert, um Pflegenden eine Auszeit zu ermöglichen.
Wird der Entlastungsbetrag Pflege ausgezahlt oder erstattet?
Der Betrag ist eine Erstattungsleistung. Pflegebedürftige bekommen kein Geld ausbezahlt, sondern müssen sich eine Hilfsleistung suchen, diese bezahlen und die Rechnung einreichen. Registriert sich ein Dienst bei den Pflegekassen, darf er auch direkt mit diesen abrechnen. Das gilt aber nur bei Hilfe für gesetzlich Pflegeversicherte.
Für welche Leistungen kann der Entlastungsbetrag verwendet werden?
Für welche Angebote das Geld eingesetzt werden darf, ist je nach Bundesland leicht verschieden. Deshalb ist es sinnvoll, vor dem Auftrag an die Haushaltshilfe bei der Pflegeversicherung nachzufragen. Möglich kann es auch sein, einen Fensterputzer zu bezahlen oder jemanden, der den Garten macht. Fahrtkosten zum Arzt oder Fußpflege dürften in der Regel nicht übernommen werden, aber eine Person zur Begleitung kann meistens bezahlt werden.
Kann auch eine Privatperson das Geld bekommen?
Wer bereits eine Haushaltshilfe hat oder Unterstützung von einer Nachbarin, einer Angehörigen wie der Tochter oder von einer Freundin erhält, würde ihr sicher gerne den Entlastungsbetrag dafür zahlen. Doch in der Regel darf das Geld nur an zugelassene Dienste gehen, nicht an Privatpersonen. Und ob sich ein Hilfsdienst leicht finden lässt, hängt vom Angebot am Wohnort und den Regeln des Bundeslandes ab.
Tipp: Prüfen Sie, ob in Ihrer Region Vereine für Nachbarschaftshilfe oder Ähnliches Entlastungsbeträge abrechnen können. Die Person, die Ihnen hilft, kann beitreten und Geld erhalten, teils sind Qualifizierungen nötig. Und noch etwas: Sind Angehörige aktiv an der tatsächlichen Pflege eines Menschen beteiligt, stehen ihnen Rentenleistungen dafür zu.
Kleine Hilfe, die das Leben erleichtert
„Vielleicht hätte ich es früher machen sollen“, sagt Hoernig nun zwei Jahre später. „Es läuft nicht immer optimal, aber ich bin schon froh über die Hilfe.“ So wie ihr geht es vielen Menschen. Sie wären mit etwas Unterstützung besser dran. Manche wissen nicht, dass sie längst die Voraussetzungen erfüllen, um Leistungen von der Pflegekasse zu bekommen. Andere wollen sich nicht damit befassen.
Wie viele Menschen Geld verfallen lassen, das ihnen zusteht, weiß niemand. Es dürften Zehntausende sein. Das gilt für den Entlastungsbetrag ganz besonders. Er ist dafür gedacht, das Leben zu Hause zu erleichtern, bevor jemand stärker pflegebedürftig wird. Er hilft Menschen, die wie Hoernig im Großen und Ganzen noch gut zurechtkommen, und entlastet auch ihre Angehörigen.
Tipp: Viele, vor allem ältere Menschen verbessern ihre Mobilität, wenn sie sich einen Rollator anschaffen. Bei den Produkten gibt es große Unterschiede, wie die Untersuchung von Rollatoren der Stiftung Warentest zeigt.
Weniger als ein Viertel der Berechtigten nutzen den Entlastungsbetrag
Eine Studie des Sozialverbands VdK zeigt, dass der monatliche Betrag oft nicht genutzt wird. Von den Menschen, die einen Pflegegrad haben, nimmt ihn weniger als ein Viertel in Anspruch. Haben sie eine Pflegeberatung erhalten, sind es allerdings mehr als 82 Prozent. Beratung ist also entscheidend, damit Betroffene ihren Anspruch nutzen. Verwendet wird der Entlastungsbetrag laut dieser Studie vor allem für praktische Hilfe im Haushalt, aber auch für die Begleitung zu Arztterminen, Einkäufen oder Familienfeiern.
Tipp: Holen Sie sich rechtzeitig Hilfe, wenn Sie älter werden, und achten Sie immer darauf, wie es Ihnen geht. Wichtig ist es auch zu wissen, welche Medikamente im Alter riskant sein können.
Passende Unterstützung finden und abrechnen
Als Susanne Hoernig eine Haushaltshilfe suchte, recherchierte ihr ältester Sohn mit ihr online, welche Hilfen es im Wohnort gibt. Sie riefen einen Dienst an, ließen sich beraten, vereinbarten einen Probetermin. Wenig später war vertraglich festgelegt, welche Unterstützung die Seniorin haben will.
Da der Dienst bei der Pflegeversicherung registriert ist, unterschreibt Hoernig nur, wie viele Stunden die Haushaltshilfe da war. Die Rechnung geht an die Pflegekasse, der Dienst schickt monatlich eine Übersicht. „Es kommt nicht immer dieselbe Person, aber bisher war ich mit allen zufrieden“, betont die Seniorin.
Restbeträge später verwenden
Susanne Hoernig gibt aktuell nur 80 der 131 Euro aus. „Ich überlege, ob ich mir noch eine Einkaufshilfe suche“, sagt sie. Das ungenutzte Geld kann sie noch bis zum 30. Juni des folgenden Jahres abrufen. In manchen Fällen, etwa für Menschen mit chronischen Erkrankungen, die schubweise auftreten wie Arthrose oder Multiple Sklerose, kann bewusstes Ansparen sinnvoll sein, um bei Bedarf mehr Hilfe auf einmal zu finanzieren.
Ist eine rückwirkende Inanspruchnahme möglich?
Den Entlastungsbetrag gibt es nicht rückwirkend. Er wird aber ab dem Tag des Antrags rückwirkend ausgezahlt, wenn es mit der Bearbeitung des Antrags länger dauert.
Über einen Pflegegrad muss rasch entschieden werden
Pflegebedürftigkeit ist Voraussetzung für den Entlastungsbetrag. Ob sie vorliegt, wird rasch entschieden. Ist der Antrag auf einen Pflegegrad bei der Pflegeversicherung gestellt, muss die Einstufung innerhalb von 25 Arbeitstagen geschehen. Die Versicherung legt einen Pflegegrad zwischen 1 (Basisleistungen) und 5 (Höchstleistungen) fest oder lehnt ab.
Für die Frage von Pflegebedürftigkeit ist es unerheblich, ob jemand körperlich eingeschränkt ist oder eine Demenz entwickelt. Wichtig ist, ob Unterstützung im Alltag in einem vorgegebenen Umfang gebraucht wird. Ist das dauerhaft der Fall, gibt es einen Pflegegrad.
Tipp: Mehr zu Pflegegrad, Alltagshilfe und Unterstützung für Angehörige erklärt unser Ratgeber „Sofort Hilfe im Pflegefall“, 160 Seiten, 22,90 Euro.
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