Bett­nässen bei Kindern Was zu trockenen Nächten verhilft

Bett­nässen bei Kindern - Was zu trockenen Nächten verhilft

Schambehaftet. Wachen Kinder morgens immer wieder einge­nässt auf, gibt es verschiedene Behand­lungs­ansätze. © Adobe Stock

Einnässen quält größere Kinder und Eltern gleichermaßen. Eine Studien­auswertung zeigt: Klingelhose und Medikamente können ähnlich gut unterstützen.

Besonders wenn es endlich in die Schule geht, bereitet fehlende Trockenheit Probleme. Statistisch sitzt in jeder Schulklasse ein Kind, dass tags­über noch Schwierig­keiten hat, recht­zeitig ein Klo zu erreichen. Nächt­liche „Unfälle“ gibt es bei etwa jedem 10. Schulkind.

Was tun, wenn einfache Maßnahmen nicht greifen? Zwei Behand­lungs­ansätze gelten als ähnlich wirk­sam: Klingel­systeme oder Medikamente mit dem Wirk­stoff Desmo­pressin. Das bestätigt eine Unter­suchung des unabhängigen Cochrane Instituts. Die Alarm­therapie mit der Klingel könnte zu etwas nach­haltigeren Effekten führen als die Einnahme von Desmo­pressin, ergab die Auswertung aktueller wissenschaftlicher Arbeiten zu nächt­lichem Einnässen.

Diese Ursachen werden diskutiert

Von Einnässen oder Harnin­kontinenz bei Kindern spricht man, wenn ein Kind nach dem 5. Geburts­tag unfreiwil­lig Harn verliert, egal ob tags­über oder nachts. Selten sind körperliche Gründe die Ursache. Auch eine oft vermutete seelische Not ist nur in den wenigsten Fällen ausschlag­gebend.

Was fehlt, ist eine Reifung des Gehirns, so die Experten­erklärung. Ebenfalls häufige Ursache: Die Blase ist zu klein und schnell über­voll. Teil­weise mangelt es auch an dem Hormon, das nachts die Produktion von Urin dämmt.

Ein Blick in die Familien­geschichte kann hilf­reich sein. Das späte Trockenwerden ist häufig eine familiäre Eigenheit. Mit diesem Wissen wird für einige Familien der Druck geringer.

Dreimal wirk­samer als ein Placebo

Die Cochrane-Auswertung bekräftigte die ärzt­lichen Empfehlungen der vergangenen Jahre. Beide Therapie­ansätze – „Klingelhose“ wie Medikament – wirken demnach etwa dreimal besser als eine Scheintherapie. Die Studien­lage könnte aber besser sein: Viele Studien weisen metho­dische Schwächen auf. Laut Leit­linie sollen beide Behand­lungs­ansätze dann zum Tragen kommen, wenn andere nicht ausreichen.

Schritt für Schritt vorgehen

Zunächst sollte Rat bei einem Kinder­arzt oder einer Ärztin geholt werden. Dort wird meist nach einer Art Tage­buch gefragt, nach den Tagen des Einnässens, den Trinkge­wohn­heiten und Ähnlichem. Ist das Kind schon älter und nässt regel­mäßig ein, steht zudem eine körperliche Unter­suchung an, um organische Ursachen sorgfältig auszuschließen.

Manchmal reicht es abzu­warten

Abwarten ist eine Option, denn Trockenwerden ist eine Frage des Älterwerdens. Bei vielen Kindern erledigt sich das Problem von selbst. Der Reifungs­prozess des Körpers braucht seine ganz eigene Zeit. Auf dem Weg können Gummi­einlagen oder Windeln für die Nacht den Schlaf retten.

Auch Erläuterungen über körperliche, seelische und soziale Faktoren können den Weg weisen. Ausführ­liche Gespräche in der Kinder­arzt­praxis über mögliche Hand­lungs­strategien und Reaktionen zeigen mitunter bereits positive Effekte. Dazu gehört neben mehr Gelassenheit, ein strukturiertes Trink­protokoll zu führen, regel­mäßige Toilettengänge sicher­zustellen und auch den Stuhlgang zu regulieren. Weitere wert­volle Informationen lesen sie unter Tipps für Eltern.

Sonnen-Kalender für Fort­geschrittene

Nässt der Nach­wuchs nur noch wenige Nächte im Monat ein, empfehlen Expertinnen und Experten einen Sonnen-Kalender. Für jede trockene Nacht malen die Kinder den Tag im Kalender fröhlich aus. Auf diese Weise sehen sie ihre Erfolge deutlich. Jedes sechste Kind wird mit dieser Methode trocken.

Klingelhose wirkt bei gut jedem zweiten Kind

Für die Kinder, bei denen das nicht ausreicht, empfiehlt die Leit­linie zuerst die Alarm­therapie auszupro­bieren. Dazu klingelt – sobald ein Tropfen die Sensoren von Klingelhose oder Unterlage erreicht – ein Wecker und signalisiert dem Kind, dass es zur Toilette gehen sollte. Das Ziel der Assistenz­systeme ist es, dass der Nach­wuchs durch Training selbst erwacht, wenn es nötig ist.

Mit solchen Klingel­systemen werden rund die Hälfte der Kinder trocken. Wie gut die Methode funk­tioniert, hängt auch von der Unterstüt­zung der Eltern ab, denn nicht alle Kinder wachen auf, wenn es klingelt. Die Behand­lung dauert mehrere Wochen und ist anstrengend, die Erfolge aber meist lang­fristig.

Medikamente helfen zeitweilig

Effektiv, aber keine Dauer­lösung, sind Medikamente. Der Wirk­stoff Desmo­pressin reduziert die nächt­liche Harn­produktion meist schon nach wenigen Nächten. Aber: Nur jedes vierte Kind wird so auf Dauer trocken. Manche Eltern setzen nur dann auf die Arznei­mittel, wenn das Kind bei Freunden über­nachten möchte oder auf Reisen geht.

Unpro­blematisch sind die Mittel nicht: Damit der Körper nicht zu viel Wasser speichert, dürfen Kinder abends höchs­tens ein kleines Glas und acht Stunden nach der Einnahme nichts mehr trinken. Das ist auf Schul­ausflügen oder Klassen­fahrten nicht einfach umzu­setzen. Zudem erlitten die meisten Kinder einen Rück­fall, sobald sie die Präparate absetzten. Neben­wirkungen durch Desmo­pressin sind gering, aber sollten genau beachtet werden.

Falls beide Strategien einzeln nicht zum Erfolg führen, können Eltern eine Kombination von Arznei­mittel und Klingelhose erproben.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Annette5063 am 07.09.2018 um 15:52 Uhr
    Getränke und Speisen, die das Einnässen fördern

    Wichtiger als die Trinkmenge - mit Ausnahme bei der Einnahme des Wirkstoffs Desmopressin -
    sind die Inhaltsstoffe der Getränke, da manche Getränke und Speisen das Einnässen sogar fördern.
    Zu vermeiden gilt:
    Yoghurt und Milch,
    Obst und Obstsäfte pur - nur safthaltiges Obst natürlich.
    Tomate
    Salatgurke
    Früchtetees, wozu alle roten Tees gehören
    schwarzer Tee
    Coca Cola und andere koffeinhaltigen Getränke.
    Bei Bettnässern gilt beispielsweise, dass sie jederzeit ein Apfelschorle trinken können sogar mit Kohlensäure, die nicht schadet.
    Es sollte am Abend jedoch Apfelsaft pur vermieden werden, auch das Verspeisen eines Apfels ca. 1 Stunde vor dem Zubettgehen.
    Gilt für jedes safthaltige Obst!
    Besonders problematisch ist die Melone.
    Nochmals zur Erinnerung:
    Bei der Einnahme von DESMOPRESSIN MUSS bei der Trinkmenge aufgepasst werden.

  • Annette5063 am 07.09.2018 um 15:30 Uhr
    Niemals Flüssigkeitsreduktion

    Immer wieder wird empfohlen, Kindern, die Bettnässen ab einer bestimmten Uhrzeit nichts mehr zu trinken zu geben.
    Großer Irrtum, dass das helfen würde - im Gegenteil, es fördert sogar das Bettnässen.
    Die längste Zeit, die die Blase halten muss ist nachts. Das heißt sie muss für diesen Zeitraum auf Volumen trainiert werden.
    Wird jedoch abends ab einer bestimmten Uhrzeit nichts mehr zu trinken gegeben wird die Blase auf ein Minivolumen trainiert. Das bedeutet lediglich, dass der Schließmuskel umso öfter aufgeht, da bereits bei geringem Blaseninhalt die Voll-Meldung zum Gehirn kommt.
    Wider besseren Wissens und zahlreicher Studien mit entsprechenden Hinweisen wird diese Maßnahme immer wieder empfohlen, teilweise sogar von Ärzten.
    Lediglich bei der Einnahme von Medikamenten oder Nasensprays mit dem Wirkstoff Desmopressin muss die Trinkmenge 1 1/2 Stunden vor und nach dem Zubettgehen reduziert werden, da sonst gefährliche Nebenwirkungen entstehen.

  • unfreiwilliger_Single am 10.07.2017 um 09:19 Uhr
    Ungeduld

    Ich kann den zwei Kommentaren von Anna_C nur zustimmen. Das eigentliche Problem liegt in der mangelnden Geduld der Eltern und wie sie damit umgehen. Würde jeder Bettnässen bis 16 als "normal" hinnehmen, dann hätte auch keiner ein Problem damit. Am allerwenigsten ein Kind. Es ist nur ein sinnloser Druck, der auf Kind und Eltern von der... unserer... Gesellschaft ausgeübt wird. Mit großteils sinnloser und unrealistischen Wertevorstellungen. Medikamente sind aufgrund der Nebenwirkungen, die gerade in der Langzeitwirkung und Entwicklungsstörung unerforscht sind, möglichst abzulehnen. Wer kann schon ausschließen, dass jemand der als Kind Desmo­pressin bekommen hat, mit vierzig dann keinen Nierenschaden bekommt. Es gibt genug Haus und Nutztiere, bei denen die pysischen Ausscheidungen, zeitlich und örtlich ungebremst sind. Dort nimmt man es auch hin. Warum also nicht bei einem Kind?

  • Anna_C am 25.05.2017 um 14:14 Uhr
    Nichts Neues unter der Sonne - Teil 2

    Auch damals schon gaben die Eltern dem Kind Stunden vor dem Zubettgehen nichts mehr zu trinken. Auch damals schon probierten sie alles von Sonnen-Regen-Kalendern bis hin zu klingelnden Spezialunterlagen, die mehrmals nächtlich Eltern und Geschwister aus dem Schlaf schreckten. Auch damals schon wurden von manchen Ärzten fragwürdige Hormonpillen verabreicht.
    Alles völlig nutzlos und vergeblich.
    Ein winziger Hoffnungsschimmer blieb die Prognose eines von zahlreichen konsultierten Ärzten: "Mit der Pubertät ist es vorbei." Zermürbend für Eltern, wenn ein Kind erst mit 16 in die Pubertät kommt! Aber genau so war es. Dieser eine Arzt sollte Recht behalten.

  • Anna_C am 25.05.2017 um 14:13 Uhr
    Nichts Neues unter der Sonne - seit 40 Jahren?!

    Aus persönlicher Betroffenheit muss ich leider sagen, ich bin sehr enttäuscht von diesem Artikel. Er bietet nichts, aber auch absolut GAR nichts Neues gegenüber dem Wissensstand von vor vierzig (40!!) Jahren. SÄMTLICHE genannten Tipps und Hilfsmittel wurden von verzweifelten Eltern auch damals schon ausprobiert. Ist man in diesem Feld wirklich seit 40 Jahren nicht den kleinsten Schritt vorwärts gekommen?
    Auch damals schon haben leidgeprüfte Eltern massiv unter dem Stress der mehrmaligen nächtlichen Malheure und Reinigungsaktionen gelitten (über 15, 16 Jahre hinweg keine einzige durchgeschlafene Nacht!). Auch damals schon die Scham und die Verheimlichungsversuche auf Klassenfahrten (und ich sehe nicht, dass sich daran bis heute irgendetwas geändert hätte).
    (Fortsetzung folgt)