Wie kann die Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre Anleger konkret unterstützen? Finanztest hat sich mit SdK-Pressesprecherin Reinhild Keitel unterhalten.
Die SdK hat Infomatec auf Schadenersatz verklagt und prüft, ob sie dasselbe auch mit zwei anderen Überfliegern des Neuen Marktes tun soll: EM.TV und Metabox. Urteile gibt es noch keine. Doch die SdK hat sich auch früher schon für die Aktionäre eingesetzt. Was würden Sie als Ihren bislang größten Erfolg bezeichnen?
Reinhild:
Ein toller Erfolg war die Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf Abfindungen bei Unternehmensauflösungen. Das Gericht hat festgestellt, dass die Entschädigungen von Aktionären nachprüfbar sein müssen. Das kommt gerade den Kleinaktionären zugute, die bei solchen Vorgängen sonst oft das Nachsehen haben. Auch Unternehmenszusammenschlüsse sind von dem Urteil betroffen.
Heißt das, dass jeder, der Aktien hält, die Entschädigungen gerichtlich überprüfen lassen kann?
Keitel:
Leider nein. Das Verfassungsgericht hat unsere Klage abgewiesen, mit der absurden Begründung, dass unser Aktienbestand nicht existenzgefährdend sei. Niemand investiert sein ganzes Vermögen in Aktien nur eines Unternehmens. Jeder, der den Ratschlägen von Fachleuten folgt und sein Depot breit streut, hätte somit keine Chance, gegen eine zu geringe Entschädigung vorzugehen. Die SdK lässt dies deshalb vom Europäischen Gerichtshof prüfen.
Was war Ihre bisher größte Enttäuschung?
Keitel:
Wenn Sacheinlagen von Großaktionären in ein Unternehmen eingebracht und mit Aktien vergütet werden, ist oft nicht nachvollziehbar, wie die Sacheinlagen bewertet werden. Zudem kann eine solche Vergütung mit Aktien das Grundkapital verwässern. Das wiederum schadet den Kleinaktionären, die dann weniger Anteil am Grundkapital haben als vor diesem Geschäft. Leider wurde unsere diesbezügliche Klage abgewiesen, und auch der Bundesgerichtshof hat eine Revision nicht zugelassen.
Derzeit drücken andere Probleme auf die Stimmung der Anleger, beispielsweise die Talfahrt am Neuen Markt. Wie kann verhindert werden, dass ein solcher Zusammenbruch noch einmal passiert?
Keitel:
Allgemeine Kursrückgänge kann niemand verhindern. Gegen Fehlverhalten von einzelnen Unternehmen aber sollte es Schutz geben. Daher fordern wir, dass der Schadenersatz ins Aktiengesetz einbezogen wird. Es kann nicht sein, dass die Vorstände sich bei falschem Verhalten zwar strafbar machen, aber den Aktionären den entstandenen Schaden nicht ersetzen müssen. In Paragraph 15 Absatz 6 Wertpapierhandelsgesetz ist ausdrücklich der Schadenersatz bei mißbräuchlich verwendeten Ad-hoc-Mitteilungen ausgeschlossen. Der Absatz muss ersatzlos gestrichen werden. Außerdem fordern wir, dass Vorstände und Aufsichtsräte Aktienverkäufe anmelden, bevor sie sie tätigen, nicht danach. In den USA ist das bereits üblich. Wir denken, dass das nicht nur für den Vorstand, sondern auch für Großaktionäre gelten sollte etwa für die Ehepartner der Vorstände.
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@Mm1010z: Vielen Dank für Ihre Anregung. (maa)
in diesem Video (https://www.youtube.com/watch?v=R4_pfYM7Q8s) äußert ein kompetenter Privataktionär seinen Unmut gegenüber die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Er entlarvt diesen gemeinnützigen Verein als ein Vehikel für Selbstbereicherung zu Lasten der Mitglieder und entgegen dem postuliertem Aktionärsschutz. Auch ich bin ein so genannter Kleinaktionär und ich finde es erschreckend und unverantwortlich, dass im Namen des Aktionärsschutzes gegenteilig agiert wird. Daher bitte ich Sie, mit Herrn Schreiner Kontakt aufzunehmen und sein Thema näher zu beleuchten. Halten die so genannten Schutzvereinigungen wirklich was sie versprechen? Werden keine Mitgliedsbeiträge veruntreut und in die eigenen Taschen gewirtschaftet? Bestehen keine Interessenskonflikte und agiert man wirklich im Sinne der Kleinaktionäre? Gerade Transparenz ist ja ein hohes Gut in Sachen Aktienhandel, Geldanlage und Beratung, so dass es immens wichtig wäre, hier mehr Klarheit zu erhalten. I