Weltwirtschaft. Gemessen an der globalen Wirtschaftskraft sind die USA im MSCI World viel zu hoch gewichtet. Deutschland als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt ist dagegen benachteiligt. © Getty Images / Karl Hendon
Der MSCI World spiegelt nicht die Wirtschaftskraft der Länder wider. Mit einem Depot, das nach Bruttoinlandsprodukt (BIP) gewichtet, können Sie das ändern.
Der USA-lastige MSCI World steht nach dem Kurseinbruch Anfang April in der Kritik. Der hohe Anteil an US-Aktien ist das Ergebnis der amerikanischen Börsenstärke – die trotz der jüngsten Verluste weiterhin besteht. Unter den 50 größten Titeln im MSCI World finden sich 41 US-Aktien. Der größte Nicht-US-Wert ist SAP aus Deutschland – auf Platz 25 (Stand 28. April 2025).
USA mit Abstand größtes Land
Der MSCI World ist wie die meisten Indizes ein nach Marktkapitalisierung gewichteter Index – damit ist der Börsenwert der Unternehmen gemeint. Er spiegelt demzufolge auch auf Länderebene nicht die Wirtschaftskraft wider. Deutschland zum Beispiel, die hinter den USA und China drittgrößte Volkswirtschaft der Welt, ist im Index nur mit einem Anteil von rund 2,3 Prozent vertreten. Das liegt unter anderem am großen, nicht börsennotierten Mittelstand hierzulande. Das Schwellenland China ist im MSCI World nicht berücksichtigt, weil der nur Industrieländer aufnimmt. Im MSCI All Country World Index (ACWI), der Industrie- und Schwellenländer enthält, beträgt der Anteil des asiatischen Riesenreichs mickrige 2,7 Prozent. Manche Anlegerinnen und Anleger würden ihr Depot lieber so aufstellen, dass die Wirtschaftskraft berücksichtigt ist. Wir zeigen, wie sie das umsetzen können.
Wirtschaftskraft als Maßstab
Als Maß für die Wirtschaftskraft wählen wir das Bruttoinlandsprodukt, kurz BIP. Auch hier kann man ein Portfolio nur mit Industrieländern oder zusätzlich mit Schwellenländern wählen. Wir erläutern beide Möglichkeiten und beziehen uns immer auf Industrie- und Schwellenländer, wie MSCI sie definiert. Südkorea zum Beispiel gilt für MSCI noch als Schwellenmarkt, andere Anbieter zählen das Land zu den entwickelten Märkten.
Wir stellen drei BIP-gewichtete Portfolios vor: zwei ohne, eines mit Schwellenländern.
Regeln besser als Bauchgefühl
Wer verschiedene ETF mischt, sollte immer einen klaren Plan haben, welche Zielgewichtung er wünscht und welche Abweichungen er zulassen will. Anpassungen sollten nach festen Regeln erfolgen. Anlegerinnen und Anleger sollten vermeiden, dass ein Baustein zu viel Gewicht bekommt, weil er so gut läuft und man ihn nicht zurechtstutzen möchte. Denn wer anfängt, seine Bausteine und deren Gewichte aus dem Bauch heraus zu beurteilen, macht womöglich Fehler bei der Portfoliosteuerung, die Rendite kosten können.
Industrieländer nach Wirtschaftskraft gewichtet
Die USA als größte Volkswirtschaft der Welt bleibt auch in einem BIP-gewichteten Portfolio die Nummer 1. Allerdings verringert sich das Gewicht amerikanischer Aktien von mehr als 70 Prozent auf weniger als 50 Prozent. Nach den BIP-Daten der Weltbank für 2023 beträgt der US-Anteil an der Weltwirtschaft (nur Industrieländer) 47,8 Prozent. Bei nahezu allen anderen Ländern mit Ausnahme der Schweiz ist der Anteil am MSCI World Index kleiner, als es der Wirtschaftsleistung entspräche. Besonders augenfällig ist der Unterschied bei Deutschland, das gemessen am BIP einen Anteil von 7,8 Prozent hat – im Index dagegen nur bei 2,3 Prozent liegt (siehe Grafik).
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Einfache Lösung: Zwei Bausteine
Ein BIP-gewichtetes Depot ließe sich mit ETF auf die Regionen Nordamerika, Europa und Pazifik abbilden. So haben wir das in früheren Veröffentlichungen auch vorgeschlagen. Wenn Sie sich so ein Depot bereits aufgebaut haben, können Sie es beibehalten. Mittlerweile – dank neuer ETF – geht es einfacher. Man benötigt nur noch je einen ETF auf die folgenden Indizes:
- 50 Prozent MSCI USA
- 50 Prozent MSCI World ex USA
Die USA sind in dem Portfolio mit der Hälfte gewichtet, was in etwa ihrem Anteil an der Weltwirtschaft entspricht. Deutschland hat hier statt 2,3 Prozent wie im MSCI World ein Gewicht von rund 4,4 Prozent.
Tipp: ETF auf den MSCI USA finden Sie bei den Aktienfonds USA. Für ETF auf den MSCI World ex USA klicken Sie im Fondsfinder auf >Alle Fonds anzeigen und suchen dann bei >Fondsgruppen und >Aktien Länder und Regionen die Gruppe >Aktien Welt ex USA.
Komplexere Lösung: Drei Bausteine
Mit der einfachen Lösung sind die meisten Länder von der Gewichtung her im Portfolio ähnlich stark vertreten wie in der Wirtschaftswelt, gemessen am BIP – wobei Deutschland hier die größten Abweichungen zwischen Gewichtung im MSCI World Index und nach Wirtschaftskraft aufweist. Wer weiter gehen möchte als beim einfachen Portfolio, kann auch das Gewicht Deutschlands anpassen. Dazu schlagen wir folgende Aufteilung vor:
- 47,5 Prozent MSCI USA
- 47,5 Prozent MSCI World ex USA
- 5 Prozent Dax
Der Anteil der USA passt so sogar noch besser als im einfachen Modell. Deutschland ist im komplexeren BIP-Portfolio nun mit 9,1 Prozent gewichtet – etwas mehr, als es dem Anteil an der Weltwirtschaft (Industrieländer) entspricht – aber Beimischungen unter 5 Prozent ergeben keinen Sinn.
Tipp: ETF auf den Dax finden Sie im Fondsfinder bei den Aktienfonds Deutschland. ETF auf den MSCI Germany gibt es nicht.
Die ganze Welt nach Wirtschaftskraft gewichtet
Viele Anlegerinnen und Anleger möchten nicht nur in Industrie-, sondern auch in Schwellenländer (englisch Emerging Markets) investieren. Auch für diesen Wunsch lässt sich ein BIP-gewichtetes Portfolio bauen, in dem die USA schwächer und die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, China, stärker vertreten ist. Tatsächlich beträgt der Anteil Chinas an der Weltwirtschaft knapp 19 Prozent. Im MSCI ACWI (All Country World Index), der 23 Industrie- und 24 Schwellenländer listet, machen chinesische Aktien nur 3,2 Prozent aus. Der Schwellenländeranteil insgesamt beträgt rund 10 Prozent.
Gemessen an der Wirtschaftskraft machen alle Schwellenländer zusammen knapp 40 Prozent an der Weltwirtschaftsleistung aus, China davon die Hälfte.
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Welt-Portfolio mit vier Bausteinen
Das BIP-gewichtete Portfolio für die ganze Welt inklusive Schwellenländer enthält vier Bausteine – einfacher geht es leider nicht. Unser Vorschlag lautet:
- 35 Prozent USA
- 35 Prozent MSCI World ex USA
- 15 Prozent China
- 15 Prozent MSCI Emerging Markets ex China
In unserem Schwellenländer-BIP-Portfolio liegt der Anteil der Schwellenländer inklusive China bei 30 Prozent. Ein höheren Anteil empfehlen wir aus Risikogesichtspunkten nicht. Diese 30 Prozent teilen sich auf in 15 Prozent China und 15 Prozent Schwellenländer ohne China.
Tipp: ETF auf chinesische Aktien finden Sie im Artikel Welche Chancen es für Anleger in China gibt – und welche Risiken. Für ETF auf den MSCI World ex USA klicken Sie im Fondsfinder auf >Alle Fonds anzeigen und schauen dann bei >Fondsgruppen und >Aktien Länder und Regionen nach der Gruppe >Aktien Schwellenländer ex China.
Gut zu wissen
Schwellenländer weisen höhere politische Risiken auf. Das hat sich bei russischen Aktien gezeigt, die nach den Sanktionen quasi wertlos wurden, und es hat sich in China gezeigt, wo Staatseingriffe die Börsenkurse großer Aktiengesellschaften oder gar ganzer Branchen nach unten gerissen haben. Schwellenländer sind also eine sinnvolle Beimischung, aber sie kommen mit Risiken einher, die man aus Industrieländern nicht kennt.
Fazit: BIP-gewichtete Depots sind als Alternative zum MSCI World geeignet
Um ein gutes Rendite-Risiko-Profil aufzuweisen, muss das Portfolio breit gestreut sein, es darf nur wenig kosten und man sollte aktive Portfolioentscheidungen vermeiden – sprich: nicht alle Nase lang die Strategie ändern. Das ist meistens mit mehr Aufwand verbunden und garantiert natürlich keine bessere Performance – muss aber auch nicht schlechter sein. BIP-gewichtete Depots eignen sich für Anlegerinnen und Anleger, die vom MSCI World abweichen und ihr Depot nach Wirtschaftskraft zusammenstellen wollen. Trotzdem sei noch einmal festgehalten, dass sich objektiv nicht feststellen lässt, im MSCI World seien die USA oder IT zu hoch gewichtet. In den vergangenen Jahren hat der MSCI World besser als alternative Depots abgeschnitten. Das kann nach der aktuellen Schwächephase auch weiterhin der Fall sein. Wer es bequemer mag, kann daher bei der einfachsten Lösung bleiben.
Tipp: Im Artikel Alternativen zum MSCI World geben wir Ihnen einen Überblick über die verschiedenen Welt-Indizes, die Ihnen zur Auswahl stehen. Und in unseren Beiträgen Anlegen mit weniger USA und Kerninvestment im Portfolio zeigen wir Ihnen weitere Möglichkeiten, wie Sie die Schwerpunkte in Ihrer Basisanlage ändern und den Anteil an US-Aktien verringern können.
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Übrigens: Auch unser Pantoffelportfolio nutzt “antizyklisches” Rebalancing zwischen dem Sicherheitsbaustein (Anleihen) und dem Renditebaustein (Aktien). Je nach Periode kann das die Rendite im Vergleich zu buy and hold verbessern. Aber in erster Linie dient es schlicht der Risikosteuerung.
Fazit: Die vorgestellte Anlagestrategie mit dem 4er Portfoli hat vieles, um eine taugliche Alternative zum MSCI World zu sein. Sie ist breit gestreut, nutzt eine klare, einfache Anpassungsregel und kann mit ETF günstig umgesetzt werden. Steuern und Aufwand der Strategie können ein echter Nachteil sein, aber das wäre individuell zu prüfen. Die Strategie zeigt aber keine überlegene Allokation, sondern einen Zeitraum, in dem die Strategie des antizyklischen Anpassens per Definition gut funktioniert. Aber nur mit Rendite-Analysen (ohne Risikokennzahlen) und mit wackeligen Annahmen kann man nicht zeigen, dass so ein Strategie besser als der MSCI World sei. Und einfacher ist sie auf keinen Fall. Unsere Erfahrung zeigt, dass es Strategien und Anlagen gibt, die jahrzehnte lang besser laufen als der MSCI World, aber auch Jahrzehnte schlechter. Mit den im Verhältnis dazu recht kurzen, verfügbaren Daten, kann man dann in der Regel keine zuverlässigen Rückschlüsse bezüglich Über- oder Unterlegenheit ziehen.
@HansPeterGroll: Danke für den Hinweis auf das Interview - ein schöner brain teaser.
Vorweg: Ob eine Anlage besser als eine andere ist, muss über Rendite UND Risiko bestimmt werden. Eine reine Renditebetrachtung ist wertlos. Trotzdem gibt es ein paar Punkte bezüglich der geführten Argumentation für ein 4er Portfolio (USA, Europa, Japan, Pazifik ex Japan) und gegen den MSCI World Index zu beleuchten.
Die Besonderheit der Argumentation ist, dass sie einen Zeitraum wählt, nach welchem alle 4 Regionen wieder ungefähr die gleiche durchschnittliche Rendite haben: 1970 bis 2015. Zwischendurch bewegen sie sich unterschiedlich, wobei Japan mit einem extremen Anstieg und anschließendem Absturz heraussticht. Es wird argumentiert, dass das 4er Portfolio mit jährlichem Rebalancing besser als der MSCI World abschneidet. Weil die durchschnittlichen Renditen der Einzelelemente in dem Zeitraum ja nahezu gleich waren, wird das als Zeichen für eine überlegen Allokation gewertet. Das ist aber falsch. Die Überrendite des 4er Portfolios mit Rebalancing wird nur dank des Rebalancing erzielt – es ist eine Strategie-Überrendite, keine durch eine bessere Allokation. Dabei kommt ein mathematischer Effekt zum Tragen, der immer funktioniert: Wenn man Anlagen mischt, die sich unterschiedlich entwickeln, aber irgendwann zum Zeitpunkt T die gleiche Durchschnittsrendite ausweisen, dann wird das “buy and hold” Portfolio genau diese Durchschnittsrendite aufweisen und jedes Portfolio mit Rebalancing-Strategie wird immer (!) besser laufen. Damit diese Startegie nun tatsächlich sinnvoller als der MSCI World wäre (der eine Annäherung an buy and hold ist), müsste gelten, dass die Durchschnittsrenditen der Regionen sich immer mal wieder angleichen. Das wird in dem Interview als plausibel angenommen, ist es aber nicht wirklich. Plausibler wäre es wahrscheinlich, dass sich Rendite-Risiko-Verhältnisse annähern, nicht Renditen. Auch wenn die Renditen sich irgendwann nach 45 Jahren wieder annähern, wäre das für Anleger eine schwierige Strategie: Was wann man nach 20 Jahren eine deutliche Unterperformance zum MSCI World sieht? Weitere 25 Jahre warten und hoffen, dass die Annahme (hier: der Renditeannährung) stimmt?
Kommentar vom Autor gelöscht.
Christian Fuchs hat im Interview mit Mario Lochner mit simplen Simulationen gezeigt, dass
1. der MSCI World von jeder westlichen MSCI Region (Japan, USA, Europe, Pazifik ex Japan) von 1970 bis 2015 geschlagen wurde.
2. Ein Gleichgewichtes Portfolio der genannten 4 mit jährlichen Rebalancing den MSCI World deutlich schlägt, circa 6,5% p.a. vs 8% p a.
3. Ein Übergewicht einer Region keinen signifikanten Unterschied gemacht hat
Ein B.I.P. gewichtetes Portfolio macht sich daher nur diesen Effekt zunutze und wird wahrscheinlich Überrendite erzielen. Ansicht macht bip Gewichtung keinen Sinn so weit ich weiß
Mit Interesse verfolge ich die "Auswüchse" der ETF-Wissenschaft über die Jahre. Insbesondere die Kursbetrachtungen und Chartbilder etc. erzeugen bei mir immer wieder ein Lächeln. Wenn ich meine Einzelaktien und ihre Dividendenhistorie betrachte (z.B. Pepsi, Mc Donalds etc.) und meine persönliche Dividendenhistorie und insbesondere meine "Zusatzrente" daraus ansehe, dann komme ich immer wieder zum Ergebnis: alles richtig gemacht! Ich verzichte gerne auf alle ETF der Welt.