Gesetzliche Renten­versicherung

Arbeitslos – was tun bei Jobverlust vor der Rente?

Datum:
  • Text: Max Schmutzer, Katharina Henrich
Gesetzliche Renten­versicherung - Was die Koalition für die Rente plant

Ruhe­stand genießen. Bis es soweit ist, sind manchmal einige Klippen zu über­springen. © Getty Images / Westend61 / Stefanie Aumiller

Verlieren ältere Menschen ihren Job, stellen sich Fragen zum Über­gang in den Ruhe­stand und Auswirkungen auf die Rente. Wir geben die wichtigsten Antworten.

Der Verlust des Arbeits­platzes wirbelt Alltag und Finanzen durch­einander. Ältere Arbeits­lose fragen sich oben­drein, wie sich der Jobverlust auf die gesetzliche Rente auswirkt. Ältere sind stärker als der Durch­schnitt von Arbeits­losig­keit betroffen. Auch sind sie vergleichs­weise häufig lang­zeit­arbeitslos. Wir geben Antworten auf wichtige Fragen.

Was ist eigentlich Arbeits­losengeld?

Arbeits­losengeld ist eine Leistung der Arbeits­losen­versicherung. Kündigt Ihnen Ihr Arbeit­geber, beantragen Sie es bei der Agentur für Arbeit. Eltern, die Kinder­geld erhalten, bekommen grob gerundet 67 Prozent des vorherigen Netto­entgelts, alle anderen um die 60 Prozent. Weiteres Einkommen und Vermögen werden nicht ange­rechnet.

Die meisten Beschäftigten sind in der Arbeits­losen­versicherung pflicht­versichert und zahlen Beiträge. Der Beitrag zur Arbeits­losen­versicherung beträgt 2,6 Prozent des Arbeits­entgelts bis zur Beitrags­bemessungs­grenze. Diese liegt 2025 bei 8 050 Euro monatlich. Arbeitnehmer und Arbeit­geber zahlen diesen Beitrag je zur Hälfte.

Tipp. Mehr Informationen finden Sie in unserem Artikel Wann und wie viel die Agentur für Arbeit zahlt.

Reicht das Arbeits­losengeld bis zu meiner Rente?

Wie lange Arbeits­losengeld gezahlt wird, ist unter anderem von Ihrem Alter abhängig und davon, wie lange Sie in der Arbeits­losen­versicherung versichert waren. Verlieren Sie ab 50 Ihren Job, gilt meist Folgendes:

  • Zwischen 50. und 54. Lebens­jahr haben Sie 15 Monate Anspruch auf ALG 1, wenn Sie in den zurück­liegenden fünf Jahren mindestens 30 Monate versichert waren.
  • Von 55 bis 57 können Sie 18 Monate lang Arbeits­losengeld erhalten, wenn Sie in den fünf Jahren davor mindestens 36 Monate versichert waren.
  • Ab dem 58. Lebens­jahr haben Sie 24 Monate Anspruch auf Arbeits­losengeld, wenn Sie in den zurück­liegenden fünf Jahren mindestens 48 Monate versichert waren.

Läuft das Arbeits­losengeld vor der Rente aus, ohne dass Sie einen neuen Job finden und können Sie Ihren Lebens­unterhalt auch nicht anders decken, beantragen Sie Bürgergeld.

Rat und Hilfe

Holen Sie Rat ein, bevor Sie wichtige Entscheidungen zu Ihrer weiteren Lebens­planung treffen.

Renten­versicherung. Bei der gesetzlichen Renten­versicherung können Sie kostenfreie Beratungs­termine vereinbaren – telefo­nisch (0 800/10 00 48 00) oder online (deutsche-rentenversicherung.de). Sie kann Ihnen auch Kontakt zu einem ehren­amtlichen Versichertenberater in Ihrer Nähe vermitteln.

Agentur für Arbeit. Detaillierte Informationen und Anträge zum Arbeits­losengeld finden Sie auf der Website der Arbeits­agentur (arbeitsagentur.de). Dort erfahren Sie auch, welche Agentur oder welches Jobcenter vor Ort zuständig ist.

Sozial­verbände. Kommt es zu Problemen mit Sozial­versicherungs­trägern oder wünschen Sie unabhängigen Rat, helfen Sozial­verbände wie der VdK (vdk.de) oder SoVD (sovd.de) weiter. Der monatliche Mitglieds­beitrag kostet rund 7 bis 8 Euro.

Muss ich vorzeitig in Rente gehen?

Wenn Sie Arbeits­losengeld beziehen, darf die Arbeits­agentur Sie nicht auffordern, vorzeitig eine Alters­rente zu beantragen.

Zählen Arbeits­losen­zeiten für die abschlags­freie Frührente nach 45 Versicherungs­jahren?

Teil­weise ja. Um ohne Kürzungen, also Abschläge, früher in Rente gehen zu können, müssen Sie mindestens auf 45 Versicherungs­jahre kommen. Zu diesen Jahren zählen neben Zeiten aus sozial­versicherungs­pflichtiger Beschäftigung auch Zeiten, in denen Sie Arbeits­losengeld bezogen haben. Das frühere Arbeits­losengeld 2, heute Bürgergeld, zählt nicht mit.

Allerdings – und das ist wichtig für ältere Versicherte – gilt auch Arbeits­losengeldbe­zug uneinge­schränkt nur bis zwei Jahre vor Renten­beginn. Danach zählt es nur dann noch als Versicherungs­zeit, wenn Sie arbeitslos werden, weil Ihr Arbeit­geber Insolvenz anmelden muss oder das Geschäft aufgegeben hat.

Arbeits­losig­keit aus anderen Gründen und auch der Bezug von Bürgergeld oder dem früheren Arbeits­losengeld 2 zählen nicht für eine abschlags­freie Frührente.

Arbeits­losengeld beantragen oder gleich in Frührente für lang­jährig Versicherte?

Arbeits­losengeld ist meist höher als die Rente, aber nicht immer. Doch selbst wenn es nied­riger ist, kann es sinn­voll sein, mit dem Renten­antrag zu warten. Eventuell vermeiden oder verringern Sie so Renten­abschläge, die bei einem vorzeitigen Renten­beginn oft anfallen.

Auch erhöhen sich Ihre Renten­ansprüche während des Arbeits­losengeldbe­zugs weiter (siehe nächste Frage). Lassen Sie sich vor Ihrer Entscheidung von der gesetzlichen Renten­versicherung und der Agentur für Arbeit beraten.

Erhöht Arbeits­losengeld die Rente?

Arbeits­losengeld erhöht Ihre Rente. Denn auch die Agentur für Arbeit zahlt Beiträge an die gesetzliche Renten­versicherung. Der Beitrag errechnet sich auf der Grund­lage von 80 Prozent Ihres letzten Brutto­entgelts. Ihre Renten­ansprüche sind deshalb nied­riger als Sie es wären, wenn Sie weiter arbeiten würden.

Für Arbeits­losengeld-2-Bezug zahlt die Agentur für Arbeit seit 2011 keine Rentenbeiträge mehr an die Rentenkasse.

Wirkt sich eine Abfindung auf das Arbeits­losengeld aus?

Das kann passieren. Vereinbaren Sie zum Beispiel mit Ihrem Arbeit­geber einen Aufhebungs­vertrag inklusive Abfindung, drohen Sperr­zeiten für das Arbeits­losengeld. Die Regeln sind kompliziert. Deshalb sollten Sie sich beraten lassen, bevor Sie unter­schreiben – gerade wenn Ihnen der ungekürzte Bezug von Arbeits­losengeld wichtig ist, um die Zeit bis zur Rente zu über­brücken.

Fragen Sie bei Betriebsrat, Gewerk­schaft, Sozial­verbänden oder einem Fach­anwalt für Arbeits­recht nach. Einen ersten Über­blick, wie Sie Sperr­zeiten vermeiden, gibt Merkblatt 17 der Arbeitsagentur.

Kann ich mit einer Abfindung Renten­abschläge ausgleichen?

Ja. Möchten Sie nach einer Kündigung vorzeitig in den Ruhe­stand, kann es teils zu kräftigen Renten­abschlägen kommen. Es ist es aber möglich, solche Kürzungen durch Sonderzah­lungen zu verringern oder ganz auszugleichen. Der Staat hilft: Sie können Ausgleichs­zahlungen als Alters­vorsorgeaufwendungen in gewissem Umfang von der Steuer absetzen. Wie das funk­tioniert zeigen wir in unserem Artikel Rente erhöhen und Steuern sparen.

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36 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • HansPeterGroll am 14.04.2025 um 10:46 Uhr
    Wieso werden Ausbildungen bevorzugt?

    Wer also mit durchschnittlich circa 25-30 Jahren sein Vollzeitstudium abschließt wird behandelt als ob er/sie 12 Jahre kürzer gearbeitet hat, bzw. der Hauptschüler darf früher in Rente? Auf welcher Basis? Meine Frau arbeitet mit Master als DaF Lehrerin und hat jetzt bereits mit 30 Probleme das 8-12 Stunden täglich auszuhalten (zu viel Stehen, über 12.000 Schritte täglich, akustische Belastung). Ihr Gehalt ist das selbe wie von einem Busfahrer. Deutschland macht Studium (und damit den eigentlichen Motor seiner Wirtschaft) unrentabel. Faulheit und geringe Schulleistung werden belohnt!

  • Trentino2017 am 14.03.2025 um 10:53 Uhr
    Nachtrag betr. DIW

    @A.Schmidt/11.03.2025
    Viele Bürgerinnen und Bürger kennen zwar das bekannte Brettspiel "Monopoly", das inzwischen über 100 Jahre alt ist, und seine Spielregeln (inkl. Variationen).
    Nur wenige verstehen offenbar den Sinn dieses genialen Brettspiels bzw. die ökonomische Absicht, die die Erfinderin den "einfachen" Bürgern damit spielerisch vermitteln wollte. (Das DIW = "Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung" offenkundig auch nicht.) Aber daran ist schon Elizabeth Magie Phillips, die inzwischen höchstrichterlich als Erfinderin des Brettspiels gilt, vor 100 Jahren gescheitert.

  • Trentino2017 am 14.03.2025 um 10:36 Uhr
    Wohlstand für alle versus Plutokratie

    @A.Schmidt/11.03.2025
    Es ist zwar unbestreitbar, dass Beamte ceteris paribus (Qualifikation usw.) eine höhere Pension bekommen als Arbeitnehmer. Jedoch lenkt man damit vom grundlegenden Problem ab und das besteht nicht in der Differenz zwischen kleinen und "großen" Renten/Pensionen oder dem Alter der Wähler.
    Der erste Bundeswirtschaftsminister der BRD (Ludwig Erhard, CDU), der das ökonomische und soziale Scheitern der Demokratie von Weimar (1918 bis 1933) und das totalitäre Regime von 1933 bis 1945 miterlebt hatte, wollte nach dem Ende des Krieges mit seiner Sozialen Marktwirtschaft einmal die "alte konservative soziale Struktur überwinden" und "Wohlstand für Alle" schaffen. Davon ist heute keine Rede mehr und zwar mit Ausnahme der unbedeutenden Partei "Die Linke" bei keiner Partei, die es 2025 in den Dt. Bundestag geschafft hat. Wir leben wieder wie am Ende der Weimarer Republik in plutokratischen Verhältnissen. Multimilliardäre werden immer reicher und die Armen immer zahlreicher.

  • A.Schmidt am 11.03.2025 um 21:06 Uhr
    Steigende Renten bedeuten höhere Beiträge

    Die steigenden Renten sind ein Wahlgeschenk an die Rentner. Eines, das von den Beitragszahlern getragen wird. Das jetzt angekündigte Rentenpaket II wird den Beitragssatz für die Berufstätigen deutlich steigern, laut DIW von heute 18,6 % auf 22 % innerhalb von vierzehn Jahren.
    Friedrich Merz wird bald 70 Jahre alt, und so eine Politik macht er auch. Die SPD als Renterpartei ist nicht anders. Beide Parteien haben viele Wähler über Sechzig.
    Viel wichtiger wäre eine Angleichung von Pensionen und Renten. Außerdem bräuchten wir ein Plus bei kleinen Renten und ein Minus bei großen Renten. Insofern macht die Einkommenssteuer auf Renten schon Sinn, weil viele wohlhabende Renter neben der oft schmalen gesetzlichen Rente noch Haus, Aktien und andere Einkommen haben. Ganz anders bei den Mindestlohnbeziehern und den Ostdeutschen, wo die Durchschnittsrenten wirklich gering sind.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 20.01.2025 um 17:39 Uhr
    Mütterrente

    @Rüdiger-H: Die Mütterrente ist nicht neu. Es gibt keinen Handlungsbedarf für Mütter, die sich bereits in der Altersrente befinden. Der Rentenversicherungsträger berücksichtigt die Kindererziehungszeiten.
    www.test.de/kindererziehungszeiten