2023 waren Menschen zum Start ihrer Erwerbsminderungsrente durchschnittlich 54 Jahre alt. Sie kommen deshalb im Schnitt auf deutlich geringere gesetzliche Rentenansprüche als Menschen zu Beginn ihrer regulären Altersrente. Damit ihre Renten nicht ganz niedrig ausfallen, werden die Renten von erwerbsgeminderten Menschen hochgerechnet.
Rechnerisch wird so getan, als ob die Person weitergearbeitet und Rentenbeiträge gezahlt hätte. Diese fiktive Zeit nennt sich „Zurechnungszeit“. Sie führt dazu, dass die Renten junger Erwerbsgeminderter genauso hoch ausfallen können wie die Älterer. „Hierhinter steht die Sozialgemeinschaft und die soziale Absicherung. Es soll keiner bestraft werden, weil er in jungen Jahren bereits erwerbsgemindert wird“, sagt Katja Braubach, Pressereferentin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund. Je nach dem Jahr des Rentenbeginns verlängert sich die Zurechnungszeit aber.
Zurechnungszeit nach Jahrgang
Je nach Eintritt der Erwerbsminderung, rechnet die Rentenversicherung die Zurechnungszeit bis zu einem anderen Alter hoch. Sie bewertet diese dann mit einem Durchschnitt aus den zurückliegenden Versicherungszeiten.
Rentenbeginn (Jahr) |
Alter |
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Jahre |
Monate |
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2025 |
66 |
2 |
2026 |
66 |
3 |
2027 |
66 |
4 |
2028 |
66 |
6 |
2029 |
66 |
8 |
2030 |
66 |
10 |
2031 |
67 |
0 |
Legende
Quelle: DRV Bund
Jüngere Menschen - auf Anrechnungszeiten achten
Die Zurechnungszeit wird mit dem Durchschnittswert der eigenen bisher zurückgelegten Versicherungszeiten ab dem 17. Geburtstag bewertet. Die Höhe der Erwerbsminderungsrente hängt somit davon ab, wie viel an Beiträgen seit dem 17. Lebensjahr durchschnittlich an die Rentenversicherung geflossen sind.
Wichtig sind aber gerade für jüngere Erwerbsgeminderte nicht nur die Beitragszahlungen. Auch die sogenannten Anrechnungszeiten erhöhen die Rente. Das sind rentenrechtliche Zeiten, in denen sie keine Beiträge gezahlt haben, die aber dennoch als Versicherungszeit zählen. Dazu gehört zum Beispiel die Zeit des Studiums. Sie verhindern, dass die durchschnittlich erreichten Ansprüche sich durch solche beitragsfreien Zeiten nicht verringern.
Anrechnungszeiten bewertet die Rentenversicherung nicht mit Null, sondern sie bewertet sie mit dem Durchschnittswert aus den bisherigen Versicherungszeiten. „Gerade bei jüngeren Menschen, die vermindert erwerbsfähig sind, ist es deshalb sehr wichtig, dass alle Zeiten, die rentenrechtlich eine Rolle spielen, auf ihrem Rentenkonto gespeichert sind. Unabhängig, ob Beiträge gezahlt wurden oder nicht“, sagt Braubach.
Nebenjob während des Studiums nicht nachteilig
Haben Studierende während ihres Studiums einen Nebenjob greift ein ähnliches Prinzip. Er ist für die Höhe der Erwerbsminderungsrente in der Regel nicht nachteilig, obwohl sich generell Phasen mit geringem Verdienst negativ auf die Höhe der Rente aus.
Fällt der Nebenjob aber mit einer Anrechnungszeit – also Schul- oder Studienzeiten – zusammen, prüft die Rentenversicherung, was für den Versicherten vorteilhafter ist. Führt die geringe Beschäftigung während des Studiums bei der sogenannten Gesamtleistungsbewertung dazu, dass die Rentenansprüche des Versicherten sinken, wird sie nicht berücksichtigt.
Tipp: Auf Jobsuche nach Schule oder Studium? Melden Sie sich arbeitssuchend, auch wenn Sie die Voraussetzung für die Zahlung von Arbeitslosengeld 1 nicht erfüllen. Nur wenn Sie bei der Arbeitsagentur gemeldet sind, zählt die Zeit der Jobsuche bei der Berechnung der Erwerbsminderungsrente mit.
Rentenabschläge bis 10,8 Prozent
Bei Erwerbsminderungsrenten, die vor dem 65. Geburtstag bezogen werden, fallen Abschläge an. Sie werden also gekürzt. Für jeden Monat, den die Erwerbsminderungsrente früher beginnt, zieht die Rentenversicherung 0,3 Prozent ab. Bei Versicherten, die die Rente beispielsweise zehn Monate vor ihrem 65. Geburtstag beziehen, liegt der Abschlag bei 3 Prozent (10 x 0,3).
Die Abzüge sind aber gedeckelt. Sie liegen maximal bei 10,8 Prozent. Bei Rentenstart mit 62 Jahren und jünger liegt der Abschlag immer bei 10,8 Prozent. Da viele deutlich früher eine Erwerbsminderungsrente erhalten, fallen sehr oft die maximalen Abschläge an. Sie bleiben auch nach dem Übergang in die Altersrente bestehen.
Weniger Einkommen vor der Erwerbsminderung
Viele Menschen sind in der Zeit vor dem Rentenbeginn gesundheitlich stark eingeschränkt. Sie können dann keine Überstunden mehr leisten oder arbeiten in Teilzeit, sind oft zuvor länger krankgeschrieben und beziehen Krankengeld. Das alles führt zu niedrigeren Einkünften. Da die Berechnung der Rentenhöhe auf dem durchschnittlichen Verdienst eines Versicherten beruht, können krankheitsbedingte Einkommenseinbußen in den letzten Jahren den Durchschnitt deutlich nach unten ziehen.
Zum 1. Juli 2014 wurde deshalb eine sogenannte Günstigerprüfung eingeführt. Die Rentenversicherung klärt, ob sich die letzten vier Jahre vor der Erwerbsminderung negativ auf die Rentenhöhe auswirken. Ist das der Fall wird dies – ähnlich wie ein niedriger Verdienst während des Studiums – die Rentenhöhe nicht nachteilig beeinflussen. Wer schon vor dem 1. Juli 2014 eine Erwerbsminderungsrente bezog, kann die Günstigerprüfung nicht nachträglich in Anspruch nehmen.
Tipp: Sorgen Sie dafür, dass Ihr Versicherungsverlauf vollständig ist. Stellen Sie dafür bei der Rentenversicherung einen Antrag auf Kontenklärung. Das erspart Ihnen Bürokratie, sollten Sie zukünftig eine Erwerbsminderungsrente beantragen müssen.
Seit Juli 2024 gibt es für viele mehr Geld
Der Gesetzgeber hat die Erwerbsminderungsrente in den letzten Jahren finanziell attraktiver gemacht. Seit 2019 für alle, die ab diesem Jahr in Rente gegangen sind und seit Juli 2024 für Menschen, die ihre Rente schon länger beziehen.
- Wer zwischen 1. Januar 2001 und 30. Juni 2014 erstmalig die Rente bezogen hat, erhält einen Zuschlag von 7,5 Prozent.
- Wer sie zwischen dem 1. Juli 2014 und dem 31. Dezember 2018 erstmalig bezogen hat, erhält einen Zuschlag von 4,5 Prozent.
Auch Alters- und Hinterbliebenenrenten, die sich an eine Erwerbsminderungsrente anschließen, fallen dadurch höher aus. Einen Antrag mussten Erwerbsgeminderte nicht stellen. Die Rentenversicherung zahlt Anspruchsberechtigte den Zuschlag automatisch. Sie überweist ihn bisher noch getrennt von der eigentlichen Rente. Dezember 2025 will sie ihn zusammen mit der laufenden Rente in einer Summe auszahlen.
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@alle: Bei Fragen zum Einfluss der Zeiten des Erhaltens einer (Teil-) Erwerbsminderungsrente macht es Sinn, sich individuell beraten zu lassen.
Welche Auswirkung hat eine unbefristete, aber teilweise Erwerbsminderungsrente, auf die spätere Altersrente?
Erfolgt mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze ein Wechsel von einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung in die Regelaltersrente, wird die Zeit des Rentenbezugs als Anrechnungszeit berücksichtigt bewertet.
Bei einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung besteht in der Regel zusätzlich der Hinzuverdienst. Daraus ergibt sich ein Zusammentreffen von Beitrags- und Anrechnungszeit. Es entstehen somit sogenannte beitragsgeminderte Zeiten. Das bedeutet, dass die Zeit zunächst so bewertet wird, als sei sie lediglich eine Beitragszeit. Zudem wird die Zeit noch so bewertet, als sei sie eine Anrechnungszeit. Ergeben sich aus der Bewertung als Anrechnungszeit höhere Entgeltpunkte, wird der Differenzbetrag an Entgeltpunkten zusätzlich berücksichtigt.
@HoMa04: Bitte vereinbaren Sie bei der Rentenversicherungsträgerin ein individuellen Beratungstermin, um die unterschiedlichen Alternativen und deren Auswirkungen auf die Altersrente zu berechnen.
Ich beziehe eine Teil EM- Rente. Wirkt sich mein Hinzuverdienst auf die Höhe der Altersrente aus? Ich überlege meine Arbeitszeit weiter zu reduzieren und würde gerne die Auswirkungen auf die Altersrente kennen. Und wie sieht es aus, wenn ich in die Rente mit 63 gehe. Oder ist das alles egal und meine spätere Altersrente ist immer das doppelte meiner Teil EM Rente?
Ich finde hierzu leider nirgends Informationen.
@Question777: Wir haben zu den Voraussetzungen der sog. Zurechnungszeit bisher nicht berichtet. Bitte lesen Sie die Informationen der Deutschen Rentenversicherung Bund dazu und lassen Sie sich von Ihrer Rentenversicherungsträgerin dazu individuell beraten, welche Auswirkungen die Zurechnungszeiten auf Ihren Rentenverlauf haben:
www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Glossareintraege/DE/Z/zurechnungszeit.html
Mich würde mal interessieren, wie sich bei einer befristeten vollen EMR die Jahre des Rentenbezugs auf die Rentenpunkte auswirken, bei dem hypothetischen Fall, dass die Rente nicht verlängert wird. Also nach der Befristung wieder gearbeitet wird. Wie werden dann die Jahre des Rentenbezugs in den Rentenpunkten berücksichtigt?