Erwerbs­minderungs­rente

Wenn der Antrag abge­lehnt wird – richtig reagieren

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Bei vielen Antrag­stel­lern klappt es mit der Erwerbs­minderungs­rente nicht oder nicht im ersten Anlauf. Dabei lehnen die Renten­versicherungs­träger einen Antrag entweder komplett ab oder sie sprechen einem Antrag­steller statt der vollen nur die halbe Rente zu. Versicherte sollten daher ihren Rentenbescheid prüfen.

Einen Monat Zeit für Wider­spruch

Scheitert der Antrag, können Versicherte Wider­spruch einlegen. Dazu haben sie in der Regel einen Monat Zeit. Versicherte, die im Ausland leben, haben bis zu drei Monate Zeit. Es ist also wichtig, schnell zu reagieren.

Die Begründung für den Wider­spruch können Versicherte noch später nach­reichen. Sie sollten dies aber in ihrem ersten Schreiben gleich ankündigen. Um die Begründung möglicht zielge­richtet zu verfassen, sollten Versicherte Einsicht in entscheidungs­erhebliche Unterlagen beantragen. Das können etwa medizi­nische Gutachten der Renten­versicherung sein.

Gerade kranken Menschen fällt es oft schwer, sich gegen die Entscheidungen von Sozial­versicherungs­trägern zu wehren. Die Sach­verhalte sind sehr komplex und die Kommunikation der Träger oft unver­ständlich. Es ist wichtig, sich recht­zeitig Unterstüt­zung zu holen. Helfen können Sozial­verbänden wie der VdK oder SoVD.

Versicherungs­träger entscheidet nach Aktenlage

Die gesetzliche Renten­versicherung entscheidet oft zunächst nach Aktenlage über die Bewil­ligung einer Erwerbs­minderungs­rente. Verena Bentele, Präsidentin des Sozial­verbands VdK, findet das problematisch. Dabei könne es schnell zu Fehl­einschät­zungen kommen. „Die Entscheidung nach Aktenlage wird vielen Menschen nicht gerecht. Ihre Krank­heits­bilder werden nicht richtig erkannt. Vor allem Kombinationen aus mehreren Krank­heits­bildern – chro­nische Schmerzen und psychische Erkrankung zum Beispiel“, sagt sie.

Nach dem Wider­spruch bleibt die Klage vor dem Sozialge­richt

Lehnt der Renten­versicherer den Antrag auf eine Erwerbs­minderungs­rente auch nach dem Wider­spruch ab, bleibt Versicherten eine Klage vor dem Sozialge­richt. Gut zu wissen: Gerichts­kosten fallen nicht an.

Bei Renten­anträgen und Wider­sprüchen ziehen die Renten­versicherungs­träger immer ihre eigenen Gutachter zurate. Erst das Gericht bestellt in der Regel einen neutralen Gutachter.

Entscheidet dieser Gutachter zugunsten des Versicherten, bewil­ligt die gesetzliche Renten­versicherung häufig die Rente, noch bevor es zu einem Urteil kommt. Die Richter folgen in den meisten Fällen einem solchen Gutachten.

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Profilbild Stiftung_Warentest am 15.09.2021 um 12:28 Uhr
Erwerbsminderung / vorzeitige Wartezeiterfüllung

@Selbständigeimnetz: Dies ist nicht der Ort für eine individuelle Rentenberatung. Diese bekommen Sie beim Rentenversicherungsträger.
Im Artikel haben wir dargestellt, dass man mindestens auf 5 Jahre Beitragszeit kommen muss sowie dass bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten die Mindestversicherungszeiten kürzer sind.
Paragraf 53 Abs. 1 SGB VI bestimmt für die vorzeitige Wartezeiterfüllung, dass ein Arbeitsunfall oder eine Berufskrankheit vorliegt oder dass die Beschädigung beim Wehr- oder Zivildienst entstanden ist.
Die Erleichterten Voraussetzungen ergeben sich nicht allein aus der Erfüllung des Wehr- oder Zivildienstes. Auch ein Studium führt nicht zur Verkürzung der Mindestversicherungszeit. Eine Ausbildung führt in der Regel zu Pflichtbeitragszeiten.

Selbstständigimnetz am 13.09.2021 um 17:15 Uhr
Freiwillige Beiträge

Hallo liebes test.de Team,
ich habe mit der Rentenversicherung telefoniert, die mir sagt, dass ich fünf Jahre am Stück Pflichtbeiträge gezahlt haben muss. Die Zeiten der Anrechnung aus Ausbildung, Wehrdienst und Studium zählen nicht, da es zu lange her ist. Ich zahle seit 01.01.2019 bis 01.07.2020 freiwillige Beiträge, seit dem Pflichtbeiträge. Nun sagt die Rentenversicherung, ich müsse noch vier Jahre Pflichtbeiträge am Stück zahlen, um einen Anspruch zu haben. In Ihrem Artikel steht jedoch, dass drei der letzten fünf Jahre Pflichtbeiträge gezahlt werden müssen und auch die anderen Zeiten aus Ausbildung, Wehrdienst und Studium zählen.
Liebe Grüße

svenson32 am 06.08.2021 um 17:47 Uhr
Mitgliedschaft beim Vdk

Der VdK erteilt eine Mitgliedschaft erst,nach der jährlichen Bezahlung.Ein Verfahren wird eingeleitet,wenn der Mandant nachweisen kann,dass er/sie eine Rechtsschutzversicherung hat,die Sozialrecht abdeckt.
Die Erwerbsminderung wurde bei mir 3x abgelehnt.Nachdem3.Mal hat es mir gereicht,ich ging in Widerspruch.Und danach suchte ich professionelle Hilfe.
So richtig läuft es nicht beim VdK und man macht die umfassende Zuarbeit für die Anwälte.Ich habe das Problem erkannt und meine Mitgliedschaft gekündigt.Meine Gewerkschaft gab mir den Rat,mir besser einen Anwalt für Sozialrecht zu nehmen.
Es ging vor das SG.Recht bekam ich immer noch nicht,weil der Gutachter des Gerichts,einen Fehler machte.Also,wieder Widerspruch.Jetzt geht es in die nächst höhere Instanz.
Mittlerweile sind 3 1/2 Jahre vergangen und das Ende ist noch nicht in Sicht.Die Ärzte haben mich nach meinem schweren AU 2015,arbeitsunfähig geschrieben.3/4Jahr Krankenhaus,2 J. Reha,arbeitslos.
Für die DRV bin ich arbeitsfähig!

JJT2604 am 02.08.2021 um 16:04 Uhr
Musterklage gegen Stichtagsregelung 2019

Derzeit wird eine Musterklage beim Bundessozialgericht zur Aufhebung einer Stichtagsregelung bei Erwerbsminderungsrenten geführt.
Ziel der Musterklage ist, dass eine seit 2019 geltende Neuregelung auch für Bestandsrentner Anwendung finden soll, die vor 2019 bereits die Rente bewilligt bekommen haben.
Damit würden diese Renten zum Teil deutlich höher ausfallen. Eine Nachzahlung für maximal vier Kalenderjahre wäre rückwirkend ab Antragstellung möglich.
Das Urteil des Bundessozialgerichts wird im kommenden Jahr erwartet.
Um etwaige Ansprüche zu sichern und eine ein Jahr längere Nachzahlung zu bekommen, ist es empfehlenswert umgehend einen Überprüfungsantrag zu stellen.
Die Versicherungsämter helfen dabei u. a. weiter.

Profilbild Stiftung_Warentest am 08.07.2021 um 12:01 Uhr
Prozentangabe

@Thomas.Hahn: Vielen Dank. Wir haben die Angaben korrigiert. Richtig ist: "Rund 42 Prozent der Anträge auf eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente wurden abgelehnt." (TK)