Fast 57 Millionen Versicherte, gut 21 Millionen Rentnerinnen und Rentner: Die gesetzliche Rentenversicherung ist unangefochtenes Rückgrat der Alterssicherung in Deutschland. Vor allem soll sie den Ruhestand von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern absichern.
Aber auch Selbstständige, Freiberufler, Hausfrauen oder -männer und sogar Beamte können über sie vorsorgen. Bisher machen viele von ihnen eher einen großen Bogen um das gesetzliche Standardprogramm. Das mag unter anderem an der starken Lobby der privaten Versicherungswirtschaft liegen, die viel dafür tut, sie in ihre eigenen Produkte zu locken. Dass die nicht immer der Königsweg sind, zeigt die Riester-Rente.
2022 gibt es mehr Rentenansprüche fürs Geld
Wir wollten wissen, was Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung bringen und wie sinnvoll das Vorsorgesparen über sie für Menschen in unterschiedlichen Erwerbssituationen ist.
Das wichtigste Ergebnis: 2022 ist ein gutes Jahr für Einzahlungen. Es gibt mehr Rentenansprüche fürs Geld. Die Rentenexpertinnen und -experten der Stiftung Warentest haben die Möglichkeit, über die Rentenkasse vorzusorgen, für fünf Erwerbssituationen beispielhaft durchgerechnet. Wir zeigen, wie freiwillige Beiträge nach derzeitigem Stand die Rente erhöhen und die Steuerlast senken.
Noch bis 31. März für 2021 Rentenbeiträge einzahlen
Um freiwillig Beiträge in die Rentenkasse einzahlen zu können, müssen Interessierte zuerst einen Antrag auf freiwillige Versicherung stellen (siehe Checkliste). Die Höhe der monatlichen Beiträge legen sie dann zwischen dem Mindest- und Höchstbeitrag selbst fest. Monatlich können sie zwischen 83,70 Euro und 1 311,30 Euro überweisen. Ausnahme: Neuversicherte können noch bis Ende März 2022 für das komplette Jahr 2021 nachzahlen. Wer den jährlichen Höchstbeitrag von 15 735,60 Euro nicht ausschöpft, fährt aufgrund der günstigeren Bedingungen besser, wenn er möglichst viel für 2022 einzahlt.
Unsere Tabelle zeigt, mit welchem Rentenplus Einzahlende je nach Beitrag für die Jahre 2022 und 2021 rechnen können. Mit unserem Rechner können sie die Rentenerhöhung auch individuell ausrechnen.
Teils hohe Steuervorteile
Ein bedeutender Teil der Vorsorge über die gesetzliche Rente sind die Steuervorteile. An unseren fünf Fällen haben wir daher nicht nur untersucht, wie unterschiedliche Einzahlungen die Rente erhöhen, sondern auch, wie sehr einzelne Gruppen steuerlich profitieren. Beispielhaft gerechnet haben wir für:
- Selbstständige,
- Beamtinnen und Beamte,
- Freiberuflerinnen und Freiberufler,
- Frührentnerinnen und -rentner,
- Hausfrauen und -männer.
Auch pflichtversicherte Arbeitnehmer ab 50 können oft zusätzliche Einzahlungen leisten, so ihre Rente erhöhen und dabei Steuern sparen. Das gleiche gilt für unter 45-Jährige, wenn sie für Zeiten von Schulbesuch, Studium oder Ausbildung Beiträge nachzahlen.
Steuerboni besonders für Selbstständige attraktiv
Gerade für Selbstständige sind die Steuerboni teils sehr attraktiv. Unsere Rechnungen zeigen, dass sie über 40 Prozent der Einzahlung ausmachen können. Auch bei anderen sind Steuerersparnisse von über 30 Prozent der Einzahlung drin. Aber nicht für alle sind die freiwilligen Einzahlungen gleich gut. Frührentner können meist weniger stark von den Steuervorteilen profitieren als während des Berufslebens.
Viele Faktoren spielen eine Rolle
Bedenken müssen Vorsorgesparende, dass im Ruhestand auf ihre Rente Steuern anfallen, wenn auch meist deutlich weniger als im Berufsleben. Dazu kommen bei gesetzlich krankenversicherten Rentnern Beiträge für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung von rund 11 Prozent.
Vor einer Investition in die gesetzliche Rentenversicherung heißt es also genau rechnen. Einen allgemeingültigen Rat für oder gegen freiwillige Einzahlungen können wir nicht geben, dazu hängt sie von zu vielen persönlichen Faktoren ab. Unsere Beispielrechnungen zeigen aber, was Interessierte in ihre Überlegungen einbeziehen müssen.
Auf die Rechnerei verzichten können alle, die schon im Vorfeld zu dem Schluss kommen, dass Vorsorgen über die gesetzliche Rente nichts für sie ist. Dabei hilft unser Überblick über die Vor- und Nachteile.
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
@Thorsten_online: Ja, Sie haben Recht. Auch bei Nachzahlungen für Ausbildungszeiten gilt die Beitragsbemessungsgrenze. Mehr als den monatlichen Höchstbeitrag kann man pro Nachzahlungsmonat nicht zahlen.
Im Artikel zur Nachzahlung für Ausbildungszeiten wollten wir sagen, die Höhe der Nachzahlung in der Summe über dem Höchstbetrag von 15 736 e in 2021 liegen darf.
Wir werden uns bemühen, dies in Zukunft deutlicher herauszustellen.
Sehr geehrte Damen und Herren,
vielen Dank für den informativen und ausführlichen Beitrag!
Bzgl. der freiwilligen Nachzahlungen für Ausbildungszeiten für unter 45-Jährige schreiben Sie, dass diese auch über der jährlichen Höchstgrenze von 15736€ liegen können.
Ist dieser Sachverhalt richtig dargestellt?, bzw. trifft dieser auch für 1 Jahr Nachzahlung zu?
Hintergrund:
Gemäß dem Rechtsportal der Deutschen Rentenversicherung sind in diesem Fall die Paragraphen "§§207 i.V. 209 SGB VI: Berechtigung und Beitragsberechnung zur Nachzahlung" anzuwenden und dementsprechend ist aktuell nur ein jährlicher Höchstbeitrag von 15736€ (Beitragsbemessungsgrenze x Beitragssatz) möglich.
Danke und viele Grüße
Thorsten
Referenz:
https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0201_225/gra_sgb006_p_0207.html
@JJT2604: Die Kürzung der Pension auf den Höchstsatz erfolgt nur, wenn der Anspruch auf die gesetzliche Rente aufgrund von Pflichtbeiträgen entstanden ist. Eine gesetzliche Rente, die aufgrund von freiwilligen Beitragszahlungen aufgebaut wurde, führt bei Überschreiten des Höchstsatzes nicht zur Kürzung der Pension.
@Lampensepp: Entscheidend ist, in welchem Jahr die Zahlung wirksam erfolgt und die in diesem Jahr maßgebenden sozialversicherungsrechtlichen Rechengrößen.
Bei Ihren Beispielrechnungen wurde nicht erwähnt, dass die durch die freiwillige Beitragszahlung erworbene gesetzliche Rente u. U. auf die Pension angerechnet wird. Das ist immer dann der Fall, wenn der Beamte den Höchstversorgungssatz erreicht hat. In solch einem Fall hat er lediglich den Zuschuss zur privaten KV als Gewinn, abgesehen von der steuerlichen Betrachtung.