
Handynutzung. Mobilfunkverträge in einer Endlosschleife gehören seit Dezember 2021 der Vergangenheit an. © Getty Images / Axel Bueckert
Kunden können Telefon- und Handyverträge nach der Mindestlaufzeit schneller kündigen als früher. Auch sonst haben sie mehr Rechte. Doch Kostenfallen gibt es weiterhin.
Die Novelle des Ende 2021 in Kraft getretenen Telekommunikationsgesetzes (TKG) hat Verbraucherinnen und Verbrauchern eine Reihe von Vorteilen gebracht, die sie gegenüber den Machenschaften einiger Telekommunikationsunternehmen besser schützen. Viele blieben vorher unfreiwillig in ihren Telekommunikationsverträgen gefangen, am Telefon wurden ihnen neue Verträge untergeschoben.
Keine unfreiwilligen Vertragsverlängerungen mehr
Einmal abgeschlossen, hatten sich Handyverträge vorher ohne rechtzeitige Kündigung immer wieder um ein Jahr verlängert. Wer aus seinem Vertrag raus wollte, musste gut im Auge behalten, wann er aktiv werden muss. Da die Mobilfunkkosten in den letzten Jahren ständig gesunken waren, hingen viele so in zu teuren Verträgen fest. Die automatischen Verlängerungen um ein weiteres Jahr sind nicht mehr zulässig. Kundinnen und Kunden können nach Ablauf der ersten Vertragslaufzeit monatlich kündigen.
Mobilfunkunternehmen bieten allerdings weiterhin Handyverträge an, die 24 Monaten laufen. Über den Abschluss eines solchen Vertrags lässt sich ein neues Mobilfunkgerät finanzieren. Wir erklären in unserem Special „Handy mit oder ohne Vertrag“, wann sich das lohnt.
Mehr Schutz bei Handyverträgen am Telefon
Verbraucherinnen und Verbraucher können Telekommunikationsverträge am Telefon abschließen. Dabei besteht allerdings immer das Risiko, dass sie von professionell geschultem Personal etwas aufgeschwatzt bekommen, das sie überhaupt nicht möchten. Das TKG schreibt vor, dass Kunden grundsätzlich eine schriftliche Zusammenfassung des Vertrags zugeschickt bekommen, die sie genehmigen oder ablehnen können. Ohne eine Zustimmung ist der Vertrag nicht wirksam, die Anbieter haben keine Ansprüche gegenüber ihrer Kundschaft. Auch dann nicht, wenn sie beispielsweise bereits die Übertragungsgeschwindigkeiten erhöht hatten.
Unlautere Methoden vor Gericht
Noch immer versuchen Mobilfunkunternehmen, Kundinnen und Kunden zum Vertragsabschluss zu drängen. Zum Teil wenden sie dabei unlautere Methoden an. In zwei aktuellen Gerichtsverfahren wollen die Verbraucherzentralen solche Praktiken unterbinden.
Miese Maschen
- Fall 1: Vodafone. Seit Ende 2021 müssen Telekommunikationsunternehmen ihren Kundinnen und Kunden vor Vertragsschluss eine verständliche Vertragszusammenfassung zur Verfügung zu stellen. Diese Regelung versuchte ein Vodafone-Mitarbeiter zu unterlaufen. Noch während eines Werbeanrufs schickte er einem Kunden eine E-Mail mit den Vertragsinformationen zu dem vorgestellten Internettarif. Der Mitarbeiter forderte den Mann auf, einen in der E-Mail enthaltenen Link anzuklicken. Damit wäre der Auftrag erteilt, der neue Tarif bestellt. Gegen diese Praxis klagte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Das Landgericht München erklärte, dass die Vertragszusammenfassung Verbrauchern genug Zeit geben soll, ein Angebot mit einem anderen zu vergleichen (Az. 4 HK O 11626/23, noch nicht rechtskräftig).
- Fall 2: Primacall. Kaum hatten sich Kunden bei Primacall für 24 Monate verpflichtet, kam ein Angebot: 20 Euro Prämie, wenn sie den Vertrag um weitere 24 Monate verlängern. Wer zustimmte, war fast vier Jahre an den Anbieter gebunden. Das Telekommunikationsgesetz begrenzt Erstvertragslaufzeiten aber auf 24 Monate. Die Verbraucherzentrale (Vz) Nordrhein-Westfalen hielt die Praxis von Primacall für rechtswidrig. Der im Vertrag auftauchende Begriff „anfängliche Mindestvertragslaufzeit“ müsse Vertragsverlängerungen umfassen. Die Verbraucherzentrale bekam zunächst vom Oberlandesgericht Düsseldorf und nun vom Kammergericht Berlin recht (Az. 23 UKI 1/24). Jetzt wird der Bundesgerichtshof entscheiden.
Anbieter müssen über neue Tarife informieren
Ein alter Mietvertrag wirkt sich in der Regel sehr günstig auf das monatliche Budget aus – im Bereich der Telekommunikation gilt das Gegenteil: Wer einen alten Vertrag hat, zahlt meist viel zu viel und merkt das nicht einmal. Die Telekommunikationsnovelle regelt, dass die Anbieter einmal jährlich über neue, passende Tarife informieren muss. Das darf nicht ausschließlich am Telefon passieren.
Störungen nicht mehr hinnehmen
Die Telefonleitung ist tot, der Bildschirm bleibt schwarz – auf solche Situationen sollen Anbieter schnell reagieren, denn Kunden haben einen Anspruch auf schnelle Beseitigung. Die Unternehmen sind verpflichtet, darüber zu informieren, wenn die Störung länger als einen Kalendertag andauert. Ab dem dritten Kalendertag nach Eingang der Störungsmeldung steht Kundinnen bei Ausfall ihres Telefon- und Internetanschlusses sogar eine Entschädigung von 10 Prozent zu, ab dem fünften Tag sind es 20 Prozent.
Möglichkeiten bei lahmem Internet
Hält ein Vertrag nicht, was er verspricht, gibt die Telekommunikationsnovelle Verbraucherinnen und Verbrauchern das Recht, bei schlechten Leistungen des Anbieters den Vertrag fristlos zu kündigen oder die Gebühren prozentual zu mindern. Die Bundesnetzagentur hat dafür ein Desktop-Tool zur Netzgeschwindigkeitsmessung zur Verfügung gestellt, das unter www.breitbandmessung.de heruntergeladen werden kann. Das Programm erkennt, ob eine „erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig wiederkehrende Abweichung“ von der vertraglich vereinbarten Geschwindigkeit vorliegt und erstellt ein Protokoll, mit dem der Minderungsanspruch gegenüber dem Anbieter nachgewiesen werden kann. Der Anspruch besteht, wenn mindestens einer der folgenden Mängel vorliegt:
- Pro Messtag werden nicht mindestens einmal 90 Prozent des versprochenen Maximaltempos geliefert.
- Das mitunter ausgelobte Minimaltempo wird an zwei Tagen mindestens einmal unterschritten.
- Das normalerweise zur Verfügung stehende Tempo wird bei weniger als 90 Prozent der Messungen erreicht.
Verbraucher müssen dazu insgesamt 30 Messungen an drei verschiedenen Tagen durchführen. Wichtig: Damit die Messung als Nachweis gilt, muss sie über eine LAN-Verbindung, also per Kabel, durchgeführt werden.
Fristlose Kündigung bei Vertragsänderungen
Ändert ein Telekommunikationsanbieter seine Vertragsbedingungen, können Kundinnen und Kunden ihm fristlos kündigen. Diese Regelung greift nur in Ausnahmefällen nicht – etwa dann, wenn die Änderungen ausschließlich zum Vorteil der Kunden sind oder keine negativen Auswirkungen für diese haben. Auch wenn eine Gesetzesänderung Anbieter zu den Vertragsänderungen zwingt, wäre eine fristlose Kündigung nicht mehr möglich.
Weitere Verbesserungen für Verbraucher
Auch bei Verträgen mit Fitnessstudios und Energieversorgern wurde die automatische Vertragsverlängerung um ein Jahr gekappt. Das Gesetz für faire Verbraucherverträge hält weitere verbraucherfreundlichere Regelungen vor.
Tipp: Wenn Sie sich mit Ihrem Mobilfunkanbieter wegen unzulässiger Drittanbieterabbuchungen auf Ihrer Handyrechnung streiten, geben Sie nicht nach, sondern wehren Sie sich. Das Recht ist auf Ihrer Seite.
-
- Ihre Mobilfunknummer gehört Ihnen. Wenn Sie den Anbieter wechseln, haben Sie einen Rechtsanspruch, sie mitzunehmen. Das gilt auch für Prepaid-Tarife. So gehen Sie vor.
-
- Per Abofalle und immer öfter per Anruf landen nicht bestellte Dienste auf der Handyrechnung. Wie Sie sich erfolgreich mit unseren Musterbriefen wehren.
-
- Der Mobilfunkanbieter Telefónica (O2) hätte seine Kunden 2017 automatisch von den Roaminggebühren innerhalb der EU freistellen müssen. In einem Urteil vom September...
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.
Kommentarliste
Nutzerkommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.
Nach dem Tod meiner Mutter habe ich von Ihrer Handynummer aus beim Drillisch-Service angerufen. Der Mitarbeiter hat mir einen Warenkorb erstellt, den ich über das Drillisch-Portal im Account meiner verstorbenen Mutter bestellen sollte.
Beim Durchschauen des Warenkorbs während des Telefonanrufs ist mir aufgefallen, dass ich "50% Rabatt auf den Tarifwechsel" erhalte. Ich habe gesagt, dass ich nicht machvollziehen kann, warum nach dem Tod Wechselgebühren zu zahlen seien und ich nicht bereit dazu bin, diese Gebühren zu zahlen.
Daraufhin hat der Mitarbeiter die Wechselgebühr 100% rabattiert.
Ich hoffe, dass der Vertrag damit beendet ist. Drillisch (PremiumSIM, WinSIM, etc..) stinkt bis zum Himmel
Ein Hinweis des Leserservice der Stiftung Warentest hat uns sehr geholfen: Nachdem wir die Telekom aufgefordert hatten, uns die Stelle in den AGBs zu nennen, an der die unten beschriebene Regelung beschrieben ist, setzte sich der Telekom Kundenservice mit uns in Verbindung und teilte uns mit, dass der Vertrag nun doch zu einem früheren Zeitpunkt aufgelöst werden könne und die von uns bereits bezahlten Gebühren größtenteils zurückerstattet würden.
@rapp_joachim: Wir haben Ihnen eine Email geschrieben.
Wir mieteten berufsbedingt eine Zweitwohnung, für die wir einen Festnetzanschluss benötigten. Wir schlossen mit der Telekom über unser bestehendes Konto einen zusätzlichen Vertrag mit einer Laufzeit von 24 Monaten ab. Als das Arbeitsverhältnis außerplanmäßig nach 6 Monaten endete, wollten wir den Vertrag wieder kündigen. Von der Telekom wurde uns bestätigt, dass in diesem Fall ein Sonderkündigungsrecht bestehe. Leider könne der Vertrag aber nicht beendet werden, weil er über ein bestehendes Kundenkonto gebucht worden sei. Dieses Vorgehen wurde uns von der Telekom aber explizit als "am einfachsten" empfohlen. So werden wir jetzt für 18 Monate die Gebühren für einen Anschluss bezahlen, den wir gar nicht mehr nutzen können. Hätten wir für den Vertrag ein neues Kundenkonto eröffnet, wäre die Kündigung nach Auskunft der Telekom möglich gewesen.