Verheiratete Paare können durch einen Wechsel der Steuerklasse vor der Geburt eines Kindes ganz legal das Elterngeld nach der Geburt erhöhen – oft um mehrere Tausend Euro.
Das Elterngeld um mehrere Tausend Euro erhöhen
Werdende Eltern können die Höhe des Elterngeldes selbst beeinflussen. Sind die Partner verheiratet, können sie mehrere Steuerklassen wählen. Die Steuerklasse beeinflussen das vom Arbeitgeber ausgezahlte Nettogehalt. Und da sich das Elterngeld nach der Geburt am Nettogehalt vor der Geburt orientiert, gilt: Derjenige Elternteil, der nach der Geburt zu Hause bleibt und Elterngeld beziehen wird, sollte in eine für ihn günstige Steuerklasse wechseln. Die Mühe lohnt sich. Eine günstige Steuerklasse kann das Elterngeld um mehrere hundert Euro pro Monat erhöhen.
Tipp: Im folgenden finden Sie Sparbeispiele. Wenn Sie direkt loslegen wollen, lesen Sie weiter im Unterartikel So gehen werdende Eltern vor. Noch mehr geldwerte Steuertipps finden Sie im Finanztest Spezial Steuern.
Video: Elterngeld und Elterngeld Plus
Fast 5 000 Euro mehr Elterngeld im Beispielfall
Ein Beispiel: Eine 40-jährige Arbeitnehmerin verdient 3 000 Euro brutto monatlich. Ist sie in der für sie ungünstigen Steuerklasse V bekommt sie monatlich rund 1 477 Euro Gehalt ausgezahlt. Auf Basis dieses Nettogehalt errechnet die Elterngeldstelle nach der Geburt ihres Kindes ein Elterngeld in Höhe von monatlich 906 Euro. Ist sie im Jahr vor der Geburt hingegen in der Steuerklasse III, beträgt das Nettoeinkommen 2 105 Euro und das spätere Elterngeld beträgt dann 1 314 Euro monatlich. Bezieht die junge Mutter für den maximal möglichen Zeitraum von zwölf Monaten Elterngeld, bekommt sie in der günstigeren Variante rund 4 900 Euro mehr als in der ungünstigeren Variante.
Diese Steuerklassen können Ehepaare wählen
Verheiratete Paare können folgende Varianten wählen:
- Beide Partner können die Steuerklasse IV nehmen.
- Einer der Partner wählt die III und der andere die V.
- Und seit 2010 können beide Partner auch die sogenannte Klasse „IV mit Faktor“ wählen.
Unabhängig von Geburt und Elterngeld gilt die Faustregel: Verdienen die Ehepartner unterschiedlich viel, sollte derjenige die Steuerklasse III wählen, der mindestens 60 Prozent des gemeinsamen Bruttolohns verdient. So bekommt das Ehepaar möglichst viel Netto vom Bruttogehalt. Da in viele Ehen immer noch der Mann erheblich mehr verdient als die Ehefrau, sind die Ehemänner üblicherweise in der Steuerklasse III und die Frauen in der Steuerklasse V.
Wechsel der Steuerklasse wegen anstehender Geburt
Die für die Haushaltskasse vieler Paare beste Steuerklassen-Kombination „Ehemann III/Ehefrau V“ kann ungünstig sein, wenn das Ehepaar ein Kind erwartet. Da häufig die Ehefrau nach der Geburt in Elternzeit geht und Elterngeld für die zwölf Monate nach der Geburt beantragt, sollte sie vor der Geburt in die Steuerklasse III wechseln, um später möglichst viel Elterngeld zu bekommen. Das gilt jedenfalls dann, wenn sie berufstätig ist und mehr als das Mindestelterngeld in Höhe von 300 Euro zu erwarten hat.
Wechselt die Frau vor der Geburt des Kindes in die Steuerklasse III, obwohl sie erheblich weniger als ihr Mann verdient, hat das Paar zwar in der vorgeburtlichen Zeit weniger Netto zum Leben. Aber dieser steuerliche Nachteil wird mit der Steuererklärung wieder ausgeglichen. Das wiederum ist beim Elterngeld nicht möglich. Bleibt die Ehefrau in der Steuerklasse V, bekommt sie weniger Elterngeld und kann dieses Minus nicht wieder zurückholen.
Tipp: Ihre aktuellen Steuerklassen finden Sie auf den monatlichen Gehaltsbescheinigungen des Arbeitgebers. Einen Wechsel der Steuerklasse können Sie zusammen mit Ihrem Ehepartner beim Finanzamt an Ihrem Wohnort beantragen. Und keine Angst: Den Steuervorteil, den Sie durch eine andere Steuerklassen-Kombination verlieren, bekommen Sie mit der Steuererklärung später zurück.
Bundessozialgericht erlaubt Steuerklassen-Trick
Das Bundessozialgericht hat bereits im Jahr 2009 einen Steuerklassenwechsel zum Zwecke der Elterngelderhöhung erlaubt (Bundessozialgericht zum Elterngeld: Freie Steuerklassenwahl). Seit Anfang 2013 gilt jedoch das „Gesetz zur Vereinfachung des Elterngeldvollzuges“. Diese Gesetzesänderung hat Ehepaaren den legalen Steuerklassen-Trick erheblich erschwert. Er ist zwar immer noch möglich. Paare, die erst mit Bekanntwerden der Schwangerschaft die Steuerklassen wechseln wollen, müssen aber nun sehr schnell sein, wenn sie vom Steuertrick profitieren wollen. test.de erklärt, wie das gelingt.
Tipp: Noch mehr geldwerte Steuertipps finden Sie im Finanztest Spezial Steuern.
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So gehen werdende Eltern vor
Oft sind es die Mütter, die für längere Zeit Elterngeld beantragen. Sind sie vor der Geburt in der für das Elterngeld ungünstigen Steuerklasse 5, sollten sie nach Bekanntwerden der Schwangerschaft möglichst schnell in die Steuerklasse 3 wechseln. Doch auch Frauen, die mit dem Wechsel spät dran sind, können ihre finanzielle Situation noch verbessern. test.de erläutert die legalen Tricks zum Elterngeld-Antrag.
Steuerklasse vor der Geburt beeinflusst Elterngeld erheblich
Eine günstige Steuerklasse vor der Geburt (Steuerklasse 3) erhöht das Nettogehalt und damit auch das Elterngeld nach der Geburt. Soweit der Grundsatz. Um aber nach der Geburt wirklich optimales Elterngeld nach Steuerklasse 3 zu erhalten, ist es wichtig zu wissen, wie die Elterngeldstelle früher gerechnet hat und heute rechnet.
Frühere Rechnung. Früher ging die Elterngeldbehörde (vereinfacht dargestellt) so vor: aus den zwölf ausgezahlten Nettogehältern vor der Geburt errechnete die Behörde den Durchschnittslohn und zahlte davon 67 Prozent als Elterngeld.
Beispiel: Zwei Steuerklassen. War eine Mutter in dem Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt (im Jura-Deutsch: „Bemessungszeitraum“) die ersten zehn Monate in Steuerklasse 5 und die letzten beiden Monate in Steuerklasse 3, flossen einfach zehn Nettogehälter nach Steuerklasse 5 und zwei Nettogehälter nach Steuerklasse 3 in die Durchschnittsberechnung mit ein.
Seit 2013 rechnen die Elterngeldstellen so aber nicht mehr. Nun errechnet die Behörde das Elterngeld nur noch mit einer einzigen Steuerklasse, auch dann wenn die Person tatsächlich während des Bemessungszeitraum die Steuerklasse mehrmals gewechselt hat. Jetzt gilt der Grundsatz: Die im Bemessungszeitraum „überwiegende“ Steuerklasse wird zur Berechnung des vorgeburtlichen Durchschnitts-Nettogehalts herangezogen.
Im oben genannten Beispiel ist es einfach, zu bestimmen, welche Steuerklasse überwiegt: Zehn Monate in Steuerklasse 5 stehen nur zwei Monate in Steuerklasse 2 gegenüber. Die Folge: Die Elterngeldstelle nimmt die „überwiegende“ Steuerklasse 5 des Antragstellers, errechnet damit für alle zwölf Monate des Bemessungszeitraums (nicht nur für zehn Monate!) das durchschnittliche Nettogehalt und zahlt davon 65 Prozent als Elterngeld aus.
Sonderfall: Drei Steuerklassen. Manchmal sind werdende Mütter oder Väter vor der Geburt (etwa wegen einer Hochzeit) sogar in drei Steuerklassen. Beispiel: Eine Frau ist erst vier Monate lang in Steuerklasse 1, dann heiratet sie und ist für fünf Monate in Steuerklasse 4, schließlich wechselt sie für die letzten drei Monate vor Beginn des Mutterschutzes in Steuerklasse 3. Ergebnis: Die Elterngeldstelle zahlt Elterngeld auf Basis der „überwiegenden“ Steuerklasse 4 aus.
Sonderfall: Gleichstand. Was gilt nun aber, wenn jemand Elterngeld beantragt und im Bemessungszeitraum genau sechs Monate in Steuerklasse 5 und sechs Monate in Steuerklasse 3 war? Dann ist die Steuerklasse maßgeblich, die im letzten Monat des Bemessungszeitraums auf der Lohnbescheinigung stand (sozusagen die „jüngste“ Steuerklasse). Das ergibt sich Paragraf 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG).
Wechselantrag sieben Monate vor Beginn des Mutterschutz
Für Arbeitnehmerinnen gilt die Grundregel: Der Antrag auf den Wechsel in die Steuerklasse 3 muss spätestens sieben Monate vor dem Monat gestellt werden, in dem der Mutterschutz beginnt. Diese Regel ist die logische Folge aus Paragraf 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz. Dort heißt es, dass die Steuerklasse für die Elterngeldberechnung maßgeblich ist, die im letzten Monat des Bemessungszeitraums auf der Gehaltsbescheinigung stand.
Bemessungszeitraum ist bei Arbeitnehmerinnen der Zwölfmonatszeitraum vor dem ersten Mutterschutzmonat. Stand vor dem Mutterschutz die Steuerklasse 3 auf dem Lohnzettel der Arbeitnehmerin, ist diese also grundsätzlich für die Elterngeldberechnung maßgeblich. Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Elternteil im Bemessungszeitraum in mehreren Steuerklassen war und eine andere als die aktuelle Steuerklasse im Bemessungszeitraum überwog, also öfter auf den Lohnzetteln stand.
Steuerklasse wechseln – Beispiel 1
Erwartet eine Schwangere für den 20. Dezember 2021 ihr Baby, beginnt ihr sechswöchiger Mutterschutz am 9. November 2021. Spätestens ab Mai 2021 muss sie in der Steuerklasse 3 sein, um beim Elterngeld von dieser Steuerklasse profitieren zu können. Da ein Antrag auf einen Steuerklassenwechsel immer erst im darauffolgenden Monat wirkt, muss die Frau den Wechsel beim Finanzamt schon im April stellen, damit die Elterngeldstelle ihn noch berücksichtigt.
Schafft sie den Wechsel rechtzeitig, ist sie tatsächlich zwar nur in den sechs Monaten vor Beginn des Mutterschutzes in der Steuerklasse 3 – von Mai bis zum Oktober (letzter Monat mit vollem Gehalt). Das reicht aber. Die Elterngeldstelle behandelt die Frau dann so, als sei sie während der relevanten zwölf Monate vor der Geburt („Bemessungszeitraum“) in der Steuerklasse 3 gewesen. Auf Basis dieses fiktiven Nettogehalts errechnet die Behörde dann das Elterngeld.
Zwar war die Schwangere in den ersten sechs Monaten ihres Bemessungszeitraums in Steuerklasse 5. Sechs Monate in Steuerklasse 5 stehen also sechs Monate in Steuerklasse 3 gegenüber. Fürs Elterngeld maßgeblich ist in einem solchen Fall des „Gleichstands“ aber die aktuelle Steuerklasse, im Beispiel 1 also Steuerklasse 3. Steuerklasse 5 wäre nur dann maßgeblich, wenn diese Steuerklasse im Bemessungszeitraum der Schwangeren überwog, also auf mindestens sieben Monatslohnzetteln gestanden hätte.
Tipp: Nach der Geburt können die Eltern sofort wieder in die für sie unter normalen Umständen günstigste Steuerklassenkombinationen zurückkehren. Diese Änderung hat weder positive noch negative Auswirkungen auf das ausgezahlte Elterngeld.
Trick bei zu spätem Steuerklassenwechsel: Mutterschutz verschieben
Manchmal gelingt der Steuerklassenwechsel nicht schnell genug. Oft wird eine Frau vor Beginn des Mutterschutzes nur auf fünf volle Gehälter nach Steuerklasse III kommen. Das reicht in vielen Fällen nicht.
Steuerklasse wechseln – Beispiel 2
Eine Arbeitnehmerin erwartet am 4. Dezember 2021 ihr Kind. Der Mutterschutz beginnt am 24. Oktober 2021. Den Steuerklassenwechsel müsste sie spätestens im Monat März gestellt haben, damit auf sechs volle Gehälter in Steuerklasse 3 kommt (April 2021 bis September 2021). Das kann aber eigentlich kaum klappen, denn der rechnerische Befruchtungstermin war der 16. März 2021. Wahrscheinlicher ist, dass ihre Schwangerschaft im April 2021 ärztlich festgestellt wird. Wenn Sie im April 2021 noch schnell zum Finanzamt geht, hat sie die Steuerklasse ab Mai 2021 auf dem Lohnzettel.
Wie gesagt – das ist eigentlich zu spät. Doch es hilft folgender Trick: Nach Paragraf 3 Absatz 1 des Mutterschutzgesetzes dürfen werdende Mütter freiwillig ganz oder teilweise auf die sechs Wochen Mutterschutz vor der Geburt verzichten. Das haben Frauen auch in der Vergangenheit schon gemacht, etwa wenn sie vor der Geburt noch ein wichtiges Projekt im Job zu Ende bringen wollten. Gegenüber dem Arbeitgeber müssen sie dafür vor Beginn des Mutterschutzes schriftlich erklären, auf wie viele Tage Mutterschutz sie verzichten wollen.
Wenn die Arbeitnehmerin aus Beispiel 2 nun vom 24. Oktober 2021 bis mindestens einschließlich dem 31. Oktober 2021 weiterarbeitet und insoweit auf ihren vorgeburtlichen Mutterschutz verzichtet, wird der Monat Oktober 2021 Teil des für ihre Elterngeldberechnung relevanten zwölfmonatigen Lohnzeitraums (Bemessungszeitraum November 2020 bis Oktober 2021).
Damit erreicht sie, dass sie in den sechs Kalendermonaten vor Beginn ihres Mutterschutzes in Steuerklasse 3 ist (Juni 2021 bis November 2021). Das ist das Minimum, um ein Elterngeld auf Basis von Steuerklasse 3 zu erreichen. Die Steuerklasse 3 wird dann von der Elterngeldstelle für die Elterngeldberechnung herangezogen, da im gesamten zwölfmonatigen Bemessungszeitraum keine andere Steuerklasse überwiegt (§ 2c Absatz 3 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz).
Wichtig: Verzichtet die Frau in Beispiel 2 nicht auf den Mutterschutz vom 24. bis zum 31. Oktober, wird der ganze Monat Oktober 2021 bei der Elterngeldberechnung „ausgeklammert“ (§ 2b Absatz 1 Nummer 2 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz). Das heißt: auch das Oktober-Teilgehalt (nach Steuerklasse 3) bis zum 23. Oktober wird nicht für die Elterngeldberechnung herangezogen. Erhält eine Arbeitnehmerin nur einen Tag Mutterschaftsgeld in einem Monat, fliegt dieser Monat aus dem Bemessungszeitraum raus.
Alternative zum Weiterarbeiten: Resturlaub nehmen
Natürlich wird nicht jede Frau so nahe an Geburtstermin noch arbeiten wollen. Manchmal ist das allein aus gesundheitlichen Gründen schon nicht zu empfehlen. Eine Frau, die noch Resturlaub hat, kann statt der Weiterarbeit für die betroffenen Tage auch Urlaub nehmen. Rechtlich muss sie gegenüber dem Arbeitgeber trotzdem auf Tage ihres Mutterschutzes verzichten. Aber immerhin muss sie dann nicht mehr an die Arbeitsstelle.
Steuerklasse wechseln – Beispiel 3
Die Frau aus Beispiel 2 erklärt gegenüber ihrem Arbeitgeber, dass sie vom 24. Oktober 2021 bis einschließlich 31. Oktober 2021 auf Mutterschutz verzichtet. Gleichzeitig nimmt sie für diesen Zeitraum Urlaub. Eine Vollzeitkraft kostet das sechs Urlaubtage. Rechtlich hat das den gleichen Effekt wie die Weiterarbeit nach Beispiel 2: Der zwölfmonatige Bemessungszeitraum fürs Elterngeld verschiebt sich um einen Monat, der Monat Oktober 2021 wird dadurch Teil des Bemessungszeitraums. Damit hat die Frau das Minimum von sechs Kalendermonaten nach Steuerklasse 3 vor Beginn des Mutterschutzes erreicht und bekommt das erhöhte Elterngeld.
Tipp: Bevor eine werdende Mutter diesen Weg geht, muss natürlich jedes Paar für sich durchrechnen, ob das Minus durch die verlorenen Urlaubstage durch das Plus beim Elterngeld übertroffen wird. Wenn es nur um ein paar Tage Mutterschutz geht, wird sich der Trick „Verzicht auf Mutterschutz plus Urlaub“ aber oft lohnen.
Wichtig: Damit dieser Trick am Ende auch Erfolg hat, sollten Betroffene ihrem Arbeitgeber das Motiv ihres Vorgehens erläutern. Denn auf den ersten Blick klingt es ja absurd, auf Mutterschutz zu verzichten und für den betroffenen Zeitraum dann gleich Urlaub zu beantragen. Kennt der Arbeitgeber die Beweggründe der werdenden Mutter, wird er in der Regel nichts dagegen haben. Immerhin „spart“ er ja Urlaubstage.
Damit der Arbeitgeber frühzeitig planen kann, sollten Arbeitnehmerinnen Verzichtserklärung und Urlaubsantrag nicht erst kurz vor knapp abgeben. Auch die Krankenkasse sollte rechtzeitig informiert werden. Von Lesern haben wir die Rückmeldung bekommen, dass der Trick „Verzicht auf Mutterschutz plus Urlaub“ geklappt hat, sie also auf diesem Weg die günstige Steuerklasse 3 als Basis für ihr Elterngeld erreicht haben.
Sonderfall: Hochzeit im Bemessungszeitraum
test.de erreichen regelmäßig Leserzuschriften, ob man nicht auch noch nachträglich für bereits vergangene Monate die Steuerklasse verändern kann. Nein, das geht nicht. Mit einer Ausnahme: Wer im Bemessungszeitraum geheiratet hat, kann anlässlich der Heirat einen Steuerklassenwechsel beantragen und darin eine Rückwirkung „ab dem Monat der Heirat“ beantragen. Im aktuellen Formular zum Steuerklassenwechsel muss dafür die Nummer 20 angekreuzt werden. Dazu folgendes Beispiel:
Steuerklasse wechseln – Beispiel 4
Eine Arbeitnehmerin hat im Februar 2021 geheiratet. Für den 10. Oktober 2021 erwartet sie ein Kind. Am 29. August 2021 beginnt ihr Mutterschutz. Sie muss wenigstens von Februar 2021 bis Juli 2021 in Steuerklasse 3 gewesen sein, um auch Elterngeld auf Basis von der günstigen Steuerklasse 3 zu bekommen. Sie erfährt von der Möglichkeit, das Elterngeld durch einen geschickten Steuerklassenwechsel zu optimieren, aber erst im April 2021. Sofort stellt sie einen Antrag auf Wechsel in Steuerklasse 3. Normalerweise würde dieser Antrag dann ab Mai 2021 Wirkung zeigen. Damit käme sie nur auf drei Monate in Steuerklasse 3 – zu wenig.
Beantragt sie mit dem Wechsel in Klasse 3 beim Finanzamt aber eine Rückwirkung ab dem Monat der Heirat, kommt sie insgesamt auf sechs Monate in Steuerklasse 3 (Februar 2021 bis Juli 2021). Zwar hat die Arbeitnehmerin für die Monate Februar 2021 bis April 2021 zunächst Gehalt und Lohnzettel auf Basis von Steuerklasse 4 bekommen (mit der Heirat ist die Frau automatisch von Steuerklasse 1 in Steuerklasse 4 gewandert), aber mit ihrem Antrag auf den (rückwirkenden) Steuerklassenwechsel muss der Arbeitgeber den Nettolohn dieser Monate neu berechnen und auch neue Lohnzettel aushändigen, auf denen die Steuerklasse 3 steht. Nur diese Gehaltsbescheinigungen muss die Arbeitnehmerin später auch beim Elterngeldantrag einreichen.
Sonderfall: Geringere Einkünfte in der Corona-Pandemie
Wird ein Kind zwischen 1. April 2020 und 31. Dezember 2021 geboren und hatten die Eltern zwischen 1. März 2020 und 31. Dezember 2021 coronabedingt geringere Einkünfte? Dann können Betroffene beantragen, die Monate mit weniger hohem Einkommen aus dem Bemessungszeitraum zu streichen. Dann klammert die Elterngeldstelle diese für die Ermittlung des maßgeblichen Einkommens aus. Neben Kurzarbeit, Freistellungen und Entlassungen zählen auch mittelbare Verschlechterungen der Einkommenssituation, etwa durch die Reduzierung der Arbeitszeit, um Kinder zu betreuen.
Beispiel. Luca wird im April 2021 geboren. Seine Mutter war wegen der Corona-Krise in Kurzarbeit und hatte im März 2021 weniger Einkommen. Auf Antrag kann sie nun den maßgebenden Zeitraum für die Berechnung ihres Elterngeldes (April 2020 bis März 2021) auf März 2020 bis Februar 2021 verschieben.
Regeln für Beamtinnen, Soldatinnen und Väter
Da Beamtinnen und Soldatinnen kein Mutterschaftsgeld bekommen, sondern bis zur Geburt volle Bezüge erhalten, gelten für sie andere Regeln. Bei ihnen muss der Antrag auf Wechsel in die Steuerklasse 3 sieben Kalendermonate vor dem tatsächlichen Geburtsmonat gestellt werden. Beamtinnen und Soldatinnen haben somit nach Bekanntwerden der Schwangerschaft in der Regel mehr Zeit für den Antrag.
Steuerklasse wechseln – Beispiel 5
Die Frau aus Beispiel 2 ist keine Arbeitnehmerin, sondern Beamtin. Das Kind kommt wie prognostiziert am 4. Dezember 2021 zur Welt. Es reicht, wenn sie den Steuerklassenwechsel im Mai 2021 beantragt. Auf Mutterschutz muss sie dafür nicht verzichten, denn anders als Arbeitnehmerinnen bekommen Beamtinnen bis zur Geburt normales Gehalt. Alle zwölf Monate bis zur Geburt, mit Ausnahme des Geburtsmonats selbst, sind Teil des Bemessungszeitraums. Ratsam ist es für die Beamtin aber dennoch, den Antrag bereits im April zu stellen. Denn kommt das Kind zu früh zur Welt, etwa schon im November 2021, müsste der Antrag auf Steuerklassenwechsel beim Finanzamt im April 2021 gestellt worden sein.
Wenn Vater und Mutter zusammen Elterngeld beantragen
In der Praxis sind es in der Regel die Mütter, die für zwölf Monate Elterngeld beantragen. Die Väter nehmen oftmals nur die zwei sogenannten Partnermonate (So beantragen Sie Elterngeld). In dieser „klassischen“ Situation fährt das Ehepaar meist am besten, wenn die Frau in die Steuerklasse 3 wechselt und der Ehemann in der Steuerklasse 5 geht. Aber: Sollte der Ehemann die überwiegende Zahl der insgesamt 14 Elterngeldmonate Elterngeld beantragen, ist es genau andersherum. Da Männer nicht in Mutterschutz gehen, gilt für sie die Antragsfrist wie bei den Beamtinnen und Soldatinnen.
Tipp: Teilt sich ein Paar die Elterngeldmonate zu gleichen Teilen auf, sollte es vor einem Steuerklassenwechsel genau nachrechnen, welche Steuerklassen-Kombination vor der Geburt am meisten Elterngeld bringt. Ein Nettolohnrechner und der Elterngeldrechner des Familienministeriums sind dabei eine gute Hilfe.
Sonderfall: Selbstständige und Angestellte mit Nebenjob
Wechseln verheiratete Selbstständige erst mit Bekanntwerden der Schwangerschaft die Steuerklasse, hat das für sie keine positiven Auswirkungen auf die Elterngeldhöhe. Denn bei ihnen zählt nicht das Einkommen aus dem Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt als Grundlage für die Elterngeldberechnung, sondern in der Regel das Einkommen (sprich: der Gewinn) aus dem letzten abgeschlossenen Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr.
Beispiel: Bringt eine Selbstständige ihr Kind im Dezember 2021 zur Welt, zählt der Gewinn des Kalenderjahres 2020 als Berechnungsgrundlage. Ein Steuerklassenwechsel im Frühjahr 2021 bringt dieser Frau folglich gar nichts mehr, denn er wirkt sich nicht rückwirkend auf das Jahr 2020 aus (mehr zum Thema Elterngeld für Selbstständige in unserem Special Elterngeld: Anspruch, Dauer, Höhe, Berechnung).
Mischeinkünfte. Angestellte, die nebenher selbstständig arbeiten (und damit sogenannte „Mischeinkünfte“ haben), werden hier wie Selbstständige behandelt. Das heißt: Auch bei ihnen zählt fürs Elterngeld in der Regel das Einkommen aus dem Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr und nicht der Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt. Das gilt, wenn sie wenigstens einen Euro Gewinn mit diesem Nebenjob entweder im Zwölfmonatszeitraum vor der Geburt oder im Kalenderjahr vor dem Geburtsjahr gemacht haben. Auch diese Eltern erreichen daher mit einem Steuerklassenwechsel ab Schwangerschaft kein Elterngeld-Vorteil mehr.
Gut für Helfer im Verein: Eine Übungsleiterpauschale zählt nicht als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit. Das Elterngeld einer Angestellten, die in ihrer Freizeit im Sportverein als Übungsleiterin hilft, wird also (nur) auf Basis ihres Angestelltengehalts im Zwölfmonatszeitraum vor ihrem Mutterschutz errechnet. Mit einem schnellen Steuerklassenwechsel ab Schwangerschaft kann sie ihr Elterngeld optimieren.
Tipp: Noch mehr geldwerte Steuertipps finden Sie im Finanztest Spezial Steuern.
Alternative: Elterngeld Plus
Zwei Varianten Elterngeld
- Basiselterngeld. Die bisher bekannte Variante gibt Paaren bis zu 14 Monate lang 65 Prozent des Durchschnittseinkommens als Elterngeld. Diese Variante existiert weiter und heißt nun Basiselterngeld.
- Elterngeld Plus. Wählen Eltern diese Option, können sie jeden Monat Basiselterngeld in zwei Monate Elterngeld Plus umwandeln. Das Elterngeld Plus bedeutet also eine Verlängerung des Auszahlungszeitraums. Entscheidet sich ein Paar, alle ihm zustehenden 14 Monate Basiselterngeld umzuwandeln, erhält es also für 28 Monate Elterngeld Plus. Wie hoch das monatlich ausgezahlte Elterngeld Plus ausfällt, hängt davon ab, ob die Eltern während der Elternzeit Teilzeit arbeiten und wie viel sie verdienen.
Elterngeld Plus – die Details
Eltern, die in den Monaten nach der Geburt ganz im Job pausieren. Macht eine Mutter oder ein Vater nach der Geburt eine Jobpause und wählt das Paar das neue Elterngeld Plus, verdoppelt sich der Auszahlungszeitraum. Als Elterngeld Plus bekommen sie jeden Monat einen halben Basiselterngeld-Betrag ausgezahlt. Diese Eltern haben durch die Reform keinen finanziellen Vorteil.
Beispiel: Eine junge Mutter beantragt nach der Geburt ihres Kindes bei ihrem Arbeitgeber eine dreijährige Pause im Job. Sie hat Anspruch auf zwölf Monate 1 560 Euro Basiselterngeld. Sie könnte aber auch das neue Elterngeld Plus beantragen und 24 Monate lang 780 Euro erhalten. Auch ein Mix von Basiselterngeld und Elterngeld Plus ist möglich. Die Frau könnte zum Beispiel sechs Monate Basiselterngeld in Höhe von 1 560 Euro beziehen und anschließend zwölf Monate 780 Euro Elterngeld Plus.
Eltern, die nach der Geburt ihres Kindes früh wieder Teilzeit arbeiten. Eltern, die nach der Geburt nicht ganz pausieren, sondern auf Teilzeit gehen, erhalten als Elterngeld Plus nicht nur die Hälfte des Basiselterngeldes, sondern in vielen Fällen mehr. Sogar eine Verdopplung der staatlichen Unterstützung ist möglich.
Beispiel: Ein junger Vater reduziert mit der Geburt seines Kindes seine Arbeitszeit auf 25 Wochenstunden. Er überlegt, ob er bei der Elterngeldstelle zwei Monate Basiselterngeld oder vier Monate Elterngeld Plus beantragt. Finanziell attraktiver ist das Elterngeld Plus: Angenommen der Vater verdient in der Teilzeitphase 1 625 Euro netto monatlich: Dann könnte er zwei Monate jeweils 633,75 Euro Basiselterngeld bekommen. Oder vier Monate 633,75 Euro Elterngeld Plus. Wählt der Vater das Elterngeld Plus, verdoppelt er also die Gesamtsumme seiner Unterstützung.
Für Berufstätige: Vier Monate Partnerschaftsbonus zusätzlich
Neu ist auch der „Partnerschaftsbonus“: Paare, die sich in vier aufeinanderfolgenden Lebensmonaten ihres Kindes die Babybetreuung teilen und zusammen Teilzeit arbeiten, erhalten zusätzlich vier Monate Elterngeld Plus. Es gelten allerdings strenge Vorgaben für die Arbeitszeit in der Teilzeitphase. Den Partnerschaftsbonus erhält ein Paar nur, wenn die beiden Beteiligten in den vier Lebensmonaten des Kindes in ihren Jobs nicht weniger als 25 und nicht mehr als 30 Stunden pro Woche arbeiten. Dieser Zeitkorridor ist streng einzuhalten. Arbeitet nur ein Partner zu viel oder zu wenig, müssen beide den an sie ausgezahlten Bonus zurückzahlen. Ebenfalls neu: Eltern können zwei von ihren drei Jahren Elternzeit auf die Phase nach dem dritten Geburtstag des Kindes verschieben.
Tipp: Weitere Rechenbeispiele und Tipps zum recht komplizierten Elterngeld Plus und zum Antrag auf Elternzeit beim Arbeitgeber finden Sie im Artikel Ein Gewinn für Eltern. Hilfreich ist auch das Internetangebot des Bundesfamilienministeriums unter www.elterngeld-plus.de.
Dieses Special wird regelmäßig aktualisierte. Jüngstes Update: 16. April 2021.
Ja, ich möchte Informationen zu aktuellen Tests und Verbrauchertipps sowie interessante, unverbindliche Angebote der Stiftung Warentest (zu Heften, Büchern, Abonnements von Zeitschriften und digitalen Inhalten) per E-Mail erhalten. Mein Einverständnis hierzu kann ich jederzeit widerrufen. Informationen zum Datenschutz finden Sie hier.
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