Ein-Eltern-Familien erhalten doppelt so viel Entlastung wie früher. Das mildert meist nur einen Teil ihrer finanziellen Last.
Doppelt so hohe Entlastung mitnehmen
Mütter und Väter, die ihre Kinder allein großziehen, haben oft hohe finanzielle Belastungen. Dabei leisten sie ungeheuer viel. Neben dem Job kümmern sie sich um den Nachwuchs und schmeißen den Haushalt. Sie wuppen allein, was sich Elternpaare aufteilen können.
Steuerlich honoriert lediglich der sogenannte Entlastungsbetrag ihre besondere Lebenssituation. Zwar ist dieser seit 2020 mehr als doppelt so hoch, dennoch sparen Ein-Eltern-Familien meist weniger Steuern als kinderlose Ehepaare mit Splittingtarif. Der bleibt Alleinerziehenden weiter verwehrt (Bundesverfassungsgericht, Az. 2 BvR 221/17). Eine letzte Hoffnung in diesem Streit bleibt: Beim Bundesfinanzhof (BFH) in München sind noch zwei Verfahren zum Splittingtarif für Single-Eltern anhängig (Az. VIII R 32/20 und III R 50/17).
Das Wichtigste in Kürze
Wechseln. Haben Sie sich kürzlich von Ihrem Partner getrennt, erwarten ein Kind oder wohnen nun mit Ihrem Nachwuchs allein? Beantragen Sie beim Finanzamt möglichst frühzeitig Steuerklasse II. Siehe: test.de/steuerklasse-II-beantragen
Abgeben. Haben Sie als alleinerziehender Elternteil den Entlastungsbetrag nicht über Steuerklasse II beim Lohnabzug ausgeschöpft, holen Sie sich den Steuerbonus über Ihre Steuererklärung.
Abrechnen. Machen Sie Betreuungskosten etwa für Kita oder Hort in Ihrer Steuererklärung geltend. Das Finanzamt akzeptiert zwei Drittel als Sonderausgaben – maximal 4 000 Euro pro Kind und Jahr.
So gibt es den Steuerrabatt
Für das erste Kind gibt es pro Jahr 4 008 Euro Steuernachlass, für jedes weitere Kind zusätzlich 240 Euro. Vorausgesetzt, Mutter oder Vater leben allein mit ihren Kindern in einem Haushalt und bekommen für sie Kindergeld.
Ist der Nachwuchs bei der alleinstehenden Mutter oder dem alleinlebenden Vater gemeldet, lebt er für das Finanzamt unstrittig mit im Haushalt – selbst, wenn das volljährige Kind in einer eigenen Wohnung lebt (BFH, Az. III R 9/13).
Ist das Kind bei beiden Eltern gemeldet, erhält grundsätzlich derjenige den Entlastungsbetrag, an den das Kindergeld fließt. Teilen Eltern sich die Erziehung – etwa im Wechselmodell –, können Sie gemeinschaftlich in ihren jeweiligen Steuererklärungen bestimmen, wer den Entlastungsbetrag erhält. Das Finanzamt berechnet die Entlastung übrigens genau: Für jeden Monat, in dem die Bedingungen nicht erfüllt sind, sinkt der Betrag um jeweils 1/12.
Tipp: Lösen Sie den Vorteil spätestens über Ihre Steuererklärung ein. Im Hauptvordruck und der Anlage Kind machen Sie Angaben zu Trennung oder Scheidung und zu den Kindern, mit denen Sie allein zusammenleben.
Gleich mehr Netto sichern
Alleinerziehende Berufstätige nehmen die Steuerentlastung schon übers Jahr verteilt mit, wenn sie in Steuerklasse II wechseln (siehe Unser Rat). So brauchen sie nicht auf die Abrechnung mit dem Finanzamt zu warten. Der Entlastungsbetrag macht sich dann bereits bei der monatlichen Gehaltsabrechnung bemerkbar: Pro Monat bleiben 334 Euro des Bruttolohns steuerfrei (1/12 von 4 008 Euro). Für jedes weitere Kind kommen monatlich 20 Euro hinzu (1/12 von 240 Euro).
Tipp: Beantragen Sie den Wechsel in Steuerklasse II bei Ihrem Finanzamt. Wie das geht, haben wir für Sie zusammengefasst unter: test.de/steuerklasse-II-beantragen
Steuervorteil nicht verlieren
Den Steuerbonus streicht das Finanzamt, sobald ein anderer Erwachsener dauerhaft einzieht (BMF-Schreiben vom 23. November 2022, Alleinerziehende). Er steht Single-Eltern aber in Ausnahmefällen weiter zu, etwa wenn die erwachsene Person in ihrem Haushalt
ihr volljähriges Kind ist, für das sie noch Kindergeld bekommen, oder
sich weder finanziell noch tatsächlich an der Haushaltsführung beteiligt oder
pflegebedürftig ist (Pflegegrad 1 bis 5) oder
unter dem Grundfreibetrag von 10 347 Euro (ab 2023: 10 908 Euro) verdient und höchstens Vermögen in Höhe von 15 500 Euro besitzt.
Ist ein Elternteil nach dem Tod des Ehepartners mit den Kindern allein, erhält er ebenfalls den Entlastungsbetrag. Zusätzlich kann er in Steuerklasse III bleiben oder hineinwechseln. Dann profitiert er oder sie im Todesjahr der Partnerin oder des Partners und im Jahr danach noch vom Splittingtarif.
Tipp: Lassen Sie sich den Freibetrag in Ihre Lohnsteuerdaten eintragen oder beantragen ihn mit der Steuererklärung.
Entlastung sogar im Hochzeitsjahr
Wer heiratet, bekommt den Entlastungsbetrag immerhin anteilig für die Monate vor Hochzeit und Zusammenleben. Das hat der Bundesfinanzhof vor Kurzem für ein Paar entschieden, das erst im Dezember geheiratet und eine gemeinsame Wohnung bezogen hat (BFH, Az. III R 57/20). Für die vorhergehenden Monate forderten die bis dahin Alleinerziehenden den Entlastungsbetrag, zusätzlich zum Splittingtarif – mit Erfolg.
Analog steht auch Ehepartnern der Entlastungsbetrag zeitanteilig zu für die Monate, in denen sie getrennt leben, sofern sie im Trennungsjahr auf eine Zusammenveranlagung verzichten (BFH, Az. III R 17/20).
Halbe-halbe für jeden
Neben dem Entlastungsbetrag erhalten Alleinerziehende – wie alle Familien – das Kindergeld oder die Kinderfreibeträge. Das Finanzamt prüft automatisch, womit sie mehr Steuern sparen.
Alleinerziehende erhalten 2022 für jedes Kind zumindest den halben Betreuungsfreibetrag von 1 464 Euro und den halben Kinderfreibetrag von 2 810 Euro (ab 2023: 3 012 Euro). Die anderen Hälften können sie auf sich übertragen lassen, in der Anlage Kind der Steuererklärung.
Der volle Kinderfreibetrag ist drin, wenn der andere Elternteil seine Unterhaltspflicht zu weniger als 75 Prozent erfüllt, mangels Einkommen nichts zahlen muss oder im Ausland lebt. Leistungen nach dem Unterhaltssicherungsgesetz werden hier angerechnet.
Die andere Hälfte des Betreuungsfreibetrags gibt es, wenn das minderjährige Kind beim betreffenden Elternteil lebt und nicht beim anderen gemeldet ist. Dieser kann der Übertragung widersprechen, wenn er das Kind regelmäßig und durchschnittlich zeitlich zu 10 Prozent im Jahr betreut (BFH, Az. III R 2/16). Bei der Berechnung zählen auch angefangene Betreuungstage mit, entschied das Niedersächsische Finanzgericht (Az. 9 K 20/19).
Betreuungskosten absetzen
Ausgaben für die Kinderbetreuung für unter 14-Jährige senken die Steuerlast. Dazu gehören etwa Kosten für Tagesmütter, Kindergarten, Au-pairs oder Babysitter – auch für Hausaufgaben- sowie Ganztagsbetreuung.
Maximal können Eltern pro Kind und Jahr 4 000 Euro von der Steuer absetzen. Alle Kosten sollten per Rechnung nachgewiesen sein und per Überweisung bezahlt werden. Das Finanzamt kann die Belege anfordern.
Tipp: Beaufsichtigen Oma, Opa oder Tante Ihr Kind gegen ein kleines Entgelt? Das können Sie absetzen, wenn Sie mit Ihren Verwandten einen Betreuungsvertrag wie unter Fremden üblich schließen und den Lohn überweisen. Der Betreuende darf nicht in Ihrem Haushalt leben. Für ein kostenloses Babysitten dürfen Sie die Fahrtkosten mit einfacher Quittung erstatten und abrechnen.
Wenn das Geld knapp ist
Reicht das Einkommen nicht, können Alleinerziehende – wie alle Familien – zusätzlich einen Kindergeldzuschlag erhalten. Pro Kind und Monat sind bis zu 229 Euro (ab 2023: 250 Euro) Kinderzuschlag drin. Das Geld bewilligt die Familienkasse für sechs Monate. Danach muss es neu beantragt werden.
Neues Jahr, neue Abrechnung mit dem Finanzamt: Für Leserinnen und Leser, die ihre Steuererklärung abgeben müssen, hat die Stiftung Warentest wieder in einem neuen Spezial Steuern 2023 alle wichtigen Posten zum Steuersparen zusammengestellt. Von Alleinerziehenden, Gesundheitskosten, Handwerkerrechnungen, Homeoffice bis Unterhalt und Zinsen leitet das Spezial Schritt für Schritt durch die Erklärung – erhältlich in unserem Shop oder ab 28. Januar 2023 am Kiosk und im Buchhandel für 12,90 Euro.
- Ob Kita oder Au-pair – Eltern wollen ihren Nachwuchs in guten Händen wissen. Aufwendungen für die Aufsicht können sie sich teilweise über die Steuererklärung zurückholen.
- Neben Kindergeld und Steuervorteilen durch Kinderfreibeträge sparen Eltern mit Ausgaben für Betreuung und Schule. Alleinerziehende sichern sich den Entlastungsbetrag.
- Ob Heirat, Kind, Karriere oder Jobverlust – oft lohnt sich ein Steuerklassenwechsel. Lesen Sie, welche Steuerklasse für Sie die richtige ist und was es zu beachten gibt.
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Alleinerziehend am 02.12.2015 um 12:31 Uhr
Enttäuschend!
Kostet zwar nur 50 ct, aber hilft auch allenfalls Alleinerziehenden, die noch nichts wissen und die das klassische Modell haben: Frau betreut die Kinder, Mann zahlt. Nichts über das Wechselmodell. Dass die Angabe der Steuerklasse als Tipp verkauft wird, möchte ich gar nicht kommentieren. Fazit: Damit kann ich keine Steuern sparen, brauche immer noch dringend Geld und habe jetzt 50 ct. weniger ...
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Kostet zwar nur 50 ct, aber hilft auch allenfalls Alleinerziehenden, die noch nichts wissen und die das klassische Modell haben: Frau betreut die Kinder, Mann zahlt. Nichts über das Wechselmodell. Dass die Angabe der Steuerklasse als Tipp verkauft wird, möchte ich gar nicht kommentieren. Fazit: Damit kann ich keine Steuern sparen, brauche immer noch dringend Geld und habe jetzt 50 ct. weniger ...