
Clever wechseln. Das Elterngeld ist mit Steuerklasse III für Ehepartner am höchsten. So sollte die künftige Mutter, die das Elterngeld erhält, spätestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes in der III sein, ihr Mann in der V.
Ob Heirat, Kind oder Gehaltserhöhung, ob Jobverlust, Ruhestand oder Trennung – oft lohnt sich der Wechsel der Steuerklasse. Hier lesen Sie, welche Steuerklasse für Sie die richtige ist und wie Sie den Wechsel in die Wege leiten.
In vielen neuen Lebenslagen kann Wechsel sinnvoll sein
Welche Steuerklassen sind für uns optimal? Das fragen sich nicht nur Frischvermählte. Auch wenn ein Ehepartner weniger oder mehr verdient als zuvor oder in den Ruhestand geht, kann eine Änderung sinnvoll sein. Mit der richtigen Klasse können Ehepaare sogar Lohnersatzleistungen wie Elterngeld optimieren. Während die Steuerklasse für die Höhe des Elterngelds endgültige Folgen hat, bestimmt sie bei der Lohnsteuer nur den vorläufigen Abzug. Wie viel Steuern und Soli fällig werden, steht erst nach der Steuererklärung fest.
Single, mit Partner oder Ex? Die richtige Steuerklasse für jede Lebenslage
Zwei Artikel zu einem vielschichtigen Thema. Die Onlinefassung unseres Artikels „Steuerklasse wechseln“ (Finanztest 8/2018) können Sie kostenlos lesen. Wenn Sie das Thema freischalten, haben Sie zusätzlich Zugriff auf die PDF-Fassungen dieses Artikels und des Artikels „Steuererklärung: Verliebt, verlobt, verheiratet“ (Finanztest 10/2018).
Eine Änderung der Steuerklasse ist schnell beantragt
Der Wechsel der Steuerklassen ist schnell beim Finanzamt beantragt. Die Änderung speichert die Behörde in Elstam, der Datenbank für die Lohnsteuer-Abzugsmerkmale. Darauf kann jeder Arbeitgeber zugreifen und die Steuerklasse seiner Mitarbeiter abfragen, um damit die fällige Lohnsteuer zu ermitteln. Wer seine Steuerklasse geändert hat, sollte auf jeden Fall sein Lohnbüro darauf hinweisen und die Lohnabrechnung prüfen. „Es gibt dabei immer wieder Probleme“, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine BVL. „Offensichtlich arbeiten nicht alle Chefs mit einer Lohnabrechnung, die automatisch monatlich Änderungen der Elstam-Daten abruft.“
Es gibt sechs Steuerklassen: I und II für Nichtverheiratete, für Ehepaare die Kombinationen III und V; IV und IV; IV+Faktor und IV+Faktor. Die höchste Steuerklasse VI gilt für lohnsteuerpflichtige Nebenjobs.
Unser Rat
Wechseln. Einmal im Jahr können Sie als Paar oder Alleinerziehende die Steuerklasse wechseln – für das laufende Jahr jeweils bis zum 30. November. Prüfen Sie unbedingt in Ihrer Lohnabrechnung, ob Ihr Chef die Änderung berücksichtigt hat.
Vergleichen. Wie Sie als Paar Ihre Steuerklassen optimal kombinieren, ermitteln Sie unter bmf-steuerrechner.de unter „Berechnung der Lohnsteuer“ und „Faktorverfahren“.
Planen. Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld oder Elterngeld berechnen sich nach dem Nettogehalt. Hier kann sich ein rechtzeitiger Steuerklassenwechsel lohnen. Hilfe bietet unser Rechner Kurzarbeitergeld. Für ein maximales Elterngeld sollten Sie als künftige Mutter mindestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes in der neuen Steuerklasse III sein. Weitere Informationen rund um das Thema „Elterngeld und Steuerklasse“ erhalten Sie im kostenlosen Special Steuerklasse wechseln.
Beantragen. Um die Steuerklassen zu ändern, stellen Sie den „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten“ (Formulare-bfinv.de).
Trennen. Getrennte Ehepartner können seit 2018 problemlos von der ungünstigen Steuerklasse V zur Klasse IV wechseln. Der andere Partner muss nicht zustimmen.
Steuerklasse je nach Lebenslage
Wann lohnt sich ein Wechsel der Steuerklasse? Das kann sich von Jahr zu Jahr ändern – wie bei unserem Paar Miriam und Sven. Die Grafiken im Bilderkarussell zeigen Ihnen, wie die beiden Lohnsteuer und Elterngeld optimieren.

BILDERGALERIE – Tipp 1. Miriam sollte in die Steuerklasse II für Alleinerziehende wechseln, denn dann wird schon bei der Gehaltsabrechnung der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1 908 Euro (für jedes weitere Kind zusätzlich 240 Euro) berücksichtigt. Sie hat im Monat rund 46 Euro mehr netto.

Tipp 1. Miriam sollte in die Steuerklasse II für Alleinerziehende wechseln, denn dann wird schon bei der Gehaltsabrechnung der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende von 1 908 Euro (für jedes weitere Kind zusätzlich 240 Euro) berücksichtigt. Sie hat im Monat rund 46 Euro mehr netto.

Tipp 2. Ein Wechsel lohnt nur, wenn ein Partner wesentlich mehr als der andere verdient. Weil das junge Paar mit der Kombination III/V 17,30 Euro mehr Lohnsteuer im Monat zahlen müsste, kommt ein Wechsel in die Steuerklassen III/V nicht infrage.

Tipp 3. Spätestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes sollte die angehende Mutter in der neuen Steuerklasse III sein, sonst rechnet die Elterngeldkasse mit der alten Steuerklasse. Durch den rechtzeitigen Wechsel erhält Miriam 122,42 Euro mehr Elterngeld im Monat. Zwar zahlt das Paar erst mal noch 98,85 Euro monatlich zu viel Steuer, bekommt das aber mit der Steuererklärung für das Jahr zurück.

Tipp 4. Die Lohnsteuerklasse III ist für Sven perfekt. Allerdings muss das Ehepaar mit etwa 231,60 Euro Steuernachforderung rechnen, wenn es keine höheren Posten als bisher absetzen kann. Das Elterngeld ist an sich zwar steuerfrei, es erhöht aber den persönlichen Steuersatz in der Jahresabrechnung (Progressionsvorbehalt).

Tipp 5. Jetzt ist für das Paar die III/V besser als IV/IV, weil Miriam wesentlich weniger als Sven verdient. Der Besserverdienende erhält die III, der andere die V. Das Paar muss nach der Steuererklärung − die ist bei der III/V immer Pflicht − mit mehr als 871 Euro Steuernachforderung rechnen, wenn es nichts weiter absetzen kann.

Tipp 6. Mit der Steuerklassenkombination IV+Faktor/IV+Faktor zahlt jeder Partner entsprechend seinem Gehalt fast genau die Steuer im Voraus, die nach der Jahresabrechnung fällig wird. Das Paar muss nicht wie bei der Kombination III/V mit Nachforderungen rechnen − aber nur, wenn die beiden nicht mehr verdienen als bisher.

Tipp 7. Miriam sollte die Steuerklasse III beantragen. Das Paar sollte eine Steuererklärung machen, um vom Splittingtarif zu profitieren. Rentner sind sowieso zur Jahresabrechnung verpflichtet, wenn ihr Jahreseinkommen über dem steuerfreien Grundbetrag von derzeit 9 000 Euro (Ehepaare 18 000 Euro) im Jahr liegt.
Wann bekommen Nichtverheiratete die Lohnsteuerklasse II?
Ohne Trauschein sind Sie in der I. Sie können nur in die II wechseln, wenn Sie allein mit Ihrem Kind in einem Haushalt leben. Bedingung: Das Kind ist bei Ihnen gemeldet und es steht Ihnen das Kindergeld zu. Mit der II haben Sie gleich mehr Netto, weil 1 908 Euro Entlastungsbetrag für Alleinerziehende im Jahr berücksichtigt werden. Für jedes weitere Kind erhöht sich der Betrag um 240 Euro.
Tipp: Um die Steuerklasse zu ändern, genügt das Formular „Versicherungserklärung zum Entlastungsbetrag“. Wollen Sie mehr ändern – etwa einen Freibetrag für Ihre Jobkosten beantragen, dann ist ein „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung“ nötig.
Wo kann ich prüfen, welche Steuerklasse von mir gespeichert ist?
Sie können entweder Ihre Elstam-Daten beim Finanzamt abfragen oder unter „Mein Elster“ im Elsterportal (elster.de) nachsehen.
Tipp: Für den Abruf brauchen Sie ein Zertifikat. Das beantragen Sie im Onlineportal.
Wir wollen heiraten. Müssen wir unsere Steuerklassen ändern?
Nach der Hochzeit sind Sie beide automatisch in der Steuerklasse IV. Danach können Sie ganz nach Wunsch die Klassen III/V oder IV+Faktor/IV+Faktor kombinieren. Die Höhe der Lohnsteuer in Steuerklasse IV entspricht der in Klasse I. Verdienen Sie beide gleich viel, ist meist die IV/IV optimal. Ist Ihr Einkommen jedoch unterschiedlich hoch, sollten Sie mit einem Steuerrechner vergleichen, ob die III/V oder IV+Faktor/IV+Faktor günstiger für Sie ist (siehe Unser Rat, oben).
Tipp: Mit der IV/IV sind Sie nicht zur Steuererklärung verpflichtet, wenn Sie weder Lohnersatz noch Krankengeld erhielten. Machen Sie aber trotzdem eine. Dann können Sie noch Steuerabzüge – etwa durch Kosten für haushaltsnahe Dienste – geltend machen. Nur so erhalten Sie zu viel gezahlte Steuer zurück. Welche rechtlichen und steuerlichen Vorteile – aber auch Pflichten – mit einer Eheschließung einhergehen, beleuchtet unser Special Heiraten.
Wann sollten wir als Ehepaar zu den Klassen III und V wechseln?
Sie sollten wechseln, wenn ein Partner allein rund 60 Prozent des Familienbruttos erzielt. Der Hauptverdiener nimmt dann die III und hat mehr Netto, weil er viel weniger Lohnsteuer als in der IV zahlt. Der andere Partner mit weniger Einkommen muss dann die V nehmen und hat relativ hohe Abzüge. Mit der III/V können Sie sich ein hohes monatliches Familieneinkommen sichern, weil beim Ehepartner mit Steuerklasse III Freibeträge wie der Grundfreibetrag von 9 168 Euro (9 408 Euro in 2020) angerechnet werden, die eigentlich dem Ehepartner mit der V zustehen.
Achtung: Mit der III/V müssen Sie eine Steuererklärung abgeben. Häufig kommt es zur Steuernachforderung. Beträgt sie mehr als 400 Euro, kann das Finanzamt für das kommende Jahr Vorauszahlungen verlangen.
Beispiel: Peter Mann hat 80 000 Euro brutto im Jahr, seine Frau Edith 25 000 Euro. Peter zahlt inklusive Soli 14 205 Euro Lohnsteuer in der III, seine Frau 5 577 Euro in der V. Das Paar kommt auf 88 552 Euro steuerpflichtiges Einkommen. Inklusive Soli werden 21 573 Euro Einkommensteuer fällig. Folglich müssen die Manns 1 791 Euro nachzahlen.
Tipp: Noch mehr Netto können Sie in Klasse III rausholen, wenn Sie sich Freibeträge anrechnen lassen, die Ihrem Partner zustehen – wie ein Schwerbehindertenpauschbetrag.
Wann lohnt sich für uns als Ehepaar Klasse IV+Faktor für beide?
Das ist für Sie perfekt, wenn Sie Steuernachforderungen vermeiden wollen. Bei IV+Faktor ermittelt das Finanzamt einen Rechenfaktor anhand Ihres konkreten Bruttoeinkommens, um die Lohnsteuer fast genau zu berechnen.
Beispiel: Würden die Manns mit 80 000 und 25 000 Euro Brutto die Steuerklassen IV+Faktor nehmen, hätten sie zwar im Monat etwas weniger Netto als mit der Kombination III/V. Sie müssten aber nach der Steuererklärung nur knapp 18 Euro inklusive Soli nachzahlen.
Tipp: Untauglich ist diese passgenaue Rechnung, wenn sich Ihr Einkommen verändert. Gehaltserhöhungen, Bonuszahlungen und Prämien sorgen dafür, dass der Faktor nicht mehr passt und das Finanzamt nach der Steuererklärung mehr Steuern verlangt.
Muss mein Ehemann einem Steuerklassenwechsel zustimmen?
Nicht in jedem Fall. Seit 2018 können Sie von Klasse III oder V in die Steuerklasse IV wechseln – auch ohne dass Ihr Mann zustimmt. Er kommt dann auch in IV. Früher ging das nur bei gemeinsamem Antrag.
Tipp: Wollen Sie von der IV in die Steuerklasse III oder V wechseln, müssen Sie das nach wie vor als Ehepaar gemeinsam beantragen.
Was muss ich als Ehefrau tun, um mehr Elterngeld zu bekommen?
Sie müssen rechtzeitig vor der Geburt des Kindes die Steuerklasse III haben. Denn für die Höhe des Elterngeldes ist – wie bei anderem Lohnersatzgeld – das vorherige Nettogehalt maßgeblich. Das ist in der III am höchsten, weil die Lohnsteuer am geringsten ist. Zwar muss dann Ihr Mann die V nehmen und höhere Lohnsteuerabzüge in Kauf nehmen. Aber die zu viel gezahlte Lohnsteuer erhalten Sie nach der Steuererklärung zurück. Damit die Behörde den Wechsel der Steuerklasse akzeptiert, müssen Sie diese Fristen einhalten:
Elterngeld. Sie müssen schnell sein. Sobald Sie schwanger sind, sollten Sie in der neuen Steuerklasse III sein – spätestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes, sonst rechnet die Elterngeldkasse mit der alten. Alle Details rund um das Thema „Elterngeld und Steuerklasse“ erhalten Sie im kostenlosen Special Steuerklasse wechseln.
Mutterschutzgeld. Die günstigere Steuerklasse für höhere Leistungen sollte spätestens drei Monate vor Beginn des Mutterschutzes gelten. Eine Garantie auf mehr Geld gibt es nicht. Der Chef muss den Wechsel nur akzeptieren, wenn er steuerlich sinnvoll ist. Ein Wechsel zur IV+Faktor geht aber immer.
Arbeitslosengeld. Schon im Januar des Jahres, in dem die Arbeitslosigkeit beginnt, muss die günstigere Steuerklasse gelten. Später akzeptiert die Arbeitsagentur nur steuerlich sinnvolle Wechsel, etwa zu Klasse IV+Faktor oder in Klasse III für den Besserverdienenden.
Kurzarbeitergeld. Als Kurzarbeiter können Sie vor und während der Kurzarbeit wechseln.
Krankengeld. Die neue Steuerklasse muss spätestens einen Monat vor dem absehbaren Beginn der Arbeitsunfähigkeit gelten.
Tipp: Reicht das Geld nicht zum Leben, wenn der Hauptverdiener mit Klasse V weniger netto hat, sollten Sie beide die Steuerklasse IV nehmen. Haben Sie die Frist verpasst, ist ein Wechsel zu IV+Faktor immer möglich.
Welche Klasse nehme ich, wenn mein Ehemann in Rente geht?
Arbeiten Sie noch weiter, sollten Sie die Lohnsteuerklasse III nehmen.
Tipp: Machen Sie eine Steuererklärung. Dann profitieren Sie vom Splittingtarif: Ihre beiden Einkommen werden addiert und dann erst wird die Höhe der Steuer bemessen.