
Clever wechseln. Elterngeld ist mit Steuerklasse III für Ehepaare am höchsten – wenn sie gut planen. © Stiftung Warentest / René Reichelt
Ob Heirat, Kind, Karriere oder Jobverlust – oft lohnt sich ein Steuerklassenwechsel. Lesen Sie, welche Steuerklasse für Sie die richtige ist und was es zu beachten gibt.
Alle Steuerklassen in der Übersicht
Für Arbeitnehmende zahlt der Arbeitgeber mit jeder Gehaltszahlung Lohnsteuer an das Finanzamt. Angestellte müssen nichts tun. Wie viel Steuern fällig werden, definiert die Lohnsteuerklasse – kurz Steuerklasse. Insgesamt gibt es sechs.
Alle Steuerzahlenden werden von ihrem Finanzamt in die Steuerklassen I bis VI eingeteilt – je nach Familienstand, Arbeitsverhältnis und bei Ehepaaren nach gewählter Steuerklassen-Kombination. Die höchste Steuerklasse VI gilt für lohnsteuerpflichtige Nebenjobs.
Unser Rat
- Wechseln.
- Für das laufende Jahr können Sie einen Steuerklassenwechsel jeweils bis zum 30. November beim Finanzamt beantragen. Die Steuerklasse können Sie auch mehrfach im Jahr wechseln. Prüfen Sie unbedingt in Ihrer Lohnabrechnung, ob Ihr Chef die Änderung berücksichtigt hat.
- Vergleichen.
- Wie Sie als Paar Ihre Steuerklassen optimal kombinieren, ermitteln Sie unter bmf-steuerrechner.de unter „Berechnung der Lohnsteuer“ und „Faktorverfahren“.
- Planen.
- Lohnersatzleistungen wie Kurzarbeitergeld oder Elterngeld berechnen sich nach dem Nettogehalt. Hier kann sich ein rechtzeitiger Steuerklassenwechsel lohnen. Hilfe bietet unser Rechner Kurzarbeitergeld. Für ein maximales Elterngeld sollten Sie als künftige Mutter mindestens sieben Monate vor Beginn des Mutterschutzes in der neuen Steuerklasse 3 sein. Weitere Informationen rund um das Thema „Elterngeld und Steuerklasse“ erhalten Sie im kostenlosen Special Steuerklasse wechseln.
- Beantragen.
- Alle Anträge für den Steuerklassenwechsel finden Sie unter formulare-bfinv.de. Wollen Sie in die Klassen III/V wechseln, müssen Sie das Formular „Antrag auf Steuerklassenwechsel bei Ehegatten“gemeinsam ausfüllen. In Klasse IV dürfen Sie allein wechseln, Ihre Partnerin oder Ihr Partner rutscht dann automatisch mit in Klasse IV. Alleinerziehende stellen für die Steuerklasse II den „Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung 2022“.
- Trennen.
- Getrennte Ehepartner können seit 2018 problemlos von der ungünstigen Steuerklasse 3 zur Klasse 4 wechseln. Der andere Partner muss nicht zustimmen.
Steuerklasse I: Für alleinstehende Angestellte
Hier landen alle Arbeitnehmenden, die ledig, verwitwet, getrennt oder geschieden sind. Wer in Steuerklasse I eingruppiert ist, zahlt mit die meisten Steuern und wird am höchsten belastet. Zu Steuerklasse I zählen folgende Arbeitnehmer:
- Ledige
- Getrennt lebende Eheleute (nach dem Trennungsjahr)
- Verwitwete (nach Ablauf eines Jahres nach dem Tod des Ehepartners)
- Geschiedene
- Kinderlose
Zudem dürfen die Voraussetzungen für die Steuerklasse III oder IV nicht erfüllt sein. Steuerklasse I bekommen auch Verheiratete, wenn ihr Partner im Ausland lebt.
Steuerklasse II: Für Alleinerziehende
Eigentlich gehören Single-Eltern in Steuerklasse I, da sie zeitgleich als alleinstehend gelten. Das Finanzamt berücksichtigt in Steuerklasse II aber den steuerlichen Vorteil durch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 4 008 Euro für das erste Kind, für jedes weitere gibt es noch mal 240 Euro oben drauf. Wer in Steuerklasse II ist, muss eine Steuererklärung machen.
Die Steuerklasse II gibt es nur, wenn ein minderjähriges Kind im Haushalt lebt, für das es noch Kindergeld oder den Kinderfreibetrag gibt. Zudem darf keine weitere volljährige Person im gleichen Haushalt leben. Ausnahme: Erwachsene Kinder, für die es noch Kindergeld gibt.
Alleinerziehende können aber auch die Klasse I wählen und sich den Entlastungsbetrag dann über ihre Steuererklärung zurückholen.
Steuerklasse III: Für Verheiratete in Kombination mit V
In die Steuerklasse III können Arbeitnehmende, die in einer
- eingetragenen Lebenspartnerschaft leben,
- verheiratet sind,
- im Jahr des Todes und dem Folgejahr, wenn sie verwitwet sind,
- verheiratet sind, aber im Trennungsjahr sind.
Bei eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehepaaren muss einer der beiden Steuerklasse V gewählt haben oder weniger verdienen beziehungsweise gar nicht arbeiten.
Steuerklasse III gilt außerdem für Verheiratete, die sich trennen. Vorausgesetzt im Kalenderjahr der Trennung waren beide unbeschränkt einkommensteuerpflichtig und haben zumindest noch einen Tag zusammengelebt.
Die Kombination III und V ist am besten geeignet für Paare mit unterschiedlich hohen Gehältern. Wählt der Besserverdienende die III, bezahlt er besonders wenig Lohnsteuer. Dafür hat der Partner mit dem niedrigeren Einkommen und der Klasse V besonders hohe Abzüge. Bei dieser Kombination ist eine Steuererklärung immer Pflicht. Es kann auch sein, dass das Paar Steuern nachzahlen muss, weil eventuell die monatlichen Vorauszahlungen zu niedrig sind.
Steuerklasse IV: Für Verheiratete mit gleich hohem Einkommen
Mit der Hochzeit gilt für angestellt arbeitende Paare automatisch Steuerklasse IV. Sie eignet sich aber für nicht alle Ehepaare. Viele fahren mit der Kombination III und V besser – vor allem, wenn ein Partner deutlich mehr verdient. Um den Wechsel müssen sich die Paare selbst kümmern. Auf einen Wechsel verzichten können Paare, die ungefähr gleich viel verdienen. In der Steuerklasse IV berechnet sich die monatliche Lohnsteuer so wie für Alleinstehende mit Steuerklasse I.
Verdienen beide Partner gleich viel, fällt weder eine Einkommensteuererstattung noch eine Nachzahlung an. Weil Paare in Steuerklasse IV über das Jahr schon in etwa so viel Steuern zahlen, wie das Finanzamt haben will, ist die Abgabe einer Steuererklärung in der Regel freiwillig.
Steuerklasse IV plus Faktor. Die Kombination IV mit Faktor schützt vor zu niedrigen Steuerabzügen bei der monatlichen Gehaltsabrechnung. Das Finanzamt berücksichtigt mit Faktor den Splittingvorteil bereits während des Jahres. Das soll eine möglichst exakte Steuervorauszahlung sichern. Nach Abgabe der Steuererklärung, die hier Pflicht ist, erwarten Ehepaare in der Regel keine bösen Überraschungen.
Ändert sich jedoch ein Einkommen, etwa nach einer Gehaltserhöhung, passt der anfängliche Faktor nicht mehr. Dann kann es bei der Jahresabrechnung mit dem Finanzamt zu einer Erstattung oder Nachforderung kommen.
Steuerklasse V: Für Verheiratete in Kombination mit III
Diese Steuerklasse gibt es, wie die III, nur in der Kombination III und V. Verheiratete wählen diese Kombination, wenn beide Ehepartner berufstätig sind und einer die Steuerklasse III gewählt hat. Wer sich für Steuerklasse V entscheidet, verzichtet auf den Grundfreibetrag und kann keinen Kinderfreibetrag geltend machen.
Deswegen sind die Abzüge in der V so hoch. Daher sollte der Partner, der weniger verdient, in die V gehen. Die Vorsorgepauschale, der Arbeitnehmerpauschbetrag sowie der Sonderausgabenpauschbetrag bleiben davon unberührt.
Steuerklasse VI: Berufstätige mit Zweitjob
Wer von mehr als einem Arbeitgeber Lohn bezieht, versteuert seinen Nebenverdienst in Steuerklasse VI. Sie ist die einzige Steuerklasse, bei der der Familienstand keine Rolle spielt. Wer zwei Jobs nachgeht und pro Arbeitsstelle mehr als bei einem Minijob verdient, benötigt eine zweite Steuerklasse.
Geht etwa eine Berufstätige einem Hauptjob und einem Nebenjob nach, befindet sich der Hauptjob je nach Familienstand und Wahl in Steuerklasse I, II, III, IV oder V und der Nebenjob automatisch in Klasse VI.
Aus für Kombination III/V?
Nach den Plänen der Bundesregierung steht die beliebte Steuerklassenkombination III/V auf der Kippe. Aus dem Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP geht hervor, dass die Klassen III und V abgeschafft und in die bestehende Klasse IV plus Faktor überführt werden sollen.
- Gehaltsabrechnung.
- Sind beide Partner in Klasse IV plus Faktor, zahlen sie monatlich jeweils den Anteil der Lohnsteuer, der dem eigenen Einkommen entspricht. Das hat zum Beispiel Vorteile für Mütter, die mit Blick auf die Familienorganisation eine Teilzeitstelle angenommen haben und bisher in der ungünstigen Klasse V sind. In Klasse IV plus Faktor erzielen sie ein höheres Monatsnetto.
- Steuererklärung.
- Eine Abschaffung der Klassen III/V allein bedeutet aber nicht, dass Ehepaare insgesamt mehr Steuern zahlen: Über die Steuererklärung wird der Lohnsteuerabzug korrigiert – Paare erhalten vorab zu viel gezahlte Lohnsteuer zurück.
Neue Lebenslagen: Besser wechseln
Welche Steuerklassen sind für uns optimal? Das fragen sich nicht nur Frischvermählte. Auch wenn ein Ehepartner weniger oder mehr verdient als zuvor oder in den Ruhestand geht, kann eine Änderung sinnvoll sein. Mit der richtigen Klasse können Ehepaare sogar Lohnersatzleistungen wie Elterngeld optimieren. Während die Steuerklasse für die Höhe des Elterngelds endgültige Folgen hat, bestimmt sie bei der Lohnsteuer nur den vorläufigen Abzug. Wie viel Steuern fällig werden, steht erst nach der Steuererklärung fest.
Steuerklassenwechsel ist schnell beantragt
Der Wechsel der Steuerklassen ist ruckzuck beim Finanzamt beantragt. Die Änderung speichert die Behörde in Elstam, der Datenbank für die Lohnsteuerabzugsmerkmale. Darauf kann jeder Arbeitgeber zugreifen und die Steuerklasse seiner Mitarbeiter abfragen, um damit die fällige Lohnsteuer zu ermitteln.
Wer seine Steuerklasse geändert hat, sollte auf jeden Fall sein Lohnbüro darauf hinweisen und seine Gehaltsabrechnung prüfen. „Es gibt dabei immer wieder Probleme“, sagt Uwe Rauhöft, Geschäftsführer beim Bundesverband Lohnsteuerhilfevereine BVL. „Offensichtlich arbeiten nicht alle Chefs mit einer Lohnabrechnung, die automatisch monatlich die Änderungen der Elstam-Daten abruft.“
So sichern Sie sich mehr Geld
In der Bildergalerie zeigen wir an vier Beispielen, wie Alleinerziehende und Verheiratete durch einen Steuerklassenwechsel und Freibeträge für ein höheres monatliches Nettogehalt oder mehr Elterngeld sorgen können.
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- Steuern kann man vielfältig sparen – mit Jobticket, E-Auto vom Chef oder einer ökologischen Sanierung daheim. Die Regeln für die Steuererklärung 2020.
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- Entscheidet der Bundesfinanzhof zugunsten der Steuerzahlenden, gewinnen rückwirkend alle mit, die sich eingeklinkt haben. Stiftung Warentest stellt wichtige Prozesse vor.
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- In bestimmten Konstellationen kann es sich für Paare lohnen, dass jeder Partner bei der Einkommensteuer eine eigene Steuererklärung abgibt. Statt der üblichen...
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@sichergehen: In manchen Fällen können Ehepaare mit der Einzelveranlagung Steuern sparen. Bitte lesen Sie den folgenden Artikel dazu:
www.test.de/Steuererklaerung-Wann-eine-Einzelveranlagung-guenstiger-ist-5663300-0
Guten Abend,
Mit großem Interesse verfolge ich auch Berichte über Steuerzahlung der Stiftung Warentest/Finanztest. Natürlich können Sie nicht alle Möglichkeiten darstellen. Wir müssen jährlich für Pension bzw. Rente Steuern nachzahlen. Ist der Ehegattensplitting nachteilig in manchen Lebenssituationen? Gibt es dazu Veröffentlichungen/Berichte,die ich übersehen habe? Vielleicht ist es eine Anregung für die Redaktion, das Thema aus einer anderen Sicht anzugehen.
Freundliche Grüße
@alle: Niemand ist verpflichtet, sein Nettogehalt durch die Wahl einer passenden Steuerklasse zu optimieren. Über die Steuererklärung wird die tatsächlich zu zahlende Lohnsteuer abgerechnet. Wer zuvor zu viel Lohnsteuer abgeführt hat, bekommt die Überzahlung mit der Steuererklärung zurück.
Im Bereich der Lohnersatzleistungen kann die Wahl einer günstigen Lohnsteuerklasse dazu führen, dass es zum Beispiel mehr Elterngeld gibt. Der rechtzeitige Wechsel der Lohnsteuerklasse ist ein legaler Steuertrick.
@Archivnutzer: Ich habe mir die ähnliche Frage gestellt. Mir wäre es lieber, eher am Ende des Jahres eine (größere) Rückerstattung zu erhalten, als die Steuerklasse unterjährig "optimiert" zu haben und am Ende einen (kleinen) Betrag nachzahlen zu müssen.
@catmandoo: Danke für die Erklärung. -- @TEST: Gibt es dazu auch nochmal eine Bestätigung durch die Moderation? Könnte man das nicht direkt in den Artikel übernehmen oder habe ich es übersehen?!
@Archivnutzer:
Es steht im Artikel, dass es nach der Steuererklärung keinen Unterschied mehr macht. Die Steuerklasse regelt nur, wieviel mehr/weniger Geld man während dem Jahr hat.
Da man bei optimierten Steuerklassen bei der Steuererklärung wenig zurück bekommt oder sogar nachzahlen muss, wäre ich dafür, dass man einfach alle "Optimierungen" abschafft. Nach der Steuererklärung bekommt man dann ein mehr oder weniger überraschendes Geldgeschenk. Das finde ich viel besser und nutze diese "Sonderzahlung" für "Sonderausgaben" (Urlaub, Geldanlage, Geräte, ...).
PS: Die Steuerklasse spielt wie erwähnt beim Absolutbetrag des Geldes nach Steuererklärung keine Rolle. Bei Lohnersatzleistungen (Kurzarbeitergeld, Elterngeld, ...) in der ZUKUNFT spielt das Netto-Gehalt aber eine Rolle. Mit den Steuerklassen kann man diese zukünftigen Gelder optimieren. Da ich sowas unfair finde (v.a. für die "Standard-Mutter" in Steuerklasse V), ist das noch ein weiterer Grund, die Steuerklassen abzuschaffen.