Rollatoren im Test

Interview: „Ein Rezept sollte alle Anforderungen genau beschreiben“

Rollatoren im Test - Gute Begleiter für alle Wege

Alltags­tauglich. Der Praxis­test zeigt, mit welchen Rollatoren sich die Hürden im täglichen Leben gut bewältigen lassen. © Verena Müller

Christine Gaszc­zyk berät beim Sozial­verband VdK Menschen, die ein Hilfs­mittel benötigen. Sie gibt Tipps zur Auswahl, zum Kauf und zum Umgang mit einem Rollator.

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Rollatoren im Test - Gute Begleiter für alle Wege

Christine Gaszc­zyk ist Beraterin für Hilfs­mittel beim Sozial­verband VdK
Berlin-Brandenburg. © privat

Welche Kriterien sind für die Wahl
eines geeigneten Rollators wichtig?

Über­legen Sie sich, welche Bedürf­nisse Sie haben und wie und wo Sie den Rollator nutzen wollen. Nur drinnen auf glatten Böden oder auch draußen? Ist das Bad eng – und ein schmales Modell nötig? Auch Körpergröße, Statur und die körperlichen Einschränkungen spielen eine Rolle. Wer wenig Kraft in Armen und Händen hat, braucht ein leichtes Modell mit leicht bedien­baren Bremsen. Mein Tipp ist daher: Schreiben Sie Ihre Anforderungen, Wünsche und das Budget auf. So wird schnell klar, worauf es Ihnen wirk­lich ankommt.

Wie kommt man ans Wunsch­modell?

Entweder Sie kaufen die Gehhilfe privat oder beantragen sie bei der Krankenkasse. Dafür ist ein ärzt­liches Rezept nötig. Wichtig ist, dass es die Anforderungen genau beschreibt. Wenn lediglich „Rollator“ auf dem Rezept steht, wird nur ein einfaches Stan­dard­modell bewil­ligt. Sollte etwa eine Ankip­philfe medizi­nisch notwendig sein, muss dies ausdrück­lich vermerkt sein. Höher­wertige Rollatoren oder spezielle Ausstattungen zahlt die Krankenkasse aber meist nur teil­weise.

Was über­nimmt die Krankenkasse, was zahlen Versicherte?

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Die Pauschale der Krankenkassen für Rollatoren liegt oft zwischen 60 und 100 Euro. Der Betrag soll Anschaffung, Wartung und Reparaturen abdecken – ist also viel zu nied­rig für ein hoch­wertiges Modell. Häufig zahlen Menschen daher 150 bis 200 Euro und mehr zu ihrem Wunsch­modell dazu. Das Geld ist lang­fristig gut investiert: Der Rollator kann einem wieder mehr Freiheit und Selbst­ständig­keit schenken.

Stan­dard­rollatoren sind also nicht empfehlens­wert?

Stan­dard­rollatoren erwiesen sich in unserer Beratung für 90 Prozent der Menschen als ungeeig­net. In den meisten Fällen, etwa bei größeren Mobilitäts­einschränkungen, ist ein individuell besser angepasstes Modell lang­fristig sinn­voller als ein Stan­dard­rollator. Ein gutes Modell kann sich aber nicht jeder leisten. Für einige Menschen reicht ein Stan­dard­rollator aus, etwa wenn es primär um Sicherheit bei Sturzgefahr geht. Schwere Modelle vermitteln ein Gefühl von Stabilität. Auch in Wohnungen können sie oft gut genutzt werden. Viele nehmen ein Kassenmodell für drinnen und kaufen für draußen eins mit mehr Komfort und Funk­tionalität – oder umge­kehrt.

Wo kann man den Rollator gut kaufen – online oder im Sanitäts­haus vor Ort?

Beim Kauf eines Rollators ist es wichtig, verschiedene Modelle auszupro­bieren. In manchen Städten gibt es Hilfs­mittel­zentren, in denen Ratsuchende Gehhilfen testen können. Ansonsten geht das nur im Sanitäts­haus oder Fach­geschäft vor Ort. Sanitäts­häuser sind zudem verpflichtet, Kundinnen und Kunden in die Nutzung einzuweisen und den Rollator passend einzustellen. Teils haben die Mitarbeiter wenig Zeit, aber da sollte man sich nicht abwimmeln lassen. Auch die Wartung über­nimmt das Sanitäts­haus, etwa Bremsen justieren und Räder wechseln. Online haben Sie mehr Auswahl, aber keinen Service.

Häufig werden Rollatoren gebraucht etwa über Klein­anzeigen angeboten. Eine gute Spar­möglich­keit?

Den Rollator gebraucht von privat zu kaufen, ist mit Vorsicht zu genießen. Es lässt sich nur schwer fest­stellen, ob er tech­nisch einwand­frei ist. Hat er bereits Stürze und Schäden erlitten, die auf den ersten Blick nicht sicht­bar sind? Wer sich dafür entscheidet, sollte jemanden mit Technikverständnis hinzuziehen und den Zustand sorgfältig prüfen lassen.

Was sind häufige Hürden für Nutze­rinnen und Nutzer eines Rollators im Alltag?

Ein großes Hindernis sind Bord­steine – viele ältere Menschen stürzen, weil sie die Kante nicht richtig hoch­kommen. Auch Stufen, ob im Haus oder beim Einsteigen in den Bus, bereiten Probleme. Leichte Rollatoren mit Ankip­philfe bieten hier mehr Sicherheit. Wer in oberen Etagen ohne Aufzug wohnt, muss den Rollator oft unten im Hausflur lassen – darum sind platz­sparende, leicht klapp­bare Modelle wichtig. Leider kommt es auch zu Diebstählen, daher sollte man den Rollator immer abschließen. Übrigens: Laut Gerichts­urteilen darf der Vermieter das Abstellen im Flur nicht verbieten.

Wie sinn­voll sind Rollatortrainings, die etwa Verkehrs­betriebe, Vereine und Ergo­therapiepraxen anbieten?

Sehr sinn­voll. Dort wird Teilnehmenden zum Beispiel gezeigt, wie sie in den Bus einsteigen und den Rollator sichern. Oder wie man über Kanten und Kopf­stein­pflaster geht. Einige geraten da aus dem Gleichgewicht. Wichtig ist es auch, stets die Bremse fest­zustellen, auch wenn man nur kurz am Post­kasten steht – der Rollator kann echt schnell wegrollen. Solche Alltags­situationen kann und sollte man üben.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • elgordomagenta am 28.09.2025 um 17:59 Uhr
    Mit Standardrollator einkaufen

    Hallo,
    ich habe einen 65€ Standartrollator. Der trägt einen Kasten Mineralwasser plus einen Rucksack mit den Wocheneinkäufen. Das funktioniert mit den überteuerten Leichtgewichtrollatoren mit den kleinen Handtäschchen bestimmt nicht.

  • pschlitt am 23.09.2025 um 12:48 Uhr
    Luftbereifung unbedingt

    Ein Test wie hier sollte unbedingt Luftbereifte mit einbeziehen. Meine Mutter (98) könnte ohne die Luftbereifung nicht sein.

  • Felix_123 am 10.09.2025 um 09:12 Uhr
    Preise und Ersatzteile

    Guten Tag,
    ich bin selbst Sanitätsfachhändler und habe den Bericht mit Interesse gelesen.
    Zum einen möchte ich mich dem Vorredner tofesd anschließen. Die Ersatzteilversorgung ist ein wesentliches Kriterium, wobei aus unserer Erfahrung Rehasense hier das positive Beispiel ist und insbesondere bei Bescomed auch bei kleineren defekten ganze Baugruppen sehr teuer getauscht werden müssen.
    Ich war sehr über die Preisangaben verwundert, denn der Testsieger wird auf der Herstellerseite ab 712,99 € angeboten und nicht wie angegeben ab 570 €.
    Zur Auswahl: Sie haben durchweg Hersteller ausgewählt, die im Fachhandel erhältlich sind. Es wäre interessant gewesen, wie eine typische Amazonmarke, wie Vocic abschneidet.
    Grundsätzlich können Sie die Kategorie gern öfter testen. Diese Test werden von den Kunden rege genutzt.
    Mit freundlichen Grüßen

  • Silverwind am 26.08.2025 um 10:46 Uhr
    Rollator schlecht sichtbar

    Guten Tag,
    Als in meinem Bekanntenkreis eine Person mit einem Rollator beim Überquerrn der Straße in den Abendstunden tödlich verletzt wurde habe ich mir die Rollatoren genauer angesehen. An fast allen Rollatoren sind keine Reflektoren angebracht, wie auch an dem am Unfall beteiligten. Von keiner Seite waren Reflektionsflächen angebracht. Leider ist dieser Aspekt bei der Sicherheit in Ihrem Test auch nicht berücksichtigt worden. Vermutlich würden viele Unfälle vermieden, wenn die Rollatoren früher oder überhaupt im Dunkeln sichtbar wären. Eine Berücksichtigung bei folgenden Tests wäre angebracht.
    Mit freundlichen Grüßen

  • BrigitteWa am 28.06.2025 um 15:34 Uhr
    Rollator für Hüftbreite 62 cm und mehr

    Kassenmodell XXL eine Zumutung gibt es auch zu überbreiten, Testmöglichkeit. Für Schmalschultrige sind 80 bzw. 85 cm und 13 kg Eigengewicht eine schwere Bürde. Längsfalter sollten verboten werden wegen Unfallgefahr nicht nur beim Abstellen.