
Skandal bei Nestlé Waters in Frankreich. Der Konzern hatte jahrelang Mineralwasser unerlaubt behandelt. © picture alliance / Rolf Haid
Branchenriese Nestlé hat in Frankreich Mineralwasser illegal gereinigt. Er war wohl nicht allein. Die Stiftung Warentest ordnet den Skandal ein.
Mineralwasserabfüller in Frankreich – darunter Nestlé Waters und Sources Alma – haben jahrelang verbotene Techniken verwendet. Wasser aus verunreinigten Quellen wurde laut Medienberichten mit UV-Strahlung und Aktivkohle behandelt, um es aufzubereiten. Betroffen sind Marken wie Contrex, Hepar, Perrier und Vittel. Die Verbraucherorganisation Foodwatch klagte, und Nestlé musste zwei Millionen Euro Strafe zahlen. Im Oktober 2024 wurde nun eine weitere Klage eingereicht.
Nestlé hatte angegeben, die französischen Behörden bereits 2021 informiert und die Praktiken seither nicht mehr angewandt zu haben. Im Interview erklärt unsere Mineralwasser-Expertin Janine Schlenker, was es mit den Aufbereitungsmethoden auf sich hat, warum sich der Betrug für die Unternehmen lohnt – und wie relevant das Thema für Menschen in Deutschland ist.
Verbotenerweise als Mineralwasser verkauft

Janine Schlenker. Die Lebensmittelchemikerin ist als Projektleiterin für die Mineralwasser-Tests der Stiftung Warentest verantwortlich. © Sandra Kühnapfel-Frank
Warum ist es nicht erlaubt, Mineralwasser so zu behandeln?
Natürliches Mineralwasser sollte so unberührt wie möglich sein. Nach der entsprechenden EU-Richtlinie, die Deutschland in die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung überführt hat, muss es von ursprünglicher Reinheit sein und aus unterirdischen, vor Verunreinigungen geschützten Wasservorkommen stammen. Nur sehr wenige Behandlungsverfahren sind zulässig – etwa das Wasser zu enteisen. Es dürfen aber keine Stoffe zugesetzt werden. Auch der Keimgehalt darf nicht verändert werden. Ist die Quelle verunreinigt, darf das Wasser nicht mehr als natürliches Mineralwasser verkauft werden.
Ist Wasser, das mit UV-Strahlung und Aktivkohle gereinigt wurde, gesundheitlich bedenklich?
Nein, grundsätzlich holen diese Behandlungen Keime oder Rückstände aus Wasser heraus. Zur Trinkwasseraufbereitung sind diese Methoden erlaubt, Aktivkohle-Filter etwa gehören dort zum Standard. Natürliches Mineralwasser muss per Definition aber ursprünglich rein sein. Dieser Qualitätsanspruch hat seinen Preis, denn Mineralwasser wird deutlich teurer verkauft als Trinkwasser. Den täglichen Flüssigkeitsbedarf mit Leitungswasser zum Trinken zu decken, kostet aufs Jahr gerechnet rund zwei Euro pro Person, mit günstigem Discounter-Mineralwasser für 19 Cent pro Liter macht das knapp über 100 Euro. Bei Markenwasser ist der Preis nach oben offen. Da zahlt sich Betrug aus.
Lässt sich nachprüfen, ob ein Mineralwasser behandelt wurde?
Unerlaubte Behandlungsmethoden am Endprodukt nachzuweisen, ist kaum möglich. Dafür braucht es die Lebensmittelüberwachung, die etwa Betriebsbesichtigungen durchführen kann. In unseren Mineralwasser-Tests prüfen wir natürlich auf Keime und andere Verunreinigungen. Mikrobiologisch sind die Wässer unauffällig, wir weisen aber regelmäßig oberirdische Verunreinigungen wie Pestizid-Abbauprodukte oder Süßstoffe nach. Solche Spurenstoffe im Wasser zeigen, dass die Quellen nicht genug geschützt sind.
Die Wasser-Tests der Stiftung Warentest
- Still bis spritzig aus der Flasche. Wir haben 68 Mineralwässer der Sorten Still, Medium und Classic getestet. Mit unserem Quellenfinder finden Sie geprüfte Mineralwässer sortiert nach Bundesländern.
- Stilles aus dem Hahn. 2019 haben wir Trinkwasser in 20 deutschen Städten und Gemeinden untersucht. Die Qualität stimmt. Unser Test von Küchenarmaturen zeigte, dass einigen Wasserhähne Metalle ans Wasser abgeben.
Nestlé verkauft hierzulande kein französisches Wasser
Betrifft der Betrug nur Mineralwasser aus französischen Quellen?
Dem aktuellen Kenntnisstand nach ja. Seit einiger Zeit vertreibt zumindest Nestlé auf dem deutschen Markt Mineralwasser aus Frankreich wie Vittel oder Contrex nicht mehr. Dass behandeltes Wasser in den betreffenden Jahren auch bei uns verkauft wurde, lässt sich aber nicht ausschließen.
Was empfehlen Sie Mineralwasserfans?
Wenn es Mineralwasser statt Trinkwasser sein soll, empfiehlt es sich unbedingt Mineralwasser aus regionalen Quellen in Wohnortnähe zu kaufen statt Produkte mit langen Transportwegen. Umweltfreundlich ist Wasser, das in standardisierten Mehrweg-Flaschen angeboten wird.
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- Classic, Medium, Still – der Mineralwasser-Test der Stiftung Warentest bietet Testergebnisse für alle Sorten. Besonders prickelnd: die großen Preisunterschiede.
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