Lebens­versicherung verkaufen Die Police zu Geld machen

Der Verkauf einer laufenden Lebens­versicherung kann lukrativer sein als deren Kündigung. Angebote einzuholen, lohnt. Die Stiftung Warentest sagt, wie ein Verkauf geht.

Bis zum Ablauf der Kapital­lebens­versicherung dauert es noch Jahre, aber die Kundin oder der Kunde brauchen jetzt Geld. Was tun?

Drei Alternativen zur Kündigung

Viele sehen nur eine Möglich­keit, um ihre Police zu Geld zu machen: Sie kündigen ihren Vertrag und bekommen dann von ihrem Versicherer den Rück­kaufs­wert ausgezahlt. Das ist weniger als beim Ablauf des Vertrags. Doch es gibt Alternativen:

  • Die Police an einen Ankäufer von Lebens­versicherungen zu verkaufen,
  • ein Policendarlehen aufzunehmen,
  • sich bisher erreichte garan­tierte Über­schüsse vom Versicherer auszahlen zu lassen.

Welche Optionen Kundinnen und Kunden haben und wie sich diese auf die Zahlungen auswirken, zeigt unsere Übersicht.

Mehr als beim Rück­kauf der Lebens­versicherung

Ein Verkauf der Police hat den gleichen Effekt wie eine Kündigung: Der Vertrag endet, Kunden bekommen auf einen Schlag größere Summen ausgezahlt. Diese Möglich­keit haben wir uns genauer angeschaut und fest­gestellt: Ein Verkauf auf diesem sogenannten Zweitmarkt für Lebens­versicherungs­policen kann sich lohnen. Kundinnen und Kunden können so mehr Geld erhalten als bei einer Kündigung. Die Käufer von Lebens­versicherungen zahlen mehr Geld als den Rück­kauf­wert. Sie bieten mehr, weil sie die Lebens­versicherung selbst weiterführen und so den Teil des Gewinns einstreichen, der nur ausgezahlt wird, wenn der Vertrag bis zum Ende durch­gehalten wird. Einen Teil davon geben sie an die Kunden weiter, die ihre Policen verkaufen.

Unser Rat

Alternativen. Prüfen Sie Alternativen zur Kündigung oder zum Verkauf Ihrer Police. Sie können auch ein Policendarlehen aufnehmen oder sich bereits fest gutgeschriebene Über­schüsse auszahlen lassen. Mehr dazu finden Sie in unserer Übersicht.

Vergleich. Falls Sie Ihre Police verkaufen wollen, fragen Sie alle sechs Firmen aus der Tabelle per E-Mail nach einem Angebot. Entscheiden Sie sich für das höchste. So können Sie auf einen Schlag eine größere Summe erhalten als den Rück­kaufs­wert. Ein Vergleich der Angebote ist nicht schwer, der Markt ist relativ über­schaubar.

Kauf­preis. Ein Angebot, bei dem der Kauf­preis in Raten gezahlt werden soll, ist unseriös. Lassen Sie die Finger davon.

Verkauf ist bessere Alternative zur Kündigung

Viele Lebens­versicherungs­kunden kündigen dennoch – vielleicht auch, weil sie die Alternativen nicht kennen. Allein 2020 wurden Verträge im Wert von 13,3 Milliarden Euro storniert. Dies geht aus der Statistik des Gesamt­verbandes der Deutschen Versicherungs­wirt­schaft (GDV) hervor. Im selben Jahr kauf­ten Ankaufs­firmen nach Angaben ihres Bundes­verbandes Vermögens­anlagen im Zweitmarkt Lebens­versicherungen (BVZL) Policen im Wert von „nur“ 290 Millionen Euro.

Wir haben Zweitmarkt­firmen nach ihren Ankaufs­kriterien gefragt. Sechs der acht Firmen haben unseren Fragebogen beant­wortet (siehe Tabelle). Zuvor hatten wir ihnen eine Police von einem Test­kunden angeboten, ohne dass wir selbst erkenn­bar waren.

Vier Unternehmen machten uns ein Kauf­an­gebot

Das Unternehmen Pacta Invest lehnte eine Teil­nahme an unserer Befragung ab, machte unserem Testkäufer jedoch ein Ankaufs­angebot. Auch vier der sechs Teilnehmer an unserer Befragung wollten die Police kaufen, zwei lehnten ab. Die Firma Proconcept (Ankauf plus) reagierte weder auf unsere Anfrage noch auf die E-Mail unseres Testkäufers.

Grund­voraus­setzung für einen Ankauf auf dem Zweitmarkt: Es gibt einen Rück­kaufs­wert, der auf Basis des aktuellen Vertrags­guthabens berechnet worden ist. Rürup-Verträge kommen also nicht infrage, da sie nicht vorzeitig gekündigt werden können. Auch Riester-Verträge kaufen die Zweitmarkt­firmen nicht. Kunden, die eine Riester-Rente vorzeitig kündigen, müssen die staatliche Förderung zurück­zahlen; der ausgezahlte Betrag wäre somit geringer.

1 331 Euro mehr als Rück­kaufs­wert

Wenn ein Vertrag die in unserer Tabelle genannten Kriterien erfüllt, ist das zwar noch kein Garant für einen Ankauf. Doch es gibt eine gute Chance, aus der Versicherungs­police mehr Geld heraus­zuholen, als der Versicherer bei einer Kündigung zahlt. Dies zeigt unsere Stich­probe. Unser Tester hat den Zweitmarkt­firmen eine bei der Debeka abge­schlossene Kapital­lebens­versicherung mit einem Rück­kaufs­wert von 22 092 Euro angeboten.

  • Policen Direkt wollte ihm für die Police 23 423 Euro zahlen, 1 331 Euro mehr als den Rück­kaufs­wert.
  • Winninger wollte 22 925 Euro zahlen, 833 Euro mehr als den Rück­kaufs­wert. Die Firma wirbt damit, dass sie pauschal mindestens 2,8 Prozent mehr zahlt als der Rück­kaufs­wert, wenn die in der Tabelle genannten Kriterien erfüllt sind. Winninger und Life­Finance sind „Koope­rations­partner“. Ihre Kauf­preis­angebote für unseren Testfall unterschieden sich deshalb nicht.
  • CFI Fairpay bot 22 800 Euro, 708 Euro mehr als den Rück­kaufs­wert.
  • Partner in Life und Cashlife lehnten einen Ankauf ab. Die „definierten Renditekriterien“ seien nicht erfüllt.

Ein Angebot anzu­fordern ist einfach und lohnt sich

Unser Beispiel lässt sich nicht ohne Weiteres auf andere Policen über­tragen, doch es zeigt: Es lohnt sich, Angebote einzuholen. Wichtig ist, dabei stets kritisch zu sein. Die Firma Pacta Invest, die unseren Fragebogen nicht beant­wortete, bot 5,5 Prozent weniger als den Rück­kaufs­wert. Der Grund: Sie zahle diese Summe garan­tiert inner­halb von 18 Tagen. Doch dieses „schnelle Geld“ ist aus unserer Sicht keine Alternative zum höheren Rück­kaufs­wert vom Versicherer.

Die von Versicherern seit einigen Jahren angebotenen neuartigen klassischen Produkte mit abge­senktem Garan­tieniveau werden von den meisten befragten Zweitmarkt­firmen nicht angekauft. Bei diesen Produkten garan­tieren die Versicherer meist nur noch maximal den Beitrags­erhalt. Im Gegen­zug versprechen sie ihren Kunden die Chance auf eine höhere Über­schuss­beteiligung. Doch diese Chance ist ungewiss.

Ankauf beitrags­freier Verträge

Alle Versicherer in unserer Tabelle haben weitere Gemein­samkeiten: Sie kaufen auch beitrags­freie Verträge und sie zahlen den Kauf­preis auf einen Schlag aus. Der Kunde bekommt sein Geld also nicht in Raten. Damit erfüllen alle eine Voraus­setzung, die ihr Lobby­verband BVZL von seinen Mitglieds­unternehmen verlangt. Zwei weitere der BVZL-Anforderungen: Die Firma macht dem Kunden ein Angebot, ohne dafür Geld zu verlangen, und der bei einer privaten Kapital­lebens- oder Renten­versicherung immer enthaltene Todes­fall­schutz bleibt erhalten.

Todes­fall­schutz besser mit Risiko­lebens­versicherung

Sterben Versicherte nach dem Verkauf seiner Police, bekommen die im Vertrag genannten Hinterbliebenen also noch Geld. Allerdings zieht die Zweitmarkt­firma dann den Kauf­preis, die von ihr weiter gezahlten Beiträge sowie eine Verzinsung von der Todes­fall­summe ab, sodass dies womöglich kein angemessener Todes­fall­schutz ist.

Wenn Sie Hinterbliebene für den Fall Ihres Todes absichern wollen, schließen Sie eine Risiko­lebens­versicherung ab. Sie ist im schlimmsten Fall der bessere und güns­tigere Schutz für Hinterbliebene als mit einer Kapital­lebens­versicherung. Mehr dazu finden Sie unter test.de/risikolebens‧versicherung

Mindest­kriterien für den Ankauf

Darüber hinaus gibt es weitere Einschränkungen: Die Firmen in unserer Tabelle machen den Ankauf einer Police von Kriterien abhängig, die mindestens erfüllt werden müssen. So muss der Mindest­rück­kaufs­wert je nach Händ­lerfirma 5 000 Euro, 8 000 Euro oder 10 000 Euro betragen.

Unternehmen stellen unterschiedliche Bedingungen

Drei Firmen verlangen, dass die Zeit bis zum regulären Ablauf des Vertrags mindestens ein Jahr beträgt; eine verlangt eine Rest­lauf­zeit von mindestens zwei, eine andere von mindestens drei Jahren. Das Unternehmen Cashlife hat keine Einschränkungen bei der Mindest­rest­lauf­zeit. Für die bisherige Vertrags­lauf­zeit machen vier der sechs Firmen keine Vorgabe. Partner in Life kauft nur Verträge, die vor 2015 abge­schlossen worden sind. Winninger hat diese Einschränkung für Angebote, die das Unternehmen online über seine Internetseite macht, nicht jedoch für per E-Mail ange­forderte Angebote. Ein Grund für die Grenze 2015 ist offen­bar die Höhe des Garan­tiezinses, also die Mindest­verzinsung auf den Sparbeitrag des Kunden, den die Versicherer bei Vertrags­schluss garan­tieren. Anfang 2015 ging er für Neuverträge von 1,75 auf 1,25 Prozent zurück. Wer einen neuen Vertrag abschließt, bekommt heute nur noch maximal 0,25 Prozent garan­tiert.

Je höher der Garan­tiezins desto besser

Früher war der Garan­tiezins viel attraktiver für Kunden und – bei einem Verkauf – auch für die Zweitmarkt­firma, die den Vertrag weiterführt. So gibt es 2,75 Prozent bei den zwischen Januar 2004 und Dezember 2006 abge­schlossenen Verträgen. „Grund­sätzlich ist bei den Policen­ankäufern das Kriterium Garan­tiezins ausschlag­gebend“, sagt der Vorstand von Cashlife, Alex Brinkmann. Je höher der Garan­tiezins, desto besser. Doch ein Garant für den Ankauf ist auch der nicht.

Für die Auszahlung des Kauf­preises brauchen die Zweitmarkt­firmen nach eigenen Angaben im Schnitt etwa drei bis vier Wochen, je nach Bearbeitungs­zeit des Versicherers.

Verkauf für den Kunden oft steuerfrei

Kunden, die ihre Lebens­versicherung verkaufen wollen, müssen in vielen Fällen keine Steuern zahlen. Entscheidend dafür, ob beim Verkauf Abgeltung­steuer in Höhe von 25 Prozent plus Solidaritäts­zuschlag fällig wird, ist das Datum des Vertrags­schlusses.

Vor 2005: Erträge bei Verkauf steuerfrei

Hier sind die Erträge beim Verkauf steuerfrei, wenn der Vertrag eine Mindest­lauf­zeit von zwölf Jahren hatte und wenn der Kunde mindestens fünf Jahre Beiträge gezahlt hat. Für Verträge, die ab dem 31. März 1996 geschlossen wurden, gilt außerdem, dass ein Todes­fall­schutz in Höhe von mindestens 60 Prozent der Beitrags­summe vereinbart worden sein muss. Sind diese Vorgaben nicht erfüllt, muss der Kunde die Differenz zwischen Kauf­preis und den insgesamt gezahlten Beiträgen versteuern.

Ab 2005: Abgeltungs­steuer auf den Gewinn

Hier zahlt der Verkäufer beim Verkauf Abgeltung­steuer. Der zu versteuernde Veräußerungs­gewinn ist der Unter­schieds­betrag zwischen dem Kauf­preis und den gezahlten Beiträgen. Achtung: Über­steigt die Beitrags­summe den Kauf­preis, fallen keine Steuern an.

Leser­aufruf – Schreiben Sie uns!

Haben Sie Ihre Police zum Verkauf angeboten? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Haben Sie einen guten Preis für Ihre Police erzielt? Oder haben die Zweitmarkt­firmen den Ankauf abge­lehnt? Schreiben Sie uns bitte Ihre Erfahrungen:

zweitmarkt@stiftung-warentest.de

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • proConceptAG am 10.11.2015 um 16:39 Uhr
    Neutraler Journalismus & gute Recherche? (Teil 2)

    Zitat: „Proconcept (LV-Doktor) ist ein auf Gewinn ausgerichtetes Unternehmen, von dem wir erwarten, dass es alle seine Kunden fair behandelt. Wo dies nicht der Fall ist, werden wir das auch künftig kritisieren.“ (PH)
    Wir gehen davon aus, dass dies nicht nur ein Lippenbekenntnis ist und nur für die proConcept, sondern ALLE Unternehmen gilt. Wann wollen Sie also damit beginnen, auch die Versicherer kritisch zu beleuchten und über jeden Fall unfairer Behandlungen von Kunden durch Versicherer berichten?

  • proConceptAG am 10.11.2015 um 16:38 Uhr
    Neutraler Journalismus & gute Recherche? (Teil 1)

    Schade, dass test.de immer wieder die Fälle Zunker und Krebs zitiert und diese pauschalisiert. Nicht nur, dass mit diesen beiden Kunden letztlich eine zufriedenstellende Einigung im Sinne beider Parteien erzielt werden konnte, auch sind diese Fälle Einzelfälle. Wir haben Ihnen bereits mehrfach unsere Gesprächsbereitschaft signalisiert und konkret angeboten, über jeden erfolgreich abgewickelten Fall Auskunft zu erteilen. Schließlich reklamieren Sie ja für sich selbst, über jedes Unternehmen zu berichten, welches seine Kunden unseriös behandelt. Und jeder unserer Fälle, die erfolgreich abgeschlossen wurden, steht für einen durch die Versicherungsunternehmen unfair behandelten Kunden.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 05.11.2015 um 09:19 Uhr
    Proconcept / Widerruf

    Leider gibt es auch Kunden, denen Proconcept vollmundige Versprechungen gemacht hat, die dann nicht eingehalten worden sind. Hier ein Beispiel:
    www.test.de/Lebensversicherung-Proconcept-fuehrt-Kunden-bewusst-in-die-Irre-4703381-0 (maa)

  • proConceptAG am 03.11.2015 um 17:15 Uhr
    Dank proConcept Widerrufsjoker für LV‘s

    Auch wir sind nicht frei von Fehlern, deswegen haben wir die harsche und in der Mehrheit der Punkte ungerechtfertigte Kritik von test dennoch zum Anlass genommen, sowohl interne Prozesse als auch unser Rechtsschutzmodell LV-Doktor zu optimieren. Die von woejrle59 zitierte Wartezeit von 3 - 6 Wochen für die Rückkaufswerte ist an der Tagesordnung. Zudem konnten wir, obwohl unsere Rechtsauffassung und unsere Bemühungen von test belächelt wurden, in den vergangenen Monaten viel erreichen: Sowohl das EuGH-Urteil zum unbegrenzten Widerruf von LV‘s – der sogenannte Widerrufsjoker – als auch zahlreiche Grundsatzentscheidungen am BGH haben die Netzwerkanwälte von LV-Doktor erzielt. 85 Verfahren konnten wir bereits am BGH erfolgreich beenden, weitere 118 Verfahren sind derzeit dort anhängig. Auch konnten von den 18 eingereichten Verfassungsbeschwerden 12 gewonnen werden, 39 Nichtzulassungsbeschwerden erfolgreich vorgelegt & Hunderte von Vergleichen und stattgebenden Urteilen erzielt werden.

  • PactaInvest am 11.03.2015 um 16:14 Uhr
    Auszahlung in 18 Tagen

    Sehr geehrte Damen und Herren von Finanztest,
    Sie kritisieren in Ihrem Testbericht aus dem Jahr 2012, dass sich in unseren Ankaufsbedingungen kein Hinweis auf die Auszahlungsfrist findet, obwohl wir von 14-20 Tagen sprechen. Wir haben diese Kritik aufgenommen und die Bearbeitungsdauer nun auch in den Kaufvertragsbedingungen verankert. Der Kunde hat damit einen Rechtsanspruch auf Auszahlung nach spätestens 18 Tagen. Des Weiteren erlauben wir uns den Hinweis, dass in Ihrem Testbericht unterschiedliche Geschäftsmodelle miteinander verglichen werden. Wir kaufen nicht nur die "Nuggets", sondern geben eine Ankaufsgarantie für alle Verträge, d.h. auch für Verträge deren Weiterführung sich nicht lohnt. Wir betreiben Policenfactoring, deshalb auch die Gebühren. Dass die Auszahlung des Kaufpreises in einer Summe erfolgt, versteht sich von selbst.