
Verkauft. Versicherer Generali will sich von rund 150 000 Pensionskassenverträgen trennen. © picture alliance / Daniel Kalker
Die Generali Deutschland Pensionskasse verkauft 150 000 Betriebsrentenverträge deutscher Kunden an einen Abwickler. Hier beantworten wir die wichtigsten Fragen.
Abwicklung von Lebensversicherungen
Drei Finanztest-Artikel als PDF. Die wichtigsten Fragen zum Thema Run-off beantworten wir hier. Wenn Sie unsere bisherige Berichterstattung zum Thema im Print-Layout lesen möchten, können Sie die PDFs zu den Artikeln aus Finanztest 6/2019, 1/2018 und 11/2017 herunterladen.
Ihre Erfahrungen sind wertvoll. Sind Sie Kunde eines verkauften Unternehmens? Haben Sie einst eine Lebens- oder Rentenversicherung, eine Riester- oder Rürup-Rente bei DBV Winterthur, Zurich Deutscher Herold, Arag, Delta Llyod, Basler, Mannheimer, Generali, Skandia oder Heidelberger Leben abgeschlossen? Wie sind Ihre Erfahrungen mit den neuen Eigentümern Frankfurter Leben, Viridium oder Athora? Werden Sie gut informiert üben den Stand Ihres Vertrages? Vertrauen Sie auf eine gute Entwicklung Ihrer Versicherung? Schreiben Sie uns bitte eine Mail an
run-off@stiftung-warentest.de.
Alle Fragen im Überblick
- Was passiert mit den Verträgen der Generali Deutschland Pensionskasse AG?
- Was genau passiert bei so einem Verkauf?
- Warum verkaufen Versicherer wie Generali, Axa oder Zurich gerade jetzt ihren Kundenbestand?
- Sind alle Verträge bei Axa und Zurich betroffen?
- Wird die Mehrzahl der Lebensversicherer ihren Kundenbestand demnächst verkaufen?
- Ein Versicherungsunternehmen nimmt keine Kunden mehr – das klingt absurd. Einst gaben die Lebensversicherer viel Geld aus, um neue Kunden zu werben. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert?
- Muss ich zustimmen, wenn mein Versicherer meinen Vertrag an eine andere Firma verkauft?
- Kann ich noch etwas tun, um meinen Vertrag zu optimieren?
- Was sagen Gesetzgeber und staatliche Versicherungsaufsicht zu dem Thema?
- Wie finanzieren die Run-off-Firmen meine lebenslange Rente, wenn sie immer weniger Beiträge einnehmen? Denn neue Kunden kommen ja nicht dazu.
- Wenn die traditionellen Lebensversicherer ihre Kunden loswerden wollen, warum führen die Run-off-Firmen die Verträge weiter? Wie funktioniert deren Geschäftsmodell?
- Ist kündigen eine gute Alternative, wenn ich meinen Vertrag nicht bei einem Run-off-Unternehmen fortführen will?
- Kann ich mich weiterhin an den Versicherungsombudsmann wenden, wenn ich bei einem Problem mit der Run-off-Firma dort nicht weiterkomme?
- Gilt die alte Garantie von 3,5 Prozent noch?
- Was passiert, wenn die Run-Off-Gesellschaft pleite geht?
Die häufigsten Fragen von Finanztest-Lesern
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Was passiert mit den Verträgen der Generali Deutschland Pensionskasse AG?
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Die Run-Off-Gesellschaft Frankfurter Leben-Gruppe hat die Generali Deutschland Pensionskasse erworben. Die Transaktion umfasst laut Frankfurter Leben rund 150 000 Versicherungsverträge und rund 2,8 Milliarden Euro Kapitalanlagen. Für die Kunden der Generali Deutschland Pensionskasse ändert sich laut dem neuen Besitzer nichts. Die Versicherungsverträge würden unverändert fortgeführt. Es ist der fünfte Versicherungsbestand, den die Frankfurter Leben-Gruppe aufkauft.
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Was genau passiert bei so einem Verkauf?
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Zuerst beschließt ein Lebensversicherer, sein Neugeschäft einzustellen, er nimmt also keine neuen Kunden mehr an. Bestehende Verträge müssen aber weitergeführt werden bis zum Vertragsablauf – also bis jeder Kunde seine Kapitalleistung erhalten hat und der letzte Rentner gestorben ist. Fürs Abwickeln hat ein Versicherer zwei Möglichkeiten: Entweder er behält die Verträge im eigenen Unternehmen, bis sie abgelaufen sind, oder er verkauft sie an eine Abwicklungsgesellschaft (Run-off-Firma). Run-off heißt übersetzt Ablaufen. Auch so eine Firma untersteht der staatlichen Versicherungsaufsicht Bafin – wie alle Lebensversicherer.
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Warum verkaufen Versicherer wie Generali, Axa oder Zurich gerade jetzt ihren Kundenbestand?
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Vor Generali haben auch andere Versicherer Bestände verkauft – die Axa etwa rund 900 000 klassische Lebens- und Rentenversicherungsverträge an die Run-Off-Gesellschaft Athora. Zurich will 720 000 Verträge an das Unternehmen Viridium übertragen. Die Finanzaufsicht Bafin muss den Verkäufen allerdings noch zustimmen. Viele Lebensversicherer sind unter Druck, weil es ihnen in der Niedrigzinsphase immer schwerer fiel, an den Kapitalmärkten hohe Erträge zu erzielen. Die brauchen sie, um die Leistungen erfüllen zu können, die sie in früheren Renten- und Lebensversicherungen garantiert haben.
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Sind alle Verträge bei Axa und Zurich betroffen?
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Nein. Es werden nur Teilbestände der beiden Versicherer verkauft. Bei Axa betrifft es die Verträge des ehemaligen Unternehmens DBV Winterthur, die Axa 2006 übernommen hat. Bei Zurich sind es die Verträge der Konzerntochter Zurich Deutscher Herold. Andere Verträge sind bisher nicht betroffen.
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Wird die Mehrzahl der Lebensversicherer ihren Kundenbestand demnächst verkaufen?
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Das weiß noch niemand. Am Anfang waren es nur kleinere Lebensversicherer. Doch nachdem das Branchenschwergewicht Generali sich mit seinem Lebensversicherungsbestand ebenfalls zu diesem Schritt entschlossen hat, haben nun weitere große Versicherer wie Axa und Zurich nachgezogen. Dies könnte so weitergehen. Ob sie bestehende Verträge dann im eigenen Unternehmen bis zum Ablauf halten oder an eine Run-off-Firma – auch Abwicklungsfirma genannt – verkaufen, steht in den Sternen. Auch die Ergo hatte zunächst den Verkauf angekündigt, wickelt den Bestand nun jedoch selbst ab. Der Marktführer Allianz hat ausgeschlossen, dass er das Neugeschäft einstellt und bestehende Verträge abwickelt. Dies gilt auch für andere Versicherer, etwa die Nürnberger.
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Ein Versicherungsunternehmen nimmt keine Kunden mehr – das klingt absurd. Einst gaben die Lebensversicherer viel Geld aus, um neue Kunden zu werben. Was hat sich in der Zwischenzeit geändert?
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Die Unternehmen reagierten in der Niedrigzinsphase unterschiedlich. Einige haben neue Angebote mit niedrigeren Garantien auf den Markt gebracht, andere setzen verstärkt auf Versicherungen mit Fonds und Kosteneinsparungen oder beides. Auch steigende IT-Kosten für Altbestände durch neue Vorgaben der Finanzaufsicht könnten einige Versicherer zum Verkauf veranlassen.
Die Finanzaufsicht Bafin fordert die Lebensversicherer immer wieder auf, ihre Vertriebskosten zu senken. Denn hohe Kosten schmälern ihre Wettbewerbsfähigkeit und knabbern an den Leistungen der Kunden. Die Abwicklungsunternehmen, die ja keine neuen Kunden mehr wollen, können auf einen teuren Außendienst verzichten und wollen die Verwaltungskosten für bestehende Verträge verringern. Doch von möglichen Kostenersparnissen müssen sie nur die Hälfte an ihre Kunden weiterreichen.
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Muss ich zustimmen, wenn mein Versicherer meinen Vertrag an eine andere Firma verkauft?
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Nein, Ihr Versicherer muss Ihre Zustimmung nicht einholen, er darf verkaufen, ohne Sie als Kunden zu fragen. Allerdings ist eine Genehmigung der Finanz- und Versicherungsaufsicht notwendig. Die Bafin stimmt laut Versicherungsaufsichtsgesetz zu, „wenn die Belange der Versicherten gewahrt sind und die Verpflichtungen aus den Versicherungen als dauernd erfüllbar dargetan sind“. Eine Bedingung für den Verkauf ist es, dass – so heißt es in der Fachsprache – „der Wert der Überschussbeteiligung der Versicherten des übertragenden und des übernehmenden Versicherungsunternehmens nach der Übertragung nicht niedriger ist als vorher“. Übersetzt heißt das: Ihre bereits garantierte Überschussbeteiligung bleibt Ihnen auch beim neuen Unternehmen erhalten, nicht fest zugesagte Überschüsse aber nicht. Prüfen Sie Ihre Standmitteilung von der neuen Gesellschaft genau. Hat sich Ihre Überschussbeteiligung verschlechtert? Fragen Sie die Gesellschaft nach den Gründen.
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Kann ich noch etwas tun, um meinen Vertrag zu optimieren?
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Nein, speziell für den Run-off haben wir leider keine Tipps für Sie. Sie sparen aber häufig, wenn Sie zum Beispiel den Beitrag einmal jährlich im Voraus zahlen statt monatlich. Durch den höheren Verwaltungsaufwand erheben manche Versicherer Gebühren für monatliche Zahlungen.
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Was sagen Gesetzgeber und staatliche Versicherungsaufsicht zu dem Thema?
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Die Bafin hat bisher alle Verkäufe genehmigt. Sie hat nach eigenen Angaben zuvor geprüft, ob „die Belange der Versicherten gewahrt“ sind. Der Bundestag hat dazu bisher keine Beschlüsse gefasst. Einzelne Abgeordnete haben sich jedoch kritisch geäußert.
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Wie finanzieren die Run-off-Firmen meine lebenslange Rente, wenn sie immer weniger Beiträge einnehmen? Denn neue Kunden kommen ja nicht dazu.
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Die Kapitalanlagen, die den Kunden zugeordnet sind, ziehen bei einem Run-Off mit zum neuen Unternehmen um. Da die privaten Rentenversicherungen nach dem Kapitaldeckungsverfahren arbeiten und nicht nach dem Umlageverfahren wie die gesetzliche Rente, müssen die Renten aus diesem Kapital gezahlt werden. Wie gut das funktioniert, wenn keine neuen Beiträge mehr dazukommen und die letzten Rentner aus immer kleineren Kapitalanlagen bedient werden müssen ist aber unklar. Die Unternehmen sind aber verpflichtet, mindestens die garantierten Renten weiterzuzahlen. Würden sie zahlungsunfähig, müsste die Sicherungseinrichtung Protektor einspringen. Sie zahlt dann die Renten weiter.
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Wenn die traditionellen Lebensversicherer ihre Kunden loswerden wollen, warum führen die Run-off-Firmen die Verträge weiter? Wie funktioniert deren Geschäftsmodell?
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Die Abwicklungsgesellschaften setzten darauf, möglichst viele Verträge zu erwerben. Sie wollen wachsen, um den stillgelegten Bestand möglichst kostengünstig verwalten zu können. Wenn Sie weniger Kosten haben, als einst kalkuliert, bleibt mehr Gewinn übrig. Von ihren Kostengewinnen müssen sie ihren Kunden allerdings 50 Prozent abgeben. Ob das Geschäftsmodell langfristig funktioniert, ist ungewiss.
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Ist kündigen eine gute Alternative, wenn ich meinen Vertrag nicht bei einem Run-off-Unternehmen fortführen will?
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Nein, das ist meist keine gute Alternative. Kündigen Sie möglichst keine noch einige Jahre laufende Lebens- oder Rentenversicherung. Dies gilt vor allem für Verträge, die schon sehr lange laufen. Eine vergleichbar hohe sichere Verzinsung gibt es derzeit nicht. Auch eine Beitragsfreistellung ist bei gut verzinsten Verträgen nicht empfehlenswert. Dies sollten Sie nur tun, wenn Sie sich die Beiträge nicht mehr leisten können. Auch das Verkaufen einer Lebensversicherung empfiehlt sich in der Regel nicht.
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Kann ich mich weiterhin an den Versicherungsombudsmann wenden, wenn ich bei einem Problem mit der Run-off-Firma dort nicht weiterkomme?
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Ja, denn alle aufgekauften Versicherer sind Mitglieder im Verein Versicherungsombudsmann. Ihre Kunden können sich also bei dieser Schlichtungsstelle beschweren.
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Gilt die alte Garantie von 3,5 Prozent noch?
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Wir, ein Ehepaar, haben 1991 zwei Kapitallebensversicherungen bei der Berlinischen Lebensversicherung abgeschlossen, einem traditionsreichen 1836 gegründeten Unternehmen. Es wurde 1998 vom Versicherer Delta Lloyd übernommen, der weiter neue Kunden warb. Im Jahr 2015 übernahm die Run-off-Plattform Athene Lebensversicherung Delta Lloyd und wickelt seitdem bestehende Verträge ab. Neue Kunden werden nicht mehr angenommen. Sind unsere Garantien von 3,5 Prozent noch sicher?
Ja, Ihre Garantien sind sicher. Die Athene Lebensversicherung ist die „wichtigste operative Tochtergesellschaft von AGER Bermuda Holding Ltd.“, wie es auf der Internetseite des Unternehmens heißt. Die Muttergesellschaft sitzt auf den Bermudas. Doch Sie müssen sich keine Sorgen machen: Für Sie als Kunden der deutschen Tochtergesellschaft gilt deutsches Recht. Das bedeutet für Sie: Der bei Vertragsschluss gegebene Garantiezins hat bis zum Vertragsschluss Bestand.
Ihr hoher Garantiezins von 1991 gilt bis zum Vertragsende im Jahr 2031. Was an Überschüssen hinzukommt, ist jedoch ungewiss.
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Was passiert, wenn die Run-Off-Gesellschaft pleite geht?
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Die gesetzlich vorgeschriebene Sicherungseinrichtung bleibt unter dem Namen Protektor bestehen. Auch die Run-off-Plattformen sind dort Mitglied. Das bietet den Kunden Schutz bei Insolvenz.
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- Seit 2022* gibt es bei der Run-off-Firma Proxalto Probleme mit der Auszahlung früherer Generali-Verträge. Was betroffene Kunden tun können.
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Die diplomatischen und sowohl gegenüber Versicherungsunternehmen als auch dem Aufsichtsamt sehr wohlwollenden Interpretationen möchte ich wie folgt ergänzen. Das BaFin steckt in einem unauflösbaren Konflikt zwischen den Zielen Systemschutz einerseits und Verbraucherschutz andererseits. Und welches Ziel das BaFin priorisiert, hat jeder Branchenkenner in den letzten Jahren verstanden. Der Verbraucherschutz ist es nicht! Kluge VerbraucherInnen werden Versicherungsprodukte zur Altersvorsorge daher konsequent meiden und gemäß dem Grundsatz „Sparen und Versichern ist zu trennen“ vorgehen. Wie sich die Problematik der Vehikelrisiken bei den Versicherern entwickelt (§ 314 VAG lässt grüßen), sollte man sich am liebsten von der Ferne anschauen.
Prof. Dr. Hartmut Walz
Es ist nicht kundenorientiert diese Geschäftsgebaren. Sicher im Insolvenzfall abgesichert. Aber unter welchen Bedingungen?
Meine LV ist fondgebunden. Zufällige und gezielte Nachforschungen ergaben zu geringe Deckungssumme und hochspekulative Fonds. Im schlechtesten Fall sind die nicht insolvent und ich hätte nichts bekommen. Eine Altersvorsorge soll nicht nur sicher sein, sondern mich auch verlassen können.
Auch ich wurde verkauft, d. h. staatlich geförderlich Altervorsorge. Ein Profi hatte lange nach dem Fond gesucht. Beim Abschluß wurde ich nicht richtig informiert, was bedeutet ein Fondbasierte Altersvorsorge, doch anderes Thema. Der Fond, der auf dem Vertrag angegeben wurde, gibt's nichts mehr, sondern hoch spekulative Fonds, mit viel zu geringer Deckung. Dabei ändert sich angeblich nichts, und die Versicherung ist sogar verpflichtet zu informieren und den Garantiezins zu gewähren. Ich als Laie habe ich mich darauf verlassen und wie soll ich das nachprüfen können. Wenn ich bei Renteneintritt meine Ansprüche geltend machen werde , kommt das böse Aufwachen und wäre es zu spät gewesen. Lieber lege ich mein Geld unter Kopfkissen!
@rauschkugel: Proxalto ist Mitglied im Sicherungsfonds der Lebensversicherungsunternehmen, der Protektor-AG. Sie springt im Insolvenzfall ein. (PH)
Was passiert mit dem Geld meiner LV, wenn das Run-Off-Unternehmen (hier PROXALTO) insolvenz anmeldet? Ist das abgesichert, ähnlich wie bei der Einlagensicherung?