Mieter sparen Heizkosten, Wohnungseigentümer haben eine neue Heizung und Vermieter ihre Ruhe. Das ist der Idealfall, wenn ein Contractor die Wärme liefert.
Wenn die Mieter am Hückelhovener Ring im brandenburgischen Wildau ihre Heizung aufdrehen, kommt die Wärme jetzt nicht mehr aus dem weit entfernten Kraftwerk, sondern aus der hauseigenen Heizzentrale. Das wird ihre Heizkosten um rund 25 Prozent senken, verspricht der Vermieter, die Wildauer Wohnungsbaugesellschaft.
Möglich macht das eine hocheffiziente Heizanlage – eingebaut und finanziert von der Firma Techem. Auch für den Betrieb der Anlage und den Brennstoffeinkauf ist in Zukunft die Techem verantwortlich.
Trotz hoher Investitionskosten ist der Wärmepreis, den die Techem abrechnet, günstiger als zuvor, denn die neue Anlage verbraucht viel weniger Brennstoff als das Kraftwerk. Davon profitiert die Umwelt: Jährlich werden für die Heizung der 24 000 Quadratmeter Wohnfläche in der großen Wohnanlage 240 Tonnen Kohlendioxid weniger ausgestoßen als vorher.
Die Wildauer Wohnungsbaugesellschaft ist ein positives Beispiel dafür, wie Contracting funktionieren kann. Doch nicht immer profitieren sowohl Mieter als auch Vermieter vom Umstieg. Finanztest erläutert die Vor- und Nachteile.
Was ist Contracting und wozu soll es dienen?
Der Begriff Contracting kommt aus dem Englischen: „Contract“ heißt Vertrag. Beim Energiecontracting gibt der Eigentümer eines Gebäudes die Verantwortung für die gesamte Wärmelieferung im Haus an einen Wärmelieferanten (Contractor) ab. Der übernimmt – wie in Wildau die Firma Techem – den Betrieb der Heizungsanlage und ist fortan für die Wärmelieferung im Haus zuständig. Anders als ein herkömmlicher Energieversorger kümmert sich der Contractor neben der Energielieferung auch um die Installation der Heizanlage und deren Betrieb und Wartung.
Viele Vermieter scheuen sich, selbst in neue Heiztechnik zu investieren. Nicht nur, weil ihnen häufig das Kapital fehlt, sondern auch, weil sie die Kosten nur zum Teil auf die Mieter umlegen können.
Mit dem Contracting, so hoffen die Befürworter, könnte die Modernisierung der Millionen veralteter Heizkessel in Deutschland vorankommen. Denn der Contractor übernimmt die Investition.
Anders als der Vermieter profitiert er von der eingesparten Energie: Je effizienter die von ihm betriebene Anlage arbeitet, desto weniger Brennstoff muss er einkaufen und desto größer ist am Ende sein Gewinn.
Was sind die Vorteile des Contractings?
Die Vorteile liegen vor allem im Klimaschutz. Modernisierte Heizanlagen stoßen viel weniger Kohlendioxid aus, das schont die Umwelt.
Vom Contracting profitiert auch der Vermieter. Er gibt die Verantwortung für die Heizung ab, hohe Investitions- und Wartungskosten sind für ihn kein Risiko mehr. Im Idealfall profitiert wie in Wildau auch der Mieter, indem sich durch die eingesparten Energiekosten seine Warmmiete reduziert.
Was kostet Contracting und wer bezahlt es?
Der Wärmepreis, den der Contractor je Kilowattstunde in Rechnung stellt, ist deutlich höher als die Heizkosten, die der Vermieter mit seinem Mieter abgerechnet hat. Möglich sind 10 bis 40 Prozent. Hintergrund: Mit dem Wärmepreis werden auch die Kapitalkosten, Abschreibungen, Instandhaltungskosten, Unternehmergewinn und mehr bezahlt.
Bereitstellung und Betrieb der Heizanlage sind aber Sache des Vermieters und mit der Grundmiete abgegolten. Muss der Mieter nun einen Wärmepreis statt nur die Heizkosten bezahlen, wird er doppelt belastet: Er zahlt für die Heizanlage einmal über die Grundmiete und einmal über den Wärmepreis. Um diese Doppelbelastung zu vermeiden, senken einige Vermieter die Kaltmiete.
Darf der Vermieter den Mieter mit Zusatzkosten belasten?
Nein. Der Bundesgerichtshof hat in verschiedenen Urteilen entschieden, dass der Vermieter für die Umstellung auf Wärmecontracting die Zustimmung des Mieters braucht, falls der Mieter anschließend mehr bezahlen soll (Az. VIII ZR 54/04 und Az. VIII ZR 362/04). Ausnahme: Er hat sich die Umstellung auf einen gewerblichen Wärmelieferanten bereits im Mietvertrag vorbehalten ( Az. VIII ZR 202/06).
Die Urteile haben dazu geführt, dass zurzeit nur wenige Immobilienbesitzer neue Contractingverträge für Mietshäuser abschließen. Die Bundesregierung sieht im Contracting aber ein wirksames Mittel, um ihre Klimaschutzziele bis 2020 zu erreichen. Selbst der Deutsche Mieterbund befürwortet Contracting, sofern damit Energie gespart wird.
Verbände und Politik arbeiten zurzeit an einer Regelung, die den Vermietern eine Umstellung auf Contracting ohne Zustimmung des Mieters ermöglicht. Das soll aber nur erlaubt sein, wenn die im Wärmepreis umgelegten Investitions- und Betriebskosten durch die Energieersparnis ausgeglichen werden. Die Warmmiete soll nach der Umstellung nicht höher sein als nach einer vergleichbaren Modernisierung durch den Vermieter.
Wann hat auch der Mieter etwas von der eingesparten Energie?
Das hängt vom Einzelfall ab. Es gibt Beispiele wie in Wildau, bei denen die Einsparungen so hoch sind, dass die Warmmiete reduziert werden kann. Häufig werden die eingesparten Energiekosten aber komplett dafür aufgebraucht, die Heizanlage, die Wartung und den Unternehmensgewinn des Contractors zu finanzieren.
Allerdings käme der Mieter meist nicht billiger weg, wenn der Vermieter selbst eine energiesparende Heizung einbauen würde. Denn über die Modernisierungsumlage kann der Vermieter einen Teil der Kosten auf die Miete draufschlagen. Trotz Energieersparnis wird sich die Warmmiete deshalb nach einer Modernisierung durch den Vermieter oft erhöhen.
Wie viel Energie wird durch Contracting eingespart?
Durchschnittlich etwa 20 Prozent. Dieser Wert kann aber deutlich unter- oder auch überschritten werden. Entscheidend ist, ob und in welchem Umfang der Contractor in Modernisierungsmaßnahmen investiert.
Es geht nicht immer gleich um den Einbau einer komplett neuen Heizanlage: Schon mit einer optimierten Heizungsregelung oder dem Einbau einer effizienten Heizungspumpe kann der Contractor viel Energie einsparen. Das sind einfache Maßnahmen, an denen der Vermieter in der Regel kein eigenes Interesse hat, weil er nicht selbst davon profitiert.
Wer ist Ansprechpartner des Mieters, wenn die Heizung kalt bleibt?
Das ist weiterhin der Vermieter. Die Contractoren werben aber damit, dass sie einen 24-Stunden-Notfall-Dienst bieten und einen störungsfreien Betrieb der Heizung und Warmwasserbereitung garantieren, ohne dass sich der Vermieter darum kümmern muss. In der Praxis kann das zu Gerangel um die Zuständigkeiten führen. Denn die Verantwortung des Contractors endet in der Regel im Heizkeller, Rohre und Heizkörper sind Sache des Vermieters.
Was sind die Nachteile des Contractings?
Nirgendwo ist geregelt, dass ein Contractor die Energieausnutzung verbessern muss. Es gibt unseriöse Anbieter, denen es nur um Gewinn geht. Auch die undurchsichtigen Preise sind häufig in der Kritik.
Die Branche arbeitet daran, diesen Imageschaden zu beheben und schwarze Schafe auszugrenzen. Sie hat ein RAL-Gütezeichen eingeführt und stellt dafür Anforderungen an die Vertragsgestaltung und die Heizanlage selbst.
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