
Lockenmähne bändigen. Wer mit seinem natürlich krausen Haar unzufrieden ist und dagegen vorgehen will, sollte auf Haarglättungsmittel mit Glyoxylsäure verzichten. © Adobe Stock
Haarglättungsmittel mit Glyoxylsäure stehen im Verdacht, Nierenversagen auslösen zu können. Bisher sind die Mittel nicht verboten. Wir raten davon ab, sie zu verwenden.
Wochen- oder monatelang glattes Haar anstelle natürlicher Locken – um diesen Wunsch zu erfüllen, gibt es verschiedene Methoden. Eine ist die Glättung mittels Glyoxylsäure-Präparaten. Die Mittel sind im Internet und in Drogeriemärkten frei erhältlich, aber auch Friseursalons wenden sie an.
Berichte aus verschiedenen Ländern zeigen, dass mehrere Personen unter akutem Nierenversagen litten, nachdem sie Glyoxylsäure-Präparate angewandt hatten. Die französische Behörde für Lebensmittel-, Umwelt- und Arbeitsschutz Anses hat nun Konsequenzen gezogen und empfiehlt, auf Haarglättungsmittel mit Glyoxylsäure zu verzichten.
Zusammenhang mit Nierenversagen „sehr wahrscheinlich“
In Frankreich sind seit Anfang 2024 bis Mitte Januar 2025 insgesamt acht Fälle akuten Nierenversagens nach der Anwendung von Mitteln mit Glyoxylsäure gemeldet worden. Die französische Behörde Anses warnte erstmals im Oktober 2024 vor den Mitteln und hat seither die verfügbaren wissenschaftlichen Daten zur Nierentoxizität von Glyoxylsäure analysiert. Sie kommt zu dem Schluss, dass Glyoxylsäure in den vorliegenden Fällen „sehr wahrscheinlich für das akute Nierenversagen verantwortlich“ war.
Die französische Behörde empfiehlt, anhand einer Risikobewertung auf europäischer Ebene zu entscheiden, ob der Einsatz von Glyoxylsäure in Haarpflegeprodukten eingeschränkt oder verboten werden sollte. Zudem fordert die Anses Anbieter von Haarpflegemitteln mit dieser Substanz auf, die Sicherheit ihrer Produkte zu überprüfen.
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Deutsche Behörde unterstützt Risikobewertung
Nach Angaben des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) wird die Situation in Frankreich von den deutschen Behörden genau beobachtet. Bisher lägen dem BVL keine Meldungen zu ernsten unerwünschten Wirkungen wie Nierenversagen durch Haarglättungsmitteln mit Glyoxylsäure vor.
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) teilte uns auf Anfrage mit: „Das BfR hat Kenntnis davon, dass ein möglicher Zusammenhang zwischen der Verwendung von kosmetischen Mitteln, die Glyoxylsäure enthalten, und dem Auftreten akuten Nierenversagens besteht.“ Man unterstütze das Vorhaben der Anses, dass sich der Wissenschaftliche Ausschuss für Verbrauchersicherheit der EU-Kommission mit einer Risikobewertung von Glyoxylsäure befassen soll.
Bislang keine EU-Regelung für Glyoxylsäure in Kosmetika
Glyoxylsäure ist eine organische Säure, die die Struktur des Haars umformen kann. Die Chemikalie kam in Haarglättungsmitteln als Alternative zu Formaldehyd neu zum Einsatz, als Formaldehyd wegen seiner krebserregenden und allergenen Wirkung in den meisten Kosmetika in der EU verboten wurde. Die Verwendung von Glyoxylsäure ist in der EU-Kosmetikverordnung bislang nicht geregelt.
Zur Haarglättung werden Glyoxylsäure-haltige Präparate wie folgt angewandt: Nach dem Aufbringen erfolgt erst eine moderate Wärmebehandlung, zum Beispiel mit einem Haartrockner. Anschließend kommt ein Glätteisen zum Einsatz und streicht die Haare mit starker Hitze glatt. Das Präparat wird am Ende ausgespült.
In der Inhaltsstoffliste von Haarpflegeprodukten können Sie Glyoxylsäure an der englischen Bezeichnung „Glyoxylic Acid“ erkennen.
Erbrechen, Fieber und Rückenschmerzen als Symptome
Was ist über die dokumentierten Fälle bekannt? Französische Medizinerinnen und Mediziner berichten im New England Journal of Medicine von einer Frau, die dreimal ein akutes Nierenversagen nach einer Haarglättung erlitt. Demnach begannen bei ihr Symptome wie Erbrechen, Durchfall, Fieber und Rückenschmerzen am Tag der Haarbehandlung. Währenddessen sei ein brennendes Gefühl spürbar gewesen, gefolgt von Geschwüren der Kopfhaut. Nach jedem der Vorfälle verbesserte sich die Nierenfunktion schnell wieder.
Die für das Glätten verwendete Creme enthielt 10 Prozent Glyoxylsäure. Als das Produkt auf den Rücken von Mäusen aufgetragen wurde, zeigten sich auch bei ihnen Veränderungen der Nierenfunktion. Im Nierengewebe der Mäuse wurde eine Ablagerung von schädigenden Kalzium-Oxalat-Kristallen nachgewiesen.
Tipp: Alles zum Thema Nierengesundheit lesen Sie in unserem Special Niereninsuffizienz vorbeugen. Dort erfahren Sie auch, wie sich eine Nierenschwäche bemerkbar macht.
Israel hat Glyoxylsäure in Kosmetika verboten
Eine Veröffentlichung im American Journal of Kidney Diseases berichtete 2023 zudem von 26 Patienten aus Israel, die nach Haarglättungsverfahren in den Jahren 2019 bis 2022 akutes Nierenversagen erlitten. Die häufigsten Symptome waren Übelkeit, Erbrechen und Bauchschmerzen. Zehn Patienten hatten Kopfhautausschlag. Drei Betroffene benötigten eine vorübergehende Dialyse, ein Verfahren zur Reinigung des Blutes bei Menschen mit schweren Nierenschäden. In Israel darf Glyoxylsäure inzwischen nicht mehr in Kosmetika enthalten sein.
Tipp: Wenn Sie während einer Haarglättung oder einige Stunden danach Bauch- oder Rückenschmerzen bekommen oder an Übelkeit leiden und sich erbrechen, suchen Sie so schnell wie möglich ärztliche Hilfe. Nehmen Sie am besten das verwendete Produkt mit. Außerdem können Sie die gesundheitlichen Auswirkungen beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit melden.
Vorsichtshalber auf Anwendung verzichten
Bis die Risiken von Glyoxylsäure-haltigen Haarglättmittel bewertet sind, raten wir aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes, auf die Anwendung dieser Mittel zu verzichten. Schauen Sie bei Produkten für zu Hause, ob „Glyoxylic Acid“ in der Inhaltsstoffliste steht. Teilweise werden Produkte mit Glyoxylsäure mit dem Schlagwort „brasilianische Haarglättung“ vermarktet.
Bei einer Haarglättung im Friseursalon fragen Sie nach, ob Mittel mit Glyoxylsäure eingesetzt werden. Alternativ kommen vor allem temporäre Styling-Methoden etwa mit einem Glätteisen infrage.
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