Neben­wirkung von Medikamenten Von harmlos bis lebens­gefähr­lich

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Neben­wirkung von Medikamenten - Von harmlos bis lebens­gefähr­lich

Dicker Kopf. Müdig­keit und Kopf­schmerz sind häufig vorkommende, aber meist harmlose Neben­wirkungen vieler Arznei­mittel. © Getty Images

Sie reichen von Müdig­keit bis zu Herz­rhythmus­störungen: unerwünschte Wirkungen von Arznei­mitteln. Wir geben einen Über­blick und sagen, wann sie gefähr­lich werden.

Das Antihistaminikum macht müde, nach Anwendung des Asth­masprays zittern die Hände und das Antibiotikum sorgt für Bauch­schmerzen – jedes Medikament kann unerwünschte Wirkungen hervorrufen. Oft hängen diese untrenn­bar mit der erwünschten Wirkung des Mittels zusammen.

Neben­wirkungen können sehr unterschiedlich ausfallen. Sie reichen von leichter Müdig­keit über Einschränkungen wie häufiger Harn­drang bis hin zu lebens­bedrohlichen Symptomen wie Atemnot. Wir geben einen Über­blick über typische Neben­wirkungen von Medikamenten – und über besonders schwere Fälle, bei denen schnelles Handeln gefragt ist. Und wir erläutern, wie wir in unseren Medikamententests unerwünschte Wirkungen einordnen.

Befindlich­keits­störungen und Schwindel

Kopf­schmerzen und Müdig­keit: Oft harmlos

Müdig­keit, Abge­schlagenheit und Kopf­schmerzen – solche Befindlich­keits­störungen können verschiedene Ursachen haben. Unter anderem treten sie als typische Neben­wirkung vieler Antibiotika auf. Sie können allerdings auch Symptome der Grund­erkrankung selbst sein. Besondere Maßnahmen sind dann nicht notwendig.

Im Zweifels­fall Rat einholen. Müdig­keit kann allerdings auch auf ernst­hafte Beschwerden wie eine Blutarmut hinweisen. Diese sollte ärzt­lich beob­achtet werden. Wenn die Müdig­keit sie sehr belastet, sollten Betroffene die Ärztin oder den Arzt informieren.

Schläf­rig durch Anti­histaminika. Allergiker kennen das Problem: Nimmt man eine Tablette gegen allergische Symptome, bleibt die Müdig­keit meist nicht aus. Grund: Antihistaminika, wie sie unter anderem gegen allergische Beschwerden einge­setzt werden, besetzen nicht nur die Histamin-Andock­stellen in Augen- und Nasen­schleimhaut, sondern auch über­all sonst im Organismus – denn sie werden über den Darm ins Blut aufgenommen und gelangen somit in alle durch­bluteten Gewebe. Infolge kann es auch zu unerwünschten Wirkungen kommen.

Machen alle Anti­histaminika gleichermaßen müde?

Müde machen vor allem die Anti­histaminika, die in nennens­wertem Umfang die Blut-Hirn-Schranke passieren. Dann wirken sie auch an den Nerven­zellen im Gehirn. Für diese ist das normaler­weise vom Körper in sehr geringen Mengen gebildete Histamin eine Art "Weck­mittel" – es akti­viert die Nerven­zellen. Verhindern Anti­histaminika, dass Histamin an seine Bindungs­stellen in den Nerven­zellen ando­cken kann, bleiben diese – und damit auch die behandelte Person – eher träge oder schläf­rig.

Die erste Generation: Müdig­keit ist häufig

Allergie­mittel wie Clemastin, Dimetinden und Hydroxyzin aber auch Diphenhydramin, das unter anderem gegen Reise­übel­keit helfen soll, sind Anti­histaminika der ersten Generation: Sie machen schläf­rig. Werden sie zur Nacht einge­nommen, kann die schlafan­stoßende Wirkung aber auch nützlich sein. Manche solcher Wirk­stoffe, wie Doxylamin oder Diphenhydramin, sind deshalb auch als Schlafmittel im Handel.

Die zweite Generation: Erste Wahl am Tag

Neuere Mittel wie Cetirizin, Desloratadin, Ebastin, Fexofenadin, Levocetirizin, Loratadin, Mizolastin und Rupatadin – alle­samt zur Behand­lung von Allergien – machen nur noch wenig müde und sind daher tags­über vorzuziehen.

Schwindel: Ursachen­suche wichtig

Viele Medikamente, die bei Erkrankungen des Nerven­systems und der Psyche einge­setzt werden, können Schwindel auslösen. Die Gründe sind vielfältig. Nehmen Betroffene solche Mittel ein, müssen sie ärzt­lich abklären lassen, was die Beschwerden verursacht. Schwindel kann auch einsetzen, wenn Medikamente den Kreis­lauf oder das Nerven­system beein­flussen oder dafür sorgen, dass weniger Sauer­stoff und Nähr­stoffe verfügbar sind.

Bei Blut­druck­senkern meist harmlos. Patientinnen und Patienten, die Blutdrucksenker einnehmen, kann schwindelig werden, wenn sie aus dem Liegen oder Sitzen aufstehen. Diese Art von Schwindel ist harmlos und vergeht meist inner­halb kurzer Zeit von selbst. Sie lässt sich vermeiden, indem Betroffene lang­sam aufstehen. Davor sollten sie mehr­mals kurz die Wadenmuskulatur anspannen, um den Kreis­lauf in Schwung zu bringen.

Ernst­hafte Ursachen möglich. Schwindel kann auch auf ernst­hafte Störungen hindeuten und etwa entstehen, wenn ein Mittel das Innen­ohr geschädigt hat. Er hält dann länger an, verstärkt sich oder tritt mehr­fach auf. Betroffene sollten dann ihre Ärztin oder ihren Arzt informieren. Sie oder er bricht die Behand­lung dann meist ab. Möglicher­weise deuten Schwindelgefühle auch darauf hin, dass das Gehirn unzu­reichend versorgt wird. So kann es bei schlecht einge­stellten Blut­zuckermedikamenten an Glukose mangeln, bei einer Blutarmut an Sauer­stoff. Wenn Betroffene das vermuten, sollten sie ebenfalls ärzt­lichen Rat einholen.

Vorsicht bei Herz­rhythmus­störungen. Weiterhin können „Aussetzer“ des Herzens bei Herz­rhythmus­störungen dafür sorgen, dass nicht genug sauer­stoff­reiches Blut im Gehirn ankommt und Schwindel entsteht. Patientinnen und Patienten müssen dann sofort ärzt­liche Hilfe einholen!

Nicht jeder hat jede Neben­wirkung – Häufig­keiten verstehen

Nur weil eine Neben­wirkung für ein Medikament typisch ist, heißt das nicht, dass sie bei allen Behandelten auftritt. Wie häufig eine unerwünschte Wirkung vorkommt, geben wir in unseren Medikamententests – wie auch in den Beipack­zetteln üblich – gemäß der nach­folgenden Definition an:

  • Sehr häufig: Die unerwünschte Wirkung wurde bei mehr als 1 von 10 Behandelten beob­achtet.
  • Häufig: 1 bis 10 von 100 Behandelten sind betroffen.
  • Gelegentlich: 1 bis 10 von 1 000 Behandelten müssen mit dieser unerwünschten Wirkung rechnen.
  • Selten: Diese unerwünschte Wirkung kann sich bei 1 bis 10 von 10 000 Behandelten bemerk­bar machen.
  • Sehr selten: Diese unerwünschte Wirkung kommt in wenigen Einzel­fällen vor.

Herz­rhythmus­störungen

Wie Medikamente aufs Herz schlagen

Einige Arznei­mittel können sich auf das Herz und dessen Schlagrhythmus auswirken. Es kommt zu Aussetzern oder Extra­schlägen, die Betroffene manchmal als unregelmäßigen Herz­schlag – sogenanntes Herz­stolpern – wahr­nehmen. Rhythmus­störungen können den Herz­schlag aber auch verlang­samen oder ihn bis zum Herz­rasen beschleunigen.

Wann ärzt­liche Hilfe notwendig ist

Wenn die Rhythmus­störungen die Pump­leistung des Herzens beein­flussen, kann es zu Kurz­atmig­keit und Schwindel kommen. Außerdem ist es möglich, dass es den Betroffenen schwarz vor Augen wird oder sie das Bewusst­sein verlieren. Ob das Herz­stolpern harmlos oder behand­lungs­bedürftig ist, muss die Ärztin oder der Arzt anhand eines EKGs entscheiden. Treten Herz­rhythmus­störungen – oder Anzeichen dafür – neu auf, sollten Betroffene deshalb immer ärzt­liche Hilfe einholen.

Gefähr­licher Sonderfall: Torsade de Pointes

Manche Medikamente können eine spezielle Form von Herz­rhythmus­störungen auslösen: Torsade de Pointes. Besonders betroffen sind Frauen, ältere Menschen und Personen mit vorgeschädigtem Herzen. Sie ist sehr gefähr­lich, weil sie häufig Kammerflimmern auslöst. Dabei schlagen die Herz­kammern extrem schnell, bis weit über 300-mal in der Minute. Das Herz ist so nicht mehr in der Lage, Blut in den Kreis­lauf zu pumpen. Inner­halb weniger Minuten kommt es zum Herz­still­stand. Auch Medikamente zur Behand­lung von Herz­rhythmus­störungen können Torsade de Pointes auslösen: Wirk­stoffe für die dies bekannt ist, sind unter anderem Amiodaron, Chinidin oder Sotalol.

Tipp: Sind bei einem Medikament Torsaden als Neben­wirkung angegeben, müssen Sie bei den ersten Warnzeichen dafür handeln. Das sind Herz­klopfen und/oder Schwindelgefühl. Auch kurze Bewusst­losig­keit ist möglich. Nehmen Sie das Mittel dann nicht weiter ein, sondern über­prüfen Sie Ihren Puls oder bitten Sie andere darum. Ist dieser unregelmäßig oder schwer tast­bar, muss der Herz­rhythmus über­prüft werden. Dafür ist sofort ärzt­liche Hilfe erforderlich!

Sofort handeln oder erst­mal abwarten – So ordnen wir Neben­wirkungen ein

Nicht alle unerwünschten Wirkungen sind schwerwiegend. Manche vergehen von allein wieder. Andere erfordern dagegen sofort ärzt­liche Hilfe. Deshalb ordnet die Stiftung Warentest in ihren Medikamententests Neben­wirkungen nach deren Bedeutung und Gefähr­lich­keit ein:

  • Keine Maßnahmen ergreifen: Bei Neben­wirkungen, die nicht schwerwiegend sind und meist von selbst wieder verschwinden – spätestens wenn das Arznei­mittel abge­setzt wird – müssen Betroffene üblicher­weise keine Maßnahmen ergreifen. Sie brauchen sich in der Regel keine Sorgen zu machen und auch Ärztin oder Arzt nicht aufzusuchen.
  • Aufmerk­sam beob­achten: Bei bestimmten Neben­wirkungen sollten Betroffene wach­sam sein. Sie sollten einen Arzt zurate ziehen und ihn auf die hinzugekommenen Beschwerden hinweisen.
  • Sofort ärzt­liche Hilfe einholen: Unter diesem Punkt nennen wir bedrohliche Symptome. Sie sollten Betroffene umge­hend zu Ärztin oder Arzt führen oder Nahe­stehende veranlassen, den Notarzt (Telefon 112) zu rufen.

Blut­bild­ver­änderungen

Nichts geht ohne Blut­unter­suchung

Blut­bild­ver­änderungen können Betroffene kaum selbst erkennen. Besteht ein solches Risiko, muss die Ärztin oder der Arzt das Blut unter­suchen. Die Veränderungen können die roten und weißen Blutkörperchen sowie die Blutplätt­chen betreffen. Medikamente können die Neubildung dieser Blut­zellen im Knochenmark stören, einen vermehrten Abbau der Blutkörperchen bewirken oder einen Blut­verlust verursachen.

Andere Ursache – andere Beschwerden

Je nachdem, welche Blut­zellen betroffen sind, zeigen sich unterschiedliche Symptome:

  • Bei einem Mangel an roten Blutkörperchen erscheint das Gesicht auffallend blass. Die feinen Adern in der Bindehaut der Augen treten nur noch blass­rosa hervor. Gleich­zeitig sind Betroffene sehr müde. Verursachen Blutungen im Magen-Darm-Trakt die Blut­armut, färbt sich der Stuhl pech­schwarz (Teerstuhl) oder es sind auf dem Stuhl kleine Mengen geronnenen Blutes zu sehen.
  • Baut der Körper vermehrt rote Blutkörperchen ab, kann sich die Haut gelb verfärben. Das ist besonders am Auge erkenn­bar: Auch die Bindehaut wird gelb.
  • Mangelt es an weißen Blutkörperchen, sind Betroffene anfäl­liger für Infekte. Sie leiden häufig auch an Fieber, Hals­schmerzen sowie eitrigen Mandeln.
  • Sinkt die Anzahl der Blutplätt­chen ab, erhöht sich die Gefahr für Blutungen. Selbst kleine Verletzungen bluten dann auffällig lange. Außerdem können sich floh­stich­artige Einblutungen in der Haut, sogenannte Petechien, bilden. Es ist auch möglich, dass sehr große Blut­ergüsse in Gelenken und Körperhöhlen entstehen. Diese müssen unter Umständen operativ entfernt werden, damit das Gelenk oder umge­bendes Gewebe keinen Schaden nimmt.

Tipp: Bei diesen Symptomen – insbesondere gelber Haut, Teerstuhl, Infekten mit hohem Fieber oder Einblutungen – sollten Betroffene zügig eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.

Allergien und Haut­erscheinungen

Allergische Reaktionen: Von Ausschlag bis schwerer Schock

Grund­sätzlich kann jedes Arznei­mittel eine Allergie auslösen. Schwächere allergische Reaktionen zeigen sich oft durch einen juckender Haut­ausschlag, begleitet von Quaddeln und Pusteln oder leichten Schwel­lungen im Gesicht. Diese Beschwerden verschwinden, sobald Betroffene das Medikament absetzen. Bei wieder­holtem Kontakt mit dem auslösenden Arznei­mittel können sich die Allergie-Symptome verstärken.

Allergischer Schock. Laut Schät­zungen erleidet jähr­lich etwa 1 von 10 000 Personen eine anaphylaktische Reaktion – verursacht etwa durch Insekten­stiche oder bestimmte Lebens­mittel. Doch auch Medikamente können einen solchen allergischen Schock auslösen.

Schwerwiegende allergische Reaktionen machen sich bei 90 von 100 Betroffenen durch allergische Haut­erscheinungen bemerk­bar, die sich schnell ausbreiten. Ihnen kann darüber hinaus übel sein, sie leiden unter Bauch­krämpfen, müssen sich erbrechen oder bekommen Durch­fall. Manchen wird schwindelig, sie fühlen sich benommen oder verlieren das Bewusst­sein. Auch kalter Schweiß kann ein Anzeichen für einen allergischen Schock sein. Außerdem ist es möglich, dass eine sich rasch verschlimmernde Atemnot oder Herz­rasen auftritt. Durch einen über­mäßigen Blut­druck­abfall kann der Kreis­lauf der Patienten zusammen­brechen. Bei derartigen Beschwerden müssen Betroffene oder Angehörige sofort den Notarzt (Telefon 112) rufen!

Richtig handeln bei allergischem Schock

Schock­lage einnehmen. Tritt ein allergischer Schock auf, sollten Betroffene die sogenannte „Schock­lage“ einnehmen. Dafür müssen sie die Beine hoch­lagern. Ist ihnen das selbst nicht möglich, sollten Helfende sie in diese Position bringen. Der Kreis­lauf der Betroffenen muss außerdem umge­hend mit Mitteln wie Adrenalin oder Flüssig­keits­infusionen stabilisiert werden.

Auf Atem achten. Schwellen die Schleimhäute in den Atemwegen weiter an, droht Ersti­cken. Bricht der Kreis­lauf völlig zusammen, benötigen die Patientinnen und Patienten sofort eine Beatmung. Nur so bleiben das Gehirn und lebens­wichtige Organe durch­blutet.

Tipp: Nehmen Sie nach Erleben einer derart lebens­bedrohlichen Situation den auslösenden Wirk­stoff nie wieder ein! Meiden Sie ebenfalls Arznei­stoffe aus der gleichen Wirk­stoff­gruppe. Tragen Sie bei erwiesener Arznei­mittel­allergie einen Allergiepass bei sich. Fragen Sie bei neuen Medikamenten unbe­dingt nach, ob Sie diese einnehmen können.

Haut­erscheinungen: Im Einzel­fall schwerwiegend

Oft harmlos. Die meisten unerwünschten Wirkungen der Haut zeigen sich als allergische Reaktion – meist als Rötung, juckender Ausschlag oder Pusteln bis hin zu großen Blasen. Leichte Haut­erscheinungen sind sehr häufig und verschwinden oft noch während der Behand­lung von selbst, spätestens aber nach dem Absetzen der Medikamente.

In Einzel­fällen bedrohlich. Schwere Haut­erscheinungen sind nur für wenige Arznei­mittel beschrieben. Sie treten höchs­tens bei 1 von 1 000 000 Behandelten auf. Allerdings sind sie oft lebens­bedrohlich. Wer jemals eine solche schwerwiegende Haut­erkrankung entwickelt hat, muss die auslösenden Mittel zukünftig strikt meiden.

Schwere Reaktionen erkennen. Die oben genannten Symptome können auch erste Anzeichen für eine schwerwiegende Immun­reaktion auf ein Arznei­mittel sein. Sie entwickeln sich meist erst nach mehr­tägiger oder mehr­wöchiger Therapie. Bei Medikamenten, für die dies möglich ist, weist der Hersteller im Beipack­zettel gesondert darauf hin. Die Krank­heits­bilder heißen Erythema exsudativum multiforme, Stevens-Johnson-Syndrom und Lyell-Syndrom – auch toxische epidermale Nekrolyse genannt. Sie sind eng miteinander verwandt und werden als „Syndrom der verbrühten Haut“ bezeichnet. Ihre Gefähr­lich­keit steigt in der Reihen­folge ihrer Nennung an.

Gefähr­liche Verläufe. Typischer­weise dehnen sich die Hautrötungen aus und es bilden sich Blasen. Auch die Schleimhäute des gesamten Körpers können betroffen sein. Es ist möglich, dass sich die Betroffenen darüber hinaus fühlen, als litten sie an einer fieb­rigen Grippe. Bereits in diesem Stadium sollten sie unbe­dingt ärzt­liche Hilfe einholen! Denn: Die Haut­re­aktionen können sich rasch verschlimmern. Im schwersten Fall fließen die Blasen zusammen, die Haut reißt auf uns löst sich ab. Dann entstehen offene Wunden und das Gewebe stirbt ab. In der Folge benötigen die Betroffenen eine intensivmedizi­nische Behand­lung.

Leber- und Nierenschäden

Leberschäden: Blut­werte regel­mäßig kontrollieren

Komplikationen sind verhinder­bar. Schäden an der Leber erkennen Betroffene selbst meist erst sehr spät. Häufig steigen die Leber­werte im Blut an, bevor Patientinnen und Patienten selbst etwas spüren können. Bei bestimmten Medikamenten bestimmen Ärztinnen und Ärzte regel­mäßig die Leber­werte im Blut – je nachdem wie wahr­scheinlich und wie schwer die möglichen Leberschäden sind. Damit lassen sich Leber­funk­tions­störungen meist recht­zeitig erkennen. Dann genügt es, das Medikament abzu­setzen, um Schlimmeres zu verhindern.

Anzeichen beachten. Eine Leberschädigung durch ein Arznei­mittel geht oft mit allgemeinen, wenig charakteristischen Beschwerden einher. Dazu zählen Appetitlosig­keit, Übel­keit, Erbrechen und Darm­beschwerden wie Blähungen oder Druck­gefühl. Auch Müdig­keit und Benommenheit können auftreten. Personen, die ein leberschädigendes Medikament einnehmen, sollten ärzt­lichen Rat einholen, wenn solche Beschwerden neu auftreten und mehrere Tage anhalten.

Schäden erkennen. Eine deutliche Leberschädigung macht sich durch eine dunkle Verfärbung des Urins oder eine helle Färbung des Stuhlgangs bemerk­bar. Auch eine Gelbsucht kann auftreten. Sie zeigt sich durch eine gelb verfärbte Augen­bindehaut. Oft begleitet ein starker Juck­reiz am ganzen Körper die Beschwerden. Bemerken Behandelte eines der genannten typischen Anzeichen, müssen sie sofort ärzt­liche Hilfe einholen.

Nierenschäden: Nicht immer reparabel

Bei Symptomen schnell handeln. Neu auftretende oder sich verschlimmernden Wasser­ansamm­lungen in den Beinen können auf einen Nierenschaden hinweisen. Auch eine vermehrte oder verminderte Harn­ausscheidung kann auf diese Neben­wirkung hindeuten. Betroffene leiden außerdem mitunter unter Atemnot, fühlen sich krank und sind blass. Bei einer schweren Schädigung kann es außerdem im Bereich der Nieren schmerzen. Häufig scheiden Betroffene dann nur wenig Urin aus. Bei solchen Anzeichen sollten sie schnell ärzt­lichen Rat suchen.

Kontrolle unerläss­lich. Ob Arznei­mittel die Niere schädigen, hängt von deren Dosis ab. Außerdem spielt es eine Rolle, ob der oder die Behandelte weitere Medikamente einnimmt oder bereits an einer Nieren­erkrankung leidet. Die Schäden bilden sich nicht immer zurück, wenn Betroffene das auslösende Mittel absetzen. Deshalb kontrolliert die Ärztin oder der Arzt bei bestimmten Medikamenten regel­mäßig die Nieren­werte – je nachdem wie wahr­scheinlich und wie schwer die möglichen Nierenschäden sind.

Symptome abschwächen: Die Dosis macht‘s

In der Regel nehmen Neben­wirkungen mit steigender Dosis zu. Wird diese verringert, treten viele nur noch schwach oder gar nicht mehr auf. Einige unerwünschte Wirkungen zeigen sich aber selbst bei geringster Dosis. Ob es sich lohnt, diese in Kauf zu nehmen, hängt vom Nutzen der Therapie ab – er muss die Risiken über­wiegen. Dabei spielt auch die Schwere der Erkrankung eine Rolle: Geht es um einen Schnupfen, dulden Behandelnde und Betroffene weniger Neben­wirkungen, als wenn eine lebens­bedrohliche Infektion bekämpft werden muss.

Ärzt­lichen Rat einholen. Treten Neben­wirkungen auf, sollten Betroffene die Dosierung ärzt­lich empfohlener Mittel nicht selbst­ständig verringern oder die Arzneien gar absetzen. Statt­dessen ist es ratsam, die Ärztin oder den Arzt über die Beschwerden zu informieren. Sie oder er kann gegebenenfalls die Dosierung anpassen oder die Behand­lung verändern.

Individuelle Reaktionen. Bestimmte Neben­wirkungen wie allergische Reaktionen oder Leberschäden treten nicht bei allen Behandelten auf, denn nicht jeder ist gleichermaßen dafür anfäl­lig. Es hilft dann nicht immer, die Dosis zu senken. Mitunter kann es notwendig sein, dass die Ärztin oder der Arzt das Mittel absetzt.

Depression

Beschwerden sind oft nicht von Dauer

Bestimmte Medikamente können Depressionen auslösen oder verstärken. Die Symptome sind die gleichen wie bei der entsprechenden psychischen Erkrankung. Sie verschwinden aber meist, wenn Behandelte das Arznei­mittel wieder absetzen.

Oft keine Neben­wirkung. Da Depressionen insgesamt aber häufig vorkommen, ist bei vielen Patientinnen und Patienten eher eine klassische Depressionserkrankung als eine Medikamenten­neben­wirkung die Ursache für die Beschwerden.

Anzeichen ernst nehmen

Betroffene fühlen sich oft bedrückt und depressiv. Es herrscht eine innere Leere. Ihnen mangelt es außerdem an Antrieb. Sie können sich nicht mehr aufraffen, verlieren das Interesse, sind freudlos, ermüden schnell. Auch anhaltende Schlafstörungen und ein verminderter Appetit können auf eine Depression hindeuten. Wenn Behandelte mehr als eines dieser Symptome verspüren – insbesondere wenn es keinen äußeren Anlass für eine depressive Verstimmungs­lage gibt – sollten sie ärzt­lichen Rat einholen.

Schwere Fälle erkennen und sofort handeln

In besonders schweren Fällen können Suizid­gedanken auftreten. Kreisen die Gedanken oder Äußerungen der Betroffenen zunehmend darum, dass sie sich Schaden zufügen oder das Leben nehmen wollen, sollten sie unver­züglich einen Arzt kontaktieren oder ein Kranken­haus aufsuchen.

Neben­wirkungen austricksen – unsere Tipps

Fragen Sie in Ihrer Arzt­praxis oder Apotheke nach, ob es für das jeweilige Mittel spezielle Einnahme­hinweise gibt. In manchen Fällen lassen sich Neben­wirkungen so abschwächen oder vermeiden. Nach­folgend nennen wir dafür einige Beispiele:

  • Nehmen Sie müde machende Allergietabletten abends ein. So „verschlafen“ Sie diese Neben­wirkung und sind tags­über nicht beein­trächtigt.
  • Wenden Sie Prostatamittel, die gleich­zeitig den Blut­druck senken, abends vor dem Zubett­gehen an, um tags­über Kreis­lauf­probleme zu vermeiden. Außerdem kann die Blut­druck­senkung bei manchen Männern auch erwünscht sein.
  • Plagt Sie Übel­keit durch das Antibiotikum Doxycyclin, sollten Sie das Mittel mit dem Essen – etwa zusammen mit einer Scheibe Brot – einnehmen. Dann ist es besser verträglich. Verzichten Sie aber zwei bis drei Stunden vor und nach der Einnahme auf Milch­produkte, da sonst die Aufnahme des Mittels beein­trächtigt wird!
  • Nehmen Sie bestimmte Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS) oder Ibuprofen besser mit einer Mahl­zeit ein. Dann verringert sich das Risiko für Magen­beschwerden.
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2 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Profilbild Stiftung_Warentest am 24.07.2023 um 12:04 Uhr
Händezittern?

@dschneibe: Vielen Dank für Ihr Lob und wir haben Ihren Wunsch an unsere zuständige Fachabteilung zur Kenntnisnahme weitergeleitet. Ob und wie schnell Ihr Wunsch realisierbar ist, können wir Ihnen jedoch leider nicht sagen. Sollten Sie von Nebenwirkungen bei der Anwendung von Asthmasprays betroffen sein, dann sollten Sie auf jeden Fall mit Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer behandelnden Ärztin darüber sprechen.

dschneibe am 19.07.2023 um 16:05 Uhr
Händezittern?

Guter Artikel, vielen Dank. In der Einleitung nennen Sie typische Beispiele für Nebenwirkungen: "Das Antihistaminikum macht müde, nach Anwendung des Asth­masprays zittern die Hände..." Zur letztgenannten Nebenwirkung, dem Händezittern nach Anwendung von Asthmasprays, vermisse ich im Artikel dann allerdings entsprechende Hinweise und hilfreiche Tipps. Könnten Sie den Artikel bitte noch entsprechend ergänzen? Herzlichen Dank.