
Getrübte Sicht. Wie es der Genossenschaft Cehatrol Technology geht, ist schwer zu überprüfen. Letztmals wurde ein Jahresabschluss für 2022 im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. © Getty Images / Yifei Fang
Die Cehatrol Technology eG aus Berlin fällt mit einem ungewöhnlichen Modell mit ihren Anteilen auf. Mitglieder zogen zudem wegen ausstehender Zahlungen vor Gericht.
Verkauf von Genossenschaftsanteilen ist unüblich
Die Genossenschaft Cehatrol Technology eG (Berlin) lockt mit vergünstigtem Strom und Gas für Genossenschaftsmitglieder, die ihrem Energiepool beitreten. Außerdem hat sie sich unter anderem den Bereich Wohnen und Fahrzeuge ausgesucht, um ihre Mitglieder zu fördern.
Mehrfach hat sie auch Angebote gemacht, die Mitgliedern Einnahmen oder Erträge bringen sollten. Ihr „Plan 900“ soll zum Beispiel 900 Euro Einnahmen im Monat ermöglichen. Wer sechs Monate lang je einen Genossenschaftsanteil für 100 Euro kauft, soll danach zehn Anteile pro Monat erhalten und neun für je 100 Euro verkaufen können. Und zwar über das Mitgliederportal, teilte uns Cehatrol-Aufsichtsratschef Frank Knauer mit. Wir sind skeptisch. Denn Genossenschaftsanteile sind grundsätzlich nicht dafür gedacht, sie nach dem Erhalt zu verkaufen.
Welchen Preis sind Genossen bereit zu zahlen?
Fraglich ist auch, ob andere Genossenschaftsmitglieder bereit sind, den Nominalbetrag von 100 Euro zu bezahlen. Denn wenn sie kündigen und ausscheiden, bekommen sie unter Umständen weniger. Der Betrag hängt davon ab, wie es der Genossenschaft wirtschaftlich geht. Entscheidend für die Ermittlung sind Zahlen aus dem jeweils letzten festgestellten Jahresabschluss. Ist anhand der wirtschaftlichen Entwicklung zu vermuten, dass weniger als der Nominalbetrag herauskommen könnte, dürften wenige Mitglieder bereit sein, trotzdem die vollen 100 Euro an die Verkaufswilligen zu zahlen.
Wo ist der Jahresabschluss 2023 zu finden?
Wie ist die wirtschaftliche Lage der Genossenschaft zum Beispiel aktuell? „Sehr positiv“ sei diese, schreibt Knauer. Überprüfbar ist das nicht. „2023 ist die aktuelle Veröffentlichung“, teilt Knauer zwar mit. Der Jahresabschluss für 2023 müsste auch schon im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht sein, ist dort aber nicht zu finden. Letztmals für 2022 gibt es dort Zahlen.
Erstattungen für Strom flossen nicht
Genossenschaftsmitglieder klagen zudem über Probleme. Ein Mandant der Rechtsanwaltskanzlei Bender und Pfitzmann, Düsseldorf, der sich am Energiepool beteiligt hat, erhielt zum Beispiel Erstattungen für Strom seit Herbst 2022 nicht ausgezahlt. Cehatrol schrieb in den Abrechnungen jeweils, Änderungen bei der Steuer einpflegen zu müssen. Geld floss nicht an das Mitglied.
Erträge vor Gericht eingeklagt
Bei Mitglied Lisa Müller standen Erträge aus dem Angebot High Performance Production („HPP“) aus, das 6 Prozent im Monat abwerfen sollte. Sie bekam sie erst nach einem Urteil vom Landgericht Berlin II ausgezahlt, das Rechtsanwalt Marko Jonuleit aus Oranienburg erstritten hat (Az. 3 O 61/24).
Weitere Mitglieder, die sich an HPP oder etwa dem Angebot Invest 12-12 beteiligt haben, haben rechtliche Schritte eingeleitet. Mehrere Gerichtsverfahren zu HPP sind anhängig.
Wurden überhaupt Anteile erworben?
In einem Verfahren geht es um eine spannende Frage: Wer an Angeboten wie HPP oder Invest 12-12 teilnehmen wollte, musste Genossenschaftsanteile zeichnen, um die versprochenen Erträge zu erhalten. In der Allgemeinen Geschäftsordnung von Cehatrol heißt es aber: „Das Geschäftsguthaben wird nicht verzinst.“ Haben Mitglieder dann überhaupt mit ihren Einzahlungen in Programme mit Zinsversprechen Genossenschaftsanteile erworben? „Die Einschätzung dieser Frage hat größte Relevanz, da in diesem Fall nicht nur die rückständigen Erträge, sondern auch die zuvor geleisteten Einzahlungen unmittelbar zurückgefordert werden könnten“, argumentiert der Rechtsanwalt Marko Jonuleit. Der Rechtsanwalt von Cehatrol sah grundsätzlich keine Ansprüche verschiedener Art von Mitgliedern gegenüber seiner Mandantin.
Streit um die Mitgliederliste
Der Anwalt von Cehatrol trug etwa in einem Verfahren vor, die Genossenschaft sei auch nicht verpflichtet, eine Mitgliederliste herauszugeben. Ein Mitglied hat dies allerdings rechtskräftig vor Gericht erstritten. Auf unsere Frage, warum es diese noch nicht erhalten hat, antwortete Aufsichtsratschef Frank Knauer, das ehemalige Mitglied sei „nicht zur Einsicht in unseren Geschäftsräumen erschienen“. Cehatrol steht seit 2023 auf unserer Warnliste.
Hinweis zur Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest
Die Warnliste Geldanlage listet alle Unternehmen, Geldanlageangebote und Dienstleistungen der vergangenen zwei Jahre auf, die die Stiftung Warentest negativ bewertet hat. Sie lässt sich kostenlos im Format PDF herunterladen. Sie umfasst mehrere Seiten und wird in der Regel einmal im Monat aktualisiert. Wenn zwei Jahre vergangen sind, werden Einträge gelöscht, wenn in der Zwischenzeit nicht erneut negativ berichtet wurde. Einträge, die älter als zwei Jahre sind und ohne Folgeberichterstattung blieben, sind ab dann nicht mehr auf der aktuellen Warnliste zu finden.
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