
Köder. Viele Anleger zahlen für zweifelhafte Sammelklagen. © Adobe Stock / LUCKAS Kommunikation
Dubiose Anwälte strengen massenhaft Verfahren an, die Geschädigten kaum helfen. Viele Opfer fühlen sich ein zweites Mal geschröpft. Wir zeigen, wie die Anwälte vorgehen.
Das Wichtigste in Kürze
- Beratung.
- Sind Sie auf eine Anlagefirma hereingefallen und haben Post von einem Anwalt bekommen? Ob eine Klage Sinn macht, können Sie für rund 50 Euro bei der Rechtsberatung Ihrer örtlichen Verbraucherzentrale klären lassen. Sie prüft auch, ob Ihr Rechtsschutzversicherer– falls vorhanden – Anlagestreitigkeiten abdeckt.
- Anwaltssuche.
- Nehmen Sie einen auf Kapitalanlagerecht spezialisierten Anwalt, der sich in der Arbeitsgemeinschaft Bank- und Kapitalmarktrecht im Deutschen Anwaltsverein engagiert.
- Insolvenz.
- Ist Ihre Anlagefirma insolvent? Dann schicken Sie Ihre Forderungen an den Insolvenzverwalter. Ein Anwalt ist dafür nicht nötig.
- Staatshaftungsklage.
- Die Finanzaufsicht Bafin auf Schadenersatz zu verklagen, macht keinen Sinn. Die Bafin ist ausschließlich im öffentlichen Interesse tätig. Sie musste noch nie Schadenersatz zahlen. Geben Sie Ihr Geld lieber für Klagen gegen Täter aus, wenn dort noch Geld zu holen ist.
- Anwaltshonorar.
- Wollen Sie sich von einem Anwalt vertreten lassen? Dann informieren Sie sich beim Erstgespräch über Erfolgsaussichten sowie über alle auf Sie zukommenden Gebühren, insbesondere auch im Fall einer Niederlage vor Gericht.
- Schadenersatz.
- Hat Ihr Anwalt Sie über seine Gebühren falsch aufgeklärt? Prüfen Sie Schadenersatz wegen Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten.
- Warnliste.
- DieKanzleien BKR, PWB, Kilian Rechtsanwälte und Pforr Rechtsanwälte setzen wir auf unsere Warnliste Geldanlage.
Wettstreit um Mandanten
Sobald ein neuer großer Anlagebetrug in Deutschland öffentlich wird, beginnt ein Wettstreit dubioser Anwälte um Mandanten. Über Rundbriefe, Großveranstaltungen, Anzeigen oder eigens gegründete Anlegerschutzvereine wenden sie sich an Geschädigte von Firmen wie dem Windkraftanbieter Prokon, der Containerfirma P & R, der Unternehmensgruppe S & K oder der Pim Gold GmbH. So können sie Hunderte, manchmal mehrere Tausend Mandanten einsammeln.
Falsche Hoffnungen bei Geschädigten
Immer häufiger kommen die Hilfsangebote von Anwälten, die Geschädigten falsche Hoffnungen machen und sie in wirtschaftlich sinnlose Verfahren treiben. Während Anlegerinnen und Anleger weiteres Geld verlieren, kassieren diese Anwälte massenhaft Honorare.
Kein Wunder, dass sich immer öfter Geschädigte melden, die das Gefühl haben, ihr Anwalt habe ihnen nicht geholfen, sondern ihren Schaden vergrößert.
Ärger mit Pim Gold – zwei Fallbeispiele
Ein typisches Beispiel für die Vorgehensweise dubioser Anwälte ist das Ehepaar Schuster* aus Rheinland-Pfalz. Die Schusters glauben, dass sie zuerst von der Pim Gold GmbH und anschließend von ihrem Anwalt, Matthias Kilian von der Beyer Kilian Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft (BKR) aus Jena, über den Tisch gezogen wurden.
Fall 1: 100 000 Euro in Gold investiert
Begonnen hatte alles mit einer Investition in Höhe von rund 100 000 Euro in die Pim Gold GmbH aus Heusenstamm. Nachdem diese samt Vertrieb 2019 pleiteging, hoffte das Ehepaar, wenigstens einen Teil seines Geldes aus der Insolvenzmasse zurückzubekommen. Doch dort fehlt bis heute ein Großteil des Goldes im Wert von etwa 170 Millionen Euro. Pim-Gold-Chef Mesut P. und sein Vertriebschef Julius L. stehen wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug vor Gericht.
Anwalt empfiehlt Klage
In dieser Situation werteten die Schusters das Angebot des BKR-Anwalts als Glücksfall. Darin wurde ihnen eine Klage gegen die Frankfurter Kanzlei Dönnebrink Hauber & Partner mbB empfohlen, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Dönnebrink sei für die Pim Gold GmbH von 2013 bis 2018 anwaltlich tätig gewesen und habe bereits vor der Investition der Schusters gewusst, „dass die Pim Gold kein tragfähiges Geschäftsmodell, sondern ein Schneeballsystem betrieben hat“, heißt es in einem Schreiben von BKR-Anwalt Matthias Kilian.
Goldbestände offenbar unzutreffend ausgewiesen
Ausweislich des Auswertungsberichts der Staatsanwaltschaft Darmstadt habe Dönnebrink dazu beigetragen, dass die Kundengold-lst-Bestände unzutreffend ausgewiesen wurden. Dies könnte dazu geführt haben, dass das Insolvenzverfahren nicht vor der Investition der Schusters eröffnet wurde und die Strafverfolgungsbehörden erst nach der Investition der Schusters eingeschritten seien, heißt es darin weiter.
Die Schusters und etwa 180 weitere Opfer überzeugte das. Sie beauftragten die Kanzlei BKR, die daraufhin für rund 180 Mandaten Anspruchsschreiben an die Kanzlei Dönnebrink Hauber & Partner schickte.
180 Klagen gegen Geschädigte
Doch die Frankfurter Kanzlei sieht sich zu Unrecht beschuldigt. Gegenüber Finanztest erklärte Tillmann Dönnebrink, zwar für die Pim Gold GmbH tätig gewesen zu sein. Von dem Betrug habe er jedoch nichts bemerkt. Deshalb wehre er sich und habe 180 negative Feststellungsklagen eingereicht, um gerichtlich feststellen zu lassen, dass die BKR-Mandanten keine Ansprüche gegen seine Kanzlei haben. Warum sie gleich 180 Mal klagt und nicht exemplarisch nur einige Klagen eingereicht hat, hat Dönnebrink Finanztest ausdrücklich nur vertraulich mitgeteilt.
Klar ist, dass er 180 Mal Gebühren kassiert. Zahlen müssen das die bereits durch die Pim Gold geschädigten Anleger. Einen Fall hat Dönnebrinks Kanzlei vor dem Landgericht Frankfurt bereits gewonnen und Hinweise des Gerichts deuten aus seiner Sicht darauf hin, dass er auch alle weiteren gewinnen werde.
BKR-Anwalt Kilian rudert zurück
Wohl deshalb rudert Rechtsanwalt Matthias Kilian inzwischen zurück. Es könne sein, dass „nicht Herr Rechtsanwalt Dönnebrink die Schuld an Ihrer Schädigung trägt ...“, schrieb er an die Schusters. Dönnebrink habe ihm deutlich gemacht, dass er aus seiner Sicht keine Anleger geschädigt habe. Er wolle Anlegerinnen und Anleger sogar beim Erreichen des Ziels „umfassenden Schadenersatz für Sie, nebst ggf. Sicherstellung der Ihnen zustehenden Goldbestände“ unterstützen.
Teure Streitbeilegung für Mandanten
Vor diesem Hintergrund habe Anwalt Kilian sich bemüht, eine „möglichst kostenschonende Beilegung der Streitsache“ mit Dönnebrink und seiner Kanzlei zu vereinbaren. Dafür haben die beiden Anwälte einen detaillierten Vergleichsvorschlag ausgearbeitet. Für die Schusters werden, je nachdem, ob sie sich für den Vergleichsvorschlag oder für andere Vorschläge ihres Anwalts entscheiden, Kosten von rund 4 600 Euro, 5 100 Euro oder 11 300 Euro fällig. Das sind die Kosten für den Rechtsstreit mit Dönnebrink in unterschiedlichen Varianten und Höhen.**
Das Ehepaar Schuster ist empört. Ihr Schaden hat sich durch ein unsinniges Anspruchsschreiben ihres Rechtsanwalts, das ihnen eine Klage der Gegenseite einbrachte, erst einmal um mehrere Tausend Euro erhöht.
Fall 2: Der „Quatsch mit dem Bonus“
Auch Luise Bloch* ärgert sich. Ohne Anwalt wäre sie besser dran gewesen. Sie hat für rund 40 000 Euro Gold bei der Pim Gold gekauft. „Mein größter Fehler war, den Quatsch mit dem Bonus zu glauben“, sagt sie. „Mein zweiter Fehler war, Pforr Rechtsanwälte & Kollegen zu beauftragen. Die hatten mit „bestmöglicher Rechtsdurchsetzung bei minimalem Kostenaufwand“ geworben, so Bloch.
Mandantenakquise über Interessengemeinschaft
Auf Pforr Rechtsanwälte & Kollegen Partnerschaftsgesellschaft mbB aus Bad Salzungen stieß Bloch über die „Interessengemeinschaft (IG) Pim Gold“. Wer IG, die sich als eigenständig darstellt, für eine Jahresgebühr von 98 Euro beitrat, sollte Informationen zum Fortgang des Pim-Gold-Insolvenzverfahrens erhalten.
Dass die Kanzlei Pforr mithilfe der Interessengemeinschaft Mandanten einsammelte, wusste Bloch nicht. Das Hilfsangebot der Kanzlei schien in Ordnung. Bloch sah sich die mit „Rechtsanwaltskosten für die Vertretung im Insolvenzverfahren“ im Downloadbereich der Homepage aufgeführten Gebühren an und unterschrieb. Dort war für ihren Fall eine 0,5 Gebühr in Höhe von rund 670 Euro aufgeführt.
Anwalt behält Abschlagszahlung ein
Was dann geschah, findet Bloch unverschämt. Im März 2021 erhielt sie ein Schreiben der Kanzlei Pforr. Darin heißt es, der Insolvenzverwalter der Pim Gold GmbH habe eine erste Abschlagszahlung auf Blochs Forderung in Höhe von rund 3 000 Euro vorgenommen. Das Geld behalte die Kanzlei Pforr aber als Abschlagszahlung auf das Anwaltshonorar vollständig ein.
Blochs Beschwerde, dass sie über derlei hohe Gebühren nie aufgeklärt worden sei, weist die Kanzlei Pforr zurück. Gleichzeitig teilt diese mit, dass ihr zusätzlich 2 700 Euro Honorar zustünden, sollte aus der Insolvenzmasse weiteres Geld fließen. Alles in allem hat sich Blochs Schaden durch das Hilfsangebot der Kanzlei Pforr weiter erhöht.
Kritik an nicht transparenter Kostenbelehrung
Bloch hat ihren Fall Rechtsanwalt Jan Reimer aus Hamburg vorgelegt. Reimer kommt in einem Gutachten zu dem Schluss, dass die Kanzlei „deutlich mehr abrechnet als zuvor vereinbart“ und „der in Ansatz gebrachte Gebührenrahmen unangemessen hoch ist“. Mit „minimalem Kostenaufwand“ habe das nichts zu tun.
Anwalt Thomas Pforr hätte von vorn herein klar gewesen sein müssen, dass seine Gebührenrechnung zurückgeholtes Geld aufzehren oder gar übersteigen könne, kritisiert Reimer und spricht „vom Verfolgen eines wirtschaftlich sinnlosen Ziels “ sowie einer „unzureichenden und nicht transparenten Kostenbelehrung“.
Anlegerin erwägt Schadenersatzklage
Pforr wäre deshalb im Rahmen seiner vorvertraglichen Aufklärungspflichten verpflichtet gewesen, Bloch konkret vor Augen zu führen, dass nur ein geringer Erfolg eintreten könne und dieser in keinem Verhältnis zu den dann „unverhältnismäßig hohen anwaltlichen Kosten“ stehen würde.
Während Bloch nun erwägt, die Pforr Rechtsanwälte & Kollegen auf Schadenersatz zu verklagen, weist Pforr die Vorwürfe zurück. Seine Kanzlei sei mit ihrer Tätigkeit „erheblich in Vorleistung gegangen“. Zunächst hätten Geschädigte sich über die IG Pim Gold günstig informieren und danach durch die Beauftragung seiner Kanzlei rechtliche Betreuung und Vertretung in Anspruch nehmen können, ohne mit dem Honorar in Vorleistung treten zu müssen. Pforr verweist auf seine enge Zusammenarbeit mit dem Insolvenzverwalter. Die 0,5 Gebühr, mit der Bloch geködert wurde, gelte aus Pforrs Sicht nur für den Fall, dass es keine Auszahlungen aus der Insolvenzmasse gegeben hätte.
PWB auf Warnliste
Ärger mit massenhaften Rundschreiben haben auch PWB Rechtsanwälte und Kilian Rechtsanwälte, beide aus Jena, bei Geschädigten ausgelöst. Während Kilian Rechtsanwälte Geschädigte der S&K-Gruppe anschrieb, wendete sich PWB an Anleger der 2014 insolvent gewordenen Windkraftfirma Prokon GmbH (heute Prokon e. G.).
Unser Leser Manfred Müller*, der bei Prokon Geld verloren hat, erhielt gleich zwei Rundschreiben der PWB. Im zweiten heißt es, er habe auf den Aufruf, Informations-und Staatshaftungsansprüche geltend zu machen, noch nicht reagiert. Das habe eine Prüfung seiner Akte ergeben. Müller hat dies auch nicht vor. Er weiß aus Finanztest, was von dem PWB-Rundbrief unter der Überschrift „Insolvenz der Prokon GmbH – Vater Staat soll zahlen!“ zu halten ist. PWB steht bereits seit 2016 wegen ihres umstrittenen Vorgehens in verschiedenen Anlegerfällen auf der Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest.
Das PWB- Rundschreiben suggeriert, dass die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) bei der Prokon GmbH versagt habe und dafür haften müsse. Geschickt weist PWB-Anwalt Philipp Wolfgang Beyer auf eine in „einem vergleichbaren Fallkomplex im Mai 2020“ gegen die Bafin rechtskräftig gewonnene Klage hin und empfiehlt, „auf diesen Erfolgen aufzubauen“.
Jeder Kläger soll 498 Euro zahlen
Die Teilnahme an einem Sammelverfahren gegen die Bafin über einen Prozessfinanzierer betrage für jeden Anleger einmalig nur 498 Euro. Dafür soll eine Prozessfinanzierungsgesellschaft „im Anschluss an das Auskunftsverfahren, ermittelte Staatshaftungsansprüche“ geltend machen. Sollte sie erfolgreich sein, behalte sie 30 Prozent aller Erlöse ein.
Eine gute Verdienstquelle für PWB-Anwalt Beyer, der selbst Prokon-Anleger ist, und so an Adressen von Tausenden Geschädigten herankam, die er dann anschreiben konnte.
Sammelverfahren als Einnahmequelle
Auch Matthias Kilian von Kilian Rechtsanwälte nutzt „Sammelverfahren gegen den Staat“ als Einnahmequelle. Dafür schreibt er Geschädigte der S & K-Gruppe an. Weil er bereits eine Klage gegen den Staat rechtskräftig gewonnen habe, bewerte er die Erfolgsaussichten als „sehr positiv“. Hier sollen Anleger sich für einmalig nur 490 Euro am Sammelverfahren beteiligen.
Auskunftsklage bringt keinen Schadenersatzanspruch wegen Amtshaftung
Es ist aber unwahrscheinlich, dass Anleger eine Auskunftsklage – also die Herausgabe von Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz – weiterbringt. Denn eine gewonnene Auskunftsklage bringt keinen Schadenersatzanspruch wegen Amtshaftung. Doch das verschleiert sowohl Beyer als auch Kilian geschickt.
Vielmehr tun beide so, als ob die Bafin schuld an den Verlusten der Anleger sei. „Wenn ich vom Staat geschädigt wurde, soll Vater Staat auch zahlen!“, heißt es plakativ auf einem Antwortbogen, mit dem Anleger sich am Sammelverfahren beteiligen sollen.
Bafin musste noch nie zahlen
Finanztest hat bei der Bafin nachgefragt. Zwar habe die Bafin in einigen Rechtsstreiten Informationen zur Verfügung stellen müssen. Sie sei aber „noch nie zu Schadenersatz an Anleger aufgrund einer Amtshaftungsklage“ verurteilt worden, teilt Bafin-Sprecherin Dominika Kula mit.
Da die Bafin im öffentlichen Interesse tätig sei, ,,sind Amtshaftungsansprüche von Anlegern beaufsichtigter Unternehmen gegenüber der Aufsicht gesetzlich ausgeschlossen“, erklärt Kula. Unternehmen wie die Pim Gold GmbH, Prokon oder P&R „standen zu keinem Zeitpunkt unter der Aufsicht der Bafin“. Auch dürfe die Bafin keine Unternehmen beaufsichtigen, deren Aufsicht ihr nicht gesetzlich übertragen worden sei. Einige Anwälte verwechselten die Prospektpflicht, die bei einigen Unternehmen bestand, mit Aufsichts- und Eingriffsbefugnissen, so Kula.
Klage eines P&R-Anlegers gescheitert
Kulas Erklärung deckt sich mit einem Urteil des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main, das 2020 die Klage eines Kunden der insolventen Containerfirma P&R abwies (Az. 1 U 83/19, Revision nicht zugelassen). Die Bafin sei in öffentlichem Interesse tätig. Anlegern stehe kein Anspruch aus Amtshaftung oder europarechtlicher Staatshaftung zu.
Dürftige Erfolgsaussichten bei Wirecard
Selbst im Fall Wirecard erscheinen die Erfolgsaussichten eher dürftig, obwohl hier anders als bei Pim Gold oder Prokon wenigstens ein Teil des Konzerns unter Bafin-Aufsicht stand und es einen Untersuchungsausschuss gibt.
Im PWB-Schreiben finden sich kaum Hinweise, dass massenhaft Geld für eine Auskunftsklage eingesammelt wird, die nur bei Erfolg eventuell zu einer Schadenersatzklage führt. Ein schlechtes Geschäft für Prokon-Geschädigte, für die nur zählt, ihren Schaden ersetzt zu bekommen.
Anwälte verteidigen sich
Wir haben die Kanzleien PWB, BKR, Kilian Rechtsanwälte und Pforr Rechtsanwälte & Kollegen zu den Fällen befragt. Sie haben uns mehrseitige Rechtsausführungen geschickt und ihre Vorgehensweise verteidigt. Sie erklärten uns unisono, warum ihr Vorgehen rechtlich in Ordnung ist und im Interesse ihrer Mandanten liegt.
Geschädigte wie das Ehepaar Schuster oder Luise Bloch sehen das anders. Ihr Schaden hat sich – Stand heute – durch die anwaltliche Vertretung noch erhöht. Genauso wie die der vielen Prokon-Sammelkläger. Deren Aussichten, Schadenersatz vom Staat zu erhalten, dürften bei null liegen.
*Name von der Redaktion geändert
**Klarstellend geändert am 27. August 2021
Checkliste: Anhaltspunkte für unsaubere Akquise
Rundschreiben. Gewinnen Anwälte über Anschreiben möglichst viele Anlegerinnen und Anleger für eine Sammelklage, bringt ihnen das eine Menge Honorare. Wegen der großen Zahl der Fälle kann die individualisierte Behandlung eines Falls dabei leicht auf der Strecke bleiben und ein Anleger Nachteile erleiden.
Interessenkonflikt. Bei Anwälten, die mit Vermittlern oder Beratern zusammenarbeiten, ist Skepsis angebracht. Sie handeln häufig aus finanziellem Interesse, um an möglichst viele Adressen von Geschädigten zu kommen. Als Gegenleistung vereinbaren sie oft, Ansprüche etwa wegen fehlerhafter Beratung durch Vermittler und Berater nicht geltend zu machen.
Masseverfahren. Vorsicht bei Anwälten, die Hunderten Anlegern Masseverfahren empfehlen. Im Fall einer süddeutschen Kanzlei hat der Bundesgerichtshof zahlreiche Güteanträge zur Hemmung der Verjährung nicht anerkannt, weil sie keine genauen Angaben zum jeweiligen Einzelfall enthielten (BGH, Az. III ZR 189/14, Az. III ZR 191/14, Az. III ZR 198/14 und Az. III ZR 227/14).
Sammelklage. Mit Sprüchen wie „derStaat hat Schuld, der Staat muss zahlen“ wird Anlegern in massenhaft verschickten Rundschreiben suggeriert, dass sie ihren Schaden ersetzt bekommen. Dazu sollen sie an kostengünstigen Sammelverfahren teilnehmen. Im ersten Schritt soll der Staat auf Auskunft verklagt und im zweiten Schritt geprüft werden, ob die Auskünfte Staatshaftungsansprüche rechtfertigen. Da dies bisher nie der Fall war, handelt es sich eher um Geldschneiderei als um ein Hilfsangebot.
Verjährung. Wenn Anwälte zum schnellen Handeln drängen, weil die Sache sonst verjährt, ist das ein Warnsignal. Anleger sollten klären, ob tatsächlich Verjährung droht.
Rechtsschutz. Erklären Anwälte, dass die Rechtsschutzversicherung die Kosten für einen Fall übernimmt, sollten Anlegerinnen und Anleger sich das schriftlich geben lassen.
Gebühren. Windige Anwälte sprechen in ihren Schreiben gern von geringen Gebühren. Anleger sollten vorab auf einer genauen Kostenaufstellung bestehen.
Insolvenz. Einige Anwälte suggerieren, dass Anleger einen Anwalt benötigen, um Schäden beim Insolvenzverwalter anzumelden. Diese können ihre Forderung jedoch selbst beim Insolvenzverwalter anmelden.
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Anlageskandale Wenn der Insolvenzverwalter Geld zurückfordert
- Nach der Pleite einer Anlagefirma verlangen Insolvenzverwalter oft Ausschüttungen zurück, die Anleger erhalten haben. Das dürfen sie nicht immer, wie der Fall P&R zeigt.
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- Rechtsanwalt Philipp Wolfgang Beyer von der BKR Beyer Kilian Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB aus Jena macht Mitgliedern der „Interessengemeinschaft...
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Diese Berichte über Anlageskandale wie ProKon, Wirecard u. Insolvenzverwalter lassen doch langsam (ver-)zweifeln: Wem kann man noch trauen? Gibt es keine (Kaufmanns-) Ehre mehr? Verliert Deutschland den Anschluss an die Zukunft? Ich habe ein Beispiel erlebt anlässlich der Bestellung eines sogenannten BioHybrid eBikes. Tolles, modernes, zukunftsweisendes Produkt! Bestellt, angezahlt und dann sollte es eigentlich Ende letzten Jahres geliefert werden. Doch statt dem Bike kam eine E-Mail mit Verweis auf eine in Nürnberg-Erlenstegen ansässige Kanzlei mit Nennung von Ansprechpartnern und Durchhalteparolen nach dem Motto "es werden Investoren gesucht". Hat mich an den Sion erinnert. Deshalb telefonische Kontaktaufnahme. Anruf wurde von der Kanzlei zwar angenommen, aber nicht beantwortet, per E-Mail - ebenfalls nicht beantwortet. Heute erreicht man weder unter der Internetadresse von biohybrid.com noch über die Anwaltskanzlei hilfreiche Antworten. Als wenn es am Geld scheitern würde?
Ich benötigte wegen Streitigkeite 5 Rechtsanwälte .Am Bau meines Hauses und Ärztefehler zum Schaden meiner Gesundheit und alle waren Betrüger .Die Verfahren am Bau dauerten 11 Jahre und die wegen Gesundheitsschaden 10 Jahre das erst eingestellt wurde nach dem mein Anwalt verstorben war .Nur 1 Anwalt mußte wegen Betrug etwas bezahlen .
Im Falle Wirecard hatte die BaFin sehr wohl eine Eingriffspflicht - die sie bekannter weise auch wahrgenommen hat, nur leider in der entgegengesetzten Stoßrichtung. Damit hat sie § 4 Abs 4 FinDAG verwirkt und haftet. Wer mit einem Prozessfinanzierer und einer seriösen Kanzlei zusammenarbeitet kann kein Geld verlieren, hat aber das doppelte Netz dass sowohl der Anwalt als auch der Finanzierer die Erfolgsaussichten prüft. Im falle BaFin liegen einige sehr hochrangige Gutachten vor, die eine Haftung der BaFin bejahen. Sekundär zu Wirecard und EY.
Und dann kommt dazu noch dies: Staatshaftung für fehlerhafte Aufsicht im Bereich des Kapitalmarktes
https://edoc.hu-berlin.de/bitstream/handle/18452/16639/benighaus.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Warum wird denn versucht Akten zu verheimlichen ?