
Grüner Anstrich. Nicht alle Finanzprodukte halten ethisch-ökologischen Ansprüchen stand. © Getty Images / David Mahan
Sie wollen nachhaltig investieren? Aufgepasst! Blindes Vertrauen ist bei grünen Geldanlagen nicht angeraten. An diesen 6 Anzeichen erkennen Sie Greenwashing.
1. Nicht geschützte Begriffe
Die Namen klingen vielversprechend: Begriffe wie „nachhaltig“ oder das Kürzel „ESG“ (steht für „Umwelt, Soziales und Unternehmensführung“) labeln das Anlageprodukt. Dabei kann es um mehr oder weniger gewollte Missverständnisse gehen. Anlegerinnen und Anleger können unter Begriffen wie „grün“, „verantwortlich“, „ethisch“ oder „Klima“ durchaus etwas anderes verstehen als der Anbieter. Diese Begriffe sind nicht geschützt.
Tipp. Es lohnt sich, sich mit den Eigenschaften des Produkts genau auseinanderzusetzen. Sind etwa bei einem Fonds nur wenige kontroverse Branchen wie geächtete Waffen und Tabak ausgeschlossen, ist nicht unbedingt der gesamte Fonds ethisch in Ordnung – auch wenn der Name des Produkts so klingt.
2. Eigene Siegel
Nicht alle Siegel, Logos und Standards sind streng und glaubwürdig. Manchmal steckt dahinter keine von einem unabhängigen Dritten erstellte qualitative Fonds- oder Unternehmens-Analyse. Herausgeber solcher Kennzeichnungen sind oft Netzwerke von Unternehmen, die sich selbst bestimmten Nachhaltigkeitszielen verpflichtet haben.
Tipp. Besser prüfen, wofür die Siegel stehen. Sind sie unabhängig? Wie streng sind die Standards, auf denen sie basieren? Für nachhaltige Fonds oder ETF hat Finanztest eine Nachhaltigkeitsbewertung entwickelt.
3. Bilder statt Fakten
Grüne Wiesen, blauer Himmel: Viele Anbieter auf dem Finanzmarkt wollen signalisieren, dass sie schon immer nachhaltig waren. Hellhörig sollten Anleger werden, wenn Produktunterlagen mit bunten Bildern und Absichtserklärungen präsentiert werden, die keine Nachhaltigkeitskriterien enthalten. Benennt ein Anbieter nicht konkret, welche Branchen und Geschäftspraktiken er ausschließt, ist das nicht glaubwürdig.
Tipp. Seriöse, nachhaltig wirtschaftende Unternehmen oder Fonds sorgen für Transparenz und stellen Interessierten vor der Anlageentscheidung mit Fakten untermauerte Beschreibungen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie zur Verfügung.
4. Falsche Genauigkeit
Auf der anderen Seite gibt es Angebote, die sehr konkrete Wirkungen benennen und Diagramme und Zahlen liefern. Etwa: „So viel Tonnen CO2 werden vermieden.“ Vorsicht ist geboten, wenn Anbieter ihre Berechnungsgrundlagen nicht offenlegen, mit mangelhaften Daten arbeiten oder methodisch zweifelhafte Annahmen treffen. Auch das ist Greenwashing. Schätzungen werden hier als exakte Berechnungen verkleidet.
Tipp. Genau hinsehen: Beruhen die Berechnungen nur auf Schätzungen? Wurde das ganze Portfolio einbezogen? Bietet der Anbieter nicht genug oder keine verständlichen Infos zu seiner Nachhaltigkeitsstrategie – Finger weg.
5. Bedenkliches Hauptgeschäft
Einige Finanzprodukte werben mit einzelnen grüne Produkten oder Projekten, tun aber sonst nichts bis wenig für Nachhaltigkeit. Beispiel: Eine Bank oder ein Unternehmen fördert ein paar Windparks und legt einen grünen Fonds auf, setzt aber gleichzeitig Milliarden mit Krediten für den fossilen Wirtschaftssektor oder umweltschädliche Projekte um.
Tipp. Ergründen Sie, ob Nachhaltigkeitsziele in das gesamte Geschäftsmodell integriert sind. Finanztest vergibt Noten für die Nachhaltigkeit von Fonds. In unserem Vergleich von Fonds und ETF können Sie Fonds nach der Nachhaltigkeitsbewertung filtern.
6. Riskante Anlageprodukte
Auch unseriöse Finanzprodukte tragen gern einen grünen Mantel. Es bedarf aber keiner exotischen Anlageform, um nachhaltig zu investieren. Vielmehr sollte das Anlageprodukt immer auch zum Risikoprofil des Anlegers passen. Viele als grün beworbene Geldanlagen, etwa ökologische Beteiligungsprojekte, sind zu riskant für den durchschnittlichen Anleger. Niemand muss sein Geld in ein Direktinvestment in Bäume oder einen Windpark anlegen.
Tipp. Nachhaltig anlegen funktioniert auch mit ethisch-ökologischen Fonds oder klassischen Bankprodukten, etwa Tages- und Festgeld. Finanztest untersucht regelmäßig ethisch-ökologische Zinsangebote. Eine Übersicht unseriöser Finanzprodukte gibt es in unserer Warnliste Geldanlage.
Nachhaltig Anlegen wird bald einfacher
Nicht jede Form des Greenwashings können Verbraucher selbst erkennen, weil die Informationen der Anbieter komplex und schwer überprüfbar sein können. Dafür braucht es Regulation und Aufsicht. Das Beurteilen von Finanzprodukten auf ihre Nachhaltigkeit soll in den nächsten Jahren einfacher werden. Dafür werden EU-weite Werkzeuge für einfachere Anlageentscheidungen entwickelt:
- Die wichtigsten Nachhaltigkeitseigenschaften soll es auf einem standardisierten Datenblatt geben, verpflichtend für die wichtigsten nachhaltigen Anlageprodukte.
- Es wird der Anteil von Anlagen im Portfolio eines nachhaltigen Produkts veröffentlicht, die wesentlich für Klima- und Umweltschutz sind.
- Es wird ein EU-Ecolabel für nachhaltige Finanzprodukte, darunter auch Girokonten, eingeführt.
-
- Neue Features für unseren Fondsvergleich mit 23 000 Fonds und ETF: Wir haben das Fondsrating verschärft – und präsentieren neue, erfolgreiche Anlagestrategien.
-
- Klimawandel und Krieg fordern den Umstieg zu umweltfreundlichen Technologien. Wie Anlegende mit aktiv gemanagten Fonds und ETF auf erneuerbare Energien setzen.
-
- Der bekannte Finanzbuchautor Gerd Kommer bietet seit kurzem einen eigenen ETF an. Unsere Analyse zeigt: Das Konzept hat viele Pluspunkte, franst aber aus.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.