Funk­tions­jacken im Test Die besten fluorfreien Modelle für Damen und Herren

Funk­tions­jacken im Test - Die besten fluorfreien Modelle für Damen und Herren

© Getty Images / Tegra Stone Nuess

In wetter­fester Kleidung steckt oft schädliche Chemie. Geht es auch ohne? Im Test blieb keine Prüfpuppe trocken.

Funk­tions­jacken im Test Testergebnisse für 8 Funk­tions­jacken 10/2020 freischalten

An diesen Luxus haben wir uns gewöhnt: Gute Funk­tions­jacken halten Regen von außen ab und lassen Wasser­dampf von innen heraus. Den Trans­port nach draußen über­nehmen atmungs­aktive, durch­lässige Membranen. Der imprägnierte Oberstoff stoppt Regen und Rinn­sale.

Dass das funk­tionieren kann, wissen wir aus früheren Tests. Allerdings enthielten die meisten Jacken aus dem Test 2016 fluorhaltige Chemikalien: per- und poly­fluorierte Alkyl­substanzen (PFAS), oft auch per- und poly­fluorierte Chemikalien (PFC) genannt. Sie weisen Wasser, Schmutz und Öl besonders gut ab, stehen aber als Schad­stoffe in der Kritik. Einige Outdoor-Ausstatter bieten inzwischen umwelt­freundliche Alternativen an.

Wir haben acht laut Anbieter fluorfreie Jacken geprüft. Sie sind ungefüttert – für Herbst­wanderungen muss noch was Wärmendes druntergezogen werden. Für die Schöffel, die im Test noch am besten abschneidet, ist laut Anbieter eine Innenjacke erhältlich, ebenso für eine weitere Geprüfte.

Unser Rat

Die besseren der geprüften fluorfreien Funk­tions­jacken reichen für leichte Wandertouren und Städtetrips. Die 200 Euro teure Schöffel und die zweit­platzierte Salewa für 120 Euro zum Beispiel schützen zumindest neu vor Regen, nach fünf Wäschen lässt das bei beiden stark nach. Nach­imprägnieren kann helfen – möglichst mit einem fluorfreien Mittel oder über einen Imprägnier­service.

Regen­schutz mäßig

Das Test­ergebnis enttäuscht: Keine fluorfreie Jacke bietet guten Regen­schutz. Im Neuzustand hielten einige im Regenturm sehr gut dicht, die übrigen trotzten dem Regen akzeptabel. Nach fünf Wäschen hatten alle stark nachgelassen: Wasser perlte nicht mehr so wirkungs­voll ab, der Oberstoff saugte sich voll, die Jacken weichten durch.

Fatal stabile Substanzen

So bleibt bei Funk­tions­jacken das Dilemma: Wer auf Problem­chemie verzichten will, findet noch keine über­zeugende Alternative. PFAS seien ein „erhebliches Risiko für Mensch und Umwelt“, sagt Wasser­chemiker Stefan Stolte im Interview. Im Tier­versuch wirkten einige Verbindungen leberschädigend und vermutlich krebs­erzeugend.

Was bei der Beschichtung erwünscht ist, erweist sich in der Umwelt als fatal. Bestimmte PFAS bauen sich auch über lange Zeiträume kaum von allein ab und können von Klär­anlagen nicht zuver­lässig heraus­gefiltert werden. Über Luft und Regen verbreiten sich die Substanzen um den Globus. Studien zufolge wurden sie schon in Boden­proben Feuer­lands, in der Antarktis und in kana­dischen Seen nachgewiesen.

PFAS gefährden auch Menschen

Eine der Fluor­verbindungen, die Perfluoroktansäure (PFOA), hat die Europäische Union bereits als „besonders besorgnis­erregend“ einge­stuft. Seit dem 4. Juli 2020 darf sie bis auf wenige Ausnahmen in der EU nicht hergestellt oder in den Verkehr gebracht werden.

Die Fluor­verbindungen können auch Menschen gefähr­lich werden. „Kinder und Jugend­liche haben zu viel PFAS im Blut“, warnt Brigitte Zietlow, Textilien­expertin im Umwelt­bundes­amt. Erhöhte Konzentrationen könnten die Wirkung von Impfungen vermindern, die Neigung zu Infekten verstärken oder Cholesterin­werte erhöhen.

Allerdings muss niemand fürchten, über Haut­kontakt mit Fluorchemie aus einer Jacke direkt geschädigt zu werden. Menschen nehmen die Substanzen haupt­sächlich über Lebens­mittel und Trink­wasser auf.

PFAS in geringen Mengen fanden wir im Oberstoff der laut Anbieter fluorfreien Haglöfs-Jacke. „Es ist denk­bar, dass die Herstellung des Textils in Produktions­stätten statt­gefunden hat, in denen Fluorchemie einge­setzt wurde“, so unser Prüf­institut. Wir werteten die Jacke im Urteil für Umwelt und Gesundheit und im test-Qualitäts­urteil ab.

Nach dem Waschen durch­lässig

Die Forschung steht vor der Heraus­forderung, PFAS-freie Membranen und Beschichtungen wasch­fester zu machen. Nach der ersten Starkregen­prüfung haben wir alle Jacken nach den Empfehlungen der Anbieter gewaschen. Wo es die Pfle­gehin­weise vorgaben, reaktivierten wir zudem die Imprägnierung per Trockner oder Bügel­eisen. Nach fünf solcher Wasch­gänge kam keine der Jacken im Regen­schutz über ein Ausreichend hinaus. Im Regenturm fielen in zwei Stunden 200 Liter künst­licher Regen pro Quadrat­meter auf die Jacken. Zum Vergleich: Der Deutsche Wetter­dienst bezeichnet Nieder­schläge ab 40 Liter pro Quadrat­meter und Stunde als „extrem heftigen Stark­regen“. Allerdings waren unsere Prüfpuppen im Labor weder Wind noch Böen ausgesetzt.

Von viertel- bis klitsch­nass

Noch am trockensten hielt nach fünf Wäschen die Haglöfs: Etwa ein Viertel des Baumwoll­leibchens unter der Jacke wurde nass. Kaum schlechter sind Schöffel und Maier Sports. Schluss­licht ist die Jack-Wolfs­kin-Jacke: Unter ihr wurde das gesamte Hemd klitsch­nass. Jack Wolfs­kin teilte uns mit, dass sich bei einigen Chargen nach etwa drei Wäschen das Naht­versiegelungs-Tape ablöse. Die im Regenturm geprüften Jacken gehören zu einer dieser Chargen.

Tipp: Jack Wolfs­kin hat auf Nach­frage mitgeteilt, dass Kundinnen und Kunden betroffene Jacken in der Verkaufs­stelle umtauschen oder zurück­geben können.

Imprägnierung lässt sich auffrischen

Einige Anbieter empfehlen Kunden, ihre Jacke selbst nach­zuimprägnieren. Textil­expertin Zietlow rät, dafür als PFAS-frei gekenn­zeichnete Mittel zu wählen. Allerdings benötige Funk­tions­kleidung je nach Zusammenset­zung unterschiedliche Mittel – im Ideal­fall gibt der Anbieter Empfehlungen. Am besten, so Zietlow, nehme er die Auffrischung aber selbst vor.

Tipp: Mammut, Schöffel und Vaude bieten einen PFAS-freien Imprägnier­service über die Firma Meyer und Kuhl an, der Anbieter Jack Wolfskin über seine eigene Website. Der Service kostet etwa 25 Euro. 

Mehr zum Thema. Das Umwelt­bundes­amt hat kürzlich die Info- und Ratgeberbroschüre PFAS. Gekommen, um zu bleiben veröffent­licht.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • stfpetgnd am 28.09.2024 um 16:12 Uhr
    Wann gibt es endlich einen neuen Test??

    Hallo,
    wann kommt hier endlich mal wieder ein neuer Test?
    Der Markt zu Outdoorjacken ist massiv in Bewegung und viele Nutzer sind sicher an diesem Thema interessiert, da viele der getesteten Modelle gar nicht mehr im Handel sind.
    Daher sollte doch mal ein neuer Test aufgelegt werden, anstelle des hundersten Matratzen-, Fernseher-, Handy- oder Notebooktest.
    Es nervt nur noch, weil immer wieder die selben Tests einfach wiederholt werden und damit ein Großteil der Printausgabe mit den gleichen Themen gefüllt wird. :(

  • siriustag21 am 08.01.2024 um 11:45 Uhr
    Wasserdicht ist nicht gleich wasserdicht Ergänzung

    Die Wasserdichtigkeit wird bei Übertreffen der Klasse 4 nach EN 343 ( 2.039 mm Wassersäule) oft direkt als Wassersäule angegeben, z.B. mit 10.000 mm oder noch besser mit 25.000 mm.
    Atmungsaktivität wird auch in MVTR angegeben. Ein MVTR-Wert ab 10.000 g/m²/24h gilt als sehr atmungsaktiv.

  • siriustag21 am 07.01.2024 um 16:32 Uhr
    Wasserdicht ist nicht gleich wasserdicht


    Wer eine Funktionsjacke kaufen will und möchte, dass diese wasserdicht ist, sollte Folgendes nachsehen bzw. nachfragen: EN 343:2019 geprüft, welche Klasse? Klasse 4 bedeutet max. wasserdicht, Klasse 1 mindestwasserdicht. Ebenfalls interessant: Atmungsaktiv Klasse 4 ist max. atmungsaktiv, Klasse 1 minimal atmungsaktiv.

  • siriustag21 am 07.01.2024 um 16:29 Uhr

    Kommentar vom Autor gelöscht.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 31.10.2023 um 12:50 Uhr
    Testwunsch Funktionsjacken

    @393e96908f0deb71645411445dd9bb0a:Ob und wann eine entsprechende Untersuchung durchgeführt wird, lässt sich momentan noch nicht übersehen. Ihren Testvorschlag haben wir jedoch mit Interesse zur Kenntnis genommen und an unser für die Testplanung zuständiges Gremium, das Untersuchungswünsche unserer Leser registriert, weitergeleitet. Vielen Dank dafür!