
Darmkrebs-Vorsorge ab 50 nutzen. Sie kann Krebs und Krebsvorstufen im Muskelschlauch erkennen. © Depositphotos
Die Zahl der Darmkrebsfälle ist rückläufig, auch dank Vorsorge. Neu: Frauen können nun wie Männer bereits ab 50 Jahren zum Screening. Wir informieren zu Möglichkeiten.
Jede achte Krebserkrankung in Deutschland betrifft den Darm: Rund 33 000 Männer und 28 000 Frauen erkranken pro Jahr an Darmkrebs, so das Robert-Koch-Institut. Dank Vorsorge und Früherkennung sind die Zahlen insgesamt rückläufig. Fachleute berichten jedoch von einer Zunahme von Darmkrebserkrankungen bei unter 50-Jährigen. In einer Studie ist sie für Europa für die Zeit 1990 bis 2016 bereits belegt.
Steigende Fallzahlen bei Erwachsenen unter 50
Bei den 20- bis 30-Jährigen stieg die Zahl der Erkrankungen in Europa von 2006 bis 2014 durchschnittlich um rund 8 Prozent pro Jahr. Bei den 30- bis 40-Jährigen um rund 5 Prozent jährlich. „Die Gruppe der jungen Erkrankten stellt eine besondere Herausforderung hinsichtlich der Erkennung, Prävention und Behandlung dar“, sagt Professor Matthias Ebert, Gastroenterologe und Direktor der II. Medizinischen Klinik Mannheim.
Übergewicht und Rauchen sind ungünstig
Die Ursachen hierfür sind noch nicht abschließend geklärt, erste Studien aber zeigen: „Vor allem Übergewicht, ungesunde Ernährung, Rauchen und Bewegungsmangel wirken sich ungünstig auf das Mikrobiom des Darms aus und befeuern die Entstehung von Krebs.“ Früh erkannt habe Darmkrebs gute Heilungschancen. Gerade im Anfangsstadium ahnten Betroffene oft aber nichts von der Erkrankung.
Anhaltende Verdauungsprobleme, wiederkehrender Durchfall und ungewollter Gewichtsverlust können Anzeichen sein, die ärztlich untersucht werden sollten.
Professor Matthias Ebert, Gastroenterologe am II. Medizinischen Klinik Mannheim
Tipp: Halten Sie die Risiken selbst im Zaum – mit passenden Diät- und Ernährungskonzepten, dem Schritt zum Nichtrauchen oder Hilfsmitteln wie Smartwatch oder Blutdruckmessgerät, die Parameter wie Blutdruck und Kalorienverbrauch messen.
Stuhltest und Darmspiegelung zeigen Wirkung
Zahlen des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zeigen: Nationale Früherkennungsprogramme verhindern viele Darmkrebsfälle. Es verglich Daten von 3,1 Millionen Darmkrebs-Betroffenen aus 21 Ländern. Die Zahlen sanken dort, wo Menschen ab etwa 50 Jahren eingeladen sind, sich mit Stuhltest und Darmspiegelung auf Krebsvorstufen testen zu lassen – wie in Tschechien, Österreich und Deutschland.
Hierzulande reduzierte sich die Zahl der Darmkrebs-Neuerkrankungen von 2010 bis 2020 laut Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch-Instituts deutlich: bei den Männern um rund 13 Prozent, bei den Frauen um 17 Prozent. In Ländern ohne Programme dagegen stieg die Rate.
Tipp: Wenn Sie familiär vorbelastet sind oder unklare Beschwerden haben, können Sie schon früher – zum Beispiel im Alter von 30 Jahren – eine Darmspiegelung auf Kassenkosten wahrnehmen. Die Voraussetzung: Eine Ärztin oder ein Arzt müssen die Untersuchung für erforderlich halten. Der Anspruch auf eine Abklärungskoloskopie besteht jederzeit.
Ab 50 Jahren kommen Einladungen zur Früherkennung
Seit 2019 können gesetzlich Krankenversicherte in Deutschland ein verbessertes Screeningprogramm in Anspruch nehmen, damit Darmkrebs frühzeitig erkannt wird. Es umfasst mehrere Untersuchungen in unterschiedlichen Zeitabständen. Im Alter zwischen 50 und 65 Jahre bekommen gesetzlich Krankenversicherte alle fünf Jahre von ihrer Krankenkasse einen Brief, der zu kostenlosen Angeboten der Darmkrebsfrüherkennung einlädt. Der Brief enthält ausführliche Informationen zu den Untersuchungen, zum Datenschutz, zu Widerspruchsrechten und Programmbeurteilungen. Zuvor gab es Einladungen dieser Art nur für die Mammografie. Erfahrungen zeigen, dass Einladungen die Bereitschaft zur Teilnahme steigern.
Tipp: Auch ohne Einladung ist die Teilnahme an der Darmkrebsfrüherkennung möglich – vorausgesetzt, das Alter stimmt. Rufen sie Ihre Ärztin oder Ihren Arzt an. Welche Früherkennungsuntersuchungen gesetzlich Versicherte in Anspruch nehmen können, zeigt unser Special Vorsorgeuntersuchungen.
Für Frauen und Männer: Darmspiegelung ab 50
Die wichtigste Untersuchung im Rahmen des Screeningprogramms ist die Darmspiegelung – in der Fachsprache Koloskopie genannt. Seit April 2025 können Frauen sie bereits ab dem 50. Geburtstag auf Kassenkosten in Anspruch nehmen – fünf Jahre früher als bisher. Für Männer liegt das offizielle Einstiegsalter für eine Darmspiegelung schon länger bei 50, weil sie häufiger und vor allem früher an Darmkrebs erkranken als Frauen. Unabhängig vom Alter trifft es laut DKFZ 46 von 100 000 Männer, dagegen nur 28 von 100 000 Frauen. Stärker noch zeigten sich Geschlechtsunterschiede bei den Krebsvorstufen.
Spiegelung senkt Sterberisiko um 70 Prozent
Die Darmspiegelung gilt als aufwendig, aber als zuverlässigste Methode. Fachärzte wie Gastroenterologen untersuchen dabei mithilfe eines Schlauchendoskops den Dickdarm auf Gewebeveränderungen und können Krebsvorstufen wie Polypen direkt entfernen. Die Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung der Universität Pennsylvania belegen, dass eine Spiegelung das Risiko, an Darmkrebs zu sterben in den folgenden zehn Jahren deutlich vermindert: Die Spiegelung senke das Risiko um knapp 70 Prozent.
Wer früh einsteigt, hat Anspruch auf zwei Spiegelungen
Beide Geschlechter können die Untersuchung ein zweites Mal auf Kassenkosten vornehmen lassen – aber erst nach zehn Jahren Mindestabstand, denn Darmkrebs entwickelt sich in der Regel langsam. Wer sich zum Beispiel mit 65 Jahren oder später erstmals untersuchen lassen will, hat nur Anspruch auf eine einzige Früherkennungskoloskopie.
Stuhltest bleibt schnellere Alternative
Daneben gibt es eine zweite gesetzlich finanzierte Früherkennungsmethode – den immunologischen Stuhltest (iFOBT). Er ersetzt seit 2017 den früheren, chemischen Stuhltest. Beim immunologischen Test wird eine Stuhlprobe mittels Antikörpernachweis auf nicht sichtbare Blutspuren analysiert – möglicher Hinweis auf einen Tumor. Männer und Frauen im Alter von 50 bis 54 Jahren können ihn jährlich machen lassen, sofern keine Darmspiegelung vorgenommen wurde. Über 55-Jährige haben jedes zweite Jahr Anspruch darauf – wenn in der Zeit keine Darmspiegelung gemacht wurde.
Forscher des Deutschen Krebsforschungszentrums beklagen, dass nur 10 Prozent der angeschriebenen Männer und 20 Prozent der Frauen den Stuhltest durchführten. Offenbar sei das Mitmachen derzeit zu kompliziert. Der Stuhltest müsse erst bei Ärztin oder Arzt abgeholt werden, dann zu Hause durchgeführt und wieder in der Praxis gebracht werden. Die Forscher schlagen vor, den Berechtigten in Zukunft den Stuhltest gleich per Post zuzusenden.
Wichtig zu wissen: Hausärzte und bestimmte Fachärzte wie Gynäkologen, Urologen oder Hautärzte geben den Stuhltest aus. Wird Hämoglobin im Stuhl nachgewiesen, kann dem Krebsverdacht nur mittels einer Darmspiegelung nachgegangen werden.
Beratungsgespräch in Anspruch nehmen
Versicherte können sich auch auf Kassenkosten ausführlich über das Vorsorgeprogramm von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt beraten lassen. Alle Vertragsärztinnen und -ärzte, die Darmkrebsfrüherkennung oder Gesundheitsuntersuchungen durchführen, dürfen die einmalige ausführliche Beratung über Ziel und Zweck des Screeningprogramms anbieten.
Tipp: Der Gemeinsame Bundesausschuss stellt neue Informationsbroschüren zum Angebot zur Verfügung – für Frauen und für Männer.
Lob und Kritik der Fachgesellschaften für das Krebs-Screening
Die deutschen Fachgesellschaften der Gastroenterologen sehen die Einführung des Screenings als wesentlichen Fortschritt, hätten sich in manchen Punkten aber weitergehende Regelungen gewünscht. So befürwortet die Deutsche Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS), bei Männern bereits ab 45 Jahren mit der Früherkennung zu beginnen. Auch sollte für Angehörige von Darmkrebspatienten ein früherer Beginn der Vorsorge festgelegt werden, da sie ein erhöhtes Krebsrisiko haben.
Das familiäre Risiko im Blick haben
Gendefekte oder eine familiäre Vorbelastung können das Darmkrebs-Risiko erhöhen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DKFZ gehen davon aus, dass etwa jede vierte Darmkrebserkrankung einen familiären Hintergrund hat. Das Ausmaß der Risikoerhöhung hänge von verschiedenen Faktoren ab:
- Verwandte ersten Grades. Erkranken Eltern, Geschwister oder Kinder an Darmkrebs, ist das eigene Darmkrebsrisiko etwa doppelt so hoch wie bei Menschen ohne familiäre Vorbelastung.
- Verwandte zweiten Grades. Sind Großeltern, Onkel, Tanten, Enkel an Darmkrebs erkrankt, gilt das eigene Darmkrebsrisiko ebenfalls als erhöht – allerdings in geringerem Maße als bei Verwandten ersten Grades.
- Anzahl der betroffenen Verwandten. Je mehr Verwandte bereits eine Darmkrebsdiagnose erhalten haben, desto höher ist das Risiko, selbst daran zu erkranken. Es gilt als vierfach erhöht, wenn bei zwei oder mehr erstgradig Verwandten Darmkrebs festgestellt wurde.
- Alter der Verwandten bei Diagnose. Je jünger die Verwandten waren, als bei ihnen Darmkrebs festgestellt wurde, desto höher ist das eigene Darmkrebsrisiko. Die Risikoerhöhung gilt als 1,8-fach, wenn Verwandte über 60 Jahren an Darmkrebs erkrankt sind. Das Risiko erhöht sich bis hin zum 3,6-Fachen, wenn Verwandte bei der Diagnose jünger als 50 waren.
- Polypen bei Verwandten. Das eigene Darmkrebsrisiko steigert sich auch, wenn bei Verwandten Darmpolypen auftraten. Polypen sind Vorwölbungen (Adenome), etwa der Darmschleimhaut, aus denen Krebs entstehen kann. Laut einer Studie unter Beteiligung des DKFZ erhöht sich das individuelle Risiko an Darmkrebs zu erkranken bereits bei einem Verwandten ersten Grades mit diagnostizierten Polypen.
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- Gesetzlich Versicherte können viele Vorsorgeuntersuchungen, zum Beispiel für Hautkrebs nutzen. Darmkrebsvorsorge können Kassenpatientinnen jetzt schon ab 50 Jahre machen.
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- Laut Verbraucherzentrale kassieren manche Ärzte von ihren Patienten Geld für Leistungen, die eigentlich von der Krankenkasse übernommen werden. So wehren Sie sich.
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- Bei der Fettverteilungsstörung Lipödem kann Fettabsaugen Schmerzen lindern. Bald übernehmen die Krankenkasse die OP-Kosten – unabhängig vom Krankheitsstadium.
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Ich möchte hier den Satz kommentieren, dass das Mitmachen beim Stuhltest so kompliziert sein soll, da man diesen erst beim Arzt abholen und wieder zurückbringen muss. Das kann ich nicht bestätigen: als ich letztes Jahr 50 wurde, wurden mir auf dem Portal meiner Krankenkasse Barmer (NRW), die Tests und Untersuchungen angezeigt, die ich nun kostenlos durchführen lassen kann. Darunter auch den Stuhltest, den ich auf dem Barmer-Portal bestellen konnte. Dieser wurde mir nach Hause geschickt und nach dem Test auch wieder in die Post gegeben. Paar Tage später war das Ergebnis da. Ich fand das Ganze entgegen meinen Erwartungen äußerst unkompliziert, auch den Test selbst.
Kommentar vom Autor gelöscht.
... und bessere Verständlichkeit i.B. auf eine Nutzen/Risiko-Abwägung
"https://www.hardingcenter.de/de/transfer-und-nutzen/faktenboxen/massnahmen-der-krebs-frueherkennung/kleine-darmspiegelung"
sowie
"https://www.hardingcenter.de/de/transfer-und-nutzen/faktenboxen/massnahmen-der-krebs-frueherkennung/darmkrebs-frueherkennung/darmkrebs-frueherkennung-durch-den-test-auf"
Dieser Text ist immer noch unvollständig und bedarf einer Überarbeitung.
1) Formulierungen mit relativen Häufigkeiten wie "Die Spiegelung senke das Risiko um knapp 70 Prozent" sind für die meisten Menschen unverständlich. Besser sind Formulierungen mit absoluten Häufigkeiten. Beispiel: "Von 1 000 Menschen mit Darmspiegelung erkranken 12 an Darmkrebs, ohne Darmspiegelung 16. Bei 4 von 1 000 Menschen wird also Darmkrebs verhindert." (Quelle: https://www.patienten-information.de/kurzinformationen/frueherkennung-von-darmkrebs)
2) Auch Nachteile müssen erwähnt werden. Beispiel: "Alle Tests können unnötig beunruhigende Ergebnisse liefern. Eine Darmspiegelung kann selten zu Komplikationen führen, die behandelt werden müssen." (Quelle: siehe oben)
Weitere seriöse Informationen finden sich z. B. auf https://www.gesundheitsinformation.de/nutzen-und-schaden-von-frueherkennungsuntersuchungen_4475.html
@luthh: Der Widerspruch ist unterschrieben oder mit einer elektronischen Signatur per Post, E-Mail oder Fax an die folgenden Adresse zu richten:
Widerspruchsstelle G-BA, Hainstr. 16, 04109 Leipzig, Fax 049 341 98988384, g-ba@widerspruchsstelle.de
Damit der Widerspruch bearbeitet werden kann, müssen das Krebsfrüherkennungsprogramm und die Krankenversichertennummer mitgeteilt werden. Unter dem folgenden Link finden Sie die Versicherteninformation des GBA dazu: www.g-ba.de/downloads/17-98-4778/2019-02-20_G-BA_Versicherteninformation_Darmkrebsfrueherkennung_Maenner_bf_WZ.pdf
(maa)