
Legal, aber mit Risiken. In einer Studie war das Demenzrisiko von Kiffern ab 45 Jahren erhöht, die wegen ihres Cannabiskonsums in einer Klinik behandelt werden mussten. © Westend61 / Kike Arnaiz
Seit April 2024 ist Kiffen erlaubt. In Kanada gilt das schon länger. Dort zeigt sich: Starker Konsum führt zu mehr Notfällen und erhöht bei Betroffenen das Demenzrisiko.
Die Vor- und Nachteile der Legalisierung von Cannabis werden in der Politik und der Wissenschaft weiterhin diskutiert. Es gibt etwa Hinweise darauf, dass der Konsum von Haschisch oder Marihuana Auslöser für Schizophrenie oder Wahnvorstellungen sein kann. Eine neue Untersuchung liefert jetzt Hinweise darauf, dass auch ein Zusammenhang zwischen dem Erkranken an Demenz und hohem Cannabiskonsum bestehen könnte.
Erhöhtes Demenzrisiko für Stark-Kiffer
Die im Fachblatt Jama Neurology veröffentlichte Studie stammt aus Kanada, wo Cannabis bereits seit 2018 für den Eigenkonsum legalisiert wurde. Sie kommt zu dem Schluss: Erwachsene ab 45 Jahren, die aufgrund ihres Cannabiskonsums im Krankenhaus behandelt werden mussten, erkrankten später deutlich häufiger an Demenz als andere.
Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung war das Demenzrisiko unter Berücksichtigung soziodemografischer Faktoren und chronischer Erkrankungen um 72 Prozent erhöht. Die Studie basiert auf Daten von rund sechs Millionen Erwachsenen aus dem kanadischen Ontario, die bei Studieneintritt keine Demenz-Anzeichen zeigten.
Medizinische Notfälle nehmen zu
Ob Kiffen auch das Demenzrisiko bei Menschen erhöht, die nie wegen ihres Konsums in einer Klinik behandelt werden müssen, sagt die Studie nicht. Sie stellt aber fest, dass im Zeitraum von 2008 bis 2021 zunehmend mehr Studienteilnehmende wegen starken Cannabiskonsums in der Notaufnahme oder im Krankenhaus landeten: Demnach verfünffachte sich innerhalb von 13 Jahren die Zahl der Akutbehandlungen wegen Cannabis-Konsums in Ontario.
Auswirkungen der Legalisierung noch unklar
Auch in Deutschland stieg bereits vor der Legalisierung die Zahl der Krankenhausbehandlungen von psychischen und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide wie Tetrahydrocannabinol (THC): Laut Statistischem Bundesamt waren 2023 mehr als 19 600 Krankenhauspatienten deshalb in stationärer Behandlung – rund 14 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Neuere Daten sind noch nicht verfügbar.
Ob seit der Legalisierung in Deutschland mehr Menschen kiffen als vorher oder höhere Mengen Cannabis konsumieren, lässt sich noch nicht einschätzen. In der Debra-Studie, die Menschen in Deutschland zweimonatlich zum Rauchverhalten befragt, ist kein Anstieg des Cannabiskonsums erkennbar.
Was erlaubt ist – und was nicht
Das Cannabisgesetz hat zum Ziel, den Schwarzmarkt für die Droge einzudämmen. Bestimmte Gesundheitsrisiken des Kiffens – etwa durch verunreinigtes Cannabis – sollen verringert werden. Im Gesetz ist auch ein Präventions- und Aufklärungsprogramm zu Risiken des Cannabis-Konsums verankert.
- Mit Inkrafttreten wird Cannabis im Betäubungsmittelgesetz von der Liste verbotener Substanzen gestrichen.
- Erwachsene ab 18 dürfen seit dem 1.4.2024 bis zu 25 Gramm des Stoffes in der Öffentlichkeit bei sich führen. Zuhause dürfen sie 50 Gramm getrocknetes Cannabis aufbewahren.
- Bis zu drei Cannabis-Pflanzen dürfen privat angebaut werden. Volljährige können sich in so genannten Cannabis-Clubs zusammenschließen. In diesen Vereinen ist der Anbau und die Abgabe der Droge seit 1.7.2024 erlaubt. Nicht erlaubt ist der Verkauf von Cannabis über spezielle Geschäfte, das ist nur in regionalen Modellprojekten vorgesehen.
- Die Weitergabe der Droge an Kinder und Jugendliche bleibt strafbar.
- In sogenannten Schutzzonen – beispielsweise in der Nähe von Schulen, Kitas, Jugendclubs oder Kinderspielplätzen – darf in einer Sichtweite von 100 Metern nicht gekifft werden.
- Auch auf den Straßenverkehr wirkt sich die Teillegalisierung von Cannabis aus. Der bisher akzeptierte THC-Grenzwert im Blutserum von Autofahrern wird deutlich angehoben. Mehr dazu in unserem Beitrag zum neuen THC-Grenzwert im Straßenverkehr.
Einfluss auf Hirnentwicklung junger Leute
Die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) warnte vor der Legalisierung des Cannabiskonsums. Die Mediziner verwiesen auf die Ergebnisse der CaPRis-Studie (Cannabis – Potenzial und Risiko): Forschende der Universitäten in München und Heidelberg hatten dafür im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums mehr als 2 000 Untersuchungen ausgewertet.
Eine Beobachtung: Intensiver Cannabiskonsum über einen längeren Zeitraum kann besonders für junge Leute psychische Risiken bergen. Ihr Gehirn ist meist erst ab Mitte 20 vollständig entwickelt, bestätigen etliche Studien. Bis dahin können Haschisch und Marihuana etwa die Synapsenbildung noch stark beeinflussen. Einige Experten plädierten daher dafür, Cannabis erst ab einem Alter von 21 Jahren freizugeben.
Wird Cannabis wieder verboten?
Laut Medienberichten forderte die CSU in den Koalitionsverhandlungen für die neue Bundesregierung, Cannabis wieder zu verbieten. Das ist vorerst nicht passiert. Laut Koalitionsvertrag soll das Cannabisgesetz aber im Herbst 2025 auf den Prüfstand kommen.
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- Cannabis soll vor allem Schmerzen lindern können. Wir informieren über Fertigarzneien und Naturprodukte mit Hanf und sagen, wann Krankenkassen Kosten übernehmen.
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- Seit Ausbruch der Pandemie sind psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen deutlich gestiegen. Psychotherapie hilft ihnen ebenso gut wie Antidepressiva.
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- Die Aufmerksamkeitsstörung betrifft auch Erwachsene. Nun hat eine Studie den Nutzen von Therapien verglichen. Was sind die Ergebnisse, was sagen Psychiater dazu?
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@vactorio
Sie haben die am weitesten verbreitete, am meisten akzeptierte und zugleich am stärksten verharmloste Droge vergessen: Alkohol.
in Ausgabe 9/2024 wurden Biere getestet und viele hinsichtlich des Schadstoffgehaltes mit "gut" bewertet. Also nicht schädlich. Obwohl 6,8 Vol.-% Alkohol enthalten waren.
Achso, Alkohol taucht nicht in der Liste der getesteten Schadstoffe auf. Etwa weil es kein Schadstoff ist und dessen Metabolite z.B. Acetaldehyd ebenfalls unbedenklich sind?
Egal ob Rauchen, E-Zigaretten oder jetzt Cannabis - die Menschen, die Konsumieren wollen, schreien bei jeglicher Kritik an ihrer Lieblingsdroge auf.
Was nicht sein darf, kann nicht sein.
Ist klar.
@kloetzi: Ein Ratgeber für Angehörige und Freunde von Menschen mit Alkoholproblemen finden Sie hier: www.test.de/shop/gesundheit-kosmetik/problem-alkohol-sp0574/
Es ist korrekt, dass bei Konsum von Cannabis die Gefahr, an Schizophrenie zu erkranken, größer ist.
Dennoch ist die Alkoholsucht problematischer und die Nebenwirkungen, vor allem körperliche, sind brutaler.
Wichtig ist Aufklärung, wie das Umfeld eines vermutlich Erkrankten agieren sollte. Auch sind Plätze in Psychiatrien zu rar.
Es ist wirklich traurig. Während Alkohol weiterhin verherrlicht wird (Überdosen mit "zu tief ins Glas geschaut" und Suchtprobleme als "Trinkfreude" bezeichnet und ein Text über die Gefahren mit "Prosit" beendet), reiht sich der Artikel hier in die populistische Panikmache der Konservativen. ........ Warum kein Hinweis darauf, wie ungefährlich legales (reines) Cannabis im Vergleich zu Alkohol oder Tabak ist? Warum nicht wenigstens neutrale Formulierungen? ........ Wie stark der Artikel auf Panik setzt, erkennt man vor allem an zwei Stellen: Erstens wird sich in zwei Absätzen auf die Gefahr für Jugendliche bezogen, obwohl Cannabis für die gar nicht legalisiert werden soll und zweitens wird mehrfach auf die angebliche Gefahr von Psychosen hingewiesen - obwohl in einem Nebensatz steht, dass Cannabis nie alleiniger Auslöser ist. ........ Wo ist nur die neutrale Faktentreue der alten Stiftung hin? Vor zehn Jahren hätte es solche Texte nicht gegeben.