
Zu krank zum Arbeiten. Psychische Erkrankungen sind Hauptursache Nummer eins für Berufsunfähigkeit. © Getty Images
Menschen, die psychisch erkrankt waren, finden kaum Berufsunfähigkeitsschutz. Ein neuer Tarif der Alten Leipziger steht ihnen jetzt offen – er hat aber Risiken.
Berufsunfähigkeitsversicherung sehr sinnvoll
Eine Berufsunfähigkeitsversicherung (BU) kann finanzielle Probleme abfedern, wenn jemand aufgrund von Krankheit oder nach einem Unfall nicht mehr arbeiten kann. Doch in der Regel ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung nicht möglich, wenn Interessierte in Psychotherapie waren oder noch sind, etwa wegen Depression, Angststörung oder Erschöpfung. Versicherer sehen dann häufig ein hohes Risiko, dass Menschen in Therapie wegen einer psychischen Erkrankung berufsunfähig werden. Der Versicherer Alte Leipziger bietet nun Menschen mit bestimmten psychischen Vorbelastungen an, Berufsunfähigkeitsschutz bei ihm abzuschließen.
Psychotherapie aufgrund eines Trauerfalls
Den Tarif mit „Psyche-Klausel“ der Alten Leipziger können Menschen abschließen, die beispielsweise folgende Indikationen oder Maßnahmen hinter sich haben:
- Probatorische Sitzungen, also Probesitzungen, vor dem eigentlichen Beginn einer Psychotherapie.
- Maximal zehn Arbeitstage ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit und bis zu 12 Psychotherapiesitzungen aufgrund eines Trauerfalls.
- Maximal zehn Arbeitstage ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit von Studierenden mit Prüfungsangst oder -stress – ohne Indikation für eine Psychotherapie.
- Maximal zehn Arbeitstage ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsplatzkonflikts oder Mobbing – ohne Indikation für eine Psychotherapie.
- Maximal zehn Arbeitstage ununterbrochene Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Kombination mehrerer privater Belastungen – ohne Indikation für eine Psychotherapie.
Schutz – zuerst ohne psychische Erkrankungen
Wer den Tarif abschließt, hat im Falle einer Berufsunfähigkeit wegen einer psychischen oder psychosomatischen Erkrankung zuerst keinen Schutz. Wird jemand aus anderen Gründen berufsunfähig, etwa aufgrund einer Krebserkrankung oder einem Unfall, ist das jedoch direkt nach Vertragsschluss versichert.
Versicherer bietet Nachschaumöglichkeit
Im Rahmen einer „Nachschaumöglichkeit“ bietet die Alte Leipziger die Möglichkeit, den Leistungsfall „Psyche“ später einzuschließen. Innerhalb von frühestens 12 bis 36 Monaten nach Vertragsschluss können Versicherte dabei prüfen lassen, ob der Leistungsausschluss „Psyche“ entfallen kann. Für die Prüfung müssen sie in einem Extra-Fragebogen unter anderem Auskunft über Krankheiten der Psyche in den letzten fünf Jahren geben, etwa ob sie Beschwerden wie Angststörung, Essstörung, Schlafstörung oder Erschöpfungszustände hatten. Der Versicherer entscheidet dann, ob der Berufsunfähigkeitsschutz bei ihnen dann auch bei einer psychischen Erkrankung gilt. Eine vollständige Gesundheitsprüfung wie bei Vertragsschluss wird nicht noch einmal vorgenommen.
Versicherungsbeitrag ändert sich nicht
Der Versicherungsbeitrag ändert sich bei späterem Einschluss des Risikos „Psyche“ nicht. In dem Tarif kann eine BU-Rente von maximal 36 000 Euro im Jahr vereinbart werden. Welche Rentenhöhe individuell maximal vereinbar ist, hängt vom Einkommen des Antragstellers ab. In der Regel ist eine Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von etwa 80 Prozent seines oder ihres Nettoeinkommens möglich.
Fazit: Risiko, bei psychischer Erkrankung nicht geschützt zu sein
Psychische Erkrankungen sind die Hauptursache für Berufsunfähigkeit. Ob eine solche Erkrankung nach einer „Nachschaumöglichkeit“ dann doch mitversichert wird, können Kundinnen und Kunden bei Vertragsschluss noch nicht wissen. Unser Fazit deshalb: Sie riskieren mit diesem Tarif, für solche Fälle auch dauerhaft keinen Schutz zu haben.
Tipp: Bei vielen Berufsunfähigkeitsversicherern gibt es die Chance auf einen Vertragsschluss, wenn Sie nach Abschluss einer ambulanten Psychotherapie mindestens fünf Jahre vergehen lassen, bevor Sie sich um einen Vertrag bemühen. Hintergrund: Im Gesundheitsfragebogen beim Antrag auf Berufsunfähigkeitsschutz fragen sehr gut getestete Versicherungen nach ambulanten Behandlungen und Therapien meistens nur fünf Jahre zurück.
Wichtiger Berufsunfähigkeitsschutz
Berufsunfähigkeitsversicherungen sind ein sehr guter Schutz, wenn eine Erwerbstätigkeit aus gesundheitlichen Gründen länger oder sogar dauerhaft nicht mehr möglich ist. Ein guter Versicherer zahlt die vereinbarte Rente, wenn Versicherte voraussichtlich für mindestens sechs Monate nicht mehr in der Lage sind, den zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50 Prozent auszuüben. Im Idealfall ist die Berufsunfähigkeitsrente so hoch, dass der Lebensstandard aus dem Berufsleben aufrechterhalten werden kann.
-
- Licht am Ende des Tunnels in Sicht? Wer Antidepressiva nicht länger einnehmen will, sollte typische Entzugssymptome kennen und sich ärztlich begleiten lassen.
-
- Psychotherapie kann in seelischen Notlagen helfen. Aber welche Methode ist die richtige? Wir stellen wirksame Therapieformen vor und geben Tipps zur Therapeutensuche.
-
- Bauspar-Kontogebühren oder Servicepauschalen sind rechtswidrig, laut einem neuen Urteil auch in Riester-Verträgen. Unser Musterbrief hilft dabei, Erstattung zu fordern.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.