Arzt­besuch Zuzahlung nicht vorschnell akzeptieren

Arzt­besuch - Zuzahlung nicht vorschnell akzeptieren

Inklusive. Die Haut­krebs-Früh­erkennung mit Auflicht­mikroskop wird von der Kasse bezahlt – auch wenn manche Ärzte etwas anderes behaupten. © IMAGO/panthermedia

Laut Verbraucherzentrale kassieren manche Ärzte von ihren Patienten Geld für Leistungen, die eigentlich von der Krankenkasse über­nommen werden. So wehren Sie sich.

Wer krank ist und eine Behand­lung braucht, bekommt alles Notwendige von seiner gesetzlichen Krankenkasse bezahlt – das ist das Kern­element der Solidar­versicherung. Aber offen­bar halten sich nicht alle Ärztinnen und Ärzte daran: Nach einer Erhebung des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) stellen manche Mediziner ihren Patienten auch Leistungen privat in Rechnung, die regulär von der Krankenkasse über­nommen werden. Manchmal sogar, ohne es vorher zu sagen.

Besonders Haut­ärzte fallen negativ auf

Nach einem Aufruf des vzbv im Februar 2024 berichteten bis September knapp 300 gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten, dass Ärzte ihnen Kassen­leistungen als individuelle Gesund­heits­leistung (IGeL) berechnet hatten. Mit 26 Prozent am häufigsten betrafen die Meldungen Haut­ärzte, gefolgt von Augen­ärzten (18 Prozent) und Ortho­päden (13 Prozent), Allgemeinmedizinern und Inter­nisten (12 Prozent), Gynäkologen (10 Prozent), Zahn­ärzten (8 Prozent) und Urologen (3 Prozent).

Patienten sollten beispiels­weise selbst dafür zahlen, wenn der Haut­arzt bei der Hautkrebsvorsorge ein Auflicht­mikroskop verwendet, obwohl das in der Kassen­leistung enthalten ist. Auch für Beratungen zu Impfungen, etwa gegen Corona, forderten Ärzte Zusatz­honorare. Einem Patienten wurde die Betäubung bei seiner Magenspiegelung extra berechnet.

Viele Fälle betrafen auch Unter­suchungen, die bei einem begründeten Verdacht auf eine Erkrankung von der Kasse über­nommen werden, zum Beispiel eine Unter­suchung auf Glaukom oder die Messung der Knochendichte.

Das zahlt die Kasse

Welche Vorsorgeunter­suchungen die gesetzlichen Krankenkassen mindestens über­nehmen und in welchen Abständen, ist durch den Gemeinsamen Bundesausschuss fest­gelegt. Bezahlt wird zum Beispiel bei Frauen eine Mammografie der Brust ab 50 Jahren oder bei Männern eine Unter­suchung der Prostata ab 45 Jahren. Für Jüngere ist unter anderem ein Gesund­heits-Check-up alle drei Jahre kostenlos*. Mehr Informationen dazu bietet unsere Übersicht Vorsorgeleistungen.

Reinigungs­gebühr für Geräte berechnet

Selbst Krebs­patienten waren betroffen. Ein Patient, bei dem ein bösartiger Leberfleck diagnostiziert wurde, sollte die Entfernung selbst zahlen. Einem Mann mit Prostatakrebs wurden die Kosten für eine PSA-Bestimmung in Rechnung gestellt, obwohl auch dies die Kasse über­nimmt.

Oft begründeten die Ärzte gar nicht, warum sie die Leistung nicht regulär abrechnen. Manche behaupteten, dass die Kasse die Behand­lung nicht über­nehme oder die Honorare zu gering seien. Teils waren die Begründungen abstrus. Da war die Rede von einer „Reinigungs­gebühr für Geräte“ oder es wurde einfach gesagt: „Der Topf ist leer“. Nicht selten erhielten die Patienten nicht einmal eine Rechnung.

Bei Zusatz­forderungen erst die Kasse kontaktieren

Aus der Erhebung des vzbv kann nicht darauf geschlossen werden, wie häufig Ärzte solche ungerecht­fertigten Forderungen stellen. Werden Patienten damit konfrontiert, sollten sie keinesfalls sofort zustimmen, sagt Dorle Martischew­sky, Referentin Markt­beob­achtung beim vzbv: „Sagen Sie, dass Sie darüber noch einmal nach­denken möchten, und informieren Sie sich dann bei Ihrer Kasse, ob diese Leistung über­nommen wird.“

Mit den nötigen Informationen könne man dann erneut das Gespräch mit dem Arzt suchen. „Nach den berichteten Erfahrungen gibt es Ärzte, die dann doch bereit sind, mit der Kasse abzu­rechnen“, so Martischew­sky.

Recht­liche Grauzone

Viele Betroffene zahlten laut vzbv die Forderungen der Ärzte, obwohl sie damit nicht einverstanden waren. Oft gab es keine anderen Fach­ärzte in der Nähe oder diese nahmen keine neuen Patienten mehr auf. Der vzbv sieht deshalb „großen Hand­lungs­bedarf“ für den Gesetz­geber und die Ärzteschaft selbst: „Es braucht hier Schritte, um Verbraucher besser vor finanzieller Benach­teiligung und möglichen gesundheitlichen Risiken in der Arzt­praxis zu schützen“, sagt Dorle Martischew­sky.

Recht­lich fallen viele Fälle in eine Grauzone. Manche sind zwar legal, nutzen aber die Unkennt­nis von Patienten aus. So ist beispiels­weise die Haut­krebs­vorsorge eine Kassen­leistung, wenn der Arzt sich dafür bei der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung qualifiziert hat. Hat er das nicht, kann er die Leistung nur für Selbst­zahler anbieten – und darf es dann auch. Bei einem qualifizierten Arzt bekommt der Patient dieselbe Leistung aber ohne Zuzahlung.

Selbst­zahlerleistungen sind lukrativer für Ärzte

Warum nutzten die Ärzte nicht den regulären Abrechnungsweg, wenn sie doch auch von der Kasse für die Leistung bezahlt werden? „Die Honorare für Selbst­zahler liegen fast immer deutlich höher als das, was der Arzt von der Kasse bekommt“, weiß Martischew­sky.

Manchmal behaupteten Ärzte auch, der Patient könne die Rechnung später bei der Kasse einreichen und versuchen, eine Erstattung zu bekommen. Doch das hat meist keine Aussicht auf Erfolg, betont die Expertin: „Bis auf wenige Ausnahmen wie etwa bestimmte Impfungen erstatten die gesetzlichen Krankenkassen Kosten nicht im Nach­hinein.“

Patienten, denen Kassen­leistungen privat in Rechnung gestellt wurden, können dies weiterhin beim VZBV melden.

* Korrigiert am 6. Januar 2025

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