Anlegen in Rohstoffen Warum sich Industrie­metalle nicht als Geld­anlage eignen

Anlegen in Rohstoffen - Warum sich Industrie­metalle nicht als Geld­anlage eignen

Bismut. Das chemische Element kommt unter anderen in der Pharmazie zum Einsatz und ist auch unter dem Namen Wismut bekannt. © Getty Images / miriam-doerr

Die SSW Schweizerische Sach­werte GmbH verkauft Metalle an Anleger. Zwei von ihnen warten seit mehr als einem Jahr darauf, Industrie­metalle wieder verkaufen zu können.

Die SSW Schweizerische Sachwerte GmbH (SSW) aus dem deutschen Bad Kissingen verkauft Edel- und Industrie­metalle. „Diese werden welt­weit immer seltener, die Nach­frage danach jedoch steigt unaufhörlich“, wirbt SSW – die bis März 2024 als SMH Schweizerische Metall­handels GmbH Deutsch­land firmierte – im Internet.

Rohstoffe als Geld­anlage

Bei der SSW können Privatleute und Unternehmen zum Beispiel Bismut, Kobalt, Gallium und weitere Industrie­metalle erwerben – in physischer Form. In der Regel stecken mehrere der Rohstoffe in verschiedenen Paketen, die bestimmten Themen gewidmet sind, etwa Solar- und Energietechnik, Konstruktion und Maschinenbau und Hoch­technologie.

Begrenzte Vorkommen, wachsende Nach­frage

Die Rohstoffe werden für viele Produkte benötigt, etwa für Halb­leiter, Leucht­dioden, Smartphones, Photovoltaikanlagen oder pharmazeutische Erzeug­nisse. Begrenzte Vorkommen und wachsende Nach­frage – das klingt viel­versprechend. Dass das Investment so verläuft wie erhofft, ist aber keineswegs sicher.

Preise können stark schwanken

Ein Risiko: Die Preise können stark schwanken. Die SSW nennt der Stiftung Warentest auf Anfrage zwei Beispiele. Der Preis für Silber war von 2010 bis 2012/13 sehr hoch, fiel in den darauf­folgenden Jahren jedoch drastisch, bevor er sich wieder erholte. Bei Kobalt wiederum bestehe aktuell „ein deutliches Über­angebot am Welt­markt bei gleich­zeitig schwacher Auftrags­lage beispiels­weise in der Auto­mobil­industrie.“

Zudem ist es keineswegs ausgemacht, dass Anlegende von steigenden Preisen etwas haben. Denn die werden oft in US-Dollar fest­gelegt. Entwickelt sich der Wechselkurs zum Euro ungünstig, kann sich das negativ auf den Wert der eigenen Bestände auswirken.

Für Laien undurch­sichtige Preis­bildung

Metalle als Anlage­objekte werfen zudem keine laufenden Erträge ab, statt­dessen fallen Kosten für das Lager in der Schweiz, in dem die Rohstoffe aufbewahrt werden, und Gebühren beim Verkauf an. Bei Edel­metallen gibt es aber wenigs­tens Börsen­preise, an denen sich auch SSW orientiert. Industrie­metalle werden dagegen nicht an der Börse gehandelt. Laien erkennen daher schwer, ob angebotene Preise fair sind.

Verkauf spät oder gar nicht möglich

Bei Edel­metallen kann die SSW nach eigenen Angaben eine Abwick­lung in maximal 14 Tagen garan­tieren. Dagegen sind bei den Industrie­metallen „lange Warte­zeiten“ möglich, wie es im Klein­gedruckten eines Kauf­vertrags von SSW heißt. In den Risikohin­weisen wird sogar gewarnt, es könne vorkommen, „dass ein oder mehrere Metalle zu bestimmten Zeiten nicht handel­bar sind, da keine Nach­frage an den Märkten besteht.“

Das kann laut SSW daran liegen, dass die Nach­frage bei Händ­lern gering ist. Ein weiterer Grund kann sein, dass die SSW die Produktpalette ändert. Denn neben dem Verkauf des Metalls an Händler ist bei der SSW üblich, dass neue Kunden die Metall­pakete aussteigewil­liger Kunden erwerben. Wer verkaufen will, muss also warten, bis Händler oder neue Kunden die Rohstoffe haben wollen.

Nach langer Durst­strecke wollen viele verkaufen

Bei einem Veräußerungs­wunsch, den die SSW über neue Kunden abwi­ckeln will, sei es denk­bar, dass sich „teils lange Warte­zeiten ergeben“, räumt die SSW gegen­über der Stiftung Warentest ein. „Dies ist darauf zurück­zuführen, dass wir in den Anfangs­jahren ein sehr einge­schränktes Produkts­ortiment hatten und die Nach­frage (und somit die Warenkörbe) heute mitunter auf andere Industrie­themen ausgerichtet ist“. Dieses Risiko tragen auch Neukäufer: Sind Metalle aus den Paketen, die jetzt angeboten werden, später nicht mehr so gefragt und SSW ändert die Produktpalette, könnten auch sie ihre Anlage nicht wie gewünscht verkaufen.

Die SSW ergänzt, dass die Rohstoff­preise für viele der in den Warenkörben enthaltenen Metalle stark unter Druck gewesen seien und sich aktuell bei einzelnen Metallen lang­sam erholten. Die SSW sei aber „einer Vielzahl von Kunden ausgesetzt, die sich nach der langen Durst­strecke schnell von ihren Warenkörben beziehungs­weise Metallen trennen möchten“. Die SSW könne keinen Markt schaffen, wenn es keine oder nur eine geringe Nach­frage gebe. „Dieses grund­legende Miss­verständnis bei der Einordnung unseres Geschäfts­modells“ ist aus Sicht der SSW „der Haupt­grund für einen Groß­teil der Beschwerden unserer Kunden.“

Probleme in der Praxis: Beispiel Hafnium

Welche Schwierig­keiten die Abwick­lung in der Praxis aufwerfen kann, illustriert die SSW am Beispiel Hafnium. Dafür zitiert sie aus einem internen Schreiben des nicht namentlich genannten Groß­abnehmers des Metalls, das im März 2024 an Kunden verschickt worden sei:

  • Genehmigungen nötig. Hafnium kann in kritischen Sektoren wie der Luft- und Raum­fahrt und der Verteidigung einge­setzt werden. Es sei daher eines der am stärksten regulierten, streng geprüften und streng über­wachten Metalle. Für den Export sei eine Ausfuhr­genehmigung erforderlich. In einigen Ländern könne sich dieser Prozess über mehrere Monate erstre­cken.
  • Pyrophore Natur. Die Möglich­keit der Selbst­entzündung stelle eine Heraus­forderung für den Luft­trans­port bestimmter Formen dar.
  • Unregelmäßiges Nach­frage­muster. Endverbraucher schlössen nur alle zwei bis fünf Jahre große Kauf­verträge.
  • Wenige Anlagen. Hafnium müsse für die Käufer oft in eine andere chemische Zusammenset­zung und Form umge­wandelt werden, was nur wenige Anlagen welt­weit durch­führen könnten.
  • Heraus­fordernde Finanzierung. Es mangele an Liquidität und Absicherungs­möglich­keiten in finanzieller Hinsicht.

Zusammenfassend lasse sich sagen, dass groß angelegte Trans­porte von Hafnium-Metall von Punkt A nach Punkt B und zu den nachgelagerten Verbrauchern in der Regel viele Monate täglicher Arbeit von vielen sach­kundigen Personen erfordern, einschließ­lich umfang­reicher Finanzierungs­beteiligung und lang­wieriger Kommunikation mit Behörden und Endverbrauchern.

Hohe anfäng­liche Kosten abge­zogen

Wie sich das in der Praxis auswirken kann, haben uns drei Kunden geschildert. Einer musste beim Verkauf 2022 etwa 20 Prozent Abschlag auf den ausgewiesenen Stand hinnehmen und berichtete im Internet von seinen Erfahrungen (Wertevernichtung im Metallhandel). Die SSW entgegnete in ihrer Antwort an die Stiftung Warentest, „dass Zahlen und Aussagen auf dieser Webseite nicht mit der tatsäch­lichen Sachlage über­einstimmen“. Der Kunde habe Anfang Februar 2022 einen unterzeichneten Verkaufs­auftrag einge­reicht und nur wenige Tage später seien die Metalle zu dem damals aktuellen Preisen verkauft worden. Maßgeblich seien die Preise vom 18. Februar 2022 gewesen, davon seien die anfäng­lich entstandenen Kosten von 14,75 Prozent abge­zogen worden.

Kunden warten auf die Abwick­lung

Mit der raschen Abwick­lung hatte der Kunde Glück. Zwei weitere Anleger berichten, sie hätten im Juni 2023 Verkaufs­angebote angenommen, die bis heute nicht umge­setzt seien. Einer will seit Februar 2023 weitere Metall­pakete verkaufen, hat aber noch kein Angebot. Für Silber­granulat habe er erst nach einem guten Jahr Geld bekommen.

Die SSW teilte dazu mit, es habe sich „nicht um ein verbindliches Ankaufs­angebot“ gehandelt, sondern eine Voran­frage. Die Kunden mussten allerdings verbindlich zusagen. Beide hätten nicht zur ersten Tranche gehört, die bis Dezember 2023 abge­wickelt worden sei, erläutert das Unternehmen. Aktuell gehe die SSW davon aus, dass bis Dezember 2024 weiteres Material von dem Händler abge­nommen werde und die Kunden in diesem Rahmen auch ihre Metalle zu den vereinbarten Konditionen veräußern könnten. Abwick­lungs­zeiten „von mehreren Monaten bis teil­weise sogar Jahren“ seien völlig üblich.

Ein Warenkorb habe zum Beispiel Kobalt enthalten: „Hier ist aktuell der Welt­markt aufgrund der Über­produktion in großem Maße über­sättigt, so dass eine Veräußerung des Eigentums aktuell nur sehr schwer bis gar nicht möglich ist.“ Beim Silber habe der Kunde darauf bestanden, nicht unter seinem Einstands­preis zu verkaufen, der Silber­preis habe sich aber erst im Juli 2024 soweit erholt.

Lange Dauer bei Paketen mit Kobalt, Chrom, Zirkonium

Kunden hätten aber die Möglich­keit, Metalle, für die gerade eine hohe Nach­frage bestehe, einzeln aus den Warenkörben heraus zu verkaufen. „Je größer und vielfältiger der Warenkorb ist, desto komplexer ist die Veräußerung in Gänze.“ Der Groß­teil der Metall-Warenkörbe der Kunden, etwa 80 Prozent, könne in einer Zeitspanne von sechs bis acht Wochen veräußert werden. „Längere Verkaufs­zeiten (zwölf Monate oder länger) bestehen derzeit für Warenkörbe, die Kobalt, Chrom und Zirkonium enthalten.“ Hier habe die durch­schnitt­liche Verkaufs­dauer etwa 18 Monate betragen.

Die SSW teilte der Stiftung Warentest mit, Vermittler klärten in Beratungs­gesprächen über Kosten und Wieder­verkaufs­abläufe auf. Deutlich wurde das aber wohl nicht immer. Die drei Kunden hatten mit solchen Problemen jedenfalls nicht gerechnet.

Anlegerin wartete 13 Monate lang

Schon 2017 hatte sich eine Anlegerin an uns gewandt. Sie hatte ihre Industrie­metalle im Oktober 2016 verkaufen wollen. Damals schätzte die Unter­nehmens­gruppe um die Schweizerische Metall­handels AG – damals mit Sitz in Baar, heute Gossau in der Schweiz – die Dauer auf acht bis zwölf Monate (siehe unsere Meldung Unerwartete Lagerhüter). Die Schweizerische Metall­handels AG Deutsch­land, heute SSW, nannte Finanztest damals sogar eine Dauer von „ungefähr 15 Monaten“. Tatsäch­lich erhielt die Anlegerin im November 2017 ein Verkaufs­angebot. Es betrug etwa die Hälfte ihres Kauf­preises.

Für Privat­anleger wenig geeignet

Die schwer nach­voll­zieh­baren Preise, die unvor­hersehbare Dauer bis zu einem Verkauf bei weiterhin laufenden Lager­kosten legen einen Schluss nahe: Industrie­metalle eignen sich wenig als Geld­anlage für Privat­anleger. Wer auf die Preis­entwick­lung von Rohstoffen setzen will, kann börsennotierte Fonds (Exchange Traded Funds, ETF) oder Investmentfonds wählen.

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