
Luxemburg. Ausländische Fonds, etwa mit Sitz im deutschen Nachbarland Luxemburg, erhalten deutsche Quellensteuern zurück. © Getty Images / Jaclyne Ortiz
Wer zwischen 2004 und Ende 2017 in ETF oder Fonds investiert hat, die im Ausland aufgelegt waren und deutsche Aktien enthielten, bekommt unter Umständen Steuern zurück.
Erstattung deutscher Quellensteuern
Fonds und ETF, die im EU-Ausland aufgelegt sind und deutsche Aktien enthalten, bekommen für die Zeit zwischen 2004 und Ende 2017 zu Unrecht erhobene Quellensteuern zurück – plus 6 Prozent Zinsen pro Jahr. „Das beantragte Gesamterstattungsvolumen wird derzeit auf einen mittleren einstelligen Milliardenbetrag zuzüglich Zinsen geschätzt“, teilte uns das Bundeszentralamt für Steuern mit.
Bis 2018 mussten ausländische Fonds Kapitalertragssteuer auf deutsche Dividenden (sogenannte Quellensteuer) zahlen und konnten somit weniger Geld ausschütten oder für die Kunden wieder anlegen – anders als deutsche Fonds, die von der Steuer befreit waren. Diese Ungleichbehandlung war europarechtswidrig, entschied der Bundesfinanzhof in einem im August 2024 veröffentlichten Urteil (Az. I R 1/20).
Wie Anleger von der Steuererstattung profitieren
Betroffene Anleger bekommen aller Voraussicht nach keine direkte Zahlung, da die Steuererstattung an die Fonds fließt. Dadurch dürfte das Fondsvermögen steigen.
Tipp: Sie können sich auf eine Wertsteigerung Ihres Fonds oder ETF einstellen, wenn er im EU-Ausland aufgelegt ist und er zwischen 2004 und Ende 2017 deutsche Aktien enthielt. Das trifft auf zahlreiche ETF und Fonds zu. Ausländische Fonds erkennen Sie am Länderkürzel der internationalen Wertpapierkennnummer ISIN, etwa IE für Irland, LU für Luxemburg oder FR für Frankreich, aber eben nicht DE für Deutschland. Die Steuererstattung und damit Wertsteigerung fällt umso größer aus, je mehr der Fonds oder ETF in deutsche Aktien investiert hat.
Wer entsprechende Fonds oder ETF zwischenzeitlich verkauft hat, profitiert nicht von der Steuererstattung. Seinerzeit konnten sich Fondsanleger die Quellensteuer bei der Steuererklärung anrechnen lassen und zahlten dann weniger Einkommenssteuer. Diese Anrechnung kann unserer Einschätzung nach nicht mehr rückgängig gemacht werden.
Wie verhindert werden kann, dass sich jemand gezielt vor der Einbuchung der Steuererstattung einen Fonds kauft und so von einer wahrscheinlichen Wertsteigerung profitiert, ist derzeit noch unklar.
Bearbeitung kann länger dauern
Die deutsche Kapitalertragssteuer gibt es allerdings nur zurück, wenn die Fondsgesellschaft regelmäßig und innerhalb einer Frist von vier Jahren Anträge auf Rückerstattung deutscher Quellensteuern gestellt hat. Auf eine Finanztest-Anfrage an mehrere Fondsgesellschaften antworteten uns Amundi und DWS, dass dies geschehen sei. Wir gehen davon aus, dass weitere Fondsgesellschaften entsprechende Anträge gestellt haben.
Wann das Geld tatsächlich bei den Fonds und letztlich den Anlegerinnen und Anlegern ankommt, lässt sich noch nicht genau sagen. Zunächst muss das Finanzgericht Hessen die Erstattungszinsen berechnen. Dies könnte einige Monate bis zu einem Jahr dauern. Anschließend bearbeitet das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) die gestellten Erstattungsanträge, was ebenfalls Monate in Anspruch nehmen könnte. „Das BZSt hat sich intensiv auf die Umsetzung der jüngsten BFH-Entscheidung vorbereitet und sein Personal aufgestockt, um die Anträge sukzessive abarbeiten zu können“, versicherte uns die Behörde.
Problem 2018 behoben
Mit der Investmentsteuerreform von 2018 änderte sich die Besteuerung von Fonds und ETF grundlegend. Auch die vom BFH verurteilte Ungleichbehandlung deutscher und ausländischer Fonds existiert so nicht mehr.
Tipp: Lesen Sie, wie die Besteuerung von Fonds und ETF seither funktioniert.
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