Fahr­radhelme im Test

Hövding 3: Sehr sicher – wenn er aufgeht

Fahr­radhelme im Test - Sicherheit für unter 50 Euro

Luft­polster. Der Hövding liegt wie ein Schal um den Hals. Beim Sturz bläst sich der Airbag in Sekundenbruch­teilen auf. © Pressedienst Fahrrad / Hövding

Hövding ist insolvent, der Fahr­rad-Airbag aber noch erhältlich. Wir haben ihn 2021 ausprobiert – mit einem Stuntman.

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„Der sicherste Fahr­radhelm der Welt ist kein Helm.“ So und als „unsicht­baren Helm“ bewarb die schwe­dische Firma Hövding ihren Airbag für Radler. Er wird wie ein Kragen frisurschonend um den Hals getragen.

Ende 2023 meldete der Hersteller Insolvenz an. Unter anderem hatte es Berichte gegeben, wonach manche Akkus sich zu schnell entladen hatten. Mit leerem Akku öffnet sich der Airbag bei einem Sturz aber nicht. Die schwe­dische Verbraucher­schutz­behörde musste zwar ein Verkaufs­verbot für den Helm wieder zurück­nehmen, Hövding glaubte aber nicht, verlorenes Vertrauen wieder herstellen zu können. Der Hövding ist derzeit in Deutsch­land noch erhältlich, ab Preisen von gut 300 Euro (Stand März 2024).

Was bedeutet die Insolvenz für Verbraucher?

Die deutsch­sprachige Webseite ist offline. Auf hovding.com teilt die Insolvenz­verwaltung auf Eng­lisch mit, dass sie keine Garan­tiefälle annimmt. Unabhängig von freiwil­ligen Herstel­lergaran­tien hat der Händler aber zwei Jahre ab Kauf die Pflicht zur Gewährleistung bei Sachmängeln. Wenn weder Reparatur noch Austausch möglich sind, müsste also das Geschäft oder der Online-Shop das Geld zurück­geben. Allerdings über­nimmt der Insolvenz­verwalter nach eigener Angabe auf der Webseite auch keine Verantwortung für weitere Software-Updates für das Produkt.

Der Hövding ist kein Helm

Der Airbag registriert plötzliche Beschleunigungen und soll sich beim Sturz in Sekundenbruch­teilen aufblasen. Wir prüften den Hövding 2021 im Fahrradhelm-Test außer Konkurrenz und vergaben kein Qualitäts­urteil, da er nicht alle gesetzlichen Anforderungen an einen Fahr­radhelm erfüllt. Einige Tests wie die Abstreifsicherheit von Fahr­radhelmen sind aufgrund der Bauform nicht möglich. Trotzdem wollten wir wissen, was der Airbag taugt.

Aufgeblasen sehr sicher

Aufgeblasen legt sich der Hövding wie eine Friseurhaube um den Kopf (siehe Bild oben). Im Labor haben wir ihn aufgeblasen geprüft – mit denselben Methoden wie herkömm­liche Fahr­radhelme. Durch den Rund­umschutz erzielte der aufgeblasene Airbag bessere Sicher­heits­noten als die Helme des Tests. Er schützt den Kopf sehr gut und verringert das Risiko für Hirn­verletzungen deutlich. Schad­stoffe fanden wir keine.

Der Hövding-Test im Video

Stuntman im Einsatz. So hat die Stiftung Warentest 2021 den Airbag-Helm Hövding geprüft. Das Video zeigt den Ablauf unseres Fahr­radhelmtests.

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Nicht geeignet für plötzlichen Zusammen­stoß

Ein Stuntman wagte in einem Crashtest für uns den Sprung über den Lenker. Dabei blies sich der Airbag recht­zeitig vor dem Aufprall auf den Boden auf. Anders dürfte es jedoch aussehen, wenn der Radfahrende mit dem Kopf direkt gegen ein Hindernis prallt, etwa eine sich öffnende Lkw-Tür in Kopf­höhe oder einen Ast. Dann tritt der Schaden bereits ein, bevor der Airbag eine plötzliche Beschleunigung registrieren und auslösen kann. Der Hersteller weist in der Gebrauchs­anleitung selbst darauf hin, dass sein Produkt in solchen Situationen nicht ausreichend schützen kann.

Ist der Hövding bequem?

Manche Radler und Radlerinnen verzichten auf einen Helm, weil er die Frisur zerstört. Der Hövding lässt Locken und Haartollen in Ruhe. Den Trage­komfort beschrieben unsere Prüf­personen jedoch als gewöhnungs­bedürftig. Der Airbag wiegt zirka 840 Gramm und liegt wie ein schwerer Schal um den Hals und im Nacken. Bei hohen Temperaturen fließt Schweiß. Den Hövding gibt es nur in einer Größe. Personen mit schmalem Hals können ihn enger stellen. Dann wirft er aber schnell unbe­queme Falten. Zusätzlich drücken der Akku und das Verstell­rad im Nacken.

Fazit: Wenn sich der Hövding öffnet, bietet er besseren Schutz als herkömm­liche Fahr­radhelme. Doch wenn der Akku nicht geladen ist, öffnet er sich nicht. Und auch mit geladenem Akku öffnet er sich nicht in allen Situationen zur rechten Zeit. Ein Fahr­radhelm ist dagegen immer schon dort, wo er schützen soll: auf dem Kopf.

Fahr­radhelme im Test - Sicherheit für unter 50 Euro

Crashtest. Ein Stuntman mit einem Hövding um den Hals stürzt für uns vom Fahr­rad über eine geöff­nete Auto­tür. Der Airbag registriert die plötzliche Beschleunigung und öffnet sich während des Flugs. Beim Aufprall auf dem Boden ist der Kopf von allen Seiten durch den Airbag abge­sichert. © ADAC

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192 Kommentare Diskutieren Sie mit

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Günni.Allgäu am 06.06.2025 um 15:50 Uhr
    Sicherheit fängt bei der Sichtbarkeit an

    Wenn sie sich um die Sicherheit der Radfahrer und E-Biker sorgen, kann ich es nicht ganz nachvollziehen hier nur graue und schwarze Helme abzubilden. Es mag Mode sein aber trägt nicht zur Sicherheit bei. Wenn ich mit dem Rad unterwegs bin und auch gesehen werden will, damit ich nicht übersehen werde, sollte ich doch etwas Farbe wagen.
    Wenn ich auf meinen Touren unterwegs bin , frage ich mich oft, wollt ihr von den Autofahrern übersehen werden, dunkle, eintönige Kleidung, dunkle Helme. Schon zur Tageszeit an Waldrändern und erst Recht während der Dämmerung nicht mehr sichtbar. Dies wäre doch einmal ein Thema, das mit in die Test aufgenommen werden sollte, wenn sie es mit der Sicherheit ernst nehmen.
    Vielleicht sind sich manche Radler dessen nicht bewusst, aber es kann ebenso Leben retten wie ein guter Helm.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 14.03.2025 um 09:40 Uhr
    Neuer Test

    @stoniep: Für die nächste Ausgabe ist keine neue Veröffentlichung in diesem Bereich geplant. Informationen über zukünftige Untersuchungsvorhaben oder andere geplante Veröffentlichungen unterliegen der Verschwiegenheit. Da wir keine Informationen über zukünftige Untersuchungsvorhaben nach außen tragen dürfen, können wir Ihnen nicht mitteilen, ob ein Test bereits vorbereitet wird oder geplant ist. Das gilt auch für andere Testvorhaben. Wir können Sie nur auf unsere Heftvorschau in unserem Shop verweisen: https://www.test.de/shop/stiftung-warentest-hefte/vorschau/

  • stoniep am 13.03.2025 um 23:17 Uhr
    Wann wird erneute getestet

    Liebes Team von Stiftung Warentest,
    Ich würde interessieren, ob Sie demnächst erneut Fahrradhelme testen und ob ich dementsprechend mit meiner Kaufentscheidung etwas warten sollte. Generell fände ich es sehr spannend und hilfreich, wenn es eine Übersicht der anstehenden Warentests gäbe und in den jeweiligen Artikel der geplante nächste Test steht.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 26.02.2025 um 09:48 Uhr
    Haltbarkeit der Fahrradhelme

    @psbjost: Vielen Dank für diese Nachfrage. Generell sollte ein Helm nach einem Sturz ersetzt werden: Es können dabei nicht sichtbare Schäden entstanden sein. Dadurch ist dann die Schutzfunktion des Helms teilweise oder vollständig beeinträchtigt.
    Entsprechend der Norm DIN EN 1078; „Helme für Radfahrer und für Benutzer von Skateboards und Rollschuhen“ muss das Jahr und das Quartal der Herstellung im Helm gekennzeichnet sein. Dies war auch bei allen getesteten Helmen der Fall. Zudem gibt es in jeder Bedienungsanleitung eine Empfehlung für die Nutzungsdauer. Diese liegt je nach Anbieter meistens zwischen 6-8 Jahren nach dem Produktionsdatum und zwischen 3-5 Jahren nach dem ersten Gebrauch. Bitte, orientieren Sie sich an diesen Angaben.

  • psbjost am 26.02.2025 um 08:29 Uhr
    Haltbarkeit

    Ein allgemeiner Hinweis, wann man einen Fahrradhelm aus Alterungsgründen austauschen sollte, konnte ich in dem Artikel leider nicht finden.