
Der Klassiker für die Kette. Die dänische Verbraucherorganisation empfiehlt Schmiermittel ohne PFAS - und aus der Tropfflasche. © Getty Images / Westend61
Da die problematischen PFAS wasser- und schmutzabweisend sind, stecken sie in vielen Schmiermitteln fürs Fahrrad. Eine oft fluorfreie Alternative trendet: Heißwachs.
Die Fahrradkette ist das Bauteil am Rad, das besonders oft Pflege braucht. Schmiermittel verringern den Verschleiß der Kette, schonen die Zahnräder und erleichtern das Treten. Klassischerweise kommen Öle, Sprays oder Kettenfett zum Einsatz. Die können aber mit PFAS belastet sein − denn die „Ewigkeits-Chemikalien“ sind wasser- und schmutzabweisend.
Gesundheitsrisiken durch PFAS
PFAS − per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen − bauen sich in der Umwelt extrem langsam ab und können sich auch im Körper von Menschen und Tieren anreichern. Für einige PFAS sind Gesundheitsrisiken nachgewiesen. Unsere Fachleute haben im Special PFAS zusammengefasst, was die Chemikalien so bedenklich macht.
Viele Kettenöle mit PFAS belastet
„Think Chemicals“, eine Initiative des dänischen Verbraucherrats, hat im Jahr 2023 in etlichen Kettenölen PFAS nachgewiesen. Hier geht es zum kostenpflichtigen Originaltest (auf Dänisch). 12 der 27 untersuchten Produkte enthielten Fluorchemikalien.
Nur in sieben Produkten steckten weder PFAS noch andere umweltschädliche Substanzen. Die meisten davon gibt es auch in Deutschland:
- FinishLine Cross Country Kettenöl Synthetisch
- Muc-Off C3 Dry Weather Ceramic Lube
- Muc-Off Wet Weather Lube
- Pedro‘s Chainj Kettenschmiermittel
- Squirt Low Temperature Chain Lube Wax & Water Emulsion
- Weldtite Pure Bike Oil
Sprays besonders problematisch
Besonders kritisch bewertete die dänische Verbraucherschutzorganisation PFAS-haltige Kettensprays: Sie vernebeln die Schmiermittel als Aerosole und erhöhen so das Risiko des Einatmens.
Stattdessen rät Think Chemicals, ein PFAS-freies Kettenöl mit einer Tropfflasche zu wählen.
Auch Wachs schmiert die Kette
Von einer Alternative zu Ölen und Kettenfett berichtete unser Leser und Hobby-Radsportler Ulrich Zenz: „Immer mehr Radsportler wechseln von Kettenöl auf Kettenwachs.“
Die Anbieter der Wachse werben mit vielen Vorteilen: Der Abrieb soll geringer sein, die Kraftübertragung besser, die Kette soll leiser laufen und länger halten.
Zum Tropfen oder Baden
Das Wachs gibt es zum Auftropfen, aber auch als Heißwachs: Das Wachs wird geschmolzen, dann wird die zuvor komplett entfettete Kette darin gebadet. Ganz einfach ist das nicht, weshalb Heißwachs bisher eher Fans unter ambitionierteren Radlerinnen und Radlern hat.
PFAS in Heißwachsen? Wir fragten die Anbieter
Enthalten auch Heißwachse fürs Fahrrad häufig PFAS? Um das abschätzen zu können, haben wir bei bedeutenden Anbietern nachgefragt.
Silca, MSpeedWax, Optimize, R.S.P, FinishLine und Rex versicherten uns, dass ihre Produkte heute PFAS-frei seien. Bei den Heißwachsen setzen sie nach eigenen Angaben als Basis oft auf Paraffin und zur Schmierung auf keramische, metallische oder Kohlenstoff-Zusätze.
Nicht alle Anbieter antworteten
Andere Anbieter haben bislang nicht geantwortet, schreiben aber auf ihren Webseiten, dass PFAS nicht zum Einsatz kommen, so zum Beispiel Cyclowax.
Ob die problematischen Fluorverbindungen tatsächlich aus den Produktpaletten aller Schmiermittel-Anbieter verschwunden sind, konnten wir nicht überprüfen.
Inhaltsstoffe checken
Der Umwelt zuliebe raten wir, bereits gekaufte Produkte mit PFAS nicht zu verwenden. In der Liste der Inhaltsstoffe sollten Begriffe wie „Fluoropolymer“, „Fluorinated compound“ und auch „Teflon“ nicht auftauchen. Achten Sie beim Kauf darauf, dass die Produkte zum Beispiel explizit als „PFAS-frei“, „PTFE-frei“ oder „fluorfrei“ gelabelt sind.
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Heißwachs draußen anwenden
Leser Ulrich Zenz sorgt sich: „Können eventuell enthaltene PFAS-Verbindungen im Heißwachs mit den entstehenden Dämpfen eingeatmet werden?“ Über ein ganz ähnliches Gesundheitsrisiko hatten wir bei PFAS-haltigen Heißwachsen für Skier berichtet.
Wer sich Sorgen um die Gesundheit macht, sollte Heißwachse vorsichtshalber nur bei guter Belüftung anwenden − am besten draußen.
Umdenken in der Branche
Da die öffentliche Aufmerksamkeit für die schädlichen Wirkungen der Fluorchemikalien in den vergangenen Jahren stark gewachsen ist, kann es sein, dass seit dem dänischen Test auch einige der PFAS-haltigen Kettenöle und -sprays verändert wurden. Etliche Hersteller von Skiwachsen beispielsweise haben ihre Sortimente in den vergangenen Jahren komplett umgestellt.
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Hallo zusammen,
die Prozedur mit dem Wachs klingt einigermaßen vernünftig, solange es genug weichmachende Öle/Fette enthält, um es nicht abplatzen zu lassen. Früher nannte man das eben Kettenfließfett.
Ich bin vor Jahren auf Bio-Sägekettenöl umgestiegen. Es haftet recht gut, auch wenn mal ein Regenguss über das fahrende Rad geht, sollte besser umweltverträglich sein, als vieles andere und ist darüber hinaus sehr preiswert im 5 Liter-Gebinde erhältlich. Wer eine Kettensäge hat, hat es ohnehin im Schuppen ;-)
In einem Youtube-Video hab ich auch mal einen Mountainbiker gesehen, der auf Rapsöl umgestiegen war. Er reingt und ölt aber grundsätzlich nach jedem Einsatz seine Kette (man könnte das auch als Fetisch beschreiben ;-) Da ist der Umweltschutzaspekt natürlich noch viel größer, wobei mir bei ihm wohl der Preisvorteil im Vordergrund zu stehen schien, aber nicht ohne expliziten Vergleich der Leichtlauf- und Verschmutzungsneigungseigenschaften.
Gruß
Martin
Die Argumentation trifft auf so ziemlich jede Maßnahme zum Umweltschutz zu. Was das mit Narzissmus zu tun hat wird wohl ihr Geheimnis bleiben.
Nichts gegen die Verwendung unbedenklicher Produkte im Alltag (ich verwende zur Kettenschmierung übrigens schon seit langem Ballistol). Dieser Art der Nachhaltigkeit wohnt allerdings auch ein wenig Narzissmus inne wenn man bedenkt, dass im überwiegenden Teil der Welt das Bewusstsein für problematische Stoffe nicht vorhanden und erst recht nicht erwünscht ist.
Also ich habe mir ganz normales Bieneachs gekauft und ein wenig Graphite beigemischt. Funktioniert einwandfrei