Schlank­heits­spritze Behörde warnt vor Lemon Bottle

Schlank­heits­spritze - Behörde warnt vor Lemon Bottle

Fragwürdig und ohne belegten Nutzen. Lemon Bottle wird im 5er-Pack für über 100 Euro verkauft. © Stiftung Warentest / Ralph Kaiser

Das Serum Lemon Bottle verspricht viel: Ins Doppelkinn oder in die Hüfte gespritzt, soll es Fett abbauen. Doch Fachleute raten dringend ab.

Im Früh­jahr 2024 sprach sich die Schweizer Arznei­mittel­behörde Swissmedic gegen eine Anwendung der aktuell sehr populären Lemon-Bottle-Lipolyse-Lösung aus:

  • Eine medizi­nische Wirkung sei wissenschaftlich nicht belegt.
  • Das Präparat sei aufgrund der Zusammenset­zung und der Verabreichungs­form (Injektion) als Arznei­mittel einzustufen. Es bräuchte deshalb eine Zulassung als Arznei­mittel.
  • Fazit der Schweizer Behörde: Lemon-Bottle-Lipolyse-Lösung ist „wegen der fehlenden Zulassung in der Schweiz nicht verkehrs­fähig und darf nicht angewendet werden.“

Der korea­nische Hersteller Sid Medicos teilte darauf­hin mit, dass die „Lemon Bottle Ampoule solution“-Produkte als Kosmetikum zur äußerlichen Anwendung und weder zur Lipolyse noch zur Injektion bestimmt seien. Dem stehen jedoch zahlreiche Internet-Tutorials gegen­über, in denen sich Personen das Serum selbst spritzen oder spritzen lassen – davon ist dringend abzu­raten.

Was ist Lemon Bottle genau?

Es gibt verschiedene Produkte und Anwendungen. In der Regel wird die gelb­liche Flüssig­keit als Schlank­heits- oder Fett­wegspritze einge­setzt – vorwiegend für die Behand­lung von Doppelkinn, Wangen, Bauch oder Oberschenkel – nicht zu verwechseln mit den verschreibungs­pflichtigen Abnehmspritzen für stark Überge­wichtige oder Diabetiker. Im Netz und in den sozialen Medien wird Lemon Bottle stark gepusht. Es ist seit 2021 am Markt und laut Anbieterwebseite millionenfach verkauft.

Dem korea­nischen Hersteller Sid Medicos zufolge enthält das Serum nur natürliche Inhalts­stoffe und erreicht damit „schnell und sicht­bar“ eine „zielge­richtete Reduktion von Körperfett“. Weder eine Diät noch ein chirurgischer Eingriff seien notwendig, und nach der Anwendung käme es kaum zu Schmerzen oder Schwel­lungen.

Welche Inhalts­stoffe sind enthalten?

Die Haupt­wirk­stoffe sollen Bromelain aus der Ananas, Lecithin und Riboflavin (Vitamin B2) sein. Sie sollen den Stoff­wechsel der Fett­zellen steigern und den Fett­abbau beschleunigen, was wiederum die Kollagen­produktion und die Hautelastizität steigern sollen.

Das hört sich gut an, Fakt ist aber: Diese Versprechen sind nicht ausreichend nachgewiesen. Es fehlen fundierte Studien, die die beworbene Wirkung der Stoffe belegen. Es kursieren vor allem sehr unterschiedliche Erfahrungs­berichte dazu, ob und in welchem Maß Lemon Bottle schlank macht.

Hinzu kommt: Die Schweizer Arzneimittelbehörde Swissmedic konnte in ihrem eigenen Labor in Lemon-Bottle-Proben aus verschiedenen Quellen keinen der deklarierten Inhalts­stoffe nach­weisen. Das legt die Vermutung nahe, dass viele Fälschungen im Umlauf sind.

Vergebliche Suche nach Anti-Aging-Wunder

Die Anti-Aging-Industrie läuft auf Hoch­touren und bringt regel­mäßig neue Trends hervor. Die Experten der Stiftung Warentest sehen sie kritisch und raten: Besser von den Produkten nicht zu viel erwarten, Risiken immer gut abwägen!

  • Wir haben Behand­lungen mit Botox und Hyaluronsäure bewertet und sagen, wem es was bringt und wo Gefahren lauern.
  • Auch Schönheitsdrinks haben wir untersucht und ob Hyaluron und Kollagen tatsäch­lich von innen wirken können.
  • Fruchtsäure-Peelings können sehr aggressiv sein und der Haut schaden.

Darf Lemon Bottle in Deutsch­land einge­setzt werden?

Das ist nicht ausreichend geregelt. Bisher kann sich jeder Lemon Bottle online bestellen. Wir haben es ausprobiert und bekamen die 5 Ampullen à 10 Milliliter für rund 130 Euro inner­halb weniger Tage zugesandt.

Weit kommt man mit einer Packung nicht. Pro Monat werden drei bis vier Sitzungen empfohlen. Für die Behand­lung eines Doppelkinns sind laut Anbieter etwa 10 bis 15 Milliliter pro Sitzung notwendig, für den Bauch etwa 30 bis 40 Milliliter. Derzeit prüfen einzelne regionale Behörden, ob es sich bei Lemon Bottle um ein in Deutsch­land zulassungs­pflichtiges Arznei­mittel handelt.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 14.10.2024 um 09:57 Uhr
    unreguliertes Produkt

    @marotoma: Nein, im Gegenteil, an der Realität wollen wir nicht vorbeigehen. Genau deshalb berichten wir ja darüber. Es ist eine unserer primären Aufgaben, vor Gesundheitsrisiken zu warnen, vor allem was unregulierte Produkte betrifft. Das machen wir übrigens in all unseren Kanälen - wir sind auch bei Youtube, TikTok und Co zu finden. Durch unsere Berichterstattung steigt der Druck, dass unsichere Produkte vom Markt genommen werden.

  • marotoma am 07.10.2024 um 10:50 Uhr
    Naja..

    "..Dem stehen jedoch zahlreiche Internet-Tutorials gegen­über, in denen sich Personen das Serum selbst spritzen oder spritzen lassen.."
    Und Interessentinnen dieser Internet-Tutorials suchen die Stiftung Warentest auf, um sich vor dem Bullshit warnen zu lassen? Kann es sein, dass die Warentest-Nannies aufgrund einer Tiktok-Überdosis Probleme mit der Wahrnehmung gelebter Realität haben?