Riskante Geld­anlagen So funk­tionieren Nach­rangdarlehen

Riskante Geld­anlagen - So funk­tionieren Nach­rangdarlehen

Verlustrisiko. Viele Privat­anleger werden angelockt von hohen Zinsen, die Nach­rangdarlehen häufig bieten. Doch das Risiko ist ebenso hoch. © Getty Images / Malte Mueller

Was ist eigentlich ein Nach­rangdarlehen? Und was macht eine solche Vermögens­anlage für Anlegende so riskant? Wir bringen es auf den Punkt.

Wird Privatpersonen eine Vermögens­anlage mit ungewöhnlich hohen Zinsen angeboten, handelt es sich oft um Nach­rangdarlehen. Diese funk­tionieren im Grunde wie klassische Darlehen: Jemand verleiht Geld für einen bestimmten Zeitraum und erhält dafür Zinsen. Am Ende der Lauf­zeit bekommt er das Kapital zurück.

Der Name der Anlageform weist aber schon auf den Haupt­unterschied zu klassischen Darlehen hin: Wenn es Probleme gibt, werden die Geld­geber „nach­rangig“ behandelt. Im Ergebnis gehen sie meist leer aus, weil erst einmal alle anderen „bedient“ werden.

Ein Beispiel dafür, dass selbst solide scheinende Nach­rangdarlehen nicht mehr bedient werden, bietet der Fall der Firmen ProReal Europa 9 und 10.

Grund­sätzlich können sich Darlehens­geber nie sicher sein, dass ihr Schuldner seine Verpflichtungen erfüllt. Nimmt etwa eine Firma einen klassischen Kredit bei ihrer Bank auf und wird vor der Rück­zahlung insolvent, muss sich auch die Bank auf einen Ausfall einstellen. Am Ende des Insolvenz­verfahrens erhält sie aber oft zumindest einen Teil wieder.

Die Forderungen aus Nach­rangdarlehen kommen aber erst dann an die Reihe, wenn vorher alle vorrangigen Gläubiger komplett bedient wurden. Das sind dann nicht nur Banken, sondern etwa auch Lieferanten mit offenen Rechnungen. Meist reicht die Insolvenzmasse nicht einmal dafür aus.

Gut für Unternehmen, schlecht für Anleger

Riskante Geld­anlagen - So funk­tionieren Nach­rangdarlehen

© Stiftung Warentest

Droht eine Insolvenz, haben Anleger das Nach­sehen

Die für den Privat­anleger unvor­teilhafte Position macht sich aber oft schon bemerk­bar, wenn noch gar kein Insolvenz­verwalter einge­schaltet ist. Denn bei Vermögens­anlagen mit qualifiziertem Nach­rang können private Investoren Ansprüche auf fällige Zinsen und Tilgung schon dann nicht mehr durch­setzen, wenn eine Zahlung zur Insolvenz des Unter­nehmens führen würde, das die Vermögens­anlage ausgegeben hat.

Das Unternehmen braucht also erst wieder zu zahlen, wenn es ihm besser geht. Wer sich auf solche Vertrags­klauseln beruft, sollte gegen­über den Anlegern belegen, dass die Lage wirk­lich so schlecht ist. In vielen Fällen behaupten Unternehmen das aber einfach nur.

Das Risiko ist sehr hoch

Für Unternehmen haben Nach­rangdarlehen einen Vorteil: Banken und andere Kapital­geber stufen diese Mittel oft wirt­schaftlich so ein wie das Kapital, das die Eigentümer des Unter­nehmens selbst investiert haben (Eigen­kapital). Sie sind dadurch eher bereit, einen Kredit zu gewähren oder bessere Konditionen anzu­bieten.

Der Plus­punkt: Unternehmen brauchen dadurch weniger eigene Mittel, um eine Finanzierung auf die Beine zu stellen. Sie können auf diese Weise Projekte verwirk­lichen, die sonst außer­halb ihrer Reich­weite wären. Oder mehr Vorhaben umsetzen als sonst möglich. Je weniger Eigen­kapital zum Beispiel ein Immobilien-Projekt­entwickler einge­setzt hat, desto höher ist aber das Risiko der Anleger.

Die Aufsicht prüft nur formal

Nach­rangdarlehen werden nicht an der Börse gehandelt. Unternehmen leihen sich Geld von Anle­gerinnen und Anlegern. Die Bafin als Aufsichts­behörde prüft das Angebot zwar – aber nur, ob Anleger alle vorgeschriebenen Informationen erhalten. Ob ein Angebot wirt­schaftlich sinn­voll ist, prüft sie nicht.

Bevor Unternehmen Nach­rangdarlehen auf den Markt bringen, müssen sie meist die für Anleger wesentlichen Punkte auf drei Seiten zusammenfassen und dieses „Vermögens­anlagen-Informations­blatt (VIB)“ bei der Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (Bafin) einreichen. Die Anlage ist dann zum Beispiel als „Nach­rangdarlehen mit einem qualifizierten Rangrück­tritt“ beschrieben.

In diesem Fall sind Ansprüche schon bei einer drohenden Insolvenz nicht mehr durch­setz­bar. Bei Darlehen ohne qualifizierten Rangrück­tritt gilt das nicht. Doch auch da müssen sich Anleger hinter den vorrangigen Gläubigern anstellen, wenn die Insolvenz tatsäch­lich eintritt.

In der Regel müssen Unternehmen einen ausführ­lichen Verkaufs­prospekt erstellen. Die Bafin prüft, ob dieser alle vorgeschriebenen Informationen enthält. Wichtig: Ob das Angebot wirt­schaftlich sinn­voll ist, untersucht sie nicht. Vermittelt eine Crowdfunding-Platt­form das Nach­rangdarlehen, entfällt die Prospekt­pflicht unter bestimmten Voraus­setzungen.

Das zeigt sich etwa bei Nach­rangdarlehen, wie sie über Crowdfunding-Platt­formen im Internet für Immobilien­projekte angeboten wurden. Die Projekt­entwickler setzten zum Teil weniger als 10 Prozent Kapital ein. Läuft alles wie geplant, erhalten Banken und Anleger die vorher vereinbarten Beträge. Der Projekt­entwickler erzielt eine hohe Rendite auf sein Kapital.

Erlöst das Projekt dagegen kaum mehr als den Kredit­betrag, fließt fast alles an die Banken. Der Projekt­entwickler verliert seinen Einsatz, aber auch die Anleger tragen empfindliche Verluste davon. Hinzu kommt: In der Regel ist es ihnen nicht möglich, vor dem Ende der Lauf­zeit auszusteigen.

Tipp: Mehr über die Probleme von Crowdfunding-Projekten lesen Sie in unserer Unter­suchung Zahlen bitte!

So kommen Sie an wichtige Informationen

Die Bundes­anstalt für Finanz­dienst­leistungs­aufsicht (Bafin) führt eine Daten­bank der Vermögens­anlagen, deren Vertrieb ihr angekündigt wird. Dazu gehören auch Nach­rangdarlehen. Verkaufs­prospekte, Nach­träge und Vermögens­anlagen-Informations­blätter ab dem Jahr 2022 sind auch über die Bafin-Webseite abruf­bar.

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