Nach­rangige Geld­anlagen Im Pleitefall können Anleger alles verlieren

Nach­rangige Geld­anlagen - Im Pleitefall können Anleger alles verlieren

Hohe Zinsen locken Kunden in Anlagen, die im Internet als „sichere Anleihe“ oder mit „festen Zinsen“ beworben werden. Für Interes­senten ist oft nicht auf Anhieb erkenn­bar, dass es sich um nach­rangige Geld­anlagen handelt, die hohe Risiken mit sich bringen. Im Insolvenzfall gehen die Anleger in aller Regel leer aus. Welche Probleme nach­rangige Anlagen bereiten können, erleben gerade die Anleger von Prokon und Infinus. Auf dem Markt sind viele Angebote dieser Art.

Anleger achten oft nicht auf ihre recht­liche Stellung

Bruno M. Kübler verkündete am 1. April 2014 eine gute und eine schlechte Nach­richt. Der Insolvenz­verwalter von Future Business, der Muttergesell­schaft der Infinus-Gruppe aus Dresden, sieht „gute Aussichten“ für Anleger mit Orderschuld­verschreibungen, einen Teil ihres Geldes zurück­zuerhalten. Schwierig sei die Lage für Kunden mit Genuss­rechten und Nach­rangdarlehen. Beide Anlagen sind „nach­rangig“. Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass Anleger auf ihre recht­liche Stellung achten.

Tipp: Die Warnliste Geldanlage der Stiftung Warentest gibt einen Über­blick über dubiose, unseriöse oder sehr riskante Geld­anlage­angebote, vor denen die Experten der Stiftung Warentest in Finanztest oder auf test.de gewarnt haben.

Was bedeutet es, wenn Anleger nach­rangige Geld­anlagen haben?

In einem Insolvenz­verfahren gehen solche Anleger in der Regel leer aus, weil sie erst an der Reihe sind, wenn vorrangige Gläubiger voll­ständig bedient wurden. Meist ist nicht einmal für diese genug da. Tückisch sind vor allem nach­rangige Anlagen, die nicht an einer Börse gehandelt werden. Sie sind im Allgemeinen kaum staatlich kontrolliert. Üblich ist bei ihnen ein „qualifizierter Rangrück­tritt“: Ein Unternehmen darf Zahlungen an Anleger aussetzen, wenn es sonst zahlungs­unfähig oder über­schuldet würde.

Risiko nicht immer auf Anhieb zu erkennen

Warum investieren Anleger in so riskante Anlagen?

Riskante nach­rangige Anlagen sind oft nicht auf Anhieb zu erkennen. Als „sichere Anleihe“ bewarb zum Beispiel die AK Anlage & Kapital Deutsch­land AG aus Berlin ihr Nach­rangdarlehen. Ein „fester Zins­satz“ soll Anleger zur Grüne Werte Energie GmbH aus Grün­wald locken. Die Angebote haben sehr verschiedene Formen. Darlehen mit fester oder gewinn­abhängiger Verzinsung zählen ebenso dazu wie Genuss­rechte oder Gesell­schafterdarlehen, die Anleger ihren geschlossenen Fonds in Krisen gewähren. Auch Kunden, die bei einer Anlagefirma ihre Lebens­versicherung in Zahlung geben, sollen dafür oft eine nach­rangige Forderung akzeptieren.

Gehen nach­rangige Anleger im Fall Infinus also leer aus?

Insolvenz­verwalter Kübler schätzt, dass selbst die vorrangigen Gläubiger bei Future Business nur ein Fünftel ihrer Forderungen bekommen – in einigen Jahren. Nach­rangige Gläubiger gehen also wohl leer aus. Ähnliches gilt bei den Infinus-Konzern­gesell­schaften Prosavus und EcoConsort. Einzige Ausnahme: Haben Anleger Schadens­ersatz­ansprüche, weil sie betrogen wurden, sind das vorrangige Forderungen. Erfahrungs­gemäß ist es aber schwierig, solche Ansprüche fest­stellen zu lassen. In den kommenden Wochen bekommen vorrangige Anleger Briefe, wie es mit ihren Forderungen und deren Anmeldung weitergeht. Näheres dazu findet sich in unserer Meldung Insolvenzverfahren bei Infinus: Forderungen jetzt anmelden.

Der Fall Prokon

Warum ist bei Prokon kein Total­verlust zu befürchten?

Die Genuss­rechte der Wind­kraft­firma Prokon Regenerative Energien aus Itzehoe sind zwar auch nach­rangig. Es gibt aber wenige vorrangige Gläubiger. Der vorläufige Insolvenz­verwalter erwartet daher keinen Total­ausfall, wohl aber Verluste für die Anleger.

Wieso sind bei Prokon über­haupt Verluste für Anleger zu erwarten?

Prokon hatte behauptet, es sei genug Vermögen da, um auf lange Sicht alle Anleger auszuzahlen. Der ehemalige Vertriebs­leiter sprach im März 2014 in der Zeitung Weser-Kurier von bis zu 400 Millionen Euro Bilanz­verlust – deutlich mehr, als nach den Bilanz­entwürfen aus den Jahren 2012 und 2013 zu erwarten wäre. Das trifft die Anleger, weil sie Verluste unter Umständen mittragen müssen.

Es ist auch kein gutes Zeichen, dass Insolvenzge­richt und Insolvenz­verwalter der alten Führungs­riege komplett das Ruder aus der Hand genommen haben. Selbst die Unterstützergruppe „Freunde von Prokon“ distanzierte sich vom Prokon-Gründer.

Rettet die neue Prokon-Genossenschaft das Investment der Anleger?

Das ist nach den vorliegenden Entwürfen unwahr­scheinlich. Die neue Genossenschaft ehemaliger Prokon-Verantwort­licher rund um Gründer Carsten Rodbertus setzt die Genuss­rechte darin nicht voll, sondern nur mit 70 Prozent des Nenn­werts an. Die Stiftung Warentest rät auf Basis der bislang vorliegenden Informationen und Entwürfe davon ab, in irgend­einer Form in die neue Genossenschaft alter Prokon-Verantwort­licher zu investieren.

Unser Rat

  • Vermeiden. Lassen Sie die Finger von nach­rangigen Anlagen, wenn Sie sich einen Total­verlust nicht leisten können oder wollen. Sind die Informationen vom Anbieter sehr dünn, handelt es sich wahr­scheinlich um ein riskantes Angebot ohne staatliche Kontrolle.
  • Erkennen. Formulierungen wie „qualifizierter Rangrück­tritt“, „Zahlungs­vorbehalt“, „Liquiditäts­vorbehalt“ oder „unternehmerische Beteiligung mit eigen­kapital­ähnlicher Haftungs­funk­tion“ weisen auf nach­rangige Anlagen hin. Will eine Anlagefirma Ihre Lebens­versicherung in Zahlung nehmen, sollten Sie auf Formulierungen wie „unternehmerisch einge­setztes Kapital“ achten.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • Merrill am 02.08.2017 um 17:23 Uhr

    Kommentar vom Administrator gelöscht. Grund: Verstoß gegen die Netiquette

  • Profilbild Stiftung_Warentest am 17.04.2014 um 13:54 Uhr
    Anlage in Form eines Fonds?

    @Empty: Im obigen Artikel geht es um Genussrechte. Das ist etwas anderes als ein Genussschein.
    Genussscheine sind Zwitterwesen aus Anleihe und Aktie. Sie bringen dann eine gute Rendite, wenn das Unternehmen (vor allem Banken geben Genussscheine aus) gute Gewinne macht. Genussscheine werden an der Börse gehandelt.
    Fonds, die das Geld der Anleger in Genussscheine oder wie im Fall des angefragten Fonds auch in Hybridanleihen investieren, haben ein sehr spezielles Anlagekonzept. Sie eignen sich deshalb aus unserer Sicht allenfalls als Beimischung in einem ansonsten gut strukturierten Depot. (PH)

  • Empty am 17.04.2014 um 09:20 Uhr
    Anlage in Form eines Fonds?

    Was halten Sie von der Anlage in Genusscheinen in Form von Fondsanteilen, wie z.B. dem DWS Hybrid Bond Fund LD (ISIN DE0008490988)? Wird durch die Streuung das Risiko ausreichend kompensiert?