Krankenkassenbeiträge auf eine Betriebsrente und Abfindungen aus betrieblicher Altersversorgung sind im Einzelfall verfassungswidrig. Das hat das Bundesverfassungsgericht entschieden. test.de sagt, wer betroffen ist und Geld zurückfordern kann.
Beitragspflicht für Betriebsrenten
Für Betriebsrenten und Einmalzahlungen aus betrieblicher Altersversorgung sind bei pflichtversicherten Rentnern Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge fällig. Das gilt sogar dann, wenn die Beiträge früher aus dem Nettogehalt stammten und Arbeitnehmer sie nach ihrem Ausscheiden aus dem Betrieb bis zum Rentenbeginn oder der Kapitalauszahlung selbst gezahlt haben. Verfassungsbeschwerden von Rentnern gegen diese Regelungen hat das Bundesverfassungsgericht zurückgewiesen.
Verfassungswidrig nach privater Übernahme
In einer Konstellation allerdings sei die Beitragspflicht verfassungswidrig, haben die Richter in Karlsruhe in einem heute veröffentlichten Beschluss entschieden: Wer nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb nicht nur die Beiträge selbst gezahlt, sondern den ganzen Altersvorsorgevertrag vollständig übernommen hat, braucht für Leistungen aufgrund von Beiträgen, die er danach selbst gezahlt hat, keinen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag zu zahlen. Begründung: Die rein private Altersvorsorge ist nicht krankenkassenbeitragspflichtig. Das muss laut Bundesverfassungsgericht auch dann gelten, wenn ein als betriebliche Altersvorsorge gestarteter Vertrag privat fortgesetzt wird.
Voller Beitragssatz
Bei der Beitragspflicht für Betriebsrenten und Einmalzahlungen aus betrieblicher Altersversorgung geht es um viel Geld: Der volle Beitragssatz der Krankenkassen für Kranken- und Pflegeversicherung ist fällig. Der liegt für die meisten Rentner derzeit bei insgesamt 16,85 und ab 2011 bei 17,45 Prozent. Einmalzahlungen sind dabei nach den Regelungen in den Sozialgesetzbüchern auf zehn Jahre zu verteilen. Wer 100 000 Euro erhält, muss zehn Jahre lang monatlich 140 (ab 2011: 145) Euro Beitrag zahlen - zusätzlich zum sonst schon fälligen Beitrag bis zur Höchstgrenze von 632 (647) Euro monatlich. Hinzukommen können noch Zusatzbeiträge einzelner Kassen und 0,25 Prozentpunkte Pflegeversicherungsbeitrag bei Kinderlosigkeit.
„Erdrutsch mit weit reichenden Folgen“
Nur Rentner, die ihren ursprünglich vom Betrieb abgeschlossenen Vertrag später vollständig selbst übernommen haben, können jetzt die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen verlangen. Sie erhalten jedoch nicht den ganzen Beitrag zurück, sondern nur den Teil, der auf Zahlungen entfällt, die auf selbst gezahlten Beiträgen beruhen. Zu erstatten sind Beiträge ab dem Jahr 2006. Voraussetzung: Betroffene beantragen die Erstattung noch in diesem Jahr. „Diese Entscheidung ist ein Erdrutsch mit weit reichenden Folgen: Zahlreiche Betroffene dürfen darauf hoffen, ihr Geld zurück zu erhalten“, kommentiert Rechtsanwalt Martin Schafhausen von der Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) die Bundesverfassungsgerichtsentscheidung.
Vorsorgeverträge besser selbst übernehmen
Klar auch: Wer immer einen im Rahmen der betrieblichen Altersvorsorge abgeschlossenen Vertrag nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb selbst fortführt, sollte ihn wenn möglich vollständig übernehmen und nicht bloß die Beiträge zahlen. Arbeitgeber und Vorsorgeanbieter müssen allerdings mitziehen.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 28. September 2010
Aktenzeichen: 1 BvR 1660/08
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Betriebsrentner sind für die Politiker Menschen, denen es schlechthin gut geht und mit deren Geld man anderweitig Löcher stopfen kann wie zum Beispiel bei den gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen des Gesundheitsmodernisierungsgesetz 2004 auch geschehen. Dies haben verschiedene Politiker auch freimütig zugegeben.
Betriebsrentner sind politisch gesehen keine starke Gruppe und so kann man da im Bedarfsfalle, wenn es die öffentlichen Kassen erfordern, zugreifen.
Unbeschadet anderer Vor- und Nachteile der Betriebsrente sollte man auch gerade in dieser Zeit diese Überlegungen im Auge behalten.
@Wolfgang48:
Auf Auszahlungen aus Betriebsrenten müssen die vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge entrichtet werden. Der Durchführungsweg der betrieblichen Altersvorsorge ist hier unerheblich. Aufgrund einer Rechtsänderung durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ist ab 2004 auch für Versorgungsbezüge der volle Beitragssatz zu entrichten.
Klagen wurden nach unsren Informationen bisher abgewiesen.
Nach aktueller Rechtsprechung gilt für Direktversicherungen: Hat der Arbeitnehmer nach seinem Ausscheiden aus dem Betrieb nicht nur die Beiträge selbst gezahlt, sondern den ganzen Altersvorsorgevertrag vollständig übernommen, braucht er für Leistungen aufgrund von Beiträgen, die er danach selbst gezahlt hat, keinen Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag zu zahlen. Begründung: Die rein private Altersvorsorge ist nicht krankenkassenbeitragspflichtig. Das muss laut Bundesverfassungsgericht auch dann gelten, wenn ein als betriebliche Altersvorsorge gestarteter Vertrag privat fortgesetzt wird.
Diese Ausnahme gilt nur für Direktversicherungen. Auf die anderen Durchführungswege ist das Urteil nicht übertragbar. (TK)
Ich habe heute einen Bescheid bzgl. Zahlung GKV+PV erhalten.
Ich gehe davon aus, dass dieser auf bestehender Rechtsgrundlage in Ordnung ist. Muss ich trotzdem Widerspruch einlegen um bei evtl. noch anstehenden Klagen gegen diese Beitragserhebung nicht leer ausgehe?
rentiert sich eine Betriebsrente nicht.
Bei der Ansparung zahlt man vom Lohn einen halben Satz Krankenversicherungsbeitrag und einen halben Satz Pflegeversicherungsbeitrag. (z.Zt. ca. 8,5 %).
Später bei Auszahlung der Rente fällt von der Rente ein ganzer Satz Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrag an ( also z. Zt. ca. 17 %).
Wenn man nun bei der Ansparung einen Freibetrag hat, so daß man keinen halben Satz Krankenversicherungsbeitrag und Pflegeversicherungsbeitrag zahlen muß, erspart man sich damit einen halben Satz Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrag.
Netto bzw. praktisch saldiert verbleibt damit für den Fall eines Freibetrags bei der Ansparung auf jeden Fall ein halber Satz Krankenversicherungs- und Pflegeversicherungsbeitrag, den man sozusagen aus eigener Tasche zahlen muß.
Kommentar vom Autor gelöscht.