
Erfreulich: Zukünftig bleibt etwas mehr von der Betriebsrente beim Rentner und bei der Rentnerin.
Der Bundestag hat ein Gesetz verabschiedet, mit dem seit Januar 2020 Betriebsrentner weniger Sozialabgaben zahlen. Durch einen neuen Freibetrag bekommen Betriebsrentner nun maximal rund 25 Euro mehr pro Monat ausgezahlt. test.de erklärt, was sich für Betriebsrentner ändert und stellt einen Rechner zur Verfügung, mit dem sie ihre neuen Abzüge von ihren Betriebsrenten berechnen können.
Neuer Freibetrag sorgt für weniger Abzüge bei Betriebsrenten
Das GKV-Betriebsrentenfreibetragsgesetz entlastet die meisten Betriebsrentner seit Januar 2020 bei den Krankenkassenbeiträgen. Für alle Betriebsrenten gilt nun ein Freibetrag von 164,50 Euro (2021), auf den keine Krankenkassenbeiträge fällig werden. Erst auf darüber hinausgehende Betriebsrenten müssen dann Beiträge gezahlt werden. Bei einem durchschnittlichen Krankenversicherungsbeitrag von 15,5 Prozent zahlen Betriebsrentner nun maximal rund 25 Euro monatlich weniger Versicherungsbeiträge (zum Krankenkassenvergleich der Stiftung Warentest).
Alte Regelung
Bisher mussten Betriebsrentner auf die ganze Rente volle Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge von rund 19 Prozent auf ihre Renten zahlen. Nur kleine Betriebsrenten unter einer Freigrenze von 155,75 Euro (2019) monatlich blieben von den Zahlungen verschont.
Krankenkasse und Betriebsrente – alle Infos
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Betriebsrente – wie wird gerechnet?
Für die Berechnung der Krankenkassenbeiträge wird nun von den zusammengerechneten Betriebsrenten einer Person der Freibetrag abgezogen. Nur von dem verbleibenden Betrag wird der Beitrag zur Krankenversicherung berechnet. Der liegt im Durchschnitt aktuell bei 15,5 Prozent. Bei einer die Pflegeversicherung bleibt es bei der bisherigen Freigrenzenregelung: Ab einer Höhe von 164,51 Euro wird auf den gesamten Rentenbetrag der Pflegeversicherungssatz von 3,05 beziehungsweise 3,3 für kinderlose Rentner berechnet.
Beispiel: Eine Rentnerin mit Kindern erhält 200 Euro Betriebsrente. 164,50 Euro werden davon abgezogen. Die Rentnerin muss nur auf 35,50 Euro Krankenversicherungsbeiträge zahlen. Das sind 5,50 Euro statt bisher 31 Euro. Dazu kommen weiterhin 6,10 Euro für die Pflegeversicherung.
Deutlich weniger spürbar ist die Entlastung für hohe Betriebsrenten. Bei 800 Euro zahlt die Rentnerin insgesamt nun 122,90 Euro Sozialabgaben statt bisher 148,40 Euro. Gleiches gilt für hohe Kapitalauszahlungen. Wird keine Rente sondern eine Kapitalauszahlung bei der betrieblichen Altersvorsorge gewählt, wird der Betrag auf 120 Monate umgelegt und die Sozialabgaben werden monatlich für diesen fiktive Rente fällig.
Beispiel: Ein Rentner bekommt eine Kapitalauszahlung von 200 000 Euro. Diese wird durch 120 geteilt, also 1 666,67 Euro. Von diesem Betrag wird der Freibetrag von 164,50 Euro abgezogen. Die Krankenkassenbeiträge werden also auf eine fiktive Rente von 1 502,17 Euro berechnet. Das sind 232,83 Euro.
Rechner Sozialabgaben
Berechnen Sie Ihre individuellen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nach der neuen Regelung mit diesem Rechner. Rentner mit einer Kapitalauszahlung müssen den berechneten Betrag zehn Jahre lang nach Auszahlung zahlen.
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Betriebsrentner erhalten Geld zurück
Die Auszahlstellen der Rente und die Krankenkassen wollen ihre Systeme bis spätestens Ende Oktober 2020 umgestellt haben. Unser Leser Mathias Schmitz etwa erhält eine Zusatzrente für Angestellte des öffentlichen Dienstes (VBL), hier wird der Freibetrag bereits seit September berücksichtigt. Andere Leser, die bei der DAK und Barmer krankenversichert sind, mussten im September noch den höheren Beitrag zahlen. TK-Mitglied Günter Hartz schreibt: „Bei meiner Betriebsrente wird der Freibetrag seit Mai berücksichtigt.“ Hans-Ulrich Weber, ebenfalls bei der TK, zahlt seit Juli weniger. Im Oktober will die Techniker Krankenkasse den Freibetrag bei allen anrechnen. Wann die seit Januar zu viel gezahlten Beiträge erstattet werden, ist offenbar ebenfalls abhängig von der Krankenkasse und davon, wer die Rente auszahlt, ob Versorgungseinrichtung oder private Firma.
Nur für pflichtversicherte Rentner
Der Freibetrag gilt nur für diejenigen pflichtversicherten Rentner, die in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) versichert sind. Das sind die meisten Rentner, die während ihres Arbeitslebens in der gesetzlichen Krankenkasse waren. Für die Rentner, die freiwillig in der gesetzlichen Krankenkasse sind, etwa weil sie in ihrem Arbeitsleben lange privat versichert waren, gilt die Neuregelung nicht. Wie bisher müssen sie auf ihre volle Betriebsrente Krankenversicherungsbeiträge zahlen.
Ebenfalls wirkungslos ist der neue Freibetrag für die Rentner mit Bezügen oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze (2021: 58 050 Euro).
Hintergrund der Entscheidung
Die hohen Sozialbeiträge auf Betriebsrenten sind für die betroffenen Betriebsrentner häufig überraschend. Bei der gesetzlichen Rente übernimmt die Hälfte der Krankenkassenbeiträge die Rentenversicherung, so dass nur 7,3 Prozent der Beiträge vom Rentner selbst getragen werden. Auf eine Riester-Rente zahlen pflichtversicherte Rentner gar keine Krankenkassenbeiträge. Bei der Betriebsrente werden jedoch 14,6 Prozent abgezogen. Das machte auch den Abschluss einer betrieblichen Altersvorsorge für Berufsanfänger weniger attraktiv.
Diese Regelung wurde 2004 eingeführt. Der Grund: Die Krankenkassen brauchten Geld. Mit den zusätzlichen Beiträgen sollte erreicht werden, dass die Rentner „in angemessenem Umfang an der Finanzierung der Leistungsaufwendungen, die für sie anfallen, beteiligt werden“, hieß es in einer Stellungnahme der Bundesverbände der Krankenkassen. Deckten die Beiträge der Rentner im Jahr 1973 ihren Bedarf an Kassenleistungen noch zu gut 70 Prozent ab, waren es im Jahr 2003 nur noch 43 Prozent.
Abgaben im Nachhinein geändert
Was viele Betriebsrentner bis heute sehr ärgert: Die Neuregelung im Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung kam überraschend. Einen Bestandsschutz für bestehende Verträge gab es nicht. Wer eine Betriebsrente unter den alten Voraussetzungen abgeschlossen hatte und nicht mit Abzügen durch die Krankenkasse rechnen konnte, musste seit Januar 2004 trotzdem zahlen. Viele, die sich auf die bestehenden Gesetze verlassen hatten, sahen sich getäuscht. Der Gesetzgeber kann jedoch Rechtspositionen zurücknehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat in mehreren Fällen entschieden, dass der Gesetzgeber selbstgewählte Rechtspositionen ganz oder teilweise zurücknehmen darf, wenn sich zum Beispiel die wirtschaftlichen Voraussetzungen wesentlich ändern und es das Interesse der Allgemeinheit erfordert. Dann dürfen auch Rentner mit zusätzlichen Beiträgen belastet werden. Viele Rentner wollten das nicht hinnehmen. Sie zogen vor Gericht. In fast allen Fällen gingen die Gerichtsprozesse zugunsten der Krankenkassen aus.
Doppelte Beiträge gezahlt
Besonders ungerecht fühlen sich die hunderttausende von Rentnern behandelt, die ihre vor 2004 abgeschlossenen Direktversicherung aus dem Nettogehalt mit sogenannten „echten Eigenbeiträgen“ bespart haben, also schon einmal Sozialabgaben auf ihre Sparbeiträge gezahlt hatten. Sie werden mit dem neuen Gesetz nicht gesondert entlastet.
Dieses Thema wird regelmäßig aktualisiert, zuletzt am 30. Dezember 2020. Zuvor gepostete Nutzerkommentare beziehen sich auf einen früheren Stand.