
© Fotolia
Die gesetzlichen Krankenkassen haben im Jahr 2011 Überschüsse in Milliardenhöhe erwirtschaftet. Viele Versicherte fragen sich, warum das Geld nicht direkt an sie ausgezahlt wird. test.de erklärt die Hintergründe.
Gesundheitsminister fordert eine Rückerstattung
Den gesetzlichen Krankenkassen geht es so gut wie lange nicht mehr. Wegen der guten Konjunktur im vergangenen Jahr haben sich bei allen Kassen und in allen Töpfen des Gesundheitswesens Überschüsse in Milliardenhöhe angehäuft. Die Überschüsse sind durch den Rückgang der Arbeitslosigkeit und die Lohnzuwächse im vergangenen Jahr entstanden. Hinzu kommt, dass die Kassen bei den Arzneimittelausgaben durch ein Sparpaket entlastet wurden. Gesundheitsminister Daniel Bahr hat die Krankenkassen kürzlich aufgefordert, Überschüsse an die Versicherten auszuzahlen.
Kassen wollen Rücklagen auffüllen
Auszahlen dürften die Kassen das Geld in Tat – schließlich sind sie sogenannte Körperschaften des öffentlichen Rechts, die gar keine Gewinne machen dürfen. Allerdings sind die Krankenkassen und der Gesundheitsfonds gesetzlich verpflichtet, Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden. Die Kassen müssen mindestens 25 Prozent einer Monatsausgabe als Rücklage bilden, maximal dürfen sie 100 Prozent zurücklegen. In den vergangenen beiden Jahren hatten viele Kassen ihre Rücklage reduziert, was sie in diesem Jahr wieder ausgleichen könnten.
Das Plus ist unterschiedlich verteilt
Hinzu kommt, dass das Plus bei den Kassen unterschiedlich verteilt ist. Viele der insgesamt 146 gesetzlichen Krankenkassen haben in den vergangenen zwei Jahren sparen und sogar Rücklagen auflösen müssen, um Zusatzbeiträge zu vermeiden. Einige der für alle gesetzlich Versicherten offenen Kassen, die das nicht verhindern konnten, können jetzt dank der Mehreinnahmen ihre Zusatzbeiträge wieder abschaffen. Ab März kippt die KKH-Allianz den Zusatzbeitrag. Ab April tun das die DAK Gesundheit, die BKK Phönix und die BKK advita. Ab Oktober 2012 wird dann auch die Deutsche BKK auf den Zusatzbeitrag verzichten. Darüber hinaus werden dann nur noch zwei kleinere Kassen, BKK Hoesch und die BKK publik Zusatzbeiträge erheben.
Manche Kassen zahlen aus
Sieben Krankenkassen zahlen aufgrund der wirtschaftlichen Situation tatsächlich Bares als Einmalzahlung an ihre Versicherten zurück – so wie es manche Kassen bereits in der Vergangenheit getan haben. Die BKK ATU etwa überweist einmalig 30 Euro, die BKK Wirtschaft und Finanzen sowie die G + V BKK zahlen ihren Versicherten jeweils 72 Euro zurück. Die hkk, BKK Textilgruppe Hof und die BKK Verbund plus geben jeweils 60 Euro an ihre Mitglieder weiter, die BKK SBH 50 Euro.
Weitere Wege der Rückzahlung
Neben der Rückerstattung von Beiträgen haben die Kassen noch weitere Möglichkeiten, ihre Versicherten von der positiven Finanzentwicklung profitieren zu lassen. Sie können besondere Versorgungsmodelle fördern, beispielsweise bei psychischen Erkrankungen oder für Rheumakranke. Sie dürfen aber auch Zusatzleistungen wie Homöopathie oder Reiseimpfungen anbieten – oder ihre Leistungen für Kranke erweitern, indem sie etwa Mehrleistungen bei der Haushaltshilfe anbieten.
Leistungen außerhalb des Katalogs
Das Versorgungsstrukturgesetz ermöglicht es den Kassen jetzt zudem, zusätzliche Leistungsangebote außerhalb des normalen Leistungskatalogs zu bezahlen. Dies können beispielsweise osteopathische Behandlungen, Mehrleistungen bei Brillen oder bei professioneller Zahnreinigung beim Arzt sein. Außerdem ist es den Kassen jetzt auch gestattet, Rechnungen nicht zugelassener Leistungsträger zu übernehmen – wie etwa von Ärzten, die nur privat abrechnen.
Tipp: Welche Kasse solche und andere Extraleistungen bietet, können Sie mit unserem Produktfinder Krankenkassen herausfinden. Je nach Ihrem individuellen Bedarf können Sie mehrere hundert Euro im Jahr sparen, wenn Sie die Angebote Ihrer Kasse besser nutzen – oder die Kasse wechseln. Falls Sie eine Flatrate für test.de haben, kostet Sie die Nutzung des Produktfinders nichts extra.
-
- Beiträge, Leistungen, Kosten – das gilt für Kinder, Studenten, Berufstätige und Rentner, wenn sie bei einer Krankenkasse versichert sind.
-
- Gerät eine Krankenkasse in finanzielle Schwierigkeiten, ist die Versorgung der Versicherten trotzdem nicht gefährdet. Wir zeigen, was eine Schließung bedeutet.
-
- Wer im Ruhestand günstig krankenversichert sein will, sollte frühzeitig die Regeln dafür kennen. Die Versicherungsexpertinnen der Stiftung Warentest sagen, worum es geht.
Diskutieren Sie mit
Nur registrierte Nutzer können Kommentare verfassen. Bitte melden Sie sich an. Individuelle Fragen richten Sie bitte an den Leserservice.