Geflügelwurst Oft mit Schwein und Rind

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

test.de hat die Etiketten von 207 Geflügel­fleisch­erzeug­nissen über­prüft: Bei etwa jeder vierten Wurst stand groß „Geflügel“, „Pute“ oder „Truthahn“ drauf, doch es war auch Fleisch vom Schwein oder Rind verarbeitet – über­wiegend fast genauso viel, manchmal sogar mehr als Geflügel­fleisch. Zu erkennen ist das nur im Klein­gedruckten.

[Update: 25.08.2011] Artikel aus test zum Download

Auch in der September­ausgabe von test ist ein Artikel zum Markt­check der 207 Geflügelwurst­produkte erschienen. Kostenloser Download Artikel aus test 09/2011.
[Ende Update]

Verbraucher fühlen sich getäuscht

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Schweine­fleisch und -leber in Geflügelleberwurst, Speck in Puten­wiener, Rind­fleisch in Truthahnsalami: Verbraucher beschweren sich regel­mäßig, wenn in Geflügelwurst nicht nur Geflügel­fleisch steckt – auch bei der Stiftung Warentest. Grund genug für die Tester, der Sache nach­zugehen. Sie kauf­ten im März bei Discountern, Supermärkten, Lebens­mittel­filialen in Kauf­häusern und Bioläden insgesamt 207 Geflügel­fleisch­erzeug­nisse ein. Darunter waren Mortadella, Lyoner, Schinken Spicker, Salami, Zwiebel-Mett­wurst, Bierschinken, Leberwurst, Fleisch­wurst, Wiener Würst­chen und Bratwurst – alle gekenn­zeichnet als Wurst von Geflügel, Pute, Truthahn oder Hähn­chen. Um zu prüfen, ob die Zutaten zur Bezeichnung der Wurst passen, gaben die Tester die Proben nicht ins Labor. Dafür studierten sie die Etiketten umso gründlicher. Im Focus stand vor allem das Zutaten­verzeichnis: Ist dort noch anderes Fleisch als Geflügel genannt? Und wenn ja, wie viel?

Was derzeit für die Kenn­zeichnung gilt

Ohne einen Hinweis auf eine besondere Tier­art wird unter Fleisch immer das von Schwein oder Rind verstanden. Verwenden Hersteller zusätzlich oder ausschließ­lich Fleisch anderer Tiere, ist es üblich, dies in der Verkehrs­bezeichnung anzu­geben: Zum Beispiel „Hühner­fleisch­wurst“, „Hirschsalami“ oder „Salami mit 5 % Lamm­fleisch“. So steht es bisher in den Leitsätzen des Deutschen Lebens­mittel­buches.

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Steht „Rein Geflügel“ oder „100 % Geflügel“ auf dem Etikett, sollte das Produkt auch nur Geflügel­fleisch enthalten. Bei ihrem Markt­check fanden die Tester unter den 207 Produkten immerhin 39 mit einer solchen Kenn­zeichnung.

Nur bei 10 Produkten in der Verkehrs­bezeichnung

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Gerade mal 10 der über­prüften Erzeug­nisse lassen schon in der Verkehrs­bezeichnung erkennen, dass sie nicht nur aus Geflügel­fleisch hergestellt sind. Auf ihnen steht zum Beispiel „Cock­tailwürst­chen mit Geflügel­fleisch“ (siehe Beispiel links). Allerdings: Nur im Ausnahme­fall wird der Anteil an Geflügel­fleisch konkret genannt.

Versteck­spiel in der Kenn­zeichnung

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Weniger verbraucherfreundlich sind 53 von 207 Geflügel-Produkten, also rund ein Viertel, gekenn­zeichnet: Hier hilft nur der genaue Blick ins Zutaten­verzeichnis, um zu erkennen, dass nicht nur Fleisch vom Geflügel in der Wurst steckt. Dabei wird über­wiegend fast so viel Fleisch vom Schwein verarbeitet wie von Geflügel. Über­sicht: Alle 53 Produkte mit Kenn­zeichnung nur im Zutaten­verzeichnis.

Mehr Schwein als Geflügel

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Einige Fälle sind noch gravierender: Die Purland Delikatess Geflügel-Leberwurst besteht aus nur 20 Prozent Puten­fleisch. Den Rest machen 46 Prozent Schweine­fleisch, 22 Prozent Schweineleber und außerdem noch Speck aus.

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Auch die Wiltmann Geflügel-Leberwurst enthält nur 26 Prozent Truthahn, dafür aber 31 Prozent Leber und 20 Prozent Fleisch – beides vom Schwein. Auf den ersten Blick ist das für Verbraucher nicht zu erkennen.

Auch auf den zweiten Blick schlecht lesbar

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Bei der Aldag Truthahn-Leberwurst mit Schnitt­lauch hilft nicht mal der zweite Blick: Die grüne Schrift vor grünem Hintergrund ist schlecht lesbar und verstößt gegen die Vorschriften für die Lebens­mittel­kenn­zeichnung. Dass in dieser Wurst 29 Prozent Schweineleber und außerdem Speck stecken, dürfte deshalb vielen Käufern gänzlich verborgen bleiben.

Auch ohne „100% Geflügel“-Hinweis nur Geflügel zu erwarten

Es gibt aber auch ein erfreuliches Ergebnis: 105 der 207 Geflügel­fleisch­erzeug­nisse, also etwa die Hälfte aller über­prüften Produkte enthalten laut Zutaten­verzeichnis nur Geflügel­fleisch, obwohl es bei ihnen keinen Extra-Hinweis darauf gibt. Hier zeigt sich, dass sich die redliche Herstellungs­praxis bereits heute danach richtet, was Verbraucher erwarten: Wenn Geflügelwurst darauf steht, sollte auch nur Geflügel­fleisch drin sein.

Geflügelwurst - Oft mit Schwein und Rind

Für einige Konsumenten ist das besonders wichtig, denn sie essen aus religiösen Gründen kein Schweine- oder Rind­fleisch.

Leitsätze sollten Verbraucher­erwartung entsprechen

Die Ergeb­nisse des Markt­checks haben die Stiftung Warentest dazu bewogen, bei der Deutschen Lebens­mittel­buch-Kommis­sion einen Antrag zu stellen: Die Leitsätze für Fleisch und Fleisch­erzeug­nisse sollten den redlichen Handels­brauch widerspiegeln, das heißt sie sollen die Produkte so beschreiben, wie sie bereits jetzt schon hergestellt werden. Dann entsprechen die Erzeug­nisse auch der berechtigten Verbraucher­erwartung. Auch ohne den Hinweis auf „100% Geflügel“ soll der Verbraucher in Zukunft 100 Prozent Geflügel erwarten dürfen, wenn „Geflügelwurst“ drauf steht oder Hühner und Puten abge­bildet sind.

Schweine­fleisch nicht nötig

Die große Zahl von Produkten, die nur aus Geflügel­fleisch bestehen, zeigt außerdem: In Geflügelwurst kann auf Schweine­fleisch sehr wohl verzichtet werden – auch wenn manch ein Hersteller behauptet, dass dies aus technologischen oder geschmack­lichen Gründen nicht möglich sei. Statt Speck wird oft Geflügel­fett einge­setzt, bei Salami ersetzt Pflanzen­fett den Speck.

Geflügel- und normale Salami haben gleichen Kalorien­gehalt

Bei manchen Wurst­lieb­habern ist Geflügel­fleisch deshalb so beliebt, weil es weniger Fett enthält: Mit 15 Prozent Fett ist es halb so fett wie Schweine­fleisch. Auch mancher Aufschnitt aus Geflügel ist fettärmer als vom Schwein. Dennoch: Nicht jede Geflügelwurst bietet einen Kalorien­vorteil: In 100 Gramm Salami aus Schweine- oder Rind­fleisch stecken durch­schnitt­lich 315 Kilokalorien – genauso viel wie in den untersuchten Geflügelsalami-Produkten. Nur die Light-Varianten schneiden mit 200 Kilokalorien pro 100 Gramm deutlich güns­tiger ab.

Geflügel­produktion wächst

Die schnelle und vergleichs­weise preis­werte Produktion ist auch ein Grund für den stetig steigenden Absatz von Geflügel­fleisch: Allein in Deutsch­land wurde 2009 im Vergleich zum Vorjahr 3,4 Prozent mehr Geflügel produziert. Möglich ist das nur durch Massentierhaltung (siehe Test Hähnchenbrustfilets Unternehmensverantwortung: Ware Huhn). Die Geflügelmästereien hier­zulande können die Nach­frage aber bei weitem nicht decken: Die Deutschen sind auf Geflügel­fleisch-Importe angewiesen, nur Mexiko importiert noch mehr. Hühner­fleisch wird vor allem in den USA, in China und Brasilien erzeugt. Auch bei der Puten­fleisch­erzeugung liegen die USA an der Spitze.

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Kommentarliste

Nutzer­kommentare können sich auf einen früheren Stand oder einen älteren Test beziehen.

  • furko2 am 22.02.2012 um 14:16 Uhr
    abzocke

    Das machen die so, weil die möglichst viel Geld verdienen wollen.
    Denen ist doch Religion und sowas egal wie der Islam.
    Daswegen immer Zutaten lesen.
    Keine sorge wenn ihr kein Schweinefleisch essen dürft, wie ich, müsst ihr einfach Zutaten lesen falls da nichts von Schwein drinn ist (auch Speck) dann ist die Wurst rein,denn in deutschland müssen alle Zutaten auf der liste stehn ansonsten : ILEGAL sowas kann aber nicht auf die Supermärkte kommen wie zum Beispiel : rewe, aldi, netto, fegro, metro, edeka, diska, lidl, ... usw
    DANKE FÜRS LESEN !!!

  • HutMitFrosch am 15.06.2011 um 13:13 Uhr
    Ersatzstoffe gerade zu "gefordert"

    "[...] bei Salami ersetzt Pflanzenfett den Speck."
    Und wenn sich das mal breit durchgesetzt hat, beschweren sich wieder alle, dass in tierischen Erzeugnissen mit Pflanzlichen "Ersatzstoffen" gemogelt würde.
    Und in einer späteren ausgabe des TEST-Magazins steht dann wahrscheinlich, dass die Hersteller angeben, es sei technologisch nicht möglich, auf Pflanzenfett zu verzichten.
    Manchen Menschen kann mans echt nicht recht machen...