
Fleischreste am Knochen. Schweineknochen mit Restfleisch werden für die Weiterverarbeitung zu Separatorenfleisch gesammelt. © picture alliance / dpa
Bekannte Geflügelwurst-Marken sollen Separatorenfleisch enthalten, berichten Spiegel und NDR. Was ist Separatorenfleisch, wo darf es drin sein und wie testen wir darauf?
Wie lauten die Vorwürfe?
Geflügelwurst wie Lyoner und Mortadella steht laut einer Recherche des NDR und Spiegel im Verdacht, Separatorenfleisch zu enthalten, das nicht gekennzeichnet ist. Eine neue Untersuchungsmethode von Wissenschaftlern der Hochschule Bremerhaven hat beiden Medien dafür Indizien geliefert. Von dem Vorwurf betroffen sind bekannte Marken wie Wiesenhof und Gutfried sowie Handelsmarken wie Edeka Bio und Rewe Beste Wahl. Die Hersteller Mecklenburger Landpute, Tönnies, Franz Wiltmann und Wiesenhof dementierten gegenüber dem Spiegel den Einsatz von Separatorenfleisch.
Was genau ist Separatorenfleisch?
Im Schlachthof werden Schweine, Rinder und Geflügel manuell zerlegt und hochwertige Fleischstücke wie Filets gewonnen. An den verbleibenden Knochenresten haftet noch Fleisch an. Es zu verarbeiten ist sinnvoll – sowohl aus Nachhaltigkeitssicht als auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Schneiden Fleischer das Restfleisch mit einem Messer ab, heißt es „Knochenputz“. Wird es maschinell – mit einem Separator – vom Knochen abgelöst, gilt es als „Separatorenfleisch“. Je nach Herstellungsverfahren hat es eine hackfleischähnliche, zähe, pastöse oder flüssige Konsistenz.
Ist Separatorenfleisch in Wurst erlaubt?
Das hängt von der Fleischart und Wurstqualität ab. Erlaubt ist es in der EU nur vom Schwein oder Geflügel und muss dann klar gekennzeichnet sein. Die deutschen Leitsätze für Fleisch und Fleischerzeugnisse begrenzen den Anteil an Separatorenfleisch im Fleischanteil auf höchstens 50 Prozent.
Verboten ist es in der EU, Separatorenfleisch von Rind, Schaf und Ziege herzustellen oder einzuführen. Das Verbot soll dafür sorgen, dass mögliche BSE-Erreger aus Hirn oder Nervengewebe nicht in die Nahrung gelangen. Auch Hackfleisch sowie Wurstwaren und Fleischzubereitungen, die Hinweise wie „Spitzenqualität“, „Delikatess“, „Feinkost“ oder ähnliches tragen, dürfen kein Separatorenfleisch enthalten.
Darüber hinaus kann Separatorenfleisch in Tiernahrung verarbeitet werden.
Wie wird Separatorenfleisch hergestellt?
Es gibt verschiedene Verfahren. Die Fleischreste können etwa in Zentrifugen vom Knochen abgetrennt werden. Alternativ kommen Hoch- oder Niederdruckverfahren zum Einsatz. Dafür werden Fleischknochen grob zerkleinert und mit hohem oder niedrigem Druck durch eine Art Sieb gedrückt: Knochen- und Knorpelteile bleiben hängen, während Muskulatur, Fett und Bindegewebe die Löcher passieren und weiterverarbeitet werden können.
Wie sollte Separatorenfleisch gekennzeichnet sein?
Auf solchen Produkten muss „Separatorenfleisch“ drauf stehen – und zwar in unmittelbarer Nähe zum Produktnamen. Ein Produkt könnte zum Beispiel „Fleischwurst mit Separatorenfleisch“ heißen. Zusätzlich muss das Separatorenfleisch in der Zutatenliste angegeben sein – mit dem verwendeten Anteil, zum Beispiel als „Geflügel-Separatorenfleisch (30 %)“. Ähnliche Angaben wie „Hühnerfleisch, maschinell getrennt“ sind nicht zulässig.
Dass diese Pflicht nicht immer eingehalten wird, haben Verbraucherschützer schon in der Vergangenheit kritisiert. So würden in der EU jährlich Tausende Tonnen Separatorenfleisch hergestellt, doch gäbe es in Supermärkten kaum Lebensmittel, die wie vorgeschrieben gekennzeichnet seien.
Ein weiteres Kennzeichnungsproblem bei Geflügelwurst: Oft steht groß „Geflügel“, „Pute“ oder „Truthahn“ drauf, doch es ist auch Fleisch vom Schwein oder Rind verarbeitet – fast genauso viel oder sogar mehr als Geflügelfleisch. Zu erkennen ist das nur im Kleingedruckten, wie unser Etiketten-Check von Geflügelwurst vor Jahren zeigte.
Ist Separatorenfleisch gesundheitsschädlich?
Werden die Vorschriften bei der Herstellung beachtet, geht von Separatorenfleisch keine Gesundheitsgefahr aus. Anders sieht es aus, wenn Betriebe die Hygiene- und Temperaturvorgaben nicht einhalten: Da es beim Abtrennen vom Knochen stark zerkleinert wird, ist es auch besonders leicht verderblich.
Für Rohwürste müssen die Fleischreste dieselben mikrobiologischen Anforderungen wie Hackfleisch erfüllen. Bestimmtes Separatorenfleisch, das durch Einfrieren und Auftauen hygienisch belastet sein kann, darf nur in hitzebehandelten Fleischerzeugnissen verwendet werden.
Wie prüft die Stiftung Warentest auf Separatorenfleisch?
Bei Wurst und Fleischwaren mit verarbeitetem Fleisch wie Chicken-Nuggets, Wiener Würstchen, Hackfleisch oder Bratwurst prüfen die Lebensmitteltester der Stiftung Warentest standardmäßig auf Separatorenfleisch.
Der Nachweis ist komplex, üblicherweise wird nach Hinweisen gefahndet wie verdächtigen Knorpel- und Knochenstücken, die unter dem Mikroskop zu finden sind. Die können – ebenso wie ein erhöhter Gehalt des Knochengrundstoffs Kalzium – einen Hinweis auf Separatorenfleisch geben. Allerdings können Knochenpartikel auch durch manuelles Auslösen, den Knochenputz, in das Fleisch gelangen. Insofern sind die Hinweise nicht immer eindeutig.
Daher untersuchen die Testerinnen und Tester zusätzlich auf Eiweißstoffe, die aus Hirn oder Nervengewebe stammen. Auch die könnten beim Einsatz von Separatorenfleisch in das Produkt gelangen und sind nicht durch feine Siebe entfernbar. Werden sie nachgewiesen, sind sie ein weiterer Hinweis, aber auch kein strikter Beweis für eingesetztes Separatorenfleisch.
Eine neue Methode, die eindeutig Separatorenfleisch nachweisen kann, wäre daher ein gute Nachricht für Verbraucherinnen und Verbraucher. Die für die Recherchen von Spiegel und NDR eingesetzte neue Labormethode ist noch kein Standardverfahren, klingt aber vielversprechend – so eine erste Einschätzung der Lebensmittelchemiker der Stiftung Warentest.
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Täglich verkaufen die Schlachtbetriebe 200 Tonnen Separatorenfleisch. Aber niemand will es gekauft haben. Seltsam.