Ernährung Die größten Irrtümer

Jeder kennt die klugen Sprüche rund ums Essen. Sie halten sich hartnä­ckig – doch zu Recht? Viele Weisheiten sind längst „abge­gessen“.

Eier erhöhen den Cholesterinspiegel

Bei den meisten Menschen nicht. Nur Cholesterin­empfindliche und Diabetiker sollten ihren Eier­konsum auf ein bis zwei Stück pro Woche begrenzen. Alle anderen können beim Frühstücksei ruhig zulangen, obwohl ein Ei mit 200 bis 250 Milli­gramm relativ viel Cholesterin enthält, das geballt im Eigelb sitzt. Studien belegen, dass selbst mehrere Eier am Tag die Blut­fette nicht erhöhen und somit auch nicht das Risiko einer Arterien­verkalkung. Im Gegen­teil: Fette, die im Eigelb stecken, die Lecithine, sollen die Cholesterin­aufnahme ins Blut sogar hemmen.

Womöglich sind es die Gene, die den Cholesterinspiegel regeln. Wir nehmen Cholesterin nicht nur über tierische Produkte auf, sondern produzieren es selbst in Leber und Darm. Probleme entstehen dann, wenn der Körper aufgenom­menes und erzeugtes Cholesterin nicht genügend ausbalanciert.

Viele Möhren essen macht braun

Bei Babys stimmt es: Viel Möhrenbrei tönt ihre Haut orange-bräunlich. Das liegt am Betakarotin, einer Vorstufe des Vitamin A, das sich in der Haut ablagert. Erwachsene müssten für denselben Effekt allerdings jeden Tag kilo­weise Mohr­rüben verputzen. Alternativ Betakarotin-Tabletten zu schlu­cken, empfiehlt sich nicht. Denn isoliertes Betakarotin kann bei starken Rauchern das Lungenkrebs­risiko steigern. Ob auch ein Risiko für Nicht­raucher besteht, ist unklar. Das Bundes­institut für Risiko­bewertung empfiehlt, täglich nicht mehr als zwei Milligramm Betakarotin über Nahrungs­ergän­zungs­mittel zu sich zu nehmen. Wer nicht viel von vornehmer Blässe hält, geht ab und zu in der Sonne spazieren oder benutzt eine „gute“ Bräunungs­lotion (siehe Test Bräunungslotionen).

Probiotika stärken die Abwehr­kraft

Das ist bis heute nicht gänzlich erwiesen. Glaubt man der Werbung, regen Trinkjogurts wie Actimel oder Yakult durch Bakterien­stämme die Verdauung an und beugen Krank­heits­erregern vor. Bei gesunden Menschen spricht vieles dafür, dass Probiotika bei Verstopfung oder Durch­fall helfen und die Immun­abwehr akti­vieren. Letzteres klappt mit einem normalen Jogurt aber genauso gut, wie Forscher der Universität Wien zeigten: Im Vergleich zu einem Naturjogurt war Actimel kaum wirk­samer.

Aussagen zur Wirk­samkeit von Probiotika sind generell schwierig, da jeder Anbieter auf eigene Bakterien­stämme setzt. Auffällig ist, dass klinische Tests mit Probiotika vor allem bei kranken Menschen zu wider­sprüchlichen Ergeb­nissen führen: Während sie ältere Patienten nach Einnahme von Antibiotika vor Durch­fall schützten, gab es bei Patienten mit entzündeter Bauch­speicheldrüse mysteriöse Todes­fälle.

Spinat und Pilze soll man nicht wieder aufwärmen

Stimmt nicht, zumindest nicht für Erwachsene. Werden gekochter Spinat und Pilze gleich in den Kühl­schrank gestellt und am Tag danach schnell erhitzt, können sie ohne Probleme erneut gegessen werden. Die Warnung stammt aus Zeiten, als es noch keine Kühl­schränke gab. Da konnte sich der im Spinat enthaltene natürliche Pflanzennähr­stoff Nitrat leichter in kritisches Nitrit umwandeln. Nitrit kann zu krebs­er­regenden Nitrosaminen führen, bei Babys hemmt es den Sauer­stoff­trans­port im Blut (Blausucht). Vorsichts­halber sollten auch Klein­kinder keinen aufge­wärmten Spinat essen: Schon kleine Mengen Nitrit könnten Wirkung zeigen. Pilze verderben schnell. Stehen sie lange bei Raum­temperatur, bilden sich schädliche Abbau­produkte.

Light­produkte sind kalorienärmer

Das sollte so sein, doch häufig wird geschummelt. Light­produkte haben meist weniger Zucker oder Fett als andere Produkte, was die Kalorien betrifft können sie aber genauso zu Buche schlagen. Bekannt ist das Dilemma bei leichten Frucht­jogurts: Sie enthalten wenig Fett, dafür oft viel Zucker und Süßungs­mittel, die die Kalorien wieder hoch­treiben. Das zeigte der Test von Erdbeermagerjogurts (test 7/05). Seit 2007 ist das Mogeln schwerer geworden. Grund sind die EU-Vorschriften zu nähr­wert­bezogenen Werbeaussagen, die spätestens in diesem Jahr umzu­setzen sind. Nur jene Lebens­mittel dürfen sich „light“ oder „reduziert“ nennen, deren Brenn­wert gegen­über normalen, ver­gleichba­ren Produkten wenigs­tens 30 Prozent geringer ist. Da sich nicht alle Hersteller an die Vorgaben halten, lohnt es sich weiterhin, im Supermarkt kritisch zu vergleichen. Manchmal ist das allerdings unmöglich, da einfach kein vergleich­bares Produkt im Regal zu finden ist.

Ähnlich verhält es sich mit Diät­produkten. Sie sind teurer als herkömm­liche Produkte, liefern oft aber mehr Fett und Kalorien als diese, etwa bei Eis und Keksen. Diabetiker können getrost auf sie verzichten.

Frisches Gemüse hat mehr Vitamine als das aus der Tiefkühl­truhe

Stimmt nur dann, wenn das Gemüse geradewegs aus dem Garten kommt. Im Supermarkt­regal ist frisches Gemüse oft schon ein paar Tage alt und hat bereits Vitamine verloren: Spinat kann zum Beispiel bis zu 50 Prozent weniger Vitamin C haben. Tiefkühlspinat enthält dagegen etwa 30 Prozent weniger Vitamin C als feld­frischer Spinat, aber im Schnitt genauso viele B-Vitamine. Beim Auftauen schont man die licht-, sauer­stoff- und wärmeempfindlichen Vitamine, wenn das Gemüse noch im tief­gefrorenen Zustand gegart wird und nicht zu lange kocht. Fazit: Tiefkühlgemüse kann zwar gerade geerntetes Gemüse nicht toppen, aber im Winter, wenn Frisches knapp wird, ist es eine gute Wahl.

Viel Salz führt zu hohem Blut­druck

Ja, Blut­hoch­druck kann durch verstärkten Salz­konsum entstehen. Das ist aber nicht die einzige Ursache. Und nicht jeder Mensch reagiert gleich empfindlich auf Kochsalz. Geschätzte 40 Prozent der Patienten mit Blut­hoch­druck sind salzsensitiv – bei ihnen sinkt der Blut­druck, wenn sie weniger Salz zu sich nehmen und umge­kehrt. Diese individuelle Kochsalz­empfindlich­keit hat vermutlich genetische Ursachen. Da auch Gesunde sensibel auf Salz reagieren können, gilt generell: Pro Tag sollten es nicht mehr als sechs Gramm Kochsalz sein. Das entspricht einem gehäuften Teelöffel. Vor allem Fertigkost ist häufig salzreich. Bei Selbst­gekochtem kann jeder die Salzmenge selbst bestimmen.

In Chips und Pommes stecken krebs­er­regende Stoffe

Klingt nach Panikmache, ist aber nicht auszuschließen. Grund ist der Schad­stoff Acryl­amid, der beim Frittieren von Kartoffeln entsteht. Er wurde 2002 von schwedi­schen Forschern entdeckt. Acryl­amid wirkte im Tier­versuch krebs­er­regend und erbgutschädigend. Auf dieselbe Weise könnte es dem Menschen schaden, geklärt ist das aber nicht. Einen Grenz­wert für Acryl­amid, der nicht über­schritten werden dürfte, gibt es nicht, nur Signalwerte. Die Hersteller sollen sie freiwil­lig einhalten: 530 Mikrogramm je Kilogramm frittierte Pom­mes und 1 000 Mikrogramm pro Kilo Chips. Seit seiner Entdeckung wurde Acryl­amid in Lebens­mitteln zwar schon reduziert, doch es kommt immer wieder zu Über­schreitungen der Signalwerte. Die Hersteller von Chips & Co. können vorbeugen: durch die Verwendung bestimmter Kartoffel­sorten und bessere Temperatur­kontrolle beim Frittieren. Acryl­amid ganz auf null zu senken, ist nicht möglich.

Am Tag soll jeder zwei bis drei Liter trinken

So viel muss es gar nicht sein. 1,5 Liter reichen aus, da wir auch über die Nahrung Flüssig­keit aufnehmen. Wer allerdings viel Sport treibt und schwitzt, sollte groß­zügiger auftanken, am besten mit natrium- und kaliumreichem Mineral­wasser (siehe Test Natürliche Mineralwässer). Generell eignet sich auch Leitungs­wasser, es wird regel­mäßig kontrolliert.

Kaum bekannt ist das Problem der Über­wässerung. Es trifft meist Extremtrinker wie Marathonläufer, die in kurzer Zeit Unmengen aufnehmen. Das entzieht dem Körper zu viele Salze, es drohen Kreis­lauf­beschwerden. Herz- und Nierenkranke sollten ihren Bedarf mit dem Arzt besprechen.

Kaffee ist ungesund

Das stimmt so nicht. Zum Beispiel ist mitt­lerweile widerlegt, dass Kaffee Flüssig­keit entzieht. Er wirkt lediglich harn­treibend: Der Mensch scheidet koffeinhaltige Getränke schneller aus als koffeinfreie, aber nicht mehr, als er davon trinkt. Cappuccino, Espresso oder Milch­kaffee lassen sich also in die tägliche Flüssig­keits­bilanz einrechnen. Zu viel Koffein kann allerdings nervös und unruhig machen. Auch Zittern und Schlafstörungen können bei zu viel Kaffee auftreten. Mehr als vier Tassen Filter­kaffee am Tag sollten es deshalb nicht sein. Gute Nach­richt: Regel­mäßiger Koffein­konsum treibt den Blut­druck offen­bar lang­fristig nicht nach oben, wie unter anderem eine Studie mit rund 150 000 Frauen belegt. Und die im Kaffee enthaltenen Poly­phenole wirken antioxidativ, das heißt, sie wehren sogenannte freie Radikale ab, die Zellen und Zell­kern schädigen können.

Bei Durch­fall helfen Cola und Salz­stangen

Nein, optimal ist dieses Haus­mittel nicht. Bei Durch­fall verliert der Körper Wasser und Elektrolyte, also Salze wie Kalium. Um den Flüssig­keits- und Mineral­stoff­verlust auszugleichen, braucht der Körper die richtige Mischung von Salzen und Zucker. Cola besteht zu elf Prozent aus Zucker, diese Menge verstärkt den Wasser­verlust noch. Kalium ist kaum enthalten, und das Koffein in der Cola animiert die Nieren zu weiterer Kaliu­mausscheidung. Salz­stangen sind ok, aber sie liefern vor allem Natrium und kein Kalium. Auch wenn es Kinder nicht gerade erfreut: Bei Durch­fall eignen sich eher Elektrolytmischungen aus der Apotheke oder mit Salz und Zucker angereicherte Saft­schorlen, dazu magenschonendes Essen wie Zwieback oder zerdrückte Banane.

Kräuter­schnaps kurbelt die Verdauung an

In begrenztem Maße ja. Für die verdauungs­fördernde Wirkung sind aber Kräuter­auszüge verantwort­lich, nicht der Alkohol. Dieser hat nach dem Essen eher einen ungüns­tigen Einfluss auf die Verdauung. Ein Schnaps kann dennoch den Eindruck erwecken, dass er verdauungs­fördernd wirkt, denn mit ein paar Promille im Blut nimmt man den Magen­druck weniger deutlich wahr. Wer dem Magen wirk­lich etwas Gutes tun will, kann Kräutertee nach dem Essen trinken oder die Speisen mit Kümmel oder Fenchel würzen. Auch ein Espresso kann helfen. In allen Fällen regen die enthaltenen Bitter­stoffe die Verdauung an.

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