
© Joe Miletzki
Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Bausparkassen dürfen für Bauspardarlehen neben den Zinsen keine Darlehensgebühr kassieren. test.de erklärt die Details der Entscheidung und bietet einen Musterbreif für Betroffene. Damit können sie zu Unrecht gezahltes Geld zurückfordern.
Verbraucherzentrale NRW setzt sich durch
Viele Bausparer können Darlehensgebühren zurückfordern, die sie an ihre Bausparkasse zahlen mussten. In der Regel geht es um mehrere hundert Euro, teilweise auch um mehr. Die Gebühr ist unzulässig, entschied der Bundesgerichtshof nach einer Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen die Bausparkasse Schwäbisch Hall (Az. XI ZR 552/15).
Eine Gebühr ohne Gegenleistung
Der Tarif der Bausparkasse sah eine Darlehensgebühr von 2 Prozent der Kreditsumme vor. Das war noch vor wenigen Jahren auch bei anderen Bausparkassen üblich – aber nicht fair, entschied jetzt der BGH. Die Bausparkasse lasse sich mit der Gebühr ihren eigenen Aufwand für die Kreditbearbeitung vergüten, ohne dafür eine Leistung für den Kreditnehmer zu erbringen. Mit dieser Begründung hatte das Gericht im Mai 2014 bereits die Kreditbearbeitungsgebühren von Banken gekippt. Für Bauspardarlehen gebe es keine Ausnahme, stellte der BGH klar. Anders als die Abschlussgebühr zu Vertragsbeginn werde die Darlehensgebühr nicht im kollektiven Interesse der Bauspargemeinschaft erhoben. Sie leiste keinen Beitrag, um die Funktionsfähigkeit des Bausparwesens zu gewährleisten.
Bausparkassen müssen Gebühren erstatten
Die Folgen des Grundsatzurteils: Bausparer, die nach der Zuteilung ihres Vertrags ein Bauspardarlehen in Anspruch nehmen, müssen die Gebühr künftig nicht mehr zahlen. Hat die Bausparkasse die Gebühr bereits abgezogen, können Bausparer die Rückzahlung verlangen – sofern ihr Anspruch noch nicht verjährt ist.
Verjährungsfrage noch nicht geklärt
Ansprüche auf Gebührenerstattung verjähren frühestens drei Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Gebühr bezahlt wurde. 2013 oder später gezahlte Gebühren können Bausparer daher auf jeden Fall noch zurückfordern. Bearbeitungsgebühren bei Bankkrediten durften Kunden nach der BGH-Rechtsprechung sogar bis zu zehn Jahre rückwirkend geltend machen. Ob das auch für Bauspardarlehen gilt, haben die Richter im aktuellen Urteil allerdings nicht geklärt.
Vor allem ältere Verträge betroffen
Von der BGH-Entscheidung profitieren vor allem Bausparer mit älteren Bausparverträgen. Jahrzehntelang war die Darlehensgebühr fester Bestandteil der Bauspartarife. Seit Mitte der Neunzigerjahre wurde die Gebühr aber nach und nach aus den Tarifen genommen. Schwäbisch Hall beispielsweise hat bereits im Jahr 2000 neue Bausparbedingungen ohne Darlehensgebühr eingeführt. Einige Bausparkassen, darunter Wüstenrot, haben aber noch 2010 und später Tarife mit der Gebühr verkauft.
Tipp: Nutzen Sie für Rückforderungen den Musterbrief auf test.de. Alles Wichtige rund ums Bausparen finden Sie auf unserer Themenseite Bausparen.
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@kaju04: Echte Agios sind keine unzulässigen Kreditbearbeitungsgebühren, sondern vorweggenommene Zinsen, die bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens anteilig erstattet werden. Solche Agios können Bausparer nicht mit Verweis auf die o.g. zurückfordern.
Manchmal sind „Agios“ nichts anderes als umbenannte Darlehensgebühren, die genau wie diese laufzeitunabhängig zu zahlen sind und die die Bausparkasse auch bei vorzeitiger Ablösung des Kredits vollständig behält. Regelungen zu solchen "Agios" dürften wie Darlehensgebühren auch rechtswidrig sein. (maa)
Hallo,
gilt dieses Urteil auch für AGIO das bei der Zuteilung von Bauspardarlehen erhoben wurde?
Zumindest die LBS West teilt mir mit, dass das AGIO keine Gebühr und kein Bearbeitungsentgelt in diesem Sinne wäre, sondern dass das AGIO Zins-Charakter hat und deshalb bei vorzeitiger Tilgung auch anteilig erstattet werden würde.
@jugador33: Ansprüche auf Erstattung einer Darlehensgebühr verjähren nach drei Jahren, gerechnet ab dem Ende des Kalenderjahres, in der die Gebühr gezahlt bzw. belastet wurde. Das heißt: Erstattungsansprüche für Darlehensgebühren, die bis einschließlich 2015 gezahlt wurden, sind bereits nach dem 31.12.2018 verjährt.
Das gilt nach dem von Ihnen zierten Urteil des BGH auch für Darlehensgebühren von Bausparkassen. (DB)
Wie wird das Urteil von Ihnen gewertet?
Konkret:
Eine Darlehensgebühr wurde von der Debeka am 30.11.2009 einbehalten.
Wann lief bzw. wann läuft die Verjährungsfrist ab?
Hinweis:
Anders als der Kläger, ein Rechtsanwalt, bin ich nicht rechtskundig.
@fudo0165: Die Bearbeitungsgebühr für Bausparverträge (also beim Beginn der Sparphase) ist nach wie vor zulässig. Das Urteil bezog sich allein auf die Darlehensgebühr. Aber auch dann, wenn das Agio für die Darlehensphase vorgesehen ist, ist es fraglich, ob es zulässig ist oder nicht. Bitte lesen Sie dazu unseren Kommentar vom 22.11. (PH)