
Christian Müller durfte 2020 nichts mehr auf sein Bausparkonto zahlen. Dennoch forderte die Kasse fehlende Beiträge ein. © Christian Mueller
Dass immer mehr Bausparkassen versuchen, Sparer mit gut verzinsten Altverträgen loszuwerden, ist bekannt. Doch besonders absurd ist das Vorgehen der Bausparkasse Schwäbisch Hall: Sie lehnte erst die Sparzahlung eines Kunden ab – und kündigt ihm anschließend wegen fehlender Sparraten. Erst als Finanztest sich einschaltete, lenkte die Bausparkasse ein.
Kündigung aus heiterem Himmel
Christian Müller war konsterniert, als er das Schreiben seiner Bausparkasse im Online-Postfach seines Bausparkontos entdeckte. Schwäbisch Hall hatte seinen gut verzinsten Vertrag gekündigt, weil er von April bis September 2020 keine Beiträge gezahlt hat. Das klang wie ein schlechter Scherz. Im Januar 2020 hatte ihm die Bausparkasse mitgeteilt: Er darf dieses Jahr keinen Cent mehr einzahlen.
Sonderzahlung abgelehnt
Eine Kündigung wegen rückständiger Regelsparbeiträge behalten sich alle Bausparkassen im Kleingedruckten vor. Das nutzen sie zunehmend aus, um Sparer mit gut verzinsten Altverträgen loszuwerden. Im Fall von Christian Müller war die Kündigung jedoch absurd. Im Januar 2020 hatte er 1 500 Euro auf sein Bausparkonto gezahlt. Davon überwies Schwäbisch Hall sofort 300 Euro zurück. Mehr als 1 200 Euro dürfe er im Kalenderjahr nicht sparen. Weitere Einzahlungen nehme die Bausparkasse 2020 nicht an. Im Oktober kam dann die Kündigung, falls er den angeblichen Rückstand nicht bis zum Jahresende ausgleicht. Als Müller das in seinem Online-Postfach hinterlegte Schreiben bemerkte, war die Frist war schon vorbei.
Schwäbisch Hall ignoriert die eigenen Regeln
Nachdem sich Finanztest eingeschaltet hat, zog die Bausparkasse die Kündigung zurück. Die Kommunikation mit dem Kunden sei „unglücklich gelaufen“, räumt ein Schwäbisch-Hall-Sprecher ein. Die Sonderzahlung des Kunden sei versehentlich nicht berücksichtigt worden. Eine Entschuldigung erhielt Christian Müller aber nicht. Er solle bitte beachten, dass vom monatlichen Regelsparbeitrag abweichende Zahlungen auch in Zukunft zu Nachforderungen führen können, schrieb ihm die Bausparkasse. Schwäbisch Hall selbst hält sich übrigens nicht an den Regelsparbeitrag: Ihr Bausparrechner im Internet schlägt Verträge mit teilweise nur halb so hohen Sparraten vor. Dass Kunden damit später die Kündigung riskieren, erfahren sie nicht.
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- Eine Bausparkasse darf einen Bausparvertrag nicht kündigen, bloß weil 15 Jahre seit Vertragsabschluss vergangen sind. Eine solche Klausel in den allgemeinen...
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@Andreas Frericks: Genau so stellt es sich bei mir auch dar. Schreiben kam heute am 07.08. an , mit bitte um Nachzahlung der Regelsparbeiträge (150€ monatlich) von Januar 2021 bis Juli 2021. Es wurde seit ca Mitte 2015 keine Einzahlung mehr geleistet.
Ich habe heute auch dieses Schreiben erhalten. Was habt ihr unternommen? Rechtsanwalt einschalten oder doch zahlen? Die Nachzahlung wäre OK und der Betrag auch. Bin jetzt total verunsichert.
@Breinstrong Bei mir kam das Schreiben auch am 8.7.21 an. Nach ABB habe ich eine Mindestsparrate zu machen. Seit 2015 haben wir nichts eingezahlt und jetzt hat man in diesem Jahr einen Rückstand von 300€. Sehr mehrkwürdiges verhalten. Da muss man mal gucken, ob man dort überhaupt Geld abgibt.
@Beinstrong: Auch wenn eine Bausparkasse Sonderzahlungen nicht annimmt, kann sie grundsätzlich auf Zahlung des tariflichen Regelsparbeitrags bestehen. Es kommt aber immer auch auf den genauen Wortlaut der Klausel in den Allgemeinen Bausparbedingungen (ABB) und die konkreten Umstände an. Zahlt der Bausparer zum Beispiel seit Vertragsbeginn einen niedrigeren Beitrag, ohne dass dies von der Bausparkasse beanstandet wurde, darf sie unseres Erachtens nicht plötzlich eine Nachzahlung fehlender Regelsparbeiträge für viele Jahre zurück verlangen. Prüfen Sie zunächst, ob Sie gemäß den Regelungen in den ABB tatsächlich in Rückstand sind. Dabei hilft im Zweifel die Verbraucherzentrale. Sind Sie mit der in den ABB genannten Anzahl von Regelsparbeiträgen im Rückstand, müssen Sie allerdings damit rechnen, dass die Bausparkasse kündigt, wenn Sie die geforderte Nachzahlung nicht leisten. (TK)